Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2005, Az. IX ZR 182/01

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 397

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01 Verkündet am: 8. Dezember 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 131, 133, 139 Zur Insolvenzanfechtung innerhalb und außerhalb des gesetzlichen Dreimonatszeit-raums abgeführter Sozialversicherungsbeiträge (zusammenfassende Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung). [X.], [X.]eil vom 8. Dezember 2005 - [X.]/01 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2005 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 3. Juli 2001 aufgehoben. Die Anschlussberufung der [X.] gegen das [X.]eil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 20. Dezember 2000 wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des [X.] wird das vorbezeichnete [X.]eil des [X.] im Kostenpunkt aufgehoben und in der Hauptsache dahin geändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger weitere 35.790,43 • (= 70.000 DM) nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 v.H. über dem Basiszinssatz seit dem 8. August 2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: - 3 - Auf [X.] vom 16. Dezember 1999 sowie auf danach ge-stellte Anträge der [X.] und der Schuldnerin wurde über deren Vermögen am 1. April 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Verwalter ernannt. Die Beklagte hatte bereits am 11. März 1999 wegen rückständiger [X.] und Säumniszuschläge in Höhe von 202.209,12 DM gegen die Schuldnerin erfolglos zu pfänden versucht und am 6. April 1999 ei-nen ersten Insolvenzantrag gestellt. Diesen Antrag hatte sie am 21. April 1999 nach Begleichung von 70.000 DM und Zusage künftiger Ratenzahlungen wieder zurückgenommen. Am 27. Mai 1999 zahlte die Schuldnerin durch Scheck wei-tere 7.397 DM. Im Juni 1999 blieben Zahlungen auf die [X.] aus, woraufhin die Beklagte am 9. Juli 1999 ein Bankkonto der Schuldnerin pfände-te. Diese Pfändung wurde nach einer Scheckzahlung von 38.000 DM am 12. Juli 1999 wieder aufgehoben, jedoch hatte die Volksbank R. am Ta-ge der Pfändung Darlehen und Kreditlinie der Schuldnerin von zusammen rd. 129.000 DM zum 16. August 1999 fällig gestellt. Am 20. August 1999 über-wies die Schuldnerin nach [X.] Pfändung der [X.] einen Betrag von 1.500 DM. Eine weitere Kontenpfändung am 28. September 1999 blieb [X.]. Am 14. Oktober 1999 und am 30. November 1999 überwies eine Auftraggeberin auf Anweisung der Schuldnerin an die Beklagte letztmalig Be-träge von 30.802,76 DM und 5.915,69 DM. 1 Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger von der [X.] die seit dem 21. April 1999 erbrachten Zahlungen mit der Behauptung zurück, die Schuldnerin sei bereits im ersten Quartal 1999 zahlungsunfähig gewesen ([X.]); die Beklagte habe hiervon auch Kenntnis gehabt. 2 - 4 - Das [X.] hat der Klage mit Bezug auf die angewiesenen Zahlun-gen vom 14. Oktober und 30. November 1999 stattgegeben. Das [X.] hat sie nach beiderseitigem Rechtsmittel vollen Umfanges abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen bisherigen Klagantrag, auch in Höhe der erfolgreichen Anschlussberufung, weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Die Anschlussberufung der [X.] gegen das landgerichtliche [X.]eil ist unbegründet. Soweit das Berufungsgericht die landge-richtliche Teilabweisung der Klage bestätigt hat, ist sein [X.]eil aufzuheben, der Rechtsstreit jedoch nur hinsichtlich der am 21. April 1999 gezahlten 70.000 DM zur Endentscheidung reif. 4 [X.] Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 133 [X.] verneint, weil die Schuldnerin nicht mit [X.] gehandelt und die Beklagte von einem solchen Vorsatz jedenfalls keine Kenntnis gehabt habe. Bei den Überweisungen vom 14. Oktober und 30. November 1999 habe es sich um kongruente Deckungen gehandelt, die hier nach § 130 [X.] nicht anfecht-bar seien, weil die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht ge-kannt habe. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 - 5 - I[X.] Im Einklang mit § 139 Abs. 2 Satz 1 [X.] hat das Berufungsgericht [X.] die gesetzliche Dreimonatsfrist des § 130 Abs. 1 Nr. 1 [X.] von dem am 16. Dezember 1999 bei Gericht eingegangenen Insolvenzantrag her zurückge-rechnet, der am 1. April 2000 zur Eröffnung des Verfahrens geführt hat. Auf diesen [X.] kommt es hier auch für die Fristen des § 131 Abs. 1 [X.] an. Ein rechtswirksam für erledigt erklärter oder zurückgenommener Insol-venzantrag, wie der Antrag der [X.] vom 6. April 1999, ermöglicht keine Insolvenzanfechtung (vgl. [X.] 149, 178, 180; 157, 350, 354; [X.], [X.]. v. 14. Oktober 1999 - [X.] ZR 142/98, [X.], 1977, 1978). Das gilt auch dann, wenn der Schuldner nach der Rücknahme des ersten Antrags seine Zahlungs-fähigkeit nicht wiedergewonnen hat. Ob der Geschäftsführer der Schuldnerin seine Pflicht aus § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, bei Zahlungsunfähigkeit unver-züglich Antrag auf Insolvenzeröffnung einzureichen, vorsätzlich verletzt hat, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Februar 2005 - [X.] ZR 211/02, [X.], 564, 565 unter I[X.] 1. b, z.[X.]. in [X.] 162, 143). Demnach beurteilen sich die Kundenzahlungen auf Anweisung der Schuldnerin an die Beklagte vom 14. Oktober und 30. November 1999, die in-nerhalb der Dreimonatsfrist erfolgten, nach den §§ 130, 131 [X.], während für die Zahlungen vom 21. April 1999 bis zum 20. August 1999 als [X.] nur § 133 Abs. 1 [X.] in Betracht kommt. 6 Soweit die Schuldnerin Überweisungen einer [X.] vom 14. Oktober und 30. November 1999 an die Beklagte erkennbar veranlasst hat, um Deckungen ihrer Beitragsrückstände zu bewirken (mittelbare Zahlungen), kann zur anfechtungsrechtlichen Rückgewähr allein die Beklagte als [X.] - 6 - empfängerin verpflichtet sein (vgl. [X.] 142, 284, 287 m.w.N.). Davon ist [X.] auch das Berufungsgericht ausgegangen. 1. Das Berufungsgericht hat die mittelbaren Zahlungen an die Beklagte vom 14. Oktober 1999 und 30. November 1999 zu Unrecht als kongruente De-ckungen beurteilt. Diese Zahlungen waren inkongruent. Ihre Anfechtbarkeit er-gibt sich aus § 131 Abs. 1 [X.]. Insoweit war deshalb das landgerichtliche Ur-teil gegen die Anschlussberufung wieder herzustellen. 8 a) Vereinbart ein Schuldner mit einer [X.], diese solle für ihn fällige Beiträge an einen Sozialversicherungsträger entrichten, bewirkt allein die Mittelbarkeit dieser Zahlung in der Regel eine inkongruente Deckung (vgl. [X.], [X.]. v. 9. Januar 2003 - [X.] ZR 85/02, [X.], 356, 358). [X.] ist auch die vom Schuldner durch Anweisung einer [X.] erwirkte mittelbare Zahlung an einen seiner Gläubiger, wenn jener Gläubiger keinen Anspruch auf diese Art der Erfüllung hatte ([X.] 123, 320, 324 f; [X.], [X.]. v. 8. Oktober 1998 - [X.] ZR 337/97, [X.], 2008, 2011). 9 [X.] waren die [X.] für die Schuldnerin im Dreimonatszeitraum aber auch dann, wenn die Anweisungen hierzu unter dem Druck der Kontenpfändung erfolgt sind, welche die Beklagte am 28. September 1999 ausgebracht hatte (st. Rspr., vgl. [X.] 136, 309, 313; 155, 75, 80; 157, 350, 353; [X.], [X.]