Bundessozialgericht, Urteil vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 10/11 R

10. Senat | REWIS RS 2012, 7428

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Elterngeld - Höhe - Bemessung - Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit - Nichtanwendbarkeit des modifizierten Zuflussprinzips - überzahltes Elterngeld - Erstattungspflicht - Verwaltungsakt - Vorschuss - atypischer Fall - Ermessen


Leitsatz

Das bei der Bemessung des Elterngelds zu berücksichtigende Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit ist in dem Zeitraum erzielt, in dem es dem Elterngeldberechtigten tatsächlich zugeflossen ist.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. April 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen, soweit es die Erstattungspflicht des Klägers betrifft.

Im Übrigen wird auch das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes des [X.].

2

Der Kläger ist selbstständiger Fernsehredakteur. Auf seinen Antrag bewilligte ihm das Versorgungsamt [X.] mit [X.] vom 3.9.2007 für den 6. und 12. Lebensmonat seines am [X.] geborenen [X.] (13.9. bis 12.10.2007 und 13.3. bis 12.4.2008) vorläufig Elterngeld in Höhe von monatlich 1800 Euro unter Hinweis auf § 8 Abs 3 Bundeselterngeld- und [X.] ([X.]). Der Bemessung wurde die vom Kläger vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung für das [X.] zugrunde gelegt, die ein Jahresergebnis von 80 668 Euro vor Steuern aufwies. Die Berechnung ist überschrieben mit "Ermittlung des Elterngeldes, sofern nach der Geburt keine Erwerbseinkünfte erzielt werden". Hinweise über eine mögliche Erstattungspflicht enthält der [X.] nicht.

3

In den [X.]zeiträumen erzielte der Kläger nach der Aufstellung seiner Steuerberaterin Überschüsse (Betriebseinnahmen abzüglich Betriebsausgaben) von insgesamt 11 912,85 Euro, im Wesentlichen für im August 2007 und im Februar 2008 geleistete Arbeiten. Nach Abzug der für 2007 und 2008 festgesetzten [X.] verblieb ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 2501,05 Euro.

4

Mit [X.] vom [X.] setzte der inzwischen zuständig gewordene beklagte Kreis das Elterngeld für die beiden Bezugsmonate endgültig auf je 300 Euro fest und verlangte eine Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 3000 Euro (2 x 1800 = 3600 abzüglich 2 x 300 = 600 Euro). Den Widerspruch des [X.] wies die [X.] mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2009 zurück.

5

Das vom Kläger daraufhin angerufene Sozialgericht [X.] ([X.]) hat den [X.] vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2009 aufgehoben (Urteil vom [X.]). Das [X.] (L[X.]) hat die dagegen eingelegte Berufung des [X.]n zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Diese Entscheidung ist im Wesentlichen wie folgt begründet worden:

Der Kläger sei für den 6. und 12. Lebensmonat seines [X.] dem Grunde nach zum Bezug von Elterngeld berechtigt. Die Voraussetzungen des § 1 [X.] lägen vor. Auch der Höhe nach habe der Kläger für die streitbefangenen Monate Anspruch auf Elterngeld von mehr als 300 Euro monatlich. Die vom [X.]n verfügte Absenkung des [X.] auf den gesetzlichen Mindestbetrag sei daher ebenso rechtswidrig wie die Rückforderung von Elterngeld. Der Berechnung des Elterngeldes des [X.] sei § 2 Abs 1 S 1 und nicht Abs 3 S 1 der Vorschrift zugrunde zu legen, denn der Kläger habe in den [X.] kein zu berücksichtigendes Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, obwohl in diesen Zeiträumen Zahlungen von 7044 Euro bzw 2975 Euro auf seinem Konto eingegangen seien. Denn diese Beträge seien ausdrücklich für Aufträge gezahlt worden, die der Kläger in dem Zeitraum vor dem jeweiligen Elterngeldbezug abgeschlossen und abgerechnet habe. Anders als es der [X.] meine, genügten allein tatsächliche Einnahmen im Bezugszeitraum für vorher erbrachte Leistungen nicht, um das Tatbestandsmerkmal des Erzielens von Einkommen nach § 2 Abs 3 S 1 [X.] zu erfüllen, wenn der Elterngeldberechtigte - wie hier - im Bezugszeitraum keine Erwerbstätigkeit ausübe. Dies folge aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften.

