Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2017, Az. I ZB 34/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11775

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:270417BIZB34.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB
34/15
vom
27. April
2017
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 27. April
2017
durch [X.] Dr. Büscher, die Richter
Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr.
[X.], [X.] und [X.]

beschlossen:

Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des [X.]s
vom 29.
Sep-tember
2016
wird auf Kosten der Schuldnerin
zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-rungsrüge ist nicht begründet.

[X.] Die Schuldnerin macht geltend, der [X.] habe dadurch, dass er den Unterlassungstenor dahin ausgelegt habe, er verpflichte die Schuldnerin auch dazu, bereits ausgelieferte Produkte von ihren Vertriebspartnern zurückzurufen,
unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) damit tatsächliche Annahmen verbunden, die im Verfahren nicht erörtert [X.] seien
und zu denen die Schuldnerin folglich nicht habe Stellung nehmen können. Der [X.] habe ohne Anhörung der [X.]en die Prämisse aufgestellt, dass ein Vertriebsverbot nicht zum gewünschten Erfolg führe. Sein
Petitum, ohne den Rückruf von Restbeständen aus dem Handel
könne der Störungszu-stand nicht beendet werden, entbehre jeder tatsächlichen Feststellung.

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Die Rüge ist nicht begründet. Die Beurteilung des [X.]s, die Erfüllung der titulierten Verpflichtung zur Unterlassung der Bewerbung und des Vertriebs den Rückruf von Produkten, die
bereits vor Erlass des Urteils an Apotheken ausgeliefert worden seien, beruht auf der Feststellung des [X.], die den Unterlassungsanspruch begründende Verletzungshandlung der Schuldnerin
-
also die Auslieferung der Produkte an die Apotheken
-
habe die Gefahr begründet, dass die Apotheken diese Produkte bewerben und vertrei-ben und damit weiter in Verkehr bringen; diese Gefahr bestehe fort, solange die von der Schuldnerin ausgelieferten Produkte weiterhin in den Apotheken erhält-lich seien
(vgl.
[X.], Beschluss vom 29. September 2016, [X.], 208 Rn. 5 bis 8 und 31 bis 33 ). Der [X.] hatte diese rechtsfehlerfreie und von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandete Feststellung des [X.] seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 577 Abs. 2 Satz 3 und 4, §
559
ZPO).

I[X.] Die Schuldnerin macht weiter geltend, die Auffassung des [X.]s, seine Auslegung des Unterlassungstenors verwische nicht die Grenze zwischen dem Unterlassungs-
und dem Beseitigungsanspruch, sei [X.] und verstoße gegen das Willkürverbot (Art.
3 Abs. 1 GG). Soweit der [X.] die Kerntheorie auch auf Fälle anwenden wolle, in denen der Antrag in Kenntnis der Sachlage ohne ausdrücklichen Hinweis auf den Wunsch nach Erweiterung auf eine Auswahl von [X.] beschränkt sei, verstoße dies gegen das Analogieverbot (Art. 104 Abs. 1 GG).

1. Mit diesen [X.] kann die Schuldnerin schon deshalb keinen Erfolg haben, weil mit der Anhörungsrüge allein geltend gemacht werden kann, das Gericht habe den Anspruch einer [X.] auf rechtliches Gehör in entschei-dungserheblicher Weise verletzt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Auf die Ver-3
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letzung anderer Verfahrensgrundrechte (hier des
Willkürverbots) oder Grund-rechte (hier des
Analogieverbots) ist die Anhörungsrüge weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Eine entsprechende Anwendung scheidet aus, weil keine planwidrige Regelungslücke besteht ([X.], Beschluss vom 17. Juli 2009

[X.], NJW-RR 2009, 144
Rn. 1 [X.]; offengelassen für einen Verstoß gegen
den Anspruch auf [X.] nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine Verletzung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV vgl. [X.], Beschluss vom 19. Januar 2006 -
I [X.], [X.], 346 Rn. 6 = [X.], 467 -
Jeans II, [X.]). Der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen eine Erstreckung des § 321a ZPO auf die Verletzung anderer [X.] entschieden (BT-Drucks. 15/3706, S. 14; Saenger
in Saenger, ZPO, 7.
Aufl., §
321a Rn. 6).

2. Im Übrigen
ist weder von der Schuldnerin dargelegt noch sonst er-sichtlich, dass der Beschluss des [X.]s gegen das Willkürverbot oder das Analogieverbot verstößt.

a) Ein
Richterspruch verstößt gegen das Willkürverbot, wenn er
unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. [X.], NJW 2017, 1232 Rn. 16; [X.], Beschluss vom 27. März 2003 -
V [X.], [X.]Z 154, 288, 299 f., jeweils [X.]). Die Schuldnerin macht zwar geltend, die [X.] des [X.]s verletze das Willkürverbot, weil sie auf der fehlerhaften Prämisse beruhe, dass die Unterlassung auch die Beseitigung umfasse. Die Schuldnerin legt jedoch nicht dar, weshalb die -
näher begründete -
Annahme des [X.]s, der Gläubiger könne, wenn eine Verletzungshandlung einen an-dauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen habe, mit dem
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Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen
(vgl. [X.],
[X.], 208 Rn. 28), unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sein soll.

b) Die Behauptung der Schuldnerin, der [X.] habe gegen das [X.] verstoßen, beruht nach ihrem Vorbringen auf der Annahme, der [X.] habe die Kerntheorie in einem Fall angewandt, in dem der Antrag in [X.] der Sachlage ohne ausdrücklichen Hinweis auf den Wunsch nach Erweite-rung auf eine Auswahl von [X.] beschränkt gewesen sei. Diese Annahme der Schuldnerin ist unzutreffend. Der [X.] ist bei seiner Beurteilung davon ausgegangen, dass die [X.] ihren Unterlassungsantrag nicht
auf das aus ihrer Sicht Charakteristische dieser konkreten [X.], nämlich die Verwendung der Bezeichnung gestützt haben. Danach erfasst das entsprechend dem Unterlas-sungsantrag
(vgl. [X.], [X.], 208 Rn.
36 bis 40).

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6
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II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher
Schaffert
[X.]

Löffler
Richter am [X.] [X.] ist in

Urlaub und daher gehindert zu un-

terschreiben.

Büscher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.05.2013 -
33 O 19962/10 -

OLG München, Entscheidung vom 07.04.2015
-
6 W 1402/13 -

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Meta

I ZB 34/15

27.04.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2017, Az. I ZB 34/15 (REWIS RS 2017, 11775)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11775

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