Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.08.2017, Az. 4 B 18/17

4. Senat | REWIS RS 2017, 6566

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Gegenstand

Zulässigkeit eines Bordells in einem Industriegebiet


Gründe

1

Die auf sämtliche Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr der Kläger beimisst.

3

a) Die in verschiedenen Formulierungen aufgeworfene Rechtsfrage zu den Anforderungen an den [X.] planerischer Vorstellungen beim Erlass einer Veränderungssperre rechtfertigt nicht die Zulassung der [X.], weil sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde.

4

Rechtsänderungen sind vom Revisionsgericht im gleichen Umfang zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie jetzt entschiede ([X.]VerwG, Urteile vom 21. Oktober 2004 - 4 [X.] 2.04 - [X.]VerwGE 122, 109 <114> und vom 12. September 2013 - 4 [X.] 8.12 - [X.]VerwGE 147, 379 Rn. 13). Da die Klage auf Erteilung einer [X.]augenehmigung nur begründet ist, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein Anspruch auf Erteilung besteht (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 [X.] 16.07 - [X.]VerwGE 133, 98 Rn. 11), dürfte der Verwaltungsgerichtshof die Satzung über die Veränderungssperre vom 28. Februar 2014, die er dem [X.]augesuch des [X.] entgegengehalten hat, nicht mehr berücksichtigen; denn die Satzung ist nach Verkündung des angefochtenen [X.]erufungsurteils durch Inkrafttreten des [X.] am 10. Februar 2017 gemäß § 17 Abs. 5 [X.]auG[X.] außer [X.] getreten. Auf ihre vom Kläger in Abrede gestellte Wirksamkeit käme es für eine [X.]erufungsentscheidung zum jetzigen Zeitpunkt und damit auch für eine Revisionsentscheidung nicht an.

5

b) Auch die in unterschiedlichen Versionen formulierte Frage, ob ein [X.]ordellbetrieb in einem Industriegebiet als Gewerbebetrieb aller Art bauplanungsrechtlich zulässig ist, führt nicht zur Zulassung der [X.]. Dies gilt schon deshalb, weil sie für den Verwaltungsgerichtshof mangels Entscheidungserheblichkeit nicht maßgeblich war. Es gehört nicht zu den Aufgaben des [X.], Rechtsfragen zu klären, die sich die Vorinstanz nicht gestellt und die sie deshalb auch nicht beantwortet hat ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 25. April 2016 - 4 [X.] 10.16 - juris Rn. 5 und vom 11. April 2017 - 4 [X.] 11.17 [E[X.]LI:[X.]:[X.]] - [X.] 2017, 587 = juris Rn. 11).

6

Der Weg in die [X.] ist aber auch dann nicht eröffnet, wenn eine Änderung der Rechtslage nach Erlass des [X.]erufungsurteils die Zulassung der Revision auch wegen einer vom [X.]erufungsgericht offengelassenen Rechtsfrage rechtfertigen sollte. Die vom Kläger gestellte Rechtsfrage nach der Auslegung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wäre in einem Revisionsverfahren nicht aufgerufen. Die am 10. Februar 2017 in [X.] getretenen Festsetzungen des geänderten [X.]ebauungsplans Nr. 634 [X.] "Nördlich der [X.]" stehen dem [X.]auvorhaben des [X.] nicht entgegen, weil [X.]ordelle keine Gewerbebetriebe aller Art sein sollen, sondern deswegen, weil [X.]ordelle nach § 4 der textlichen Festsetzungen in den in der Planzeichnung mit [X.] und [X.] festgesetzten [X.]ereichen nicht zulässig sind. In einem Revisionsverfahren wäre deshalb voraussichtlich eine andere als die vom Kläger aufgeworfene Frage entscheidungserheblich, nämlich ob der Ausschluss von [X.]ordellen in einem Industriegebiet von § 1 Abs. 9 [X.] gedeckt ist. Sie wäre allerdings nicht mehr grundsätzlich klärungsbedürftig. Der [X.] hat bereits entschieden, dass [X.]ordelle als Unterart eines Gewerbebetriebes im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in einem durch [X.]ebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet über § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.]auG[X.] [X.]. § 1 Abs. 9 [X.] ausgeschlossen werden können ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. Juni 2014 - 4 [X.] 8.14 - [X.] 2014, 574 Rn. 8 ff.). Das lässt sich auf [X.]ordelle in einem durch [X.]ebauungsplan festgesetzten Industriegebiet übertragen.

7

2. Die [X.], das [X.]erufungsgericht sei von der Entscheidung des [X.] vom 19. Februar 2004 - 4 [X.]N 16.03 - ([X.]VerwGE 120, 138) abgewichen und habe bei der [X.]eweiswürdigung gegen § 108 Abs. 1 VwGO verstoßen, lösen die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO nicht aus, weil sie auf die nicht mehr entscheidungserhebliche Veränderungssperre gemünzt sind.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 18/17

16.08.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 27. Januar 2017, Az: 15 B 16.1834, Urteil

§ 9 Abs 2 Nr 1 BauNVO, § 1 Abs 9 BauNVO, § 8 Abs 2 Nr 1 BauNVO, § 9 Abs 1 Nr 1 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.08.2017, Az. 4 B 18/17 (REWIS RS 2017, 6566)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6566

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