6

§ 2 Abs 3 S 1 [X.] betreffe nach seinem Wortlaut Monate nach der Geburt mit Elterngeldbezug, in denen die berechtigte Person ein Einkommen "aus Erwerbstätigkeit" erzielt. Dieser Wortlaut lasse sich unterschiedlich verstehen: Einerseits so, dass es genüge, wenn ein Elterngeldberechtigter in den Monaten nach der Geburt mit Elterngeldbezug Einnahmen erhalte, möge die Erwerbstätigkeit auch bereits vorher ausgeübt worden sein, andererseits so, dass mit dem Ausdruck "Monate nach der Geburt" eine Beschränkung auf die Erzielung von Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit gemeint sei, die nach der Geburt im Bezugszeitraum ausgeübt werde. Für die letztgenannte Auslegung spreche die systematische Betrachtung. § 2 Abs 3 S 1 [X.] ordne zum Zweck der Elterngeldberechnung die Bildung der Differenz zwischen dem in den Monaten nach der Geburt durchschnittlich erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit und dem nach § 2 Abs 1 [X.] berücksichtigten durchschnittlich erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt an. Dieser Gegenüberstellung sei zu entnehmen, dass § 2 Abs 3 S 1 [X.] mit nach der Geburt erzieltem Einkommen spiegelbildlich nur Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach der Geburt im Bezugszeitraum des Elterngeldes meine. Entscheidend sei mithin, ob das Einkommen im Bezugszeitraum erarbeitet worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Begriff des "Erzielens" im [X.] im Sinne der sog modifizierten Zuflusstheorie verwendet habe. Nach dieser Rechtsprechung sei das Entgelt abhängig Beschäftigter in dem Monat erzielt worden, für den es gezahlt worden sei, selbst wenn es erst nachträglich in Erfüllung des Arbeitsvertrages ausgezahlt werde. Diese Rechtsprechung müsse jedenfalls auf selbstständig Tätige, wie den Kläger, übertragen werden, bei denen sich das erwirtschaftete Einkommen eindeutig festen Zeiträumen zuordnen lasse.

7

Demgegenüber sei es nicht entscheidend, dass die Einkommensberechnung bei Selbstständigen auf der Grundlage anderer Vorschriften erfolge als bei abhängig Beschäftigten, nämlich ausgehend von dem nach § 2 Abs 8 S 1 und 2 oder Abs 9 [X.] ermittelten Gewinn. Aus § 2 Abs 8 S 2 [X.] lasse sich nicht auf die allgemeine Geltung des steuerrechtlichen Zuflussprinzips für Selbstständige im Elterngeldrecht schließen, denn das [X.] nehme nicht Bezug auf § 11 Einkommensteuergesetz (EStG), wonach Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres "bezogen" sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

8

Das vom B[X.] für die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips bei abhängig Beschäftigten angeführte Argument, nur so seien [X.] zu vermeiden, treffe ebenfalls auf den Fall des [X.] und vergleichbarer selbstständig tätiger Elterngeldberechtigter zu. Es hänge häufig allein von Zufällen ab, wann ein Auftraggeber für eine in einem bestimmten Monat erbrachte Leistung zahle. Folge man demgegenüber der Auslegung des [X.]n, öffne dies Tür und [X.] für Manipulationsmöglichkeiten der Elterngeldberechtigten, die dem Zweck des Elterngeldes gerade zuwider liefen. Die Anwendung des steuerrechtlichen Zuflussprinzips brächte die Gefahr mit sich, dass selbstständig tätige Elterngeldberechtigte während des [X.] im vom Gesetz erlaubten Rahmen von 30 Wochenstunden oder - ohne wirksame Kontrollmöglichkeit der Elterngeldbehörden - sogar darüber hinaus erwerbstätig blieben. Durch Abrede mit dem Auftraggeber könnten sie dabei den Zufluss ihrer Einnahmen aus dieser Tätigkeit gezielt auf die Monate nach Ablauf des [X.] verschieben.

9

Schließlich gehe der Hinweis des [X.]n fehl, angesichts des hohen Zuflusses an geschuldeten Leistungen in den [X.] des Elterngeldes habe ein Bedarf des [X.] nicht mehr bestanden. Das Elterngeld sei nämlich keine bedarfsabhängige Sozialleistung. Der [X.] sehe sich demgegenüber durch die inzwischen in [X.] getretene Neuregelung des § 2 Abs 7 S 2 [X.] idF des [X.] 2011 in seiner Auffassung bestärkt. Zwar habe der Gesetzgeber darin angeordnet, im [X.] als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht zu berücksichtigen. Er habe jedoch in Kenntnis der Diskussion um das Zuflussprinzip im Elterngeldrecht davon abgesehen, dieses Prinzip ausdrücklich und ausnahmslos zu verankern. Dafür hätte es einer Regelung bedurft, die auf den Zufluss genau im Bemessungs- bzw Bezugszeitraum und nicht im Kalenderjahr abstelle. In Bezug auf selbstständig Tätige habe der Gesetzgeber im Übrigen gar keine neue Regelung getroffen, sodass es auch nach der gesetzlichen Neuregelung ohnehin bei dem hier zugrunde zu legenden Rechtszustand bleibe.

