Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2001, Az. IV ZR 264/99

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3795

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[X.] DES VOLKESURTEILIV ZR 264/99Verkündet am:24. Januar 2001HeinekampJustizsekretärals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der IV. Zivilsenat des [X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom24. Januar 2001für Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zi-vilsenats des [X.] vom28. Oktober 1999 aufgehoben, soweit ihre Berufunggegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 20. November 1998 wegen der den Betrag [X.] nebst 13,5% Zinsen seit 1. August 1997übersteigenden Klageforderung zurückgewiesen wurde.Insoweit wird die Sache zur anderweiten [X.] Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwie-sen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin beschäftigte sich mit der Reinigung von [X.] der Herstellung von Bettwaren. Sie hatte bei der [X.] neben- 3 -einer [X.] eine Sachversicherungabgeschlossen. Dieser lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Dy-namische Sachversicherung des Gewerbes und Freier Berufe ([X.])zugrunde.Am 18. Juni 1996 kam es in den Produktions- und Lagerräumender Klägerin zu einem Brand und im Zuge der Löscharbeiten zu [X.] im Bürotrakt. Mit Schreiben vom 12. März 1997 aner-kannte die Beklagte ihre Leistungspflicht dem Grunde nach. Auf den anden Warenvorräten entstandenen Schaden zahlte die Beklagte nach ih-rer Darstellung 687.870 DM, nach der der Klägerin 663.000 [X.] Beklagte meint, damit sei der Schaden eher großzügig [X.], weil es wegen fehlender Inventurunterlagen an einer ausreichendenSchätzungsgrundlage fehle. Davon abgesehen sei sie nach § 25 Nr. 1[X.] von der Entschädigungspflicht frei, weil die Klägerin versucht ha-be, sie über die Höhe des Schadens an den Warenvorräten arglistig zutäuschen.Die Klägerin hat ihrer Berechnung einen weiteren Schaden [X.] DM zugrunde gelegt und Klage auf Zahlung an drei ihrerGläubiger erhoben. Damit ist sie in den Vorinstanzen nicht durchgedrun-gen. Mit der Revision verfolgt sie den Anspruch in Höhe von1.102.462 DM nebst Zinsen [X.] 4 -Entscheidungsgründe:Die Revision der Klägerin führt im beantragten Umfang zur Aufhe-bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache andas Berufungsgericht.[X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte gemäß § 25Nr. 1 [X.] von der Entschädigungspflicht frei, weil die Klägerin durchden Zeugen S. und ihren Geschäftsführer versucht habe, die [X.] über Tatsachen zu täuschen, die für die Höhe der Entschädi-gung von Bedeutung seien. Darüber hinaus habe die Klägerin nicht [X.], daß der durch den Brand an den Warenvorräten [X.] höher sei als der Betrag von 663.000 DM, der nach ihrer [X.] darauf von der [X.] gezahlt worden sei.I[X.] Diese Beurteilung wird von der Revision zu Recht beanstandet.1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe versucht,die Beklagte über für die Höhe der Entschädigung erhebliche Umständearglistig zu täuschen, beruht auf einer fehlerhaften und unvollständigenWürdigung des Prozeßstoffes.a) Das Berufungsgericht lastet der Klägerin an, daß der Zeuge [X.] sie in gewissem, nicht näher festgestellten Umfang in die [X.] eingeschaltet hatte, den Mitarbeitern [X.] und E. der Beklag-- 5 -ten bei der Besprechung vom 7. Juli 1997 nicht gesagt hatte, daß er [X.] 1996/Anfang 1997 in einer Duschwanne einen total durchnäßten,auch