Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2008, Az. III ZR 266/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3278

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 266/07 Verkündet am: 19. Juni 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2008 durch [X.], [X.] und [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 2. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Klägerin betreibt ein Fernmeldenetz für die Öffentlichkeit und erbringt Telekommunikationsdienstleistungen. Sie unterhielt auf der früheren Trasse der [X.] nahe der Ortschaft [X.]

eine oberirdisch verlaufende Fern-meldeleitung. Die Beklagte gewinnt im [X.]. Im Zuge der Aus-weitung des A[X.]augebiets J. wurde die [X.] verlegt, wofür das [X.] des [X.] unter dem 10. Mai 2000 die Plangenehmigung erteilt hatte. Hiervon betrof-fen war auch der Bereich, in dem die Freileitung der Klägerin verlief. 1 - 3 - Der Träger der [X.]nbaulast entwidmete die [X.] und ver-äußerte sie sodann freihändig an die [X.], die Rechtsvorgängerin der [X.]. Auf deren Verlangen entfernte die Klägerin ihre Telekommunikationsli-nie und verlegte in der neuen Trasse der [X.] eine neue, unterirdisch geführte Leitung. Die Klägerin verlangt Ersatz ihrer Kosten für die Versetzung der [X.]. 2 Das [X.] hat der auf Zahlung von 132.476,91 • gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil zunächst abgeändert und die Klage abgewiesen. 3 Auf die Revision der Klägerin hat der [X.] durch Urteil vom 23. März 2006 ([X.], 1) die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz [X.]. 4 Diese hat vom [X.] für noch geboten erachtete tatsächliche Feststel-lungen nachgeholt und sodann die Berufung der Beklagten gegen das Grundur-teil des [X.]s zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelas-senen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie macht verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im Urteil vom 23. März 2006 angestellten Erwägungen des [X.]s geltend. 5 Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist unbegründet. 6 - 4 - [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein vertraglicher Anspruch der Klä-gerin auf Ersatz der ihr durch die Leitungsverlegung entstandenen Kosten [X.] nicht. Auch aus den Festlegungen in der Plangenehmigung folge kein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin. Jedoch hätten im Zeitpunkt des frei-händigen Verkaufs der [X.]nparzellen an die Rechtsvorgängerin der [X.] die Voraussetzungen für eine Grundabtretung (§§ 77 ff BBergG) vorgele-gen, weshalb nach der gemäß § 563 Abs. 2 ZPO bindenden Rechtsauffassung des Revisionsgerichts ein Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG dem Grunde nach gegeben sei. 7 I[X.] Die Beklagte, die das rechtsfehlerfreie Berufungsurteil im Übrigen nicht angreift, meint zu Unrecht, der [X.] habe mit seinem Urteil vom 23. März 2006 ihre Grundrechte aus Art. 2 und Art. 14 [X.] verletzt sowie unter Verstoß gegen das [X.] (Art. 20 Abs. 3 [X.]) die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten. 8 Der [X.] hat entschieden, das aus § 50 Abs. 1 und 2 des für den Streit-fall maßgebenden [X.]es vom 25. Juli 1996 ([X.] I S. 1120, [X.]; jetzt: § 68 Abs. 1 und § 69 Abs. 1 des [X.] vom 22. Juni 2004, [X.] I S. 1190, [X.]) folgende Recht, Verkehrswege für öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinien unentgeltlich zu nutzen, sei ein zu entschädigendes Nutzungsrecht im Sinne des § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG, sofern die zum [X.] führende [X.] - 5 - hung des [X.] weder im Interesse des [X.] noch des Inhabers einer bevorrechtigten besonderen Anlage nach §§ 55, 56 [X.] (jetzt: §§ 74, 75 [X.]) oder im Verkehrsinteresse eines anderen [X.] liege. Die Anwendung materieller Enteignungsentschädigungsvor-schriften sei auch dann gerechtfertigt, wenn das [X.] nicht enteignet, sondern, wie hier, freihändig veräußert werde und das Nutzungsrecht des Telekommunikationsunternehmens aufgrund einer zuvor erfolgten Entwid-mung der [X.] erloschen sei, sofern der [X.] bereits durch einen Verwaltungsakt (hier: Plangenehmigung nach § 17 Abs. 1a [X.] a.F., jetzt: § 17 Satz 3 [X.] n.F. i.V.m. § 74 Abs. 6 VwVfG) vorgezeichnet sei und sich der Zugriff auf das Grundstück bei einer Gesamtbetrachtung materiell als die Ausübung eines Enteignungsrechts darstelle. 1. a) Die Beklagte macht demgegenüber unter Bezugnahme auf den Be-schluss des [X.] vom 15. Juli 1981 ([X.] 58, 300, 319) geltend, Art. 14 Abs. 3 Satz 2 [X.] sei die gesetzgeberische Grundent-scheidung zu entnehmen, dass keine Enteignungsentschädigung zu gewähren sei, für die es an einer vom Gesetzgeber geschaffenen Anspruchsgrundlage fehle. Zudem enthalte Art. 14 Abs. 3 Satz 2 [X.] die Grundentscheidung, dass das Gesetz, das die Enteignung ermögliche, zugleich die Entschädigung nach Art und Ausmaß regeln müsse ([X.] 4, 219, 230; 46, 268, 286). Dies habe der [X.] in seinem Urteil vom 23. März 2006 nicht beachtet. Die Verknüpfung jener Teilakte, die nach seiner Auffassung bei einer Gesamtbetrachtung die Enteignungsentschädigung gemäß § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG ausgelöst habe ([X.], 1, 7 ff, Rn. 20 ff), stelle eine richterliche Rechtsfortbildung dar. [X.] überschreite die durch Art. 20 Abs. 3 [X.] gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen, weil der [X.] nicht beachtet habe, dass nicht die Rechtsprechung, sondern der Gesetzgeber die Anspruchsgrundlage zu regeln habe. Zudem hät-10 - 6 - te die Enteignungsentschädigung im [X.] geregelt sein müssen, wenn § 50 Abs. 1 und 2 [X.], wie es der [X.] angenommen habe, dem Lizenznehmer eine durch Art. 14 Abs. 1 [X.] geschützte wohlerwor-bene Rechtsposition verleihe. Die Revision meint, aus diesen Gründen sei die Beklagte in ihren Grundrechten aus Art. 20, Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 [X.] verletzt. b) Der [X.] vermag dem auch bei erneuter Überprüfung seiner im Urteil vom 23. März 2006 niedergelegten [X.] nicht zu folgen. Vielmehr beruht seine Entscheidung teils auf einer unbedenklichen einfachen Auslegung der einschlägigen Vorschriften und teils auf einer zulässigen richterlichen Fort-bildung des Rechts. 11 aa) (1) Mit der Anwendung des § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG zugunsten der Klägerin hat der [X.] der mit Inkrafttreten des Art. 87f [X.] (Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 30. August 1994, [X.] [X.]) am 3. September 1994 ver-änderten Rechtslage Rechnung getragen. Die Grundgesetzänderung leitete die Privatisierung der Telekommunikationsdienstleistungen ein. Dies hatte auch Auswirkungen auf das [X.] (§ 50 Abs. 1 und 2 [X.]), das [X.] den privatrechtlich organisierten Dienstleistungsunternehmen als Lizenz-nehmern gemäß § 6 Abs. 1 TKG 1996 zustand. Es war deshalb die noch nicht geklärte Rechtsfrage zu beantworten, ob das [X.], das in dieser Form zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der jetzigen Fassung des § 87 Abs. 2 BBergG am 1. Januar 1982 (§ 178 Satz 1 BBergG [[X.] I 1980, S. 1310, 