Mit seiner - vom L[X.] zugelassenen - Revision rügt der [X.] eine Verletzung des § 2 [X.]. Durch die in § 2 Abs 8 S 1 und 2 [X.] verwendeten steuerlichen Begriffe "Gewinn" und "[X.]" stelle das [X.] eine eindeutige Verknüpfung zum Steuerrecht her. Ausdrücklich verlange das Gesetz, dass der Gewinn zu ermitteln sei, "wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt". Dieser Wortlaut lasse sich sinnvollerweise nur in der Weise verstehen, dass auch die zeitliche Zuordnung nach steuerrechtlichen Regeln erfolgen solle, da andernfalls der ausdrückliche Hinweis auf die Anforderung des § 4 Abs 3 EStG entbehrlich gewesen wäre. Einer zusätzlichen Bezugnahme auf die Regeln des Zuflussprinzips des § 11 EStG bedürfe es vor diesem Hintergrund nicht.

Entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts gebe es klare Hinweise auf die Absicht des Gesetzgebers, sich bei der Ermittlung des Einkommens an steuerrechtlichen Vorgaben zu orientieren. Dafür spreche insbesondere der Umstand, dass der im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene eigenständige elterngeldrechtliche Einkommensbegriff im Laufe des parlamentarischen Verfahrens durch den jetzigen Einkommensbegriff ersetzt worden sei. Vor diesem Hintergrund erscheine auch die Annahme des L[X.] nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber durch die Auswahl der [X.] 2011 eine Rechtsauslegung stützen wolle, die der gesetzgeberischen Zielsetzung eines möglichst praktikablen [X.]s zuwiderlaufe.

Zutreffend führe das L[X.] zwar aus, dass es das Ziel des Elterngeldes sei, das Einkommen vor der Geburt zu ersetzen. Eine andere Zielsetzung, die im Gesetzgebungsverfahren deutlich zum Ausdruck gekommen sei, sei allerdings das Bestreben, den [X.] und insbesondere die elterngeldrechtliche Einkommensermittlung möglichst praktikabel zu gestalten. Dazu erscheine eine starke Orientierung am steuerlichen Einkommensbegriff erforderlich. Auch gesetzessystematische Erwägungen sprächen dafür, dass bei der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung die zeitliche Zuordnung von Einnahmen grundsätzlich nach steuerrechtlichen Regeln erfolge. Eine andere Auslegung würde zur Funktionslosigkeit der Regelungen, insbesondere in § 2 Abs 7 S 4 und § 2 Abs 8 S 2 [X.], über die als maßgeblich zu berücksichtigenden Nachweise führen. Sollte nämlich die zeitliche Zuordnung von Einnahmen im Elterngeldrecht anderen Regeln folgen als im Steuerrecht, so könnten die Angaben aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen und aus der [X.] nach § 4 Abs 3 EStG nicht zur Grundlage der Einkommensermittlung genommen werden, weil ihnen dann keine Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung beigemessen werden könnte.

Die vom L[X.] verfolgte Auslegung sei zudem mit einer Reihe von Folgeproblemen verbunden. Das Gericht vertrete lediglich die Auffassung, dass die steuerlichen Regeln der zeitlichen Zuordnung nicht gelten würden, ohne jedoch spezifisch elterngeldrechtliche Kriterien zu nennen, anhand deren die zeitliche Zuordnung dann zu erfolgen habe. Soweit das L[X.] seine Rechtsauffassung durch die Rechtsprechung des B[X.] zum modifizierten Zuflussprinzip bei nichtselbstständiger Arbeit bestätigt sehe, sei diese Schlussfolgerung nicht überzeugend. Es bestünden zwischen Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit Unterschiede von solchem Gewicht, die eine Gleichbehandlung beider Einkommensarten nicht als notwendigerweise passend erscheinen ließen. So seien Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Unterschied zu Einnahmen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit nicht in gleicher Weise eindeutig zeitlich zuzuordnen, da die Vergütung selbstständiger Erwerbstätigkeit nicht notwendigerweise zeitbezogen erfolge.

Der [X.] beantragt,
das Urteil des L[X.] Nordrhein-Westfalen vom [X.] und das Urteil des [X.] [X.] vom [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Ergänzend vertritt er die Auffassung, dass eine unterschiedliche Auslegung des Begriffs des "Erzielens", wie sie der [X.] für zutreffend halte, je nachdem, ob es sich um einen abhängig Beschäftigten oder einen selbstständig Tätigen handele, gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstieße. Denn ein sachlicher Grund sei insoweit nicht ersichtlich.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 [X.]G) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet.

