Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2012, Az. VIII ZR 253/11

8. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7161

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Gegenstand

Umsatzsteuersatz für das Legen eines Hausanschlusses durch ein Wasserversorgungsunternehmen


Leitsatz

1. Der Begriff "Lieferungen von Wasser" in § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in Verbindung mit Nr. 34 der Anlage 2 zum UStG ist gemeinschaftsrechtlich so auszulegen, dass auch das Legen des - für die Wasserbereitstellung unentbehrlichen - Hausanschlusses darunter fällt, so dass auf diese Leistung der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden ist (Anschluss an EuGH, 3. April 2008, C-442/05, UR 2008, 432 - Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung Torgau-Westelbien; BFH, 8. Oktober 2008, V R 61/03, BFHE 222, 176 und BFH, 8. Oktober 2008, V R 27/06, BFHE 223, 482).

2. Die Anwendung dieses ermäßigten Steuersatzes setzt weder voraus, dass die Lieferung von Wasser und das Legen des Hausanschlusses von demselben Wasserversorgungsunternehmen erbracht werden, noch ist sie auf das erstmalige Legen eines Hausanschlusses beschränkt; der ermäßigte Steuersatz findet auch auf Arbeiten zur Erneuerung oder zur Reduzierung von Wasseranschlüssen Anwendung.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des [X.] vom 6. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der [X.] die Berichtigung von Rechnungen sowie die Rückzahlung von [X.] im Zusammenhang mit dem Legen von Trinkwasseranschlüssen.

2

Die Klägerin ist eine Wohnungsgenossenschaft, deren Wasser- und Abwasserversorgung in den Aufgabenbereich des Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungszweckverbandes L.         fällt. Dieser ist neben vier weiteren Zweckverbänden und zwei Gemeinden Gründungsgesellschafter der [X.]. Diese führt namens und im Auftrag ihrer Gesellschafter den Betrieb der wasserwirtschaftlichen Anlagen zur Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung.

3

In den Jahren 1999 und 2000 erneuerte die Beklagte Trinkwasserhaushaltsanschlüsse im Objekt E.   -W.     -Straße und stellte der Klägerin im Rahmen der hierauf bezogenen Rechnungen vom 26. August 1999 und 22. Mai 2000 Umsatzsteuer in Höhe von 16 % in Rechnung. Insgesamt zahlte die Klägerin einen Betrag von 2.603,70 € als Umsatzsteuer an die Beklagte.

4

Für die Herstellung neuer Wasseranschlüsse für das Objekt [X.] im [X.] zahlte die Klägerin der [X.] auf der Grundlage des in den Rechnungen vom 7. April 2005 und 29. Juni 2005 ausgewiesenen [X.] von 16 % Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 851,63 €.

5

[X.] berechnete die Beklagte mit Rechnungen vom 17. und 18. März 2009 für Arbeiten zur Reduzierung von [X.] und [X.] verschiedener Wohnhäuser der Klägerin Umsatzsteuer in Höhe von 19 %, insgesamt 1.778,92 €.

6

Die Klägerin ist der Ansicht, dass jeweils nur ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % hätte berechnet werden dürfen, und verlangt eine entsprechende Berichtigung der vorgenannten Rechnungen und die Rückzahlung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 3.067,14 €. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

9

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Berichtigung der streitgegenständlichen Rechnungen aus § 241 BGB in Verbindung mit §§ 14, 14c, 17 U[X.]tG. Denn die Rechnungen wiesen fehlerhaft einen nicht ermäßigten [X.]teuersatz von 16 % beziehungsweise 19 % aus. Die von der Beklagten erbrachten Leistungen unterfielen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 U[X.]tG in Verbindung mit Anlage 2 Nr. 34 einem ermäßigten [X.]teuersatz von 7 %. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des [X.]. Diese hätten sich zwar mit Fällen befasst, in denen der Wasserversorger selbst den Hausanschluss gelegt habe. Der [X.] habe aber den Begriff der Lieferung von Wasser über den Einzelfall hinaus definiert, indem er entschieden habe, dass das Legen eines Hausanschlusses selbst unmittelbar unter den Begriff der Lieferung von Wasser des Art. 12 Abs. 3 Buchst. a, Anhang H Kategorie 2 der Richtlinie 77/388/[X.] falle. § 12 Abs. 2 Nr. 1 U[X.]tG in Verbindung mit der Nr. 34 der Anlage 2 verwende den identischen Begriff der Lieferung von Wasser und sei gemeinschaftsrechtlich und daher nach der Definition des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften auszulegen. Entgegen der Ansicht der Beklagten erfordere die Anwendung des ermäßigten [X.]teuersatzes nicht, dass die Hauswasseranschlussleistung und die Wasserbereitstellung durch dasselbe Unternehmen erfolgten. Denn nur wenn man das Legen eines Wasseranschlusses als eine Nebenleistung zur Lieferung von Wasser - der Hauptleistung - qualifizierte, müsste eine Identität zwischen dem Erbringer der Hauptleistung und dem Erbringer der Nebenleistung bestehen. Der [X.] und ihm folgend der [X.] hätten jedoch das Legen eines Hausanschlusses selbst unmittelbar unter den Begriff der Lieferung von Wasser subsumiert und dabei gerade nicht auf eine Qualifikation dieser Tätigkeit als Nebenleistung abgestellt. Es komme daher nicht auf die Vertragsparteien, sondern allein auf den Leistungsgegenstand an. [X.]oweit sich die Beklagte auf einen Erlass des [X.] vom 7. April 2009 berufe, rechtfertige dies keine andere Entscheidung. Denn dieser Erlass widerspreche der insoweit eindeutigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des [X.].