. v. 10. Februar 2005 [X.]O, S. 565 unter I[X.] 2. b, [X.]). [X.] im Sinne des § 131 Abs. 1 [X.], die innerhalb des [X.] auf hoheitlichem Zwang beruhen, hat der [X.] sogar dann stets als inkongruent angesehen, wenn die Zwangsvollstreckung im verfahrensrecht-lichen Sinne noch nicht begonnen hatte, sondern lediglich unmittelbar [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 11. April 2002 - [X.] ZR 211/01, [X.], 1159, 1161; v. 10 - 7 - 15. Mai 2003 - [X.] ZR 194/02, [X.], 1278 f). Dies gilt innerhalb des beson-ders geschützten [X.] erst recht, wenn ein Schuldner sich durch bereits wirksam gewordene Kontenpfändungen eines Gläubigers [X.] sieht, eigene Kunden zur Direktzahlung an diesen Gläubiger zwecks [X.] der in Vollstreckung befindlichen Forderungen anzuweisen. Die der [X.] auf Anweisung der Schuldnerin gewährte Befriedigung stellt auch nicht deshalb eine kongruente Deckung dar, weil die Beklagte nach § 76 Abs. 1 [X.] verpflichtet ist, Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig und vollständig zu erheben, und diese Beiträge nach § 30 Abs. 1 [X.] zweckge-bunden verwendet werden müssen. Der Gesetzgeber hat bewusst davon abge-sehen, bestimmte Gläubigergruppen in der Insolvenz zu privilegieren, wie dies unter der Geltung der Konkursordnung für die Sozialversicherungsträger nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO noch der Fall war. Aber auch diese Vorschrift schützte die Sozialversicherungsträger nicht vor der Anfechtung nach § 30 Nr. 1 KO (vgl. [X.] 79, 124, 130 f). Im Übrigen bezieht sich die Pflicht zur beitrags-konformen Mittelverwendung nur auf Beiträge, die in gesetzlich nicht missbillig-ter Weise in das Vermögen der Sozialkasse gelangt sind. Dies trifft auf Mittel, die nach den Regeln des Insolvenzrechts der Gläubigergesamtheit gebühren, nicht zu (vgl. [X.], [X.]. v. 9. Juni 2005 - [X.] ZR 152/03, [X.], 1243). 11 Nach diesen Rechtssätzen war die mittelbare Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte vom 30. November 1999 gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] an-fechtbar, weil sie im letzten Monat vor der maßgebenden Antragstellung vorge-nommen worden ist. Die mittelbare Zahlung der Schuldnerin vom 14. Oktober 1999 war nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar, weil die Krise der Schuldne-rin jedenfalls nach Kündigung der Darlehen durch die Volksbank R. zum 16. August 1999 so verschärft war, dass die Schuldnerin aus Mangel an 12 - 8 - Zahlungsmitteln einen wesentlichen Teil ihrer Verbindlichkeiten auf Dauer nicht mehr erfüllen konnte. Das Berufungsgericht hat dies zwar nicht ausdrücklich festgestellt, ist jedoch ebenfalls davon ausgegangen, dass die Vereinbarung vom 30. August 1999 mit der Auftraggeberin [X.]die damalige [X.] der Schuldnerin zutreffend wiedergegeben hat. b) Danach ist insoweit das landgerichtliche [X.]eil wiederherzustellen und die hiergegen gerichtete Anschlussberufung der [X.] zurückzuweisen. Das Berufungsurteil ist in diesem Punkt auch nicht aus anderen Gründen teil-weise richtig. 13 [X.]) Die Sozialversicherungsbeiträge sind hinsichtlich der Arbeitnehmer-anteile kein zugunsten der Sozialversicherungsträger aussonderungsfähiges [X.]. Sie werden in vollem Umfang aus dem Vermögen des Arbeitgebers geleistet. Die Strafvorschrift des § 266a StGB schafft keine unmittelbare Be-rechtigung an den für den Arbeitnehmer zu entrichtenden Beiträgen (vgl. [X.] 149, 100, 106 f; [X.], [X.]. v. 20. November 2001 - [X.] ZR 159/00, [X.], 228, 229 unter II[X.]; v. 10. Juli 2003 - [X.] ZR 89/02, [X.], 1666, 1668; v. 18. April 2005 - [X.], [X.], 1180, 1182; siehe außerdem [X.], [X.]. v. 14. November 2000 - [X.], [X.], 80, 82), deren Abfluss mithin die Gläubiger benachteiligt ([X.] 157, 350, 358; [X.], [X.]. v. 11. April 2002 - [X.] ZR 211/01, [X.], 1159, 1160; [X.], [X.]. v. 9. Dezember 2004 - [X.] ZR 108/04, [X.], 240, z.[X.]. in [X.] 161, 315). Es kommt in diesem Zu-sammenhang nicht darauf an, ob umgekehrt die Erfüllung anderer [X.] die Nichtabführung von [X.] in der Krise rechtfertigt (verneinend [X.]St 47, 318, 321; 48, 307, 311; [X.], [X.]