Einer Sachentscheidung durch das Revisionsgericht stehen keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegen. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Auch die Klage ist zulässig und zwar, wovon auch die Vorinstanzen ausgegangen sind, als reine Anfechtungsklage gemäß § 54 [X.] 1 S 1 [X.]G. Allerdings richtet sie sich nach dem richtig verstandenen Rechtsschutzziel des [X.] nicht - wie die Vorinstanzen angenommen haben - auf die vollständige, sondern nur auf eine teilweise Aufhebung des Bescheides vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2009. Dieser Bescheid enthält mehrere Regelungen (s § 31 [X.]B X), also auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtete Entscheidungen des Beklagten. Erstens nimmt er eine endgültige Festsetzung des Anspruchs auf Elterngeld vor. [X.] handelt es sich dabei um die Aufhebung der mit dem Bescheid vom 3.9.2007 als Nebenbestimmung nach § 32 [X.] 1 [X.]B X verbundenen Erklärung der Vorläufigkeit. Zweitens setzt der Bescheid vom [X.] das Elterngeld auf 300 Euro monatlich fest und drittens begründet er die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der rechnerischen Überzahlung von 3000 Euro. Sinnvollerweise anzufechten sind aus der Sicht des Klägers nur die zweite und dritte Regelung des Bescheides. Würden sie aufgehoben, erstarkte wegen der verbleibenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvorbehalts die mit dem Bescheid vom 3.9.2007 bestimmte Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers von monatlich 1800 Euro zu einer endgültigen Festsetzung.

Das Berufungsurteil des [X.] kann insgesamt keinen Bestand haben. Soweit das [X.] den Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2009 auch insoweit aufgehoben hat, als es den Wegfall der im Bescheid vom 3.9.2007 angeordneten Vorläufigkeit betrifft, hätte das erstinstanzliche Urteil schon deshalb nicht vom [X.] bestätigt werden dürfen, weil das [X.] dabei über das richtig verstandene Klagebegehren (vgl § 123 [X.]G) des [X.] hinausgegangen ist. Ferner ist der angefochtene Verwaltungsakt entgegen der Auffassung der Vorinstanzen rechtmäßig, soweit er den Anspruch des [X.] auf Elterngeld für die beiden Bezugsmonate endgültig auf jeweils 300 Euro festgesetzt hat. Hinsichtlich der des Weiteren erfolgten Rückforderung einer Überzahlung von 3000 Euro kann die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung wegen fehlender Tatsachenfeststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. In diesem Umfang ist die Sache mithin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 170 [X.] 2 [X.] [X.]G).

Die Klage ist nicht deshalb begründet, weil der Bescheid vom [X.] formal rechtswidrig wäre. Soweit vor Erlass dieses Verwaltungsaktes überhaupt eine Anhörung des [X.] erforderlich war (vgl dazu § 24 [X.] 2 [X.] 5 [X.]B X), ist ihr Unterlassen jedenfalls deshalb gemäß § 41 [X.] 1 [X.] 3 [X.]B X unbeachtlich, weil sie im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden ist (vgl Schütze in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 41 Rd[X.] 15).

Die Klage ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Höhe seines mit Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.6.2009 festgestellten Elterngeldanspruchs für den sechsten und zwölften Lebensmonat des Kindes wendet. Die Ermächtigung zu einer von dem Bescheid vom 3.9.2007 abweichenden Regelung ergibt sich aus dem gemäß § 8 [X.] 3 [X.] zulässigen Vorbehalt der Vorläufigkeit der mit diesem Bescheid erfolgten Bewilligung. Nach dieser Vorschrift (in der hier einschlägigen Fassung vom 5.12.2006, [X.]) wird Elterngeld bis zum Nachweis des tatsächlich erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens gezahlt, wenn das vor der Geburt erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit nicht ermittelt werden kann oder nach den Angaben im Antrag im Bezugszeitraum voraussichtlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Am 3.9.2007 war insbesondere noch nicht abzusehen, ob und ggf in welcher Höhe der Kläger in den beiden Bezugsmonaten (13.9. bis 12.10.2007 und 13.3. bis 12.4.2008) Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen würde.

Der Beklagte hat dem Kläger ohne Rechtsverstoß für die beiden Bezugsmonate (endgültig) Elterngeld in Höhe von jeweils 300 Euro bewilligt. Ein Anspruch des [X.] auf höhere Leistungen besteht nicht.

Der Anspruch des [X.] auf Elterngeld während der Betreuung seines [X.] richtet sich nach dem [X.] idF vom 5.12.2006 ([X.]). Soweit die späteren Änderungen des [X.] (erstmals durch das Gesetz vom 19.8.2007 - [X.] 1970) überhaupt die den streitigen Anspruch berührenden Bestimmungen der §§ 1 und 2 [X.] betreffen, sind sie im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar. Die durch das Gesetz vom 19.8.2007 erfolgte Änderung betraf den hier nicht einschlägigen [X.] 7 des § 1 [X.]. Bei der ersten Änderung des § 2 [X.] durch das [X.] ([X.] 61) mit Wirkung zum [X.] war der letzte Elterngeldzahlungszeitraum bereits abgeschlossen (s B[X.] Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Rd[X.] 27 mwN), sodass die Neufassung des Gesetzes den vorliegend zu beurteilenden Anspruch des [X.] nicht erfasst.

