Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.06.2016, Az. B 10 EG 5/16 B

10. Senat | REWIS RS 2016, 9605

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - nachgeburtliches Einkommen - Einkünfte aus selbstständiger Arbeit - Zahlungseingänge erst im Bezugszeitraum - strenges Zuflussprinzip - Verfassungsrecht - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 17. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die endgültige Festsetzung der [X.] sowie eine Erstattung überzahlten [X.].

2

Der Kläger ist Vater einer am [X.] geborenen Tochter und war vor und nach ihrer Geburt selbstständig als Ton-Cutter tätig.

3

Der Beklagte bewilligte ihm für den 6. - 14. Lebensmonat Elterngeld in Höhe von 1785,79 Euro, später korrigiert für den 7. - 14. Lebensmonat auf die Höhe von monatlich 1732,48 Euro. Die Bewilligung erfolgte jeweils vorläufig und ging vom glaubhaft gemachten Einkommen des [X.] aus Gewerbebetrieb sowie Vermietung und Verpachtung aus (Bescheide vom 2.12.2010 und vom 25.2.2011).

4

In der Folge legte der Kläger eine [X.] für die [X.] vom [X.] bis 18.9.2011 vor, die einen Überschuss von 19 345,95 Euro auswies. Daraufhin setzte der Beklagte das Elterngeld für den 6. Lebensmonat endgültig in Höhe von monatlich nur noch 515,51 Euro sowie für den 7. - 14. Lebensmonat auf 500,12 Euro fest. Den überzahlten Betrages von 11 129,16 Euro forderte er vom Kläger zurück (Bescheid vom 8.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.]). Es sei unerheblich, ob das erzielte Einkommen aus einer Leistung vor dem Bezugszeitraum stamme. Ausschlaggebend sei nach der Rechtsprechung des B[X.] allein der Zuflusszeitpunkt.

5

Das [X.] hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19.9.2013). Auch die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat ausgeführt, die Höhe des [X.] richte sich im Wege der [X.] nach § 2 Abs 3 [X.] aF. [X.] habe gemäß der Rechtsprechung des B[X.] zutreffend das im Bezugszeitraum tatsächlich zugeflossene Einkommen berücksichtigt und das deshalb überzahlte Elterngeld zurückgefordert. Dies führe auch nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen, weil der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des [X.] einen weiten Gestaltungsspielraum habe. Zudem hätten selbstständig Tätige gegenüber abhängig Beschäftigten bessere steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten.

6

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum B[X.] eingelegt mit der er geltend macht, das L[X.] habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt. Die Rechtsprechung des B[X.] zum Zuflussprinzip sei gleichheits- und damit verfassungswidrig.

7

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

8

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.] mwN). Ist die aufgeworfene Rechtsfrage von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits beantwortet, so reicht es zur Darlegung der (erneuten) Klärungsbedürftigkeit nicht aus, lediglich die eigene Rechtsmeinung auszubreiten. Vielmehr ist eine substanzielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen erforderlich (vgl B[X.] Beschluss vom 10.12.2012 - [X.] R 361/12 B - Juris Rd[X.]).

9

Im Falle "auslaufenden Rechts" (hier § 2 Abs 3 [X.] idF vom 5.12.2006) ist zudem eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur dann gegeben, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihre Auslegung aus anderen Gründen (namentlich wegen einer weitgehenden Übereinstimmung mit dem neuen Recht) fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] B - Juris mwN).

Danach hat der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der von ihm formulierten Frage,

        

ob die Anwendung unterschiedlicher [X.] bei der Auslegung des § 2 Abs 3 [X.] in der Fassung vom 5.12.2006 bei Selbstständigen mit Einnahme-Überschussrechnung, Inhabern von bilanzierenden Gewerbebetrieben und abhängig Beschäftigten bei der Ermittlungen des Einkommens im Bemessungs- und Bezugszeitraum einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG darstellt,

