Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 17.11.2016, Az. 1 BvR 2472/12

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2016, 2206

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Substantiierungsmängel (§§ 23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG) bei unzureichender Schilderung des Lebenssachverhalts und Nichtvorlage relevanter Unterlagen - Zu den Darlegungsanforderungen bzgl der Rüge einer Grundrechtsverletzung (Art 101 Abs 1 S 2 GG iVm Art 19 Abs 4 GG) durch Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde (hier: §§ 160, 160a SGG) bei Möglichkeit einer Vorlage gem Art 267 Abs 3 AEUV im Revisionsverfahren


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich inhaltlich gegen das gesetzliche Unfallversicherungsmonopol in der [X.], konkret dagegen, dass das [X.] das von ihr deshalb geführte Verfahren nicht nochmals dem [X.] zur Vorabentscheidung vorgelegt hat.

2

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. [X.] nach § 93a Abs. 2 [X.] liegen nicht vor. Die nur gegen den Beschluss des [X.]s vom 19. April 2012 gerichtete und auf die Rüge von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG beschränkte Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie nicht den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] entsprechend substantiiert und schlüssig die Möglichkeit einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts aufzeigt.

3

Nach diesen Vorschriften ist eine Beschwerdeführerin gehalten, den Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Ferner muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen. Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 115, 166 <180>; 130, 1 <21>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde - wie hier - gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer argumentativen Auseinandersetzung mit dieser und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht oder grundrechtsgleiche Recht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und dass die Entscheidung auf diesem Verstoß beruht (vgl. [X.] 99, 84 <87>; 130, 1 <21>).

4

Ausgehend von diesem Maßstab ist die Verfassungsbeschwerde schon deswegen nicht ausreichend begründet, weil die Beschwerdeführerin den maßgeblichen Lebenssachverhalt nicht geschildert und für die verfassungsrechtliche Beurteilung wesentliche Unterlagen wie den im Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheid, ihr Kündigungsschreiben hinsichtlich der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung und den vorangegangenen Aufnahmebescheid des im Ausgangsverfahren beklagten [X.] weder vorgelegt noch ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben hat.

5

Im Übrigen gehen alle [X.] einer Beschwerdeführerin, die sich auf materielle Erwägungen stützen, ins Leere, wenn die angegriffene Entscheidung des [X.]s - wie hier - keine Entscheidung in der Sache trifft, sondern damit eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird (vgl. [X.] 103, 172 <181 f.>; 128, 90 <99>); gleiches muss für [X.] gelten, die an das Unterlassen von Verfahrenshandlungen anknüpfen, die erst im Rahmen eines Revisionsverfahrens selbst im Hinblick auf die dort unter Umständen zu beantwortenden inhaltlichen - hier: europarechtlichen - Fragen hätten erforderlich werden können.

6

Es kann offenbleiben, ob die Behauptung einer Grundrechtsverletzung auf das Zusammenwirken von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG mit dem - von der Beschwerdeführerin nicht eigenständig gerügten - Art. 19 Abs. 4 GG gestützt werden kann, wenn auf Grund der Nichtzulassung eine Vorlage an den [X.] unterbleibt, die im Revisionsverfahren selbst möglicherweise notwendig geworden wäre. Dies zu Gunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, hätte sie in diesem Rahmen substantiiert darlegen müssen, dass das [X.] die Voraussetzungen für die Revisionszulassung in verfassungsrechtlich relevanter Weise verkannt habe. Die Beschwerdeführerin hat sich jedoch mit der eigenständig tragenden Begründung des [X.]s, die von ihr aufgeworfenen Fragen seien im vorliegenden Verfahren nicht klärungsfähig, nicht hinreichend auseinandergesetzt, so dass eine verfassungsrechtlich relevante Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Beschlusses schon aus diesem Grunde nicht ausreichend dargetan ist.

7

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2472/12

17.11.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BSG, 19. April 2012, Az: B 2 U 348/11 B, Beschluss

Art 19 Abs 4 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 267 Abs 3 AEUV, § 136 SGB 7, § 150 SGB 7, § 160a SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 17.11.2016, Az. 1 BvR 2472/12 (REWIS RS 2016, 2206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2206

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