Nach § 1 [X.] 1 [X.] hat Anspruch auf Elterngeld, wer

1.    

seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hat,

2.    

mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,

3.    

dieses Kind selbst betreut und erzieht und

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keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], die für das Revisionsgericht gemäß § 163 [X.]G bindend sind, hat der Kläger im sechsten und zwölften Lebensmonat seines [X.] diese Voraussetzungen erfüllt.

Für die Höhe des Elterngeldanspruchs des [X.] ist § 2 [X.] maßgebend. Nach dessen [X.] 1 S 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 [X.] 1 [X.] [X.] die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 [X.] 1 S 1 [X.] 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der [X.] 7 bis 9 zu berücksichtigen. Gemäß § 2 [X.] 3 S 1 [X.] wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach [X.] 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld in Höhe des nach [X.] 1 (oder 2) maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Die weiter maßgebenden Bestimmungen enthält bei Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit § 2 [X.] 7 [X.], während für Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit die [X.] 8 und 9 des § 2 [X.] gelten.

Für die Berechnung des Elterngeldes des [X.] ist § 2 [X.] 3 [X.] einschlägig, weil der Kläger in den beiden Bezugsmonaten (sechster und zwölfter Lebensmonat seines [X.]) Einkommen aus (selbstständiger) Erwerbstätigkeit erzielt hat.

Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass der nach § 2 [X.] 3 S 1 [X.] maßgebliche Begriff des "Erzielens von Einkommen aus Erwerbstätigkeit" allein vom Wortlaut her unterschiedlich verstanden werden kann, und zwar entweder im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses des Einkommens ([X.]) oder in dem Sinne, dass in dem maßgeblichen [X.]raum auch die Erwerbstätigkeit, mit der das Einkommen erwirtschaftet oder erarbeitet worden ist, ausgeübt worden sein muss (sog modifiziertes [X.]).

Für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes hat der erkennende Senat inzwischen mehrfach entschieden, dass ein Einkommen auch dann im Bemessungszeitraum erzielt ist, wenn es in diesem [X.]raum erarbeitet aber erst nach dessen Ablauf in Folge nachträglicher Vertragserfüllung durch den Arbeitgeber ausgezahlt worden ist (B[X.] Urteile vom [X.] EG 19/09 R - B[X.]E 107, 18 = [X.] 4-7837 § 2 [X.] 6; vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Dieses für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit entwickelte modifizierte [X.] ist indes nicht auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit anzuwenden. Ein solches Einkommen ist in dem [X.]raum erzielt, in dem es dem Elterngeldberechtigten tatsächlich zugeflossen ist. Hierfür sind folgende Gründe maßgebend:

Gesetzessystematisch betrachtet wird der Begriff des Erzielens von Einkommen in der allgemeinen Regelung des § 2 [X.] 1 S 1 [X.] ohne Differenzierung nach Einkunftsarten (vgl dazu § 2 [X.] 1 [X.] [X.] iVm § 2 [X.] 1 S 1 [X.] 1 bis 4 EStG) gebraucht. Für das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständige Arbeit erhält er in § 2 [X.] 8 und 9 [X.] jedoch eine besonders deutliche steuerrechtliche Ausprägung. Nach § 2 [X.] 8 [X.] [X.] ist auf den Gewinn abzustellen, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 [X.] 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt. Demzufolge ist insoweit der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben im steuerrechtlichen Sinne maßgebend. Noch eindeutiger ist der Bezug auf das Steuerrecht in § 2 [X.] 9 [X.] verankert. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Demgegenüber verweist § 2 [X.] 9 S 3 [X.] für die Ermittlung zeitgleich erzielten Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit auf die Regelung des § 2 [X.] 7 [X.], wonach gerade nicht auf den Steuerbescheid zurückzugreifen ist.

Der Senat hat im Rahmen seiner Rechtsprechung zum modifizierten [X.] bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bereits darauf hingewiesen, dass für Einkommen aus selbstständiger Arbeit in § 2 [X.] 8 und 9 [X.] eigenständige Regelungen geschaffen sind, die den Besonderheiten dieser Einkunftsarten Rechnung tragen und Rückschlüsse auf die Auslegung des § 2 [X.] 7 [X.] nicht zulassen (Urteil vom [X.], aaO, Rd[X.] 31; Urteil vom 18.8.2011, aaO, Rd[X.] 26).