1363]) noch nicht existierte, ein entschädigungspflichtiges Recht im Sinne der Nummer 2 dieser Vorschrift ist. 12 - 7 - (2) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der [X.] hierbei nicht unter Verstoß gegen die in dem Beschluss des [X.] vom 15. Juli 1981 ([X.] 58, 300, 319) aufgestellten Grundsätze eine neue, im Gesetz nicht vorgesehene Anspruchsgrundlage für die Enteignungsentschädi-gung geschaffen. Vielmehr findet die der Klägerin zuerkannte Entschädigung ihre Grundlage in § 87 Abs. 2 Satz 2 BBergG. Mit der - nicht zuletzt mit Blick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 14 Abs. 1 [X.] gebotenen - erweiterten Auslegung dieser Bestimmung hat der [X.] lediglich die in ihr bereits [X.] Grundentscheidung des Gesetzgebers für die konkrete Fallgestaltung umgesetzt. § 87 Abs. 2 BBergG beruht auf dem Grundgedanken, dass das Bergbauunternehmen, zu dessen Gunsten ein enteignender Zugriff auf ein Grundeigentum erfolgt, diejenigen zu entschädigen hat, die durch Art. 14 Abs. 1 [X.] geschützte Rechte an dem betroffenen Grundstück verlieren. Die infolge der Grundabtretung gestörte Vermögenslage der Betroffenen soll soweit wie möglich ausgeglichen werden (vgl. Begründung der [X.]esregierung zum Ent-wurf des [X.]esberggesetzes [X.]. 8/1315 S. 128, 130). Da das Leitungs-recht der Klägerin gemäß § 50 Abs. 1 und 2 [X.] entgegen der Ansicht der Beklagten eine durch Art. 14 Abs. 1 [X.] gesicherte Rechtsposition darstellt (siehe dazu sogleich unter Nummer 2), stellt die Zuordnung des telekommuni-kationsrechtlichen [X.]s zu den Rechten im Sinne des § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG die folgerichtige Umsetzung der in dieser Bestimmung vorgege-benen Wertung dar. Hierbei handelt es sich nicht um eine richterliche Rechts-fortbildung, sondern um eine einfache Auslegung von § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG, da diese Bestimmung eine Entschädigung nicht nur für enumerativ aufgezählte Rechte vorsieht, sondern bereits nach ihrem Wortlaut sämtliche durch Art. 14 Abs. 1 [X.] geschützten Rechte zum Besitz an dem betroffenen Grundstück erfasst. 13 - 8 - [X.]) Die weitere Entscheidung des [X.]s, diese Vorschrift auch in den Fällen anzuwenden, in denen keine förmliche Enteignung der betroffenen Grundstücke stattgefunden hat, aber - wie hier - der [X.] durch einen Verwaltungsakt bereits vorgezeichnet war und sich der Zugriff auf das [X.] bei einer Gesamtbetrachtung materiell als die Ausübung eines Enteig-nungsrechts darstellt ([X.], 1, 7 ff, Rn. 19 bis 21, 23 bis 25), mag eine richterliche Rechtsfortbildung darstellen, da es sich insoweit um eine sich im Gesetz ursprünglich nicht vorgesehene analoge Anwendung von § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG handelt. Diese hält sich jedoch in den verfassungsrechtlich zuläs-sigen Grenzen. 14 Die Rechtsfortbildung gehört, wie sich insbesondere auch aus § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergibt, zu den anerkannten Aufgaben und Befugnissen der Fachgerichte (vgl. [X.] 34, 269, 286 ff; 49, 304, 318 f; 65, 182, 190 f; 96, 375, 394 f; NJW 2006, 3409). Die Grenze des im Hinblick auf die Gewaltentrennung und die Gesetzesbindung verfassungsrecht-lich Zulässigen ist aber überschritten, wenn die Fachgerichte die [X.] Grundentscheidung nicht respektieren oder von den anerkannten [X.] der Gesetzesauslegung abweichen ([X.] 96, 375, 395; NJW 2006 a-aO). Hieran gemessen hat der [X.] mit seinen oben wiedergegebenen [X.] im Urteil vom 23. März 2006 die Grenzen der richterlichen Rechts-fortbildung nicht überschritten. 