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PDF anzeigen [X.]BESCHLUSS [X.]
vom 3. November 2005 in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
[X.] §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 1
Aus der Richtlinie 80/987/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mit-gliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vom 28. Oktober 1980 kann eine Sonderstellung des Sozialversi-cherers im Rahmen der Insolvenzanfechtung eindeutig nicht hergeleitet werden.
[X.], Beschluss vom 3. November 2005 - [X.] - [X.] - 2 -
Der [X.]. Zivilsenat des Bundes[X.]ichtshofs hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]
am 3. November 2005 beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
[X.]eil des 2. Zivilsenats des Oberlandes[X.]ichts Koblenz vom 27. Januar 2005 wird auf Kosten der [X.]n zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf [X.] Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§ 544 ZPO), hat aber kei-nen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfor-dert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des Revisions[X.]ichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
1. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung zuzulassen. Das Berufungs[X.]icht ist in Übereinstimmung mit der stän-digen Rechtsprechung des Bundes[X.]ichtshofs zutreffend davon ausgegan-gen, dass Beitragszahlungen des Schuldners an einen [X.] 2 - 3 -
[X.] die Gläubi[X.]gesamtheit auch insoweit benachteiligen, als sie den [X.]anteil betreffen (vgl. [X.] 149, 100, 104 ff; 157, 350, 358 f; 161, 315 = ZIP 2005, 314, 315; [X.], [X.]. v. 10. Juli 2003 - [X.] ZR 89/02, [X.], 1666, 1667 f). Die gegenteilige Rechtsprechung des Oberlandes[X.]ichts Dresden ([X.], 360, 362 f; aufgehoben durch [X.], [X.]. v. 18. April 2005 - [X.], [X.], 1180) ist überholt (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Juli 2003, aaO S. 1668). Eine nochmalige Entscheidung des Bundes[X.]ichtshofs zur Einheit-lichkeitssicherung wäre nur erforderlich, wenn wegen des Fehlens einer gefes-tigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu bislang nicht behandelten Punk-ten ein Bedürfnis für eine abschließende Klärung bestände. Dies ist ersichtlich nicht der Fall. In dem angefochtenen [X.]eil werden die vom Bundes[X.]ichtshof zur objektiven Gläubi[X.]benachteiligung bei Zahlungen an die Sozialkassen entwickelten Rechtsgrundsätze zutreffend angewandt. Unklarheiten bestanden für das Gericht nicht.
Die von der Nichtzulassungsbeschwerde hervorgehobene Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesarbeits[X.]ichts besteht nicht. Dessen Beschluss vom 7. März 2001 ([X.] 1/00, [X.], 1929) befasst sich mit der Frage, ob dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber die gesetzlichen Verzugszinsen aus dem Bruttoentgelt oder lediglich aus dem Betrag zustehen, der um die vom Ar-beitgeber einzubehaltenden Steuern und Beiträge gemindert ist. Wenn in die-sem Zusammenhang ausgeführt wird, der Arbeitnehmeranteil an den Sozial-versicherungsbeiträgen werde wirtschaftlich vom Arbeitnehmer aus dem ihm zustehenden Bruttoentgelt getragen und sei demnach ein ihm "verschaffter" Vermögenswert, steht das nicht in Widerspruch zu der - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats stehenden - Annahme des [X.] - 4 -
richts, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung insolvenzrechtlich aus dem Vermögen des Schuldners geleistet wurden.
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2. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob aus der Richtlinie 80/987/EWG des [X.] vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283 v. 28. Oktober 1980, [X.]) eine Sonderstellung der [X.]n im Rahmen der Insolvenzanfechtung abzuleiten sei, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist eindeutig zu verneinen. Dies kann der Senat daher entscheiden, ohne dem [X.] zuvor die Rechtsfrage zur Vorabentscheidung [X.] zu haben.