Auch sonst kann sich das [X.] für die von ihm für richtig gehaltene Anwendung des modifizierten [X.]s auch auf Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nicht auf die Rechtsprechung des B[X.] berufen. Das vom B[X.] verfolgte Ziel der Vermeidung von Zufallsergebnissen durch Anwendung des modifizierten [X.]s hat nur bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Bedeutung. Denn bei abhängig Beschäftigten ist die regelmäßige und zeitnahe Zahlung der Gehälter durch die Arbeitgeber der Regelfall, deren verspätete Zahlung dagegen die Ausnahme. Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit ist das Gegenteil der Fall. Hier ist die unregelmäßige Bezahlung von erbrachten Leistungen die Regel. Darauf hat zB [X.] (juris PR-[X.] 1/2012 [X.] 4) deutlich hingewiesen. Auch sonst bestehen zwischen beiden Einkunftsarten gewichtige Unterschiede. Während bei Arbeitnehmern das vor der Geburt des Kindes laufend erzielte Arbeitsentgelt regelmäßig wegfällt oder sinkt, sobald sie "keine oder keine volle Erwerbstätigkeit" mehr ausüben, um ihr Kind zu betreuen, sind bei Selbstständigen tatsächliche Erwerbstätigkeit und Einkommensverlust nicht so eng verknüpft. Auch wenn sie ihre Arbeit unterbrechen, werden ihnen zumeist noch Betriebseinnahmen zufließen und weitere Betriebsausgaben entstehen. Diese Gegebenheiten rechtfertigen es, für Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit das modifizierte [X.] anzuwenden (B[X.] Urteile vom [X.] und 18.8.2011, aaO), für Einkommen aus selbstständiger Arbeit hingegen am strengen [X.] des Steuerrechts festzuhalten (vgl [X.], aaO).

Soweit der Kläger meint, die Anwendung des modifizierten [X.]s sei jedenfalls bei Selbstständigen wie ihm, die zeitbezogene Arbeiten erbringen und abrechnen, geboten, verfängt diese Argumentation nicht. § 2 [X.] 1 [X.] iVm [X.] 7 bis 9 [X.] unterscheidet nur zwischen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und aus nichtselbstständiger Arbeit andererseits. Eine vom Kläger für möglich angesehene Differenzierung innerhalb der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit danach, ob die Tätigkeit mehr oder weniger zeitbezogen ausgeübt wird, ist somit ausgeschlossen. Sie wäre auch kaum praktikabel.

Die unterschiedliche Behandlung von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und nichtselbstständiger Arbeit andererseits verstößt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 [X.] 1 [X.].

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten [X.]chnitt des [X.] gehören (§ 6, § 25 [X.] 2 [X.], § 68 [X.] 15a [X.]B I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 [X.] 1 [X.] ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des [X.] - [X.] - seit [X.]E 55, 72, 88; vgl jüngst [X.]E 112, 50, 67 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.] 55; [X.]E 117, 272, 300 f = [X.] 4-2600 § 58 [X.] 7 Rd[X.] 70). Ebenso verbietet Art 3 [X.] 1 [X.] auch die Gleichbehandlung von wesentlich [X.], insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2011, Art 3 Rd[X.] 8 mwN).

Durch die dargestellte andersartige Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes infolge der Anwendung der modifizierten Zuflusstheorie bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einerseits und der strengen Zuflusstheorie bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit andererseits werden die betroffenen Personengruppen rechtlich unterschiedlich behandelt. Diese unterschiedliche Behandlung ist indes sachlich gerechtfertigt, da insbesondere die Ausübung der jeweiligen Erwerbstätigkeit sowie die Art der Erzielung des Einkommens wesentlich voneinander abweichen.

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich unter Berücksichtigung des vom Kläger im sechsten und zwölften Lebensmonat seines [X.] erzielten Einkommens ein Anspruch des [X.] auf Elterngeld lediglich in Höhe des monatlichen Basisbetrages von 300 Euro. Einwände gegen die rechnerische Richtigkeit der vom Beklagten vorgenommenen Bemessung sind vom Kläger nicht vorgebracht worden. Mängel sind auch nicht ersichtlich. Die nach § 2 [X.] 3 [X.] vorzunehmende Differenzberechnung ergibt, dass ein zu berücksichtigendes Einkommen des [X.] zwar vorhanden ist, aber zu keinem höheren Zahlbetrag als monatlich 300 Euro führt. Angesichts des Einkommens des [X.] vor der Geburt des Kindes ist davon auszugehen, dass insoweit gemäß § 2 [X.] 3 [X.] [X.] der monatliche Höchstbetrag von 2700 Euro anzusetzen ist. In den Bezugsmonaten des Elterngeldes hat der Kläger bei Anwendung des insoweit maßgeblichen [X.]s nach den Tatsachenfeststellungen des [X.] jeweils ein zu berücksichtigendes Einkommen von durchschnittlich 2501,05 Euro gehabt. Ausgehend von der verbleibenden Differenz von 198,95 Euro ergibt sich bei einem Leistungssatz von 67 % kein den Elterngeldmindestbetrag von 300 Euro monatlich übersteigender Zahlbetrag.

Die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung einer Pflicht des [X.], den überzahlten [X.] von 3000 Euro zu erstatten, vermag der Senat nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht zu bestätigen.