nicht dargelegt. Der Kläger begehrt höheres Elterngeld für die [X.] vom [X.] bis 18.9.2011. Wie der Senat zu der insoweit einschlägigen, bis zum 17.9.2012 gültigen Fassung des § 2 Abs 3 S 1 [X.] bereits mehrfach entschieden hat, ist Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift in dem [X.]raum erzielt, in dem es dem Elterngeldberechtigten tatsächlich zugeflossen ist (B[X.] Urteil vom 5.4.2012 - [X.] EG 10/11 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.]; B[X.] Urteil vom [X.] EG 18/11 R - Juris; B[X.] Urteil vom 21.2.2013 - [X.] EG 12/12 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.]). Insoweit hat der Senat insbesondere auch den vom Kläger behaupteten Verstoß gegen Verfassungsrecht durch die unterschiedliche Behandlung von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und nichtselbstständiger Arbeit andererseits verneint (vgl B[X.] Urteil vom 5.4.2012 - [X.] EG 10/11 R - [X.] 4-7837 § 2 [X.] RdNr 34 ff mwN). Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend substantiiert auseinander. Ihr Hinweis, speziell diese Rechtsfrage sei noch nicht vom [X.] entschieden, zeigt nicht den erforderlichen erneuten Klärungsbedarf im Revisionsverfahren auf. Die Beschwerde weist selber auf die Eigenarten des Einkommens selbstständig Tätiger im Vergleich zu demjenigen abhängig Beschäftigter hin, wie sie auch die Senatsrechtsprechung annimmt (vgl zuletzt B[X.] Beschluss vom 28.10.2014 - [X.] [X.] B - Juris Rd[X.] ff mwN). Sie gewichtet diesen Unterschied lediglich anders und zieht daraus den Schluss auf die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen gesetzlichen Regelung in ihrer Ausformung durch die Rechtsprechung. Zur Darlegung einer erneuten Klärungsbedürftigkeit genügt dies nicht, weil die Beschwerde damit lediglich ihre eigene Rechtsmeinung ausbreitet, ohne sich substantiiert mit der vorliegenden Rechtsprechung auseinanderzusetzen oder aufzuzeigen, dass dieser mit gewichtigen Argumenten substantiell widersprochen würde (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]G, Stand Juli 2014, § 160a RdNr 53 mwN). Die von ihr zitierte Urteilsbesprechung (Spiolek, jurisPR-[X.] 2/2013 [X.] 6) erläutert die Senatsrechtsprechung und stellt sie - auch nach der Darstellung des Klägers - nicht grundsätzlich infrage. Das in Bezug genommene Urteil des [X.] (Urteil vom 11.2.2015 - L 12 EG 11/14 - Juris) widerspricht der genannten Rechtsprechung - nach den Angaben in der Beschwerdebegründung - ebenfalls nicht.

Unabhängig davon hat der Gesetzgeber den Wortlaut der entscheidungserheblichen Norm inzwischen neu gefasst. Die für den Kläger einschlägige Fassung des § 2 Abs 3 [X.] (idF vom 5.12.2006) spricht von Einkommen, dass der Elterngeldberechtigte erzielt, während die aktuelle Fassung des § 2 Abs 3 S 1 [X.] nunmehr darauf abstellt, ob der elterngeldberechtigte Einkommen hat. Damit hat der Gesetzgeber ausdrücklich ua auf die vom Kläger vor allem kritisierte Rechtsprechung des B[X.] zum modifizierten Zuflussprinzip reagiert, die am Begriff des Erzielens angeknüpft hatte, und seine anderslautende Regelungsabsicht klargestellt (vgl BT-Drucks 17/9841 [X.] und das dort in Bezug genommene Senatsurteil vom 30.9.2010 - [X.] EG 19/09 R - B[X.]E 107, 18 = [X.] 4-7837 § 2 [X.], RdNr 23 ff). Es hätte deshalb der Darlegung bedurft, warum der vom Kläger behauptete Klärungsbedarf auch angesichts des neuen, geänderten Gesetzeswortlauts fortbesteht. Allein die Behauptung, auch nach der neuen Rechtslage würden die Einkünfte selbstständig Tätiger und abhängig Beschäftigter unterschiedlich behandelt, zeigt nicht auf, warum diese unterschiedliche Behandlung trotz der Neuformulierung des Gesetzes auch hinsichtlich der vom Kläger für klärungsbedürftig gehaltenen Frage des maßgeblichen [X.] fortbestehen sollte.

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 [X.]G).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 10 EG 5/16 B

21.06.2016

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Berlin, 19. September 2013, Az: S 2 EG 69/12, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 2 Abs 3 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 8 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 8 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 3 EStG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.06.2016, Az. B 10 EG 5/16 B (REWIS RS 2016, 9605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9605

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