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Umsatzsteuer aus § 812 Abs. 1 [X.]atz 1 BGB. Dadurch, dass die Klägerin die ihr gestellten Rechnungen beglichen und Zahlung an die Beklagte geleistet habe, sei es zu einer Mehrung des Vermögens der Beklagten gekommen. Dass die Beklagte die vereinnahmte Umsatzsteuer an das Finanzamt weitergeleitet habe, führe nicht zu einer Entreicherung der Beklagten nach § 818 Abs. 3 BGB; der Beklagten stehe ein Bereicherungsanspruch gegen das Finanzamt zu.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 3.067,14 € aus § 812 Abs. 1 [X.]atz 1 Alt. 1 BGB. Diesen Betrag hat die Beklagte ohne rechtlichen Grund erlangt, da den Rechnungen nur der ermäßigte [X.]teuersatz in Höhe von 7 % hätte zugrunde gelegt werden dürfen. § 818 Abs. 3 BGB steht diesem Bereicherungsanspruch nicht entgegen, weil die Beklagte die an das Finanzamt abgeführten, den [X.]atz von 7 % übersteigenden Umsatzsteuerbeträge erstattet verlangen kann. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht die Rechnungen zu berichtigen.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf die streitgegenständlichen Hausanschlussleistungen der Beklagten der ermäßigte [X.]teuersatz von 7 % anzuwenden ist. Denn dabei handelt es sich steuerrechtlich auch dann um die steuerermäßigte Lieferung von Wasser, wenn zwischen dem Wasserversorgungsunternehmen und dem Ersteller des Hausanschlusses keine Personenidentität besteht.

a) Gemäß § 12 Abs. 1 U[X.]tG aF beträgt die [X.]teuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 %; gemäß § 12 Abs. 1 U[X.]tG in der ab dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung sind es 19 %. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 U[X.]tG ermäßigt sich die [X.]teuer auf 7 % für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb der in der Anlage zu § 12 U[X.]tG bezeichneten Gegenstände. Darin ist in Nummer 34 aufgeführt:

"Wasser, ausgenommen

- Trinkwasser, einschließlich Quellwasser und Tafelwasser, das in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Fertigpackungen in den Verkehr gebracht wird,

- Heilwasser

- und Wasserdampf."

Diese [X.]teuerermäßigung für die Lieferung von Wasser steht im Einklang mit Artikel 12 Abs. 3 Buchst. a in Verbindung mit Anhang H Kategorie 2 der [X.]echsten [X.], wonach Lieferungen von Wasser mit einem ermäßigten [X.]atz besteuert werden dürfen ([X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage [ABl. EG Nr. L 145 [X.]. 1], hier in der Fassung der [X.]/[X.] des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/[X.] (Annäherung der [X.]) [ABl. EG Nr. L 316 [X.]. 1] und der Richtlinie 1999/49/[X.] vom 25. Mai 1999 zur Änderung der Richtlinie 77/388/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf den [X.] [ABl. EG Nr. L 139 [X.]. 27]).

b) Der Begriff der Lieferung von Wasser ist gemeinschaftsrechtlich auszulegen ([X.], 176, 182; [X.], 482, 486). Der [X.] (seit Inkrafttreten des [X.] am 1. Dezember 2009: [X.]) hat entschieden, dass das Legen eines Hausanschlusses unter den Begriff der Lieferung von Wasser fällt ([X.], [X.], 432 Rn. 38 ff., 44 - Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung [X.]). Denn es stehe fest, dass ohne den Hausanschluss dem Eigentümer oder Bewohner des Grundstücks kein Wasser bereitgestellt werden könnte. Der [X.] sei also für die Wasserbereitstellung unentbehrlich ([X.], aaO Rn. 33 f., 40). Der [X.] ist dem gefolgt und legt den Begriff "Lieferungen von Wasser" in § 12 Abs. 2 U[X.]tG in Verbindung mit Nr. 34 der Anlage 2 zum U[X.]tG so aus, dass auch das Legen eines Hausanschlusses darunter fällt, so dass auf diese Leistung der ermäßigte [X.]teuersatz anzuwenden ist ([X.], 176, 182; [X.], 482, 486).

