Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.05.2018, Az. B 8 SO 1/18 BH

8. Senat | REWIS RS 2018, 16181

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters - Ablehnung eines Befangenheitsantrags in den Urteilsgründen unter Mitwirkung des abgelehnten Richters - Unbeachtlichkeit des Ablehnungsgesuchs wegen Rechtsmissbräuchlichkeit


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1

I. Im Streit ist, ob der Beklagte auf einen Überprüfungsantrag des [X.] untätig geblieben ist.

2

Im Jahr 2001 lehnte der Beklagte einen Antrag des [X.] auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem [X.] ([X.]) ab (Bescheid vom 6.12.2001; Widerspruchsbescheid vom [X.]; rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22.4.2004 - 2 K 490/02). Im Dezember 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Bescheids gemäß § 44 [X.] - ([X.]). Im Juni 2005 erhob er beim Sozialgericht (SG) [X.] "[X.]" hinsichtlich anderer von ihm gestellter Überprüfungsanträge ([X.] [X.] 1594/05, später [X.] [X.] 1594/05). Der Beklagte teilte dem Kläger mit, dass die Untätigkeitsklage als neuer Antrag gewertet, dieser jedoch abgelehnt werde, weil § 44 [X.] auf das Leistungsrecht des [X.] nicht anwendbar sei (Bescheid vom 14.7.2005; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Im Widerspruchsbescheid führte der Beklagte aus, dass durch den Kläger ua der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 2 K 490/02 gegenständliche Bescheid zur Überprüfung gestellt worden sei.

3

Im Dezember 2016 hat der Kläger "wegen Sozialhilfe für den Zeitraum 25.7.2001 bis [X.]" "[X.] wegen Nichtverbescheidung" seines Antrags nach § 44 [X.] vom 3.12.2004 hinsichtlich des [X.] zum Klageverfahren 2 K 490/02 erhoben. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom [X.]; Urteil des Landessozialgerichts <[X.]> Baden-Württemberg vom 14.12.2017). Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Senat könne über die Berufung des [X.] unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s entscheiden, da das Ablehnungsgesuch des [X.] gegen diesen [X.] rechtsmissbräuchlich sei. Dem Antrag des [X.], die mündliche Verhandlung auf einen nachmittäglichen Zeitpunkt zu verlegen, sei nicht zu entsprechen gewesen, denn der Kläger habe zwingende medizinische Gründe dafür nicht glaubhaft gemacht. Die Berufung des [X.] sei unbegründet, weil die Untätigkeitsklage unzulässig sei. Der Beklagte habe mit Bescheid vom 14.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] über die am 3.12.2004 gestellten Überprüfungsanträge ablehnend entschieden. Hinsichtlich des Bescheids vom 6.12.2001 ergebe sich dies unter Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids vom [X.]. Dort sei ausdrücklich ausgeführt, dass ua die Überprüfung des [X.] im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 2 K 490/02 beim [X.] abgelehnt werde.

4

Der Kläger hat für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] Prozesskostenhilfe ([X.]) und (sinngemäß) die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

5

II. Der Antrag auf Bewilligung von [X.] ist nicht begründet. [X.] ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig [X.] (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]> iVm § 114 Zivilprozessordnung ). Daran fehlt es hier. [X.] Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 [X.] abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 [X.]) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

6

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 [X.]). Es stellen sich keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit den Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage (§ 88 [X.]), sondern allenfalls Fragen zur Anwendung dieser Norm im konkreten Einzelfall. Anhaltspunkte dafür, dass eine [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.

7

Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.]) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte.