. v. 9. August 2005 - 5 StR 67/05, [X.], 1678, 1679). Denn dem anfechtungsrechtlichen Prin-14 - 9 - zip der Gläubigergleichbehandlung liefe auch die bevorzugte Befriedigung an-derer Gläubiger in der Krise zum Nachteil der [X.] zuwider. Für einen besonderen Schutz der Sozialversicherungsträger gegen [X.] gibt auch die Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 7. März 2001 - [X.] 1/00, NJW 2001, 3570, 3571 f) nichts her, dass Zahlungen des Arbeitgebers, die auf den Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung entfallen, wirtschaftlich als Leistungen aus dem Vermögen des Arbeitnehmers anzusehen seien. Zwar mag es sein, dass Beiträge nach § 28e Abs. 4 [X.] direkt vom Arbeitgeber abzuführen sind, weil dies die [X.] schützt. Auch kann die Vorschrift des § 28e Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach der Arbeitgeber alleiniger Schuldner der Krankenkasse ist, lediglich dem Schutz des Arbeitnehmers vor Inanspruchnahme dienen, wenn der Arbeitgeber pflichtwidrig die Beiträge nicht abgeführt hat. Dies ändert aber nichts daran, dass insolvenzrechtlich der Arbeitgeber die gesamten Sozialversi-cherungsbeiträge ebenso wie den Lohn selbst grundsätzlich aus seinem eige-nen Vermögen bezahlt. Dafür sorgt gerade der doppelte Sicherungsmechanis-mus des § 28e Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 [X.]. 15 bb) Bei den angefochtenen Rechtshandlungen hat es sich nicht um [X.] nach § 142 [X.] gehandelt, die eine objektive Gläubigerbenachteili-gung ausschließen könnten. Dass der Einsatz der Arbeitnehmer unter Abfüh-rung der Versicherungsbeiträge dem Schuldner die Möglichkeit gibt, seine unter Umständen auch für die Gläubigergesamtheit vorteilhaften Geschäfte fortzufüh-ren, reicht dafür ebenso wenig aus wie die Tatsache, dass die Beklagte den Arbeitnehmern der Schuldnerin Versicherungsschutz gewährt, der nicht mehr entzogen werden kann. Ein Bargeschäft liegt nur vor, wenn der Schuldner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung aufgrund einer [X.] - 10 - rung mit dem [X.] eine gleichwertige Gegenleistung erhält (vgl. [X.] 157, 350, 360). Der [X.] hat sich dieser Ansicht im Zusam-menhang mit der Abführung von Lohnsteuern innerhalb des Dreimonatszeit-raums zwar bisher nicht angeschlossen, sie aber zum Anlass genommen, die Vollziehung eines Haftungsbescheides gemäß §§ 69, 34 AO auszusetzen (vgl. [X.], [X.], 1797, 1799). Im vorliegenden Fall hat die Schuldnerin weder eine Vereinbarung mit der [X.] getroffen noch eine Gegenleistung von ihr erhalten. Die sozial-versicherungsrechtliche Pflicht der Schuldnerin, die Beiträge an die [X.] zu entrichten (§ 28e Abs. 1 Satz 1 [X.]), ersetzt die notwendige Vereinba-rung nicht. Außerdem ist keine dem Zugriff der übrigen Gläubiger offen stehen-de Gegenleistung der [X.] in das Vermögen der Schuldnerin gelangt. Stellt man auf den gewährten Versicherungsschutz für die Arbeitnehmer ab, fehlt es an einer Bereicherung der Masse. Sieht man die Gegenleistung in der Arbeitsleistung der bei der [X.] versicherten Arbeitnehmer, so rührt diese nicht von der [X.] her (vgl. [X.], [X.]. v. 9. Juni 2005 - [X.] ZR 152/03, [X.], 1243, 1245). 17 cc) Die Beklagte kann auch nicht aufgrund der Richtlinie 80/987/EWG des [X.] vom 20. Oktober 1980 zur An-gleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedst[X.]ten über den Schutz der [X.] bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283 v. 28. Oktober 1980, [X.]) eine Sonderstellung im Rahmen der Insolvenzanfech-tung beanspruchen (vgl. [X.], [X.]. v. 3. November 2005 - [X.] ZR 35/05, z.[X.].). 18 - 11 - 2. Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht auch das Rechtsmittel des [X.] nicht zurückweisen. Die Anfechtung der teils durch Banküberweisung, teils durch eigene Schecks erbrachten Zahlungen außerhalb des [X.] kann nach § 133 Abs. 1 [X.] begründet sein. Für die Überweisung von 70.000 DM am 21. April 1999 lässt sich dies nach dem fest-gestellten Sachverhältnis (§ 563 Abs. 3 ZPO) abschließend beurteilen. [X.] ist die Sache insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um für den Tatbestand der Vorsatzanfechtung eine abschließende tatrichterliche Wür-digung zu ermöglichen. 19 a) Voraussetzung der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 [X.] ist, dass der Schuldner die Rechtshandlung mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hat. Hierfür reicht sowohl bei inkongruenten als auch bei kongruenten Deckungsge-schäften aus, dass der Schuldner sich die Benachteiligung nur als möglich vor-gestellt, sie aber in Kauf genommen hat, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen ([X.] 155, 75, 84 m.w.N.). 20 [X.]) Zur Feststellung des [X.] hat die [X.] im Laufe der [X.] bestimmte Grundsätze entwickelt, die aus der Lebens-erfahrung abgeleitet sind. Hat der Schuldner einem Gläubiger eine inkongruen-te Deckung gewährt, auf die der Begünstigte keinen Anspruch hat, so liegt darin regelmäßig ein starkes Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz ([X.] 123, 320, 326; 138, 291, 308; 157, 242, 251). [X.] ist stets die aufgrund eines [X.] von dem Gläubiger erzielte Deckung. Der Insolvenzantrag dient im Gegensatz zur [X.] nach [X.] gesetzlichen Zweck nicht dazu, dem einzelnen Gläubiger zur vollen Durch-setzung seiner Ansprüche zu verhelfen. Der antragstellende Gläubiger hat [X.] - 12 - her regelmäßig kein rechtlich geschütztes Interesse daran, mit dem Ziel der Antragsrücknahme erbrachte Zahlungen des Schuldners als Erfüllung anzu-nehmen ([X.] 157, 242, 246 f). Dem Schuldner, der einem Gläubiger nach gestelltem Insolvenzantrag Teilzahlungen leistet und weitere Raten verspricht, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertrag-lichen Pflichten an, sondern er will diesen Gläubiger zur Rücknahme des Insol-venzantrages bewegen. Zu diesem Zweck bevorzugt er den antragstellenden Gläubiger und nimmt die Benachteiligung derzeit weniger gefährlicher Gläubiger im Allgemeinen in Kauf (vgl. [X.], [X.]. v. 17. Juli 2003 - [X.] ZR 272/02, [X.], 1799, 1800). So lag es auch im Streitfall. Das Beweisanzeichen der in-kongruenten Deckung für den bedingten [X.] der Schuldnerin ist hier nach dem [X.] nicht durch besondere Umstände entkräftet. Die Schuldnerin wusste, dass sie der [X.] zur Abwendung ih-res [X.] vom 6. April 1999 eine bevorzugte Befriedigung der von ihr verwalteten [X.] verschaffte. Die Schuldnerin konnte aufgrund des einen Auftrages in [X.] auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annehmen, über Teilzahlungen an einzelne Gläubiger hin-aus in absehbarer [X.] alle Gläubiger befriedigen zu können, so dass ein [X.] von daher nicht mehr in Betracht gekommen wäre (vgl. [X.] 138, 291, 308; [X.], [X.]. v. 22. April 2004 - [X.] ZR 370/00, [X.], 1160, 1161 unter I[X.] 3. b, [X.]). Für einen derartigen Vorsatzausschluss reicht die vom Berufungsgericht festgestellte vorübergehende und teilweise "Konsolidie-rung" in den Finanzen der Schuldnerin nicht aus. In diesem Umfang ist der von den Vorinstanzen abgewiesene Rückge-währanspruch nach §§ 133, 143 [X.] zugunsten des [X.] spruchreif. Das Berufungsgericht hat das Beweisanzeichen der inkongruenten Deckung bei Ü-berweisung der 70.000 DM vom 21. April 1999 nicht zugunsten des [X.] 22 - 13 - berücksichtigt. Es war dieser Notwendigkeit auch nicht deshalb enthoben, weil auf den Geschäftsführer der Schuldnerin die Strafandrohung des § 266a StGB wirkte. Diese Strafvorschrift rechtfertigt keine Gläubigerbenachteiligung und schließt einen entsprechenden Vorsatz des Schuldners nicht aus (vgl. oben un-ter I[X.] 