nach einem Trocknungsversuch nicht mehr lesbaren Ordner mit [X.] "Inventur" gefunden hatte.Diese Feststellung ist nicht geeignet, den Vortrag zu beweisen,auf den die Beklagte die Leistungsfreiheit nach § 25 Nr. 1 [X.] gestützthatte. Die Beklagte hatte den Vorwurf des Versuchs einer arglistigenTäuschung damit begründet, die Klägerin habe wahrheitswidrig behaup-tet, es seien Inventuren gemacht und vor dem Brand Unterlagen darübervorhanden gewesen. Mit dieser falschen Behauptung habe sie ihren An-gaben in der Schadensaufstellung und den Aufzeichnungen in den [X.], noch vorhandenen Geschäftsunterlagen den Anschein der [X.] geben und dadurch die Beklagte täuschen wollen.Damit setzt die in Anspruch genommene Leistungsfreiheit der [X.] den durch sie zu führenden Beweis voraus, daß Inventuren nichtgemacht wurden und Inventurunterlagen nicht vorhanden waren. Das er-gibt sich aus den Angaben des Zeugen S. gerade nicht. Er hat [X.] nach dem Brand einen Ordner mit solchen Unterlagen vorgefunden.Der Zeuge [X.] konnte als Mitarbeiter der [X.] naturgemäß zu [X.] der Klägerin nichts sagen. Dagegen haben die Mitarbeiter derKlägerin, die Zeugen M., [X.], [X.]., [X.] und [X.] Sc. anschaulich undglaubhaft bekundet, daß regelmäßig zum 30. Juni Inventur gemacht wur-de und auch laufend Aufzeichnungen über den Warenbestand vorge-nommen wurden. Was mit diesen Unterlagen beim [X.] ist, ist nicht [X.] -Abgesehen davon kann der Aussage des Zeugen S. auch nichtentnommen werden, daß das Nichterwähnen des Monate vorher [X.], später nicht mehr vorhandenen Ordners in der Besprechungvom 7. Juli 1997 arglistig gewesen sein könnte. Der durchnäßte, zu-sammengeklebte und nicht lesbare [X.] war aus seiner Sicht fürdie Klägerin und die Beklagte unbrauchbar. Wenn der Zeuge den Ordnerfür relevant gehalten hätte, hätte es vielmehr nahegelegen, ihn zu er-wähnen, um den Vorwurf der [X.] zu entkräften, es seien keine [X.] gemacht worden.b) Das Berufungsgericht nimmt Leistungsfreiheit ferner deshalban, weil der Geschäftsführer der Klägerin den Herren [X.] und [X.] April 1997 gesagt habe, seine Ehefrau habe die der [X.] über-gebene Schadensaufstellung aufgrund der Originalinventuren erstellt.Dies sei unrichtig gewesen, wie sich aus der insoweit glaubhaften [X.] seiner Ehefrau, der Zeugin [X.]., ergebe. Diese habe bekundet, [X.] über die vorhandenen Dinge nach dem [X.] zu sein und dabei keine Unterlagen über Inventuren oder ähnli-ches gehabt zu haben. Den Umständen nach sei der Senat davon über-zeugt, daß der Geschäftsführer Sc. auch gewußt habe, daß diese [X.] unrichtig gewesen oder im Bewußtsein der möglichen [X.] ins Blaue hinein erfolgt seien.Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht nicht dar-legt, auf welche konkreten Umstände es diese Überzeugung stützt. Sei-ne Würdigung ist deshalb revisionsrechtlich nicht nachprüfbar und damit- 7 -rechtsfehlerhaft. Es liegt auch nicht auf der Hand, daß der [X.] der Klägerin arglistig gehandelt hat. Bei vollständiger Würdigung [X.] erscheint es vielmehr möglich, daß er gutgläubig an-genommen hat, seine Ehefrau habe die Schadensaufstellung anhand [X.] erstellt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme istdavon auszugehen, daß regelmäßig Inventur gemacht wurde und [X.] darüber vorhanden waren und der Geschäftsführer der Klägerindies wußte. Deshalb ist es naheliegend anzunehmen, daß eine umfang-reiche Schadensaufstellung anhand solcher Unterlagen gefertigt wordenist. Außerdem geht das Berufungsgericht nicht darauf ein, daß die Zeu-gin [X.]