15 Es handelt sich um die Anwendung der bereits in den [X.]sentschei-dungen vom 15. Februar 1996 ([X.], 63), vom 20. Januar 2000 ([X.], 321) und vom 4. August 2000 ([X.], 83) entwickelten Grundsätze, gegen die - soweit ersichtlich - verfassungsrechtliche Bedenken nicht erhoben wurden (vgl. Ossenbühl LM Art. 14 [X.] Nr. 44 <7/2000>; ferner: 16 - 9 - [X.] [X.] 1996, 264; [X.] [X.], 235; [X.] BayVBl 1997, 520; [X.]. BayVBl 2001, 742). Auch dies war notwendig, um die § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG zugrunde liegende Wertung im Einzelfall zur Geltung zu bringen. Der Zweck dieser Bestimmung ist es, dem durch eine Grundstücksübertragung an ein Bergbauunternehmen in seinen durch Art. 14 Abs. 1 [X.] geschützten Rech-ten betroffenen Nebenberechtigten die gebotene Entschädigung zukommen zu lassen (vgl. Begründung der [X.]esregierung zum Entwurf des [X.]esbergge-setzes aaO). Dieser Zweck erfordert die Anwendung von § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG auch in den Fällen, in denen unter den vom [X.] aufgestellten - und nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hier erfüllten - engen Bedingungen ein freihändiger Verkauf des betroffenen Grundstücks stattfindet. (1) Für den Eingriff in die Rechte des Nebenberechtigten bedeutet es in Fallgestaltungen wie der vorliegenden keinen entscheidenden Unterschied, ob der ursprüngliche Grundstückseigentümer förmlich enteignet wird oder ob er sich, weil der [X.] durch einen sonstigen Verwaltungsakt bereits unentrinnbar vorgezeichnet ist, zu einem freihändigen Verkauf an das [X.] entschließt. Wenn der [X.] des Nebenberechtigten, wie hier, in beiden Konstellationen auch ohne seinen Willen eintritt, stellt sich der Zugriff in beiden Fällen gleichermaßen als Rechtsentziehung und damit als ent-eignend dar (siehe zur Rechtsentziehung als Charakteristikum einer Enteignung z.B.: [X.] 102, 1, 15 f; [X.] BGHZ 99, 24, 28 m.w.N.), so dass nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.] eine Entschädigung geboten ist. 17 (2) Diese Erwägungen gelten entsprechend für die Wertung des [X.]s, es bedeute keinen Unterschied, dass der [X.] der Klägerin nicht un-mittelbar durch die Übertragung des Eigentums an den [X.], sondern 18 - 10 - gemäß § 53 Abs. 2 TKG 1996 (jetzt: § 72 Abs. 2 TKG 2004) durch die vorherige Entwidmung eingetreten sei, weil es sich um einen einheitlichen Vorgang ge-handelt habe, der darauf abgezielt habe, die im Interesse des Gemeinwohls liegende Inanspruchnahme der Grundstücke für die Zwecke des Kohlea[X.]aus zu ermöglichen ([X.], 1, 10, Rn. 24 f). Zu Unrecht meint die Revision, mit dieser Gesamtbetrachtung seien die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten. Auch insoweit hat der [X.] an seine bereits früher entwickelten Grund-sätze angeknüpft ([X.], 321, 326 f; zustimmend zur Gesamtbetrachtung insbesondere Ossenbühl aaO), nach denen gerade unter dem Blickwinkel des Art. 14 [X.] eine solche, die einzelnen Teilakte des Erwerbsvorgangs zusam-menfassende Sichtweise geboten ist, die entscheidend darauf abstellt, dass am Ende des Vorgangs das begünstigte Unternehmen das Grundstück für seine Zwecke nutzen kann und das Recht des betroffenen (Neben-) Berechtigten deswegen untergegangen oder anderweitig beeinträchtigt ist. Eine an seinem Zweck und an Art. 14 [X.] orientierte Auslegung von § 87 Abs. 2 Satz 2 BBergG erfordert eine derartige Gesamtbetrachtung. Aus Sicht des Grundrechtsträgers, aber auch objektiv, ist es gleichgültig, ob das Recht durch einen einzigen Zugriffsvorgang beeinträchtigt wird oder als Ergebnis mehrerer inhaltlich zu-sammenhängender und insbesondere - wie hier - einem einheitlichen Ziel die-nender Teilakte. Die Beurteilung, ob ein mehraktiger Geschehensablauf, an dessen Ende der Entzug einer grundrechtlich geschützten Rechtsposition steht, einen einheitlichen Vorgang darstellt, kann nur durch eine wertende Gesamtbe-trachtung vollzogen werden. 