1. b, [X.]). Die Kenntnis der Schuldnerin und der [X.] von der [X.] der am 21. April 1999 gewährten Deckung bestand bereits deshalb, weil ihnen die Tatsachen bekannt waren, die hier den Rechtsbegriff der [X.] ausfül-len. Die Kenntnis von der [X.] der Überweisung vom 21. April 1999 ist ferner ein wesentliches Beweisanzeichen dafür, dass die Beklagte die Gläubi-gerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin gekannt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 21. Januar 1999 - [X.] ZR 329/97, [X.], 406, 407; v. 2. Dezember 1999 - [X.] ZR 412/98, [X.], 82, 83; v. 17. Juli 2003 - [X.] ZR 272/02, [X.], 1799, 1801; v. 22. April 2004 - [X.] ZR 370/00, [X.]O unter I[X.] 3. c). Auch dieses Indiz hat die Beklagte im Streitfall nicht entkräftet (siehe ferner unten b). 23 bb) Auch ohne das Beweisanzeichen der inkongruenten Deckung, zu welcher Fallgruppe die Scheckzahlungen der Schuldnerin vom 27. Mai 1999 und 12. Juli 1999 nebst der Überweisung vom 20. August 1999 nach [X.] Sachverhalt nicht gehören, ist vorliegend die weitere Feststellung eines [X.]es der Schuldnerin nicht ausgeschlossen. Allerdings erfordert dies eine neue tatrichterliche Würdigung. Das Berufungsge-richt hat in dieser Hinsicht den vorgetragenen Sachverhalt nicht ausgeschöpft. Es hat festgestellt, dass die Schuldnerin seit Januar 1999 keine Löhne an ihre Arbeitnehmer gezahlt und die Arbeitsverhältnisse wegen der Zahlungsprobleme zum 30. Juni 1999 gekündigt hatte. Das Finanzamt [X.] hatte am 6. Mai 1999 wegen rückständiger Steuern nebst Säumniszuschlägen in Höhe von 24 - 14 - 133.110,60 DM vollstreckt; von der Schuldnerin im April begebene Schecks [X.] es nicht einlösen können. Bei der [X.] waren seit November 1998 [X.] und Säumniszuschläge von 202.209,12 DM aufgelaufen, die ihrem Insolvenzantrag vom 6. April 1999 zugrunde lagen. Es gelang der Schuldnerin zwar, diese Rückstände zum größeren Teil zu tilgen. Unstreitig sind jedoch, beginnend mit dem Restbeitrag des Monats März 1999, in jedem Fol-gemonat bei der [X.] neue erhebliche Beitragsrückstände der Schuldnerin entstanden. Im Insolvenzantrag der [X.] vom 3. Januar 2000 werden die-se Rückstände bis einschließlich November 1999 mit 175.133,11 DM beziffert. Der [X.] geht in der Regel davon aus, dass der Schuldner die angefochtenen Rechtshandlungen mit Benachteiligungsvorsatz vorgenom-men hat, wenn er zur [X.] ihrer Wirksamkeit (§ 140 [X.]) zahlungsunfähig war ([X.] 155, 75, 84; [X.], [X.]. v. 13. Mai 2004 - [X.] ZR 190/03, [X.], 1512, 1513). Der Schuldner ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Die neuere Rechtsprechung des [X.] nimmt an, dass regelmäßig [X.] vorliegt, wenn die [X.] des Schuldners 10 v.H. oder mehr beträgt, soweit nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahr-scheinlichkeit zu erwarten ist, dass diese Lücke innerhalb von drei Wochen (fast) vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein solches Zuwar-ten zuzumuten ist ([X.], [X.]. v. 24. Mai 2005 - [X.] ZR 123/04, [X.], 1468, 1470, 1471, z.[X.]. in [X.] 163, 134). Unter der Geltung der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung war der [X.]raum, innerhalb dessen eine Zahlungsstockung behoben sein musste, wenn sie nicht in die Zahlungsunfä-higkeit umschlagen sollte, auf etwa einen Monat begrenzt worden (vgl. [X.] 149, 100, 108; [X.], [X.]