. auch gesagt hat, sie habe Teile von [X.] gesehen.Ob dies vor oder auch nach dem Brand war, ergibt sich aus dem Proto-koll nicht und wäre klärungsbedürftig gewesen.Es kommt hinzu, daß die Beklagte den konkreten Sachverhalt, aufden das Berufungsgericht die arglistige Täuschung durch den Ge-schäftsführer der Klägerin stützt, nicht vorgetragen hatte. Daß dies inder mündlichen Verhandlung der Fall gewesen ist und die Klägerin Ge-legenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen, ergibt sich aus dem Protokollnicht. Die Revision macht geltend, im Anschluß an die Beweisaufnahmesei nicht nochmals verhandelt worden. Nach §§ 285 Abs. 1, 278 Abs. 2Satz 2 ZPO ist über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandelnund der Sach- und Streitstand erneut mit den Parteien zu erörtern. [X.] gegen diese Bestimmungen ist - schon im Blick auf die damitregelmäßig verbundene Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. [X.]. 1 [X.] - grundsätzlich als Verfahrensfehler anzusehen ([X.], [X.] 26. April 1989 - I ZR 220/87 - NJW 1990, 121 unter [X.]). Im Pro-- 8 -tokoll findet sich kein Hinweis darauf, daß die Parteien streitig zum [X.] verhandelt haben. Damit steht der Verstoß gegen §§ 285Abs. 1, 278 Abs. 2 Satz 2 ZPO fest (§§ 165, 160 Abs. 2 ZPO). [X.], wie dargelegt, das angefochtene Urteil auch beruhen.2. Die Ausführungen des Berufungsgericht, die Klägerin habe [X.], daß der Schaden den Betrag von 663.000 DM übersteige,sind ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei.Seine Würdigung hat keinen Bestand, soweit sie darauf beruht,der Klägerin falle arglistiges Verhalten zur Last. Das [X.] zudem den Sinn und Zweck der Vereinbarung vom 7. Juli 1997 nichtzutreffend erfaßt. Es ging gerade darum, daß beide Parteien darin über-einstimmten, daß vollständig beweiskräftige Unterlagen nicht zur Verfü-gung stehen und mit den zur Verfügung stehenden Unterlagen der [X.] nicht geführt werden kann. Man ist also dahingehend übereinge-kommen zu versuchen, den Schaden auf der Basis der nicht voll beweis-kräftigen Unterlagen zu ermitteln. Dies hätte man auch tun müssen,wenn zweifelsfrei vor dem Brand ausreichende Unterlagen vorhandengewesen und durch den Brand vernichtet worden wären. Der [X.] Verlust solcher Beweisunterlagen - hiervon ist zugunsten derKlägerin ausgehen - kann nicht dazu führen, daß sie keine weitere [X.] mehr bekommt, weil die verbliebenen Unterlagen zum [X.] der Schadenshöhe nicht ausreichen. Das Berufungsgericht hatauch nicht beachtet, daß für den Nachweis der Schadenshöhe § 287ZPO den Beweismaßstab bildet (vgl. dazu [X.], Urteil vom- 9 -26. November 1986 - [X.] - NJW 1987, 909 unter [X.] und Ur-teil vom 11. November 1987 - [X.] - [X.], 75 unter 3).Außerdem setzt sich das Berufungsgericht, wie die [X.] zutreffend rügt, nicht damit auseinander, daß der öffentlich be-stellte und vereidigte Sachverständige Ad. durchaus in der Lage war, ei-ne Schadensberechnung anhand der von der Klägerin eingereichtenUnterlagen vorzunehmen. Deshalb hätte das von der Klägerin bean-tragte Sachverständigengutachten - gegebenenfalls nach [X.] Anknüpfungspunkte - eingeholt werden müssen.Dr. [X.] [X.] [X.] Seiffert [X.]

Meta

IV ZR 264/99

24.01.2001

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2001, Az. IV ZR 264/99 (REWIS RS 2001, 3795)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3795

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