19 Zur effektiven Verwirklichung des durch Art. 14 Abs. 1 und 3 [X.] gebote-nen Eigentumsschutzes kann es deshalb bei Anwendung des § 87 Abs. 2 Nr. 2 20 - 11 - BBergG im Falle eines mehraktigen Geschehens nur darauf ankommen, ob die den [X.] herbeiführenden Vorgänge bei einer solchen Gesamtbe-trachtung lediglich unselbständige Teilakte eines im Ergebnis enteignenden Zugriffs sind. Auf welchem rechtlichen Wege und nach welchen, oftmals zufälli-gen tatsächlichen Abläufen sich dieser im Einzelnen vollzieht, ist dann unbe-achtlich. Die von der Beklagten für richtig gehaltene isolierte Betrachtung der Entwidmung als allein entscheidenden Vorgang, der den Fortfall des [X.] der Klägerin bewirkte, würde Art. 14 Abs. 1 und 3 [X.] und § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG nicht gerecht, da sie den aus den Gründen des [X.]surteils vom 26. März 2006 ([X.], 1, 10 Rn. 25) einheitlich zu beurteilenden Vorgang der Entwidmung, des Untergangs des [X.] und der Übertragung des Eigentums an den betroffenen Grundstücken künstlich auf-spaltete. [X.]) Unbegründet ist weiter die Rüge, der [X.] habe die sich aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 [X.] ergebende gesetzgeberische Grundentscheidung missachtet, dass die Enteignung und die Entschädigung im selben Gesetz zu regeln seien. Deshalb hätte das [X.] eine Entschädigungsregelung enthalten müssen, und der [X.] hätte nicht auf § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG zu-rückgreifen dürfen. 21 Richtig ist, dass das [X.] 1996 lediglich die Vor-aussetzungen für das Entstehen und das Erlöschen des [X.] zu den [X.] sowie seinen Inhalt (§§ 50 bis 57 [X.]; jetzt §§ 68 bis 76 [X.]) regelt und für den Fortfall dieses Rechts (§ 53 Abs. 2 TKG 1996, jetzt § 72 Abs. 2 TKG 2004) keine Entschädigung [X.]. Allerdings erfolgte der enteignende Zugriff der Beklagten auf das [X.]srecht der Klägerin bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (siehe oben 22 - 12 - [X.] (2)) nicht aufgrund des [X.]es, sondern nach dem Bergrecht. Der Grunderwerb, die Entwidmung des [X.]nlandes und der [X.] des [X.] waren unselbständige Teile eines einheitli-chen Vorgangs, der darauf abzielte, die im Interesse des Gemeinwohls [X.] Inanspruchnahme der Grundstücke für den Kohlea[X.]au zu ermöglichen. Ohne die den Fortfall des [X.] verursachende Entwid-mung des [X.]ngrundstücks hätte die Eigentumsübertragung den beabsich-tigten Zweck - Ausweitung des Braunkohlea[X.]augebiets - nicht erfüllen können, ebenso wie die Entwidmung ohne die Grundstücksveräußerung hierfür sinnlos gewesen wäre ([X.] aaO). Der Zielrichtung des Zugriffs auf das Grundstück entsprechend hat der [X.] den Anspruch der Klägerin gemäß § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG davon abhängig gemacht, ob die Voraussetzungen für eine Ent-eignung nach §§ 77 ff BBergG vorgelegen hätten (aaO S. 8 f, Rn. 21 f). Die hier maßgeblichen Vorschriften über die Enteignung sind damit - in Übereinstim-mung mit Art. 14 Abs. 3 Satz 2 [X.] - in dem Gesetz enthalten, das auch Art und Ausmaß