Eine Pflicht zur Erstattung des nach Maßgabe der endgültigen Feststellung überzahlten Elterngeldes ist in § 8 [X.] 3 [X.] nicht geregelt. Auf die allgemeinen Erstattungsbestimmungen in § 50 [X.]B X kann ebenfalls nicht ohne Weiteres zurückgegriffen werden. § 50 [X.] 1 [X.]B X ist nicht einschlägig, weil bei einer endgültigen Leistungsbewilligung der Verwaltungsakt über die vorläufige Zahlung nicht aufzuheben ist; vielmehr erledigt sich dieser damit iS von § 39 [X.] 2 [X.]B X auf andere Weise (vgl [X.]/[X.], MuSchG/[X.], 8. Aufl 2008, § 8 [X.] Rd[X.] 16; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand Dezember 2011, § 8 [X.] Rd[X.] 15; allg dazu auch B[X.]E 96, 119 = [X.] 4-2500 § 240 [X.] 5, Rd[X.] 12 mwN). Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 50 [X.] 2 [X.]B X gegeben, weil das Elterngeld dem Kläger nicht ohne Verwaltungsakt, sondern aufgrund des Bescheides vom 3.9.2007 vorläufig erbracht worden ist.

Da § 50 [X.] 1 [X.]B X grundsätzlich eine Aufhebungsentscheidung nach § 45 oder § 48 [X.]B X voraussetzt, während § 50 [X.] 2 [X.] [X.]B X eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen anordnet, kann dem Zusammenspiel beider Regelungen entnommen werden, dass einer Leistungsrückforderung - wenn nicht Spezialregelungen etwas anderes vorschreiben - an irgendeiner Stelle des Verfahrens eine [X.] und/oder Ermessensprüfung iS der §§ 45, 48 [X.]B X voranzugehen hat (vgl [X.] in [X.], Stand Dezember 2011, § 50 [X.]B X Rd[X.] 8 mwN). In Fällen einer Erledigung der Leistungsbewilligung auf andere Weise kommt daher regelmäßig eine entsprechende Anwendung des § 50 [X.] 2 [X.]B X in Betracht (vgl [X.], aaO).

Obwohl demzufolge an sich auch im Rahmen des § 8 [X.] 3 [X.] ein Rückgriff auf § 50 [X.] 2 [X.]B X naheliegen mag (so [X.]/[X.], aaO; [X.], aaO, Rd[X.] 16), hält es der erkennende Senat für sachgerecht, hier als Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsforderung des Beklagten in erster Linie § 42 [X.] 2 [X.] [X.]B I zur Lückenfüllung heranzuziehen (zur entsprechenden Anwendung des § 42 [X.]B I vgl allg B[X.] [X.] 3-1200 § 42 [X.] 2; B[X.] [X.] 3-1300 § 31 [X.] 10). Nach § 42 [X.] 1 [X.]B I kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, wenn ein Anspruch auf eine Geldleistung dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere [X.] erforderlich ist. Gemäß § 42 [X.] 2 S 1 [X.]B I sind die Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen und nach § 42 [X.] 2 [X.] [X.]B I zu erstatten, wenn die Vorschüsse die zustehende Leistung übersteigen.

Ein unmittelbarer Anwendungsfall dieser Norm liegt hier zwar - formal betrachtet - nicht vor, weil die Zahlung der 3600 Euro an den Kläger nicht gemäß § 42 [X.] 1 [X.]B I als Vorschuss, sondern aufgrund einer vorläufigen Bewilligung nach § 8 [X.] 3 [X.] erfolgt ist. Der Sache nach handelt es sich bei der vorläufigen Zahlung von Elterngeld (§ 8 [X.] 3 [X.]) jedoch praktisch um einen Vorschuss iS des § 42 [X.]B I. Beide Zahlungen setzen voraus, dass ein Geldleistungsanspruch dem Grunde nach besteht und eine endgültige Festsetzung der Höhe noch nicht erfolgen kann. Auch die Interessenlage ist in beiden Fällen vergleichbar. Hier wie dort geht es um die Beschleunigung der Leistungsgewährung im Interesse des Berechtigten, was von vornherein mit dem Risiko einer Überzahlung verbunden ist. Ist dem Empfänger einer solchen Leistung klar, dass er zu viel gezahlte Beträge zurückzuerstatten hat, bedarf er - nach der dem § 42 [X.] 2 [X.] [X.]B I zugrunde liegenden Wertung des Gesetzgebers - keines besonderen Schutzes (vgl dazu B[X.] [X.] 1200 § 42 [X.] 4 S 17 f; allg auch B[X.] [X.] 3-4100 § 147 [X.] 1 S 4).

