Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2014, Az. IX ZB 288/11

9. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6895

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Gegenstand

Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Insolvenzantrags: Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens bis zur Bestimmung des Gebührenstreitwerts


Leitsatz

Wird im Kostenfestsetzungsverfahren die Bestimmung des maßgeblichen Gebührenstreitwerts erforderlich, ist das Verfahren bis zur Entscheidung des hierfür zuständigen Ausgangsgerichts auszusetzen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss der Zivilkammer 82 des [X.] vom 28. September 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 8.926,78 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Ein Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin wurde durch das Insolvenzgericht zurückgewiesen, weil die dem Antrag zugrunde gelegte Forderung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Gläubigerin blieb erfolglos. Die Schuldnerin ließ sich sowohl im Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als auch im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten.

2

Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragte die Schuldnerin die Festsetzung einer 1,0 Verfahrensgebühr für das Eröffnungsverfahren (Nr. 3313 VV [X.]) und einer 0,5 Verfahrensgebühr für das Verfahren über die sofortige Beschwerde (Nr. 3500 VV [X.]), berechnet jeweils nach der dem Eröffnungsantrag zugrunde gelegten Forderung in Höhe von 1.239.164,19 €.

3

Das Amtsgericht hat die der Schuldnerin von der Gläubigerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Gläubigerin gegen die Annahme des [X.]s, der Gegenstandswert bemesse sich nach der dem Eröffnungsantrag zugrunde gelegten Forderung.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 104 Abs. 3 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, § 4 [X.]) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO, § 4 [X.]). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO, § 4 [X.]).

5

1. Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass sich der Gegenstandswert für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren im Streitfall nicht nach der [X.] für die Gerichtsgebühren richtet, sondern § 28 [X.] einschlägig ist. Diese besondere Wertvorschrift steht der Anwendung von § 32 Abs. 1 [X.] entgegen (KG, Z[X.] 2013, 1541 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 21. Aufl., § 32 Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 32 Rn. 4; BeckOK-[X.]/[X.]/[X.], Stand 15. August 2012, § 32 Rn. 6; vgl. [X.], Beschluss vom 23. Januar 2003 - [X.], Z[X.] 2003, 217 zu § 77 BRAGO).

6

2. Zu Unrecht hat allerdings das Beschwerdegericht die Frage des Werts für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren zum Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens nach den §§ 104 ff ZPO gemacht.

7

a) Im Kostenfestsetzungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die geltend gemachten Kosten das diesem zugrundeliegende Verfahren betreffen, entstanden sind und notwendig waren ([X.]/[X.], 4. Aufl., § 104 Rn. 24; Musielak/[X.], ZPO, 10. Aufl., § 104 Rn. 5; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 5. Aufl., § 104 Rn. 10; BeckOK-ZPO/Jaspersen, Stand 1. Januar 2014, § 104 Rn. 15). Die [X.], die für das Verfahren nach den §§ 104 ff ZPO Bindungswirkung entfaltet ([X.], [X.] 2010, 568, 569; [X.]/[X.], aaO Rn. 33; Prütting/Gehrlein/[X.], aaO Rn. 14; BeckOK-ZPO/Jaspersen, aaO Rn. 26), erfolgt in einem gesonderten Verfahren (§ 63 Abs. 2 [X.], § 33 [X.]). Umfasst der Anspruch auf Kostenerstattung nicht nur Rechtsanwaltsgebühren, sondern auch [X.] Gerichtskosten, und berechnen sich die Rechtsanwaltsgebühren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert, ist sowohl eine [X.] nach § 63 Abs. 2 [X.] als auch eine solche nach § 33 [X.] erforderlich.

8

b) Ist über die für die Kostenerstattung maßgebliche [X.] noch nicht rechtskräftig entschieden, fehlt es regelmäßig an einer Grundlage für die Durchführung des Verfahrens nach den §§ 104 ff ZPO (vgl. [X.], aaO). Der mit der Bearbeitung des Kostenfestsetzungsantrags befasste Rechtspfleger muss das Verfahren daher entsprechend § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 11 Abs. 4 [X.] aussetzen, bis die fehlende Entscheidung ergangen ist. Auch das im Kostenfestsetzungsverfahren tätige Beschwerdegericht kann die ausstehende [X.] nicht an sich ziehen, zumal dadurch ein vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossener Rechtszug begründet würde. In den Verfahren für die Festsetzung des [X.] findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des [X.] nicht statt (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 [X.]; § 33 Abs. 4 Satz 3 [X.]).

9

Von einer Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens kann nur abgesehen werden, wenn ein zur [X.] führendes Verfahren noch nicht schwebt, sich die Durchführung eines solchen in bloßer [X.] erschöpfen würde und es deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis hierfür fehlt (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 63 Rn. 7 mwN).

3. Nach diesen Grundsätzen hätte das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 11 Abs. 4 [X.] bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Gegenstandswert für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren in dem dafür vorgesehene Verfahren ausgesetzt werden müssen. Weder war eine [X.] nach § 33 [X.] erfolgt noch war der festzusetzende Wert offenkundig und zwischen den Parteien unstreitig.

a) Nach § 33 Abs. 1 [X.] setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss fest. Jedenfalls an einem entsprechenden ausdrücklichen Antrag fehlt es. Die Schuldnerin hat lediglich die Kostenfestsetzung beantragt. In dem Antrag wird der Gegenstandswert allerdings beziffert. Es liegt nahe, dass hiermit schlüssig zugleich die Festsetzung des [X.] in der genannten Höhe beantragt wird. [X.] des Insolvenzgerichts (vgl. [X.]/[X.], aaO § 33 Rn. 6; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 33 Rn. 48) noch die mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung des [X.] befasste Kammer des [X.]s haben bislang eine Festsetzung des [X.] für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren vorgenommen. [X.] wurde jeweils nur der Wert für die Gerichtsgebühren. Dass der für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebliche Wert nicht offenkundig ist, zeigen bereits die hierzu getroffenen Erwägungen des [X.]. Zudem ist er zwischen den Parteien streitig.

b) Vor der erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den [X.] wird das Beschwerdegericht deshalb das Verfahren nunmehr entsprechend § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 11 Abs. 4 [X.] auszusetzen haben, damit die zwischen den Parteien nur noch streitige Frage

der [X.] für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren für den jeweiligen Rechtszug geklärt werden kann.

[X.]                 [X.]

             Fischer               [X.]

Meta

IX ZB 288/11

20.03.2014

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Berlin, 28. September 2011, Az: 82 T 237/11

§ 104 ZPO, § 11 Abs 4 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.03.2014, Az. IX ZB 288/11 (REWIS RS 2014, 6895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6895

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15 W 7/23 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


L 11 KR 1639/20 B (Landessozialgericht Baden-Württemberg)


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