der zu leistenden Entschädigung regelt (§§ 84 ff BBergG). [X.]) Schließlich ist der [X.] in seinem Urteil vom 23. März 2006 nicht von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und -anwendung ab-gewichen. Insoweit erhebt die Revision auch keine Beanstandungen. In ihrer Verfassungsbeschwerde vom 22. Mai 2006 rügte die Beklagte jedoch, der [X.] habe die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschritten, weil seine Argumentation unschlüssig sei. Sie bemängelt insoweit, der [X.] habe die Grundsätze seiner Entscheidung vom 20. Januar 2000 ([X.], 321) trotz bestehender Unterschiede auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Diese Beanstandung ist unbegründet. 23 - 13 - Zwar hatte der dort begünstigte Vorhabenträger, die [X.], die eine ICE-Trasse baute, das in jenem Fall betroffene Jagdrecht mit dem Erwerb des Grundstücks selbst zum Erlöschen gebracht, während im vorliegenden Streitfall das [X.] der Klägerin durch einen zusätzlichen Teilvorgang, und überdies durch die Maßnahme eines [X.] (Entwidmung durch den [X.]), vor der Eigentumsübertragung an die Beklagte unterging. Der vom [X.] aus dem Urteil vom 20. Januar 2000 auf den vorliegenden Streitfall übertragene [X.] hat zu diesem [X.] jedoch keinen Bezug. Maßgeblich war die Erwägung, dass es für die Anwendung der Enteignungsentschädigungsbestimmungen darauf ankommt, ob das betroffene Recht bei einer Gesamtbetrachtung im Ergebnis Gegenstand eines enteignen-den Zugriffs geworden ist ([X.], 321, 326 f und 167, 1, 10, Rn. 24 f). In welchen unselbständigen Teilakten sich dieser Zugriff vollzogen hat, ist gerade unbeachtlich. 24 2. Zu Unrecht rügt die Revision weiter, entgegen der Ansicht des [X.]s habe das [X.] der Klägerin nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 [X.] unterlegen. 25 a) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es sich um ein vom [X.] abgeleitetes Recht handelt, hat sich der [X.] hiermit bereits in seinem Urteil vom 23. März 2006 auseinandergesetzt (aaO S. 6, Rn. 16). Zur weiteren [X.] ist hervorzuheben, dass die Lizenznehmer mit der Erbringung ihrer Telekommunikationsdienstleistungen nicht - etwa vergleichbar mit einem belie-henen oder sonstigen zur Erfüllung von öffentlichen Aufgaben herangezogenen Unternehmer (vgl. [X.] BGHZ 39, 358, 361 f; 121, 161, 164 ff) - eine Aufgabe der öffentlichen Hand wahrnehmen. Vielmehr handeln sie hierbei, wie sich aus Art. 87 f Abs. 2 [X.] ergibt, im eigenen privatwirtschaftlichen [X.]. 26 - 14 - b) Auch der Umstand, dass das [X.] im Verhältnis zum [X.] unentgeltlich ist, lässt, an[X.] als die Beklagte meint, den Schutz des Art. 14 Abs. 1 [X.] nicht entfallen. Der [X.] hat sich mit diesem Problem bereits in dem Urteil vom 23. März 2006 befasst (aaO mit weiterem Nachweis). [X.] ist der in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis der Revision auf die Rechtsprechung des [X.], nach der der Eigentumsschutz für öffentlich-rechtliche Ansprüche unter anderem davon abhängt, ob die Rechtsposition auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Betroffenen beruht ([X.] 16, 94, 113; 18, 392, 397; 97, 271, 284). Es kann offen bleiben, ob diese Judikatur, die in erster Linie für das Renten- und Ver-sorgungsrecht entwickelt wurde, überhaupt auf das telekommunikationsrechtli-che [X.] anwendbar ist. Jedenfalls handelt es sich bei dessen Über-tragung auf den Lizenznehmer nicht um eine einseitige Gewährung des [X.], zu der keine den Eigentumsschutz rechtfertigende Leistung des Telekom-munikationsunternehmens