Dementsprechend kann nach der Rechtsprechung des B[X.] eine Rückforderung nur dann auf § 42 [X.] 2 [X.] [X.]B I gestützt werden, wenn bei der Bewilligung des Geldbetrages deutlich genug auf die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Erstattungspflicht hingewiesen worden ist (vgl zB B[X.]E 106, 244 = [X.] 4-1200 § 42 [X.] 2, Rd[X.] 14; B[X.] [X.] 3-1200 § 42 [X.] 6 S 18 ff). Die Notwendigkeit eines solchen Hinweises rechtfertigt sich daraus, dass die Erstattung überzahlter Leistungen nach § 50 [X.]B X stets an die Prüfung eines Vertrauensschutzes für den Empfänger und ggf auch an die Ausübung von Ermessen geknüpft ist. Da der Bescheid vom 3.9.2007 keine Hinweise auf eine zwingende Erstattungspflicht enthält, scheidet hier § 42 [X.] 2 [X.] [X.]B I als spezielle Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung einer Erstattungspflicht des [X.] aus.

Unter diesen Umständen ist die Erstattungspflicht des [X.] nach § 50 [X.] 2 [X.]B X zu beurteilen, der insoweit (hilfsweise) entsprechend anzuwenden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach § 50 [X.] 2 [X.] [X.]B X die §§ 45 und 48 [X.]B X entsprechend gelten. Bezogen auf den vorliegenden Fall wird damit auf § 48 [X.]B X verwiesen. Da das Elterngeld schon mit Bescheid vom 3.9.2007 für den sechsten und zwölften Lebensmonat, also für die [X.]en vom 13.9. bis 12.10.2007 und 13.3. bis 12.4.2008, in Höhe von monatlich 1800 Euro bewilligt worden war, handelt es sich nämlich bei dem Bezug von Einkommen in diesen [X.]räumen um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen iS des § 48 [X.] 1 S 1 [X.]B X. Mit dem angefochtenen Bescheid vom [X.] ist diese Änderung bei der endgültigen Feststellung der Höhe des Elterngeldes rückwirkend berücksichtigt worden. Demnach ist § 48 [X.] 1 [X.] [X.]B X in entsprechender Anwendung einschlägig. Danach "soll" eine auf den [X.]punkt der Änderung der Verhältnisse bezogene Aufhebung des [X.] erfolgen, soweit 1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

§ 48 [X.] 1 [X.] [X.] 1 [X.]B X ist nicht einschlägig. Ob die Voraussetzungen der [X.] 2 und/oder der [X.] 4 vorliegen, lässt sich den Tatsachenfeststellungen des [X.] nicht entnehmen. Letztlich kann diese Frage hier offenbleiben, denn jedenfalls sind die Voraussetzungen der [X.] 3 erfüllt. Der Kläger hat nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 3.9.2007 Einkommen erzielt, das zur Minderung des Anspruchs auf Elterngeld geführt haben würde.

Nach ständiger Rechtsprechung des B[X.] und einhelliger Auffassung in der Literatur bedeutet das Wort "soll" in § 48 [X.] 1 [X.] [X.]B X, dass der [X.] in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht im Rahmen der Ermessensausübung zu klären, sondern im Rechtsstreit von den Gerichten zu entscheiden ([X.] in [X.], Stand Dezember 2011, § 48 [X.]B X Rd[X.] 36 mwN; Schütze in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 48 Rd[X.] 20). Obwohl der angefochtene Bescheid keine Ausführungen zum Fehlen einer Atypik enthält, ist er deswegen nicht rechtswidrig. In solch einem Fall muss das Gericht zunächst die Prüfung nachholen, ob ein atypischer Fall gegeben ist. Es darf den angefochtenen Bescheid nur dann wegen fehlender Ermessensausübung aufheben, wenn die eigene Prüfung einen atypischen Fall ergibt ([X.], aaO Rd[X.] 38 mwN).

Die Frage, ob hier ein atypischer Fall iS des § 50 [X.] 2 iVm § 48 [X.] 1 [X.] [X.]B X vorliegt (s dazu [X.], aaO Rd[X.] 37 mwN) ist im bisherigen Verfahren nicht erörtert worden. Die dafür bedeutsamen Tatsachen können vom Revisionsgericht selbst nicht festgestellt werden (§ 163 [X.]G). Insoweit muss die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen werden.

Die Kostenentscheidung betreffend das Revisionsverfahren bleibt der Entscheidung des [X.] vorbehalten.

Meta

B 10 EG 10/11 R

05.04.2012

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Köln, 21. Januar 2010, Az: S 3 EG 15/09, Urteil

§ 2 Abs 3 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 3 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 1 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 1 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 7 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 8 BEEG vom 05.12.2006, § 2 Abs 9 BEEG vom 05.12.2006, § 8 Abs 3 BEEG vom 05.12.2006, § 1 Abs 1 BEEG vom 05.12.2006, § 32 SGB 10, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 48 Abs 1 S 2 SGB 10, § 50 Abs 1 SGB 10, § 50 Abs 2 S 2 SGB 10, § 42 Abs 2 S 2 SGB 1, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 10/11 R (REWIS RS 2012, 7428)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7428

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