c) Entgegen der Ansicht der Revision setzt diese Rechtsprechung nicht voraus, dass sowohl die Lieferung von Wasser als auch das Legen des Hausanschlusses von demselben Wasserversorgungsunternehmen erbracht werden müssen. Diese [X.]ichtweise der Revision knüpft an die früher vertretene Auffassung an, wonach das Legen eines Hausanschlusses nur dann dem ermäßigten [X.]teuersatz unterliegen kann, wenn es eine unselbständige Nebenleistung zu der Lieferung von Wasser darstellt. Eine solche Einordnung setzt nach verbreiteter Meinung Identität des Empfängers und des Leistenden für Haupt- und Nebenleistung voraus (vgl. [X.], 224, 228; [X.], [X.], 1127, 1130 mwN; Wagner, [X.], 189, 190; [X.], [X.]tE 2009, 12, 13).

Der [X.] hat bei seiner Entscheidung jedoch nicht darauf abgestellt, ob es sich bei dem Legen eines Hausanschlusses um eine unselbständige Nebenleistung zu der Lieferung von Wasser handelt ([X.], 176, 181 f.; [X.], 482, 486; Rau/Dürrwächter/Nieskens, [X.], [X.]tand Oktober 2011, § 3 U[X.]tG, "Hausanschluss"; Grube, [X.] 4/2009, [X.]. 6 [X.]; [X.], [X.] 2009, 29, 30; [X.], aaO [X.]. 1130 f.; [X.], aaO [X.]. 12; Wagner, aaO). Vielmehr hat er das Legen eines Hausanschlusses umsatzsteuerrechtlich selbst als Lieferung von Wasser angesehen, weil diese Tätigkeit für die Lieferung von Wasser unentbehrlich ist. Kommt es für die [X.]ubsumtion allein auf das Merkmal der Unentbehrlichkeit an, ist es sowohl unbeachtlich, ob der Empfänger des Hausanschlusses identisch ist mit dem Empfänger der Wasserlieferung ([X.], 482, 487; [X.], [X.] 2009, 103), als auch, ob die Leistung von demselben Unternehmer erbracht wird, der das Wasser liefert (Wagner, aaO; Tehler, [X.] 2008, 38, 39; [X.], [X.], 6, 7; [X.]/[X.]treit, [X.], 1831 f.; Grube, aaO [X.]. 6 D; [X.], [X.] 2009, 181, 182; [X.]chreiben des [X.] vom 7. April 2009, [X.].: [X.] - [X.]/10024, 2009/0215132, juris). Das Erfordernis einer Personenidentität lässt sich der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht entnehmen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob zwischen dem wasserliefernden Unternehmen und dem Unternehmen, das den Hausanschluss legt, ein besonderer Zusammenhang bestehen muss und ob es dabei, wie die Revision in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, auf die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe ankommt. Denn die Beklagte ist unter anderem von dem für die Wasserversorgung der Klägerin zuständigen Zweckverband gegründet worden, um im Auftrag ihrer Gesellschafter den Betrieb der wasserwirtschaftlichen Anlagen zu führen.

d) Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften beschränkt sich entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung nicht auf das erstmalige Legen eines Hausanschlusses, sondern kann auf - hier erfolgte - Arbeiten zur Erneuerung oder zur Reduzierung von [X.] übertragen werden (vgl. [X.], aaO [X.]. 31; [X.]chreiben des [X.] vom 7. April 2009, [X.].: [X.] - [X.]/10024, 2009/0215132, aaO). Denn der Wasseranschluss ist für den Bezug von Wasser aus dem Wasserverteilungsnetz auf Dauer notwendig (vgl. [X.]chlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 10. Juli 2007 in der Rechtssache [X.]-442/05, juris Rn. 57 - Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung [X.]). Auch Arbeiten am Wasseranschluss, die der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Wasserversorgung dienen, sind somit unentbehrlich für die Lieferung von Wasser.

e) Eine Ausnahme von der [X.]teuerermäßigung ist gesetzlich nicht geregelt. Der [X.] geht aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zwar davon aus, dass die Mitgliedstaaten das Legen eines Hausanschlusses von der grundsätzlichen [X.]teuerermäßigung für die "Lieferungen von Wasser" ausschließen dürfen ([X.], 176, 182). Dazu ist aber eine gesetzliche Regelung erforderlich ([X.], 176, 183).