hinzutritt. Zum einen ist für die Erteilung der notwen-digen Lizenz (vgl. § 6 Abs. 1 TKG 1996; siehe jetzt § 69 Abs. 1 TKG 2004), gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 (jetzt § 142 Abs. 1 Nr. 7 TKG 2004) eine Gebühr zu entrichten gewesen. Vor allem aber ist das telekommunikations-rechtliche [X.] die Rechts- und Vertrauensgrundlage für erhebliche schutzwürdige Eigenleistungen des Lizenznehmers. Das [X.] wird erst dann für den Telekommunikationsbetrieb nutzbar, wenn die Leitungen gelegt und unterhalten werden. Dies hat der Lizenznehmer durch entsprechende In-vestitionen in Eigenleistung zu bewerkstelligen, deren Amortisation schutzwür-dig ist. 27 c) Soweit die Revision gegen die Sicherung des [X.]s durch Art. 14 Abs. 1 [X.] anführt, gemäß § 53 Abs. 2 TKG 1996 erlösche die Befugnis 28 - 15 - des Nutzungsberechtigten mit der Einziehung des [X.], hat der [X.] bereits im Urteil vom 23. März 2006 ausgeführt, dass dies die Schutzwürdigkeit des [X.]s lediglich im Verhältnis zum Wegebaulastträger und zu Inha-bern besonderer Anlagen gemäß §§ 55, 56 [X.] einschränkt, nicht aber in Bezug auf Dritte (aaO S. 6 f, Rn. 17 f). 3. Unbegründet ist weiter die Rüge der Revision, die Beklagte sei durch die Auferlegung einer Entschädigungspflicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 [X.] verletzt, weil dadurch in ihr Eigentum an den entwidmeten vormali-gen [X.]ngrundstücken eingegriffen werde. 29 Art. 14 Abs. 1 [X.] schützt lediglich Rechtspositionen, die ihrem Inhaber bereits zustehen (z.B.: [X.] 20, 31, 34; 30, 292, 334 f; 68, 193, 222; 78, 205, 211; 95, 173, 187 f). Die Beklagte konnte das [X.] jedoch von vornherein nur um den Preis des Entstehens einer Entschädigungspflicht gegenüber der Klägerin erwerben. Die Beklagte hatte damit zu keinem Zeit-punkt Eigentum erworben, das nicht mit dem Entschädigungsanspruch der Klä-gerin "belastet" war. Ein Eingriff in das Grundeigentum der Beklagten scheidet schon aus diesem Grunde aus. 30 4. Weiterhin ist die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision durch den dem Grunde nach zuerkannten Entschädigungsanspruch auch nicht im Übrigen in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 [X.] und ihrem Grundrecht auf wirtschaft-liche Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 [X.]) verletzt. 31 Beide Grundrechte gewähren der Beklagten kein Recht, die von ihr be-nötigten Wirtschaftsgüter frei von Rechten Dritter zu erwerben, ohne hierfür ei-nen Ausgleich leisten zu müssen. Ein Grundrechtseingriff käme nur dann in [X.] - 16 - tracht, wenn und soweit die zu leistende Entschädigung erdrosselnd oder kon-fiskatorisch wirken würde (vgl. [X.] 63, 343, 368; 78, 232, 243; [X.], [X.] vom 12. Januar 2006 - 1 BvL 12/05 - juris Rn. 11). Dies ist hier aber nicht ersichtlich. 5. Schließlich hält der [X.] nach Überprüfung auch unter Berücksichti-gung der Gegenargumente der Beklagten an seiner Auffassung fest, dass § 124 BBergG keine die Anwendung von § 87 Abs. 2 Nr. 2 BBergG auf das [X.]srecht der Klägerin ausschließende Sonderregelung enthält ([X.], 1, 4 f, Rn. 12). 33 [X.] [X.] [X.][X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.11.2003 - 2 O 439/02 - [X.], Entscheidung vom 02.10.2007 - 2 U 3/04 -

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III ZR 266/07

19.06.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2008, Az. III ZR 266/07 (REWIS RS 2008, 3278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3278

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