8

Das [X.] durfte unter Mitwirkung des abgelehnten [X.]s verhandeln und entscheiden, ohne gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen [X.] zu verstoßen (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz ). Erfolgt die Ablehnung eines Befangenheitsantrags nicht durch Zwischenentscheidung (dazu [X.]-1500 § 160a [X.] 1 Rd[X.] 9 f), sondern - wie hier - in den Urteilsgründen unter Mitwirkung des abgelehnten [X.]s, kann zwar ein Verfahrensfehler vorliegen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl [X.]-1500 § 60 [X.] 4). Das [X.] durfte vorliegend aber ohne Verstoß gegen § 60 [X.] iVm § 45 Abs 1 ZPO das Ablehnungsgesuch in dem angegriffenen Urteil unter Mitwirkung des abgelehnten [X.]s als unbeachtlich werten, weil es in nicht zu beanstandender Weise einen Rechtsmissbrauch angenommen hat (vgl hierzu [X.] Beschluss vom [X.] [X.] 13/09 B - mwN). Die Rechtsmissbräuchlichkeit des [X.] wird bereits durch die wiederholte Praxis des [X.] deutlich, beteiligte [X.] wegen der seiner Ansicht nach jeweils unzutreffenden rechtlichen Bewertungen und verfahrensrechtlichen Vorgehensweisen abzulehnen (vgl [X.] Beschluss vom 13.11.2017 - [X.] R 152/17 B; [X.] Senatsbeschluss vom 22.3.2017 - [X.] [X.] 32/16 BH; Senatsbeschluss vom 17.3.2014 - [X.] [X.] 1/14 C; Senatsbeschlüsse vom [X.] - [X.] [X.] 1/08 R - und 23.4.2009 - [X.] [X.] 2/09 C). Der Kläger hat auch hier keine objektiven Anknüpfungspunkte dafür genannt, dass der berichterstattende und zugleich Vorsitzende [X.] voreingenommen sei. Der Vorwurf einer "sachgrundlosen Weigerung der Terminverlegung" entbehrt jeglicher Spezifizierung; aus ihm ergibt sich in keiner Weise ein Hinweis auf Willkür oder unsachliche Einstellung des [X.]s (vgl dazu [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 96/10). Der Befangenheitsantrag ist, ebenso wie die in früheren Verfahren beim [X.] und [X.] ([X.]) gestellten Anträge zeigen, als prozesstaktische Mittel zu werten.

9

Anders als der Kläger meint, kann er eine Beschwerde auf den absoluten Revisionsgrund einer fehlerhaften Besetzung der [X.]bank (§ 202 [X.] iVm § 547 [X.] 1 ZPO; Verstoß gegen Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) wegen Ablehnung des Antrags auf Fahrtkostenzuschuss und Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht stützen, weil die im Schriftsatz vom 22.10.2017 erfolgte Entscheidung als unanfechtbare Vorentscheidung (§ 202 [X.] iVm § 557 Abs 2 ZPO; [X.] SozR 1500 § 160 [X.] 48) ohnehin durch den Vorsitzenden zu treffen war (vgl § 106 [X.], §§ 202 [X.] iVm § 227 Abs 4 ZPO). Für andere Verfahrensfehler, die einen absoluten Revisionsgrund begründen könnten, ergeben sich keine Anhaltspunkte.

Ob sich anderweitig Verfahrensfehler ergeben, kann offenbleiben. Denn es fehlt insoweit jedenfalls an der erforderlichen Erfolgsaussicht in der Hauptsache (vgl zu dieser Voraussetzung nur [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 73a Rd[X.] 7c mwN). Nach summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage in der Sache Erfolg haben könnte. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 88 [X.] durch das [X.] im konkreten Einzelfall und seine Rechtsauffassung, dass eine Untätigkeit des Beklagten nicht vorliege, vielmehr der Beklagte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 14.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] beschieden habe, ist nicht zu beanstanden. Eine Untätigkeit des Beklagten liegt danach nicht vor. Darauf dass ohnehin ein Fall der Verwirkung der Untätigkeitsklage bei Klageerhebung zwölf Jahre nach Eingang des [X.] bei dem Beklagten vorliegen könnte (vgl dazu BT-Drucks 7/4324 S 13; vgl auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 88 Rd[X.] 6), kommt es daher nicht an.

Da dem Kläger keine [X.] zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Meta

B 8 SO 1/18 BH

23.05.2018

Bundessozialgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: SO

vorgehend SG Mannheim, 9. August 2017, Az: S 8 SO 1/17, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 42 Abs 1 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 23.05.2018, Az. B 8 SO 1/18 BH (REWIS RS 2018, 16181)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 16181

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Gewährung rechtlichen Gehörs - Befangenheitsantrag - Rechtsmissbräuchlichkeit


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1 BvR 96/10

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