Eine derartige gesetzliche Ausnahmeregelung kann - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Revision - nicht daraus hergeleitet werden, dass die [X.]teuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 U[X.]tG in Verbindung mit Nummer 34 der Anlage 2 zum U[X.]tG nur "Lieferungen" (sowie die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb) von Wasser begünstigt, nicht aber "sonstige Leistungen" wie das Legen von Hausanschlüssen (vgl. [X.], 176, 183). Denn der [X.] hat entschieden, dass das Legen eines Hausanschlusses unter den Begriff "Lieferungen von Wasser" fällt; er hat also eine rein begriffliche Zuordnung vorgenommen. Auf die Frage, ob es sich dabei um eine Lieferung eines Gegenstandes oder um eine sonstige Leistung (Dienstleistung) handelt, kommt es nach der Rechtsauffassung des Gerichtshofs nicht an ([X.], 176, 184).

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht den von der Beklagten geltend gemachten Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB gegenüber dem zutreffend angenommenen Bereicherungsanspruch der Klägerin nicht durchgreifen lassen.

a) Zwar kann sich der [X.] in Höhe der an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer grundsätzlich auf den Wegfall der Bereicherung berufen ([X.], Urteile vom 8. Mai 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1369 Rn. 11 mwN; vom 25. März 1976 - [X.], [X.]Z 66, 150, 157; vom 30. [X.]eptember 1970 - [X.], NJW 1970, 2059 unter 4 [X.]). Allerdings ist die Beklagte vorliegend - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht (vgl. [X.]enatsurteil vom 11. Dezember 1974 - [X.], NJW 1975, 310 unter I 1) verpflichtet, die Rechnungen gemäß § 14c Abs. 1 [X.]atz 2, § 17 Abs. 1 [X.]atz 1, 7 U[X.]tG (beziehungsweise § 14 Abs. 2 U[X.]tG aF, § 17 Abs. 1 [X.]atz 1 Nr. 1, [X.]atz 3 U[X.]tG aF für die in den Jahren 1999 und 2000 gestellten Rechnungen) zu berichtigen, so dass sie die gezahlten Umsatzsteuerbeträge gemäß Art. 37 Abs. 2 [X.] vom Finanzamt erstattet verlangen kann (vgl. zur Vorgehensweise die detaillierten Ausführungen im [X.]chreiben des [X.] vom 25. Juni 2009, [X.].: [X.], juris; sowie [X.], [X.] 2009, 286, 288 ff.). Damit besteht die Bereicherung der Beklagten fort.

b) Entgegen der Ansicht der Revision ist nicht anzunehmen, dass dieser Anspruch gegenüber dem Fiskus praktisch wertlos wäre. Dies ist nur der Fall, wenn der Anspruch uneinbringlich ist oder es nach den Umständen zumindest äußerst schwierig ist, die Forderung durchzusetzen ([X.], Urteil vom 29. Mai 1978 - [X.], [X.]Z 72, 9, 13). [X.]o verhält es sich hier nicht.

Aus dem - von der Revision in Bezug genommenen - [X.]chreiben des [X.] vom 7. April 2009 ([X.].: [X.] - [X.]/10024, 2009/0215132, aaO) ergibt sich nur, dass es für vor dem 1. Juli 2009 ausgeführte Leistungen nicht beanstandet wird, wenn sich der leistende Unternehmer auf die Regelungen des [X.] vom 5. August 2004 ([X.].: [X.] - [X.] 7220 - 46/04) beruft, das heißt wenn er den allgemeinen und nicht den ermäßigten [X.]teuersatz ansetzt. Dies besagt aber lediglich, dass der leistende Unternehmer aus [X.]icht des [X.] steuerrechtlich nicht verpflichtet ist, eine Berichtigung von Rechnungen vorzunehmen. Die Berechtigung oder die zivilrechtliche Verpflichtung des Unternehmers, die Rechnungen zu berichtigen, wird dadurch gerade nicht berührt (vgl. [X.]chreiben der Oberfinanzdirektion [X.] vom 1. [X.]eptember 2009, [X.].: [X.] 7221-20-[X.]t 243, juris). Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte gezwungen sein wird, ihren Erstattungsanspruch gegen den Fiskus gerichtlich geltend zu machen.

[X.]                                 Dr. Frellesen                                 Dr. Milger

              Dr. Fetzer                                     Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 253/11

18.04.2012

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Potsdam, 6. Juli 2011, Az: 13 S 11/11

§ 12 Abs 2 Nr 1 Anl 2 Nr 34 UStG, § 241 BGB, § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2012, Az. VIII ZR 253/11 (REWIS RS 2012, 7161)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7161

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Referenzen
Wird zitiert von

VIII ZR 7/18

VIII ZR 189/18

8 U 130/17

VIII ZR 253/11

VIII ZR 66/18

VIII ZR 115/18

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