Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.01.2013, Az. 8 B 57/12

8. Senat | REWIS RS 2013, 9234

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Gegenstand

Unzulässige Klageerhebung wegen Identität des Streitgegenstandes


Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor.

2

1. Der Rechtssache kommt die ihr von der Klägerin beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu.

3

Die Klägerin hält die Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig,

a) "Entspricht der Anschluss- und Benutzungszwang an eine öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung, wenn die Entsorgung ohne die Gefährdung des Allgemeinwohls bezüglich der Einhaltung von Seuchen- und Hygienevorschriften nicht zu Beanstandungen führt, dem grundgesetzlichen Gebot des Schutzes des Eigentums?".

b) "Entspricht der Anschluss- und Benutzungszwang an eine öffentliche Abwasserentsorgungsanlage dem Gebot des Art. 14 Abs. 3 GG, wenn nicht gleichzeitig gesetzlich die Entschädigungsleistung für die Abgabe des mit Wertstoffen versehenen Trinkwassers bzw. des 'Abwassers' für die Betroffenen geregelt ist?".

4

Diese Fragen würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Sie nehmen Bezug auf diejenigen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, die den Nichtigkeitsfeststellungsantrag der Klägerin betreffen.

5

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die durch Bescheid vom 19. April 2010 erfolgte Festsetzung eines zweiten Zwangsgeldes zur Durchsetzung der vom Beklagten mit Verfügung vom 15. Dezember 2000 gegenüber der Klägerin angeordneten Anschluss- und Benutzungszwang an die zentrale öffentliche Abwasseranlage. Die gegen die Verfügung vom 15. Dezember 2000 erhobene Anfechtungsklage hatte das [X.] mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Dezember 2004 ergangenen Urteil abgewiesen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil wurde mit Beschluss des [X.] vom 19. Dezember 2005 zurückgewiesen. Es ist somit rechtskräftig entschieden, dass die Verfügung des Beklagten vom 15. Dezember 2000 rechtmäßig ist. Der erst in der Berufungsinstanz des vorliegenden Verfahrens gestellte Antrag, die Nichtigkeit der Verfügung festzustellen, ist unzulässig. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt demjenigen, der einen Verwaltungsakt für nichtig hält, mehrere Möglichkeiten des gerichtlichen Rechtsschutzes zur Verfügung. Er kann entweder Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO auf Aufhebung des Verwaltungsakts erheben, oder er kann die Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungsakts nach § 43 Abs. 1 VwGO beantragen. Dabei ist es möglich, die beiden Klagebegehren als Haupt- und Hilfsantrag zu verbinden. Wegen der Identität des Streitgegenstandes (§ 90 VwGO) ist es jedoch unzulässig, eine Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zu erheben, wenn bereits eine Anfechtungsklage erhoben bzw. rechtskräftig zum Abschluss gebracht worden ist ([X.], Urteil vom 12. Januar 1990 - 23 B 89.00099 - BayVBl 1990, 370; Beschluss vom 13. Oktober 1999 - 23 ZB 99.2766 - juris Rn. 4; [X.], Beschluss vom 10. Februar 2012 - 1 L 3/12 - juris Rn. 5; [X.], in: [X.], VwGO, 13. Aufl. 2010, § 43 Rn. 26). Der Nichtigkeitsfeststellung steht daher gemäß § 121 VwGO die materielle Rechtskraft des Urteils des [X.] vom 20. Dezember 2004 in dem diesem Verfahren vorangegangenen Verfahren - Az.: 6 K 821/01 - entgegen, weil darin die Rechtmäßigkeit der Verfügung des Beklagten vom 15. Dezember 2000 festgestellt wurde.

6

2. Auch die Zulassung der Revision wegen der von der Klägerin behaupteten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) scheidet aus, da die gerügte Abweichung für die Entscheidung im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Die diesbezüglichen Darlegungen der Klägerin setzen sich ebenfalls mit den Ausführungen des angefochtenen Urteils zu dem Nichtigkeitsfeststellungsantrag der Klägerin auseinander. Wie oben (unter 1). ausgeführt wurde, würden sich die damit im Zusammenhang stehenden Fragen in dem Revisionsverfahren nicht stellen.

7

3. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.

8

Die Klägerin rügt insoweit, das Urteil des [X.] vom 20. Dezember 2004 sei entgegen § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht von dem erkennenden Einzelrichter unterschrieben worden. Die [X.] sei nicht mit dem vollständigen Familiennamen, sondern lediglich mit einer [X.] unterzeichnet worden, die dem Erfordernis persönlicher Unterzeichnung durch den [X.] nicht genüge.

9

Diese Rüge greift nicht durch. Dem Erfordernis der richterlichen Urteilsunterzeichnung wird zwar durch die Beifügung eines den Namen abkürzenden Handzeichens ([X.]) nicht genügt (Beschluss vom 4. März 1993 - BVerwG 8 [X.] - [X.] 310 § 87b VwGO Nr. 1 = NJW 1994, 746; [X.]/[X.], VwGO, 18. Aufl. 2012, § 117 Rn. 2). Eine [X.] verlangt, dass ein die Identität des Unterzeichners kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt; er muss nicht lesbar sein, darf sich aber andererseits nicht auf eine [X.] beschränken (Beschluss vom 31. März 2004 - BVerwG 7 B 11.04 - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 29). Ein [X.] genügt den Anforderungen an eine eigenhändige Unterschrift, wenn es den Urheber des Schriftstücks und seinen Willen, das Schriftstück als endgültig und nicht lediglich als Entwurf zu betrachten, erkennen lässt ([X.], Beschluss vom 2. Januar 2008 - [X.]/07 -ZSteu 2008, [X.] 643 - juris Rn. 10; [X.], Beschluss vom 17. Februar 2012 - 2 L 95/11 - juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der unter der Urschrift des Urteils des [X.] vom 20. Dezember 2004 vorhandene Namenszug des Einzelrichters lässt die Absicht erkennen, den [X.] mit einer vollständigen Unterschrift zu versehen und das Urteil als endgültig zu betrachten. Die individuelle Form der Unterschrift erfüllt die an eine eigenhändige Unterschrift gestellten Anforderungen. Gegen die Annahme einer Unterzeichnung mit [X.] spricht bereits, dass der Beschluss bezüglich der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter von dem betreffenden Einzelrichter in gleicher Weise unterschrieben wurde wie das Urteil. Insbesondere war für die Geschäftsstelle des Gerichts als Adressaten der Urschrift des Urteils erkennbar, wer der Urheber des unterschriebenen Urteils ist. Auch die Klägerin bestreitet nicht, dass der Schriftzug von dem Einzelrichter herrührt, der die Sache mündlich verhandelt hat.

Meta

8 B 57/12

07.01.2013

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 18. April 2012, Az: 9 B 48.11, Urteil

§ 90 VwGO, § 43 Abs 1 VwGO, § 42 Abs 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07.01.2013, Az. 8 B 57/12 (REWIS RS 2013, 9234)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9234

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