. v. 3. Dezember 1998 - [X.] ZR 313/97, [X.], 12, 14; v. 4. Oktober 2001 - [X.] ZR 81/99, [X.], 2181, 2182). Eine einmal ein-25 - 15 - getretene Zahlungsunfähigkeit wird regelmäßig erst beseitigt, wenn die ge-schuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im allgemeinen wieder aufgenommen werden können. Dies hat grundsätzlich derjenige zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall der Zahlungsunfähigkeit beruft ([X.] 149, 108, 109; 178, 188). Aufgrund aller erkennbaren Anhaltspunkte ist sich die Schuldnerin - hiernach beurteilt - im April 1999 bewusst gewesen, dass sie zahlungsunfähig war. Angesichts der festgestellten Ausgangslage im April 1999 und der Weiter-entwicklung ihrer [X.] bei der [X.] war die angebliche "Über-zeugung" des Geschäftsführers der Schuldnerin, er könne mit Hilfe des [X.] in [X.] "die finanzielle Situation in den Griff bekommen" und die Zah-lungsrückstände bei der [X.] vollständig abtragen, nicht realistisch. Selbst wenn diese Erklärung mehr als Zweckoptimismus enthielt, konnte eine bloße Hoffnung der Schuldnerin, die Rückstände bei der [X.] abtragen zu [X.], den [X.] nicht ausschließen (vgl. [X.] 155, 75, 84). Gerade wenn sich diese Erwartung erfüllte, hierbei die Beklagte aber als Sozialversicherungsträger auf Kosten der übrigen Gläubiger begünstigt wurde, erfüllte sich der Tatbestand der Vorsatzanfechtung. 26 Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Schuldnerin am 12. Juli und 20. August 1999 durch die Pfändungen, welche die Beklagte ausgebracht hatte, jede Möglichkeit zu einem selbst bestimmten Han-deln genommen war und sie hier von gepfändeten Konten nur noch an die [X.] zu leisten vermochte. Hatte die Schuldnerin allein die Wahl, die Beklagte über gepfändetes Guthaben nach § 836 Abs. 1 ZPO selbst verfügen zu lassen oder an sie die geleisteten Beträge zu überweisen, fehlt es an einer Rechts-handlung im Sinne des § 133 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Februar 2005 27 - 16 - - [X.] ZR 211/02, [X.], 564, 566 f, z.[X.]. in [X.] 162, 143). Anders lag es, wenn die Schuldnerin über die weiteren Zahlungsbeträge von 38.000 DM und 1.500 DM auch noch anders hätte verfügen können, durch den Druck der an-dauernden Pfändung aber zur Überweisung an die Beklagte bewegt worden ist. Die letztgenannte Fallgestaltung bietet keine Besonderheiten; denn Zahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung sind außerhalb des [X.] ([X.] 155, 75, 82 f; [X.], [X.]. v. 13. Mai 2004 - [X.] ZR 190/03, [X.], 1512, 1513; v. 10. Februar 2005 - [X.] ZR 211/02, [X.], 564, 565 f, z.[X.]. in [X.] 162, 143). b) Das Berufungsgericht gibt keine Begründung dafür, weshalb die [X.], obwohl sie am 6. April 1999 selbst einen Insolvenzantrag gestellt hat, nicht gewusst haben soll, dass die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin [X.] drohte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, aufgrund welcher Mitteilungen über die Gewinnplanung des Bauvorhabens in [X.] und die Höhe der ernsthaft ein-geforderten Verbindlichkeiten die Beklagte die bisherige Gefahr für die [X.] der Schuldnerin als abgewendet betrachten durfte. Die ab April 1999 weiter aufgelaufenen Beitragsrückstände der Schuldnerin deuteten für die Beklagte sichtbar auf die Fortdauer der finanziellen Krise (vgl. [X.] 149, 100, 111; 155, 75, 85; [X.], [X.]. v. 17. Februar 2004 - [X.] ZR 318/01, [X.], 669, 671). 28 - 17 - 3. Die geforderte Verzinsung des weitergehenden [X.] ist vorläufig nur ab Rechtshängigkeit zuzusprechen. Der Kläger hat bisher nicht dargelegt, inwieweit die Überweisung der 70.000 DM am 21. April 1999 in dem Betrag von 82.060,96 DM enthalten war, mit dem die Beklagte bereits zum 6. Juli 2000 in Verzug gesetzt worden ist. 29 Dr. [X.] [X.] [X.]
[X.] Dr. [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.12.2000 - 8 [X.]/00 - [X.], Entscheidung vom [X.]

Meta

IX ZR 182/01

08.12.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.12.2005, Az. IX ZR 182/01 (REWIS RS 2005, 397)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 397

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27 U 200/05

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