a) Die Richtlinie bezweckt ersichtlich den Schutz von Leistungsansprü-chen der Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers, nicht aber den Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherungsträ[X.]. Insbesondere verlangt sie von dem nationalen Gesetzgeber keine Privilegierung der Sozial-versicherungsträ[X.] gegenüber anderen Gläubi[X.]n im Fall der Insolvenzan-fechtung. Entgegen der Auffassung der Beschwerde folgt dies auch nicht aus Art. 7 der Richtlinie. Nach dieser Bestimmung treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Nichtzahlung an ihre Versicherungsträ[X.] von Pflichtbeiträgen, die vom Arbeitgeber vor Eintritt [X.] Zahlungsunfähigkeit geschuldet waren, keine Nachteile für die [X.] der Arbeitnehmer gegenüber diesen Versicherungsträ[X.]n mit sich bringt, soweit die Arbeitnehmerbeitragsanteile von den gezahlten [X.] ein-behalten worden sind. Die Vorschrift erfasst danach die im Sozialgesetzbuch [X.]egelten Rechtsmaterien, insbesondere den Anspruch auf Insolvenzgeld (§§ 183 ff [X.]) und die Zahlung von Pflichtbeiträgen bei [X.] (§ 208 [X.]), nicht jedoch die Anfechtung geleisteter [X.]. Die - hypothetische - Möglichkeit, dass [X.] in 4 5 - 6 -
größerem Umfang zu einer Anhebung der Beitragssätze Veranlassung geben können, kann auch nicht als Nachteil für die Leistungsansprüche der [X.] im Sinne dieser Regelung angesehen werden. Für eine derartige Aus-legung der Richtlinie fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt, weil sie nicht auf den Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherungsträ[X.] abzielt.
b) Selbst wenn die Richtlinie eine Bevorzugung der Sozialversiche-rungsträ[X.] in der Insolvenz des Arbeitsgebers gegenüber anderen Gläubi[X.] fordern würde, könnte sich die [X.] darauf in diesem Rechtsstreit nicht berufen. Die vom [X.] in ständi[X.] Rechtsprechung ver-tretene Auffassung, wonach Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung mit der Folge entfalten können, dass sich auch der [X.] Gemeinschaftsbür[X.] auf sie berufen kann (vgl. [X.], [X.]. v. 19. Januar 1982 - [X.], Slg. 1982, [X.], 70 f), betrifft nur das Verhältnis eines von der Richtlinie begünstigten Betroffenen gegenüber dem jeweiligen Mitgliedstaat oder einer diesem zurechenbaren Einrichtung. Im Verhältnis von [X.] untereinander kann eine Richtlinie dagegen unmittelbar keine Rechte und Pflichten begründen (vgl. [X.], [X.]. v. 26. Februar 1986 - [X.], Slg. 1986, S. 723; [X.]. v. 14. Juli 1994 - [X.], [X.], 1187, 1188 f; [X.]. v. 7. März 1996 Rs [X.]/94, NJW 1996, 1401, 1402; vgl. auch Gei[X.], [X.]/[X.]. 2000, Art. 249 Rn. [X.]; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des europäischen Arbeits- und Sozialrechts, § 10 Rn. 79). Dieser Grundsatz ist auch auf die [X.] in ihrem Verhältnis zum Klä[X.] anzuwenden, die zwar als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 4 Abs. 1 SGB V) or-ganisiert ist, aber im Insolvenzanfechtungsrechtsstreit dem Klä[X.] auf [X.] wie eine Privatperson gegenübertritt. Letztendlich kommt es wegen der nicht gegebenen Anwendbarkeit der Richtlinie hierauf nicht an, ebenso wenig 6 - 7 -
wie auf die vom [X.] in anderem Zusammenhang bereits verneinte Frage, ob die Insolvenzrichtlinie zur Begründung eine Drittwirkung inhaltlich hinreichend genau ist, d.h. eine allgemeine und unzweideutige Norm-aussage enthält, die einen klaren Regelungszweck erkennen lässt (vgl. [X.], [X.]. v. 19. November 1991 - [X.] und 9/90, NJW 1992, 165).
Da die Richtlinie die Insolvenzanfechtung erkennbar nicht betrifft, kann sie auch nicht als Maßstab für die Auslegung der §§ 129 ff [X.] herangezogen werden.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. ZPO abgesehen. Die Nichtzulassungsbeschwerde gibt keinen Anlass, die vom Bundes[X.]ichtshof - teilweise schon mehrfach - entschiedenen Fragen erneut aufzugreifen.
Dr. [X.] [X.] [X.]
[X.] [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 10.05.2004 - 16 O 482/03 - [X.], Entscheidung vom [X.]/04 -
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Meta
03.11.2005
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.11.2005, Az. IX ZR 35/05 (REWIS RS 2005, 1015)
Papierfundstellen: REWIS RS 2005, 1015
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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IX ZR 182/01 (Bundesgerichtshof)
IX ZR 134/09 (Bundesgerichtshof)
Insolvenzanfechtung: Zur Inkongruenz führender Vollstreckungsdruck
IX ZR 233/08 (Bundesgerichtshof)
IX ZR 134/09 (Bundesgerichtshof)
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