Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.08.2020, Az. B 13 R 180/19 B

13. Senat | REWIS RS 2020, 2546

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - gerügte Verletzung der Amtsermittlungspflicht ohne Benennung eines konkreten Beweisantrags


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 22. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 22.5.2019 hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin, die bereits eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezieht, Beschwerde beim B[X.] eingelegt. Sie beruft sich allein auf verschiedene Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G).

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

4

In der Beschwerdebegründung der Klägerin vom [X.] wird keiner der in § 160 Abs 2 [X.]G abschließend aufgezählten Zulassungsgründe ausdrücklich geltend gemacht. Nur sinngemäß beruft sich die Klägerin auf das Vorliegen von [X.] iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G. So stellt die Klägerin zunächst den Inhalt der Entscheidungsgründe des [X.] dar und vertritt sodann die Auffassung, dass die Beweiswürdigung des [X.] fehlerhaft sei. Dieses habe sich mit dem Prozessstoff und den [X.] nicht umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt. Unter Bezugnahme auf den Inhalt verschiedener in den Prozess eingeführter medizinischer Gutachten und sachverständiger Zeugnisse legt sie dar, dass sowohl [X.] als auch [X.] aufgrund der Amtsermittlungspflicht gehalten gewesen seien, ein orthopädisches Gutachten einzuholen. In dem sie dies unterlassen hätten, hätten sie das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt. Zudem seien die Aussagen des [X.] im Zusammenhang mit der Gabe von Cannabisprodukten in der Beweiswürdigung widersprüchlich. Im Rahmen der Amtsermittlung habe das [X.] prüfen müssen, ob diese Verschreibung erforderlich sei und die Einnahme einer Beschäftigung über drei Stunden täglich entgegenstehe. Zudem sei die Klägerin bereits aufgrund der vorliegenden Gutachten nicht wegefähig, da sie zur Hauptverkehrszeit keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne.

5

Diesen Vortrag der Beschwerdebegründung wertet der Senat zugunsten der Klägerin als Berufung auf das Vorliegen von [X.] in Form von Verstößen gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]G) und die Grundsätze der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G) sowie einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 [X.]G). Damit genügt die Klägerin jedoch nicht den formellen Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels.

6

Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB B[X.] Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - B[X.]E 2, 81 - juris Rd[X.] 4; B[X.] Beschluss vom 30.10.2018 - [X.] R 59/18 B - juris Rd[X.] 7). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Zugrunde zu legen ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des [X.] (B[X.] Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - [X.] zu § 162 [X.]G; B[X.] Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - [X.] 1500 § 160 [X.]3; B[X.] Beschluss vom 16.11.2000 - [X.] RA 122/99 B - [X.] 3-1500 § 160 [X.]3 - juris Rd[X.] 23). Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des [X.] möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht (vgl zB B[X.] Beschluss vom 16.11.2000 - [X.] RA 122/99 B - [X.] 3-1500 § 160 [X.]3 - juris Rd[X.] 16 mwN; B[X.] Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.]0 Rd[X.] 16 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

Soweit sich die Klägerin auf Fehler in der Beweiswürdigung des [X.] beruft, kann das Zulassungsbegehren - wie dargelegt - hierauf nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G). Die Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht genügt schon deshalb nicht den Zulässigkeitsanforderungen, weil die bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Klägerin entgegen § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G keinen Beweisantrag benennt, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den an die Darlegung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu stellenden Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung bereits deshalb nicht, weil sie nicht - wie aber erforderlich - detailliert darlegt, welches konkrete Vorbringen vom [X.] übergangen worden sein soll und dass sich das vorinstanzliche Gericht auch unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung mit diesem Vorbringen hätte auseinandersetzen müssen (vgl [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 697 mwN). Dass die Klägerin das Berufungsurteil - vor allem im Hinblick auf die Beurteilung der Wegefähigkeit - inhaltlich für unrichtig hält, kann ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB B[X.] Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 22 Rd[X.] 4; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 96/10 - [X.] 4-1500 § 178a [X.] 11 Rd[X.] 28 mwN).

8

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

9

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.]G durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.]G.

Meta

B 13 R 180/19 B

19.08.2020

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Würzburg, 10. Mai 2019, Az: S 6 R 454/15, Urteil

§ 62 SGG, § 103 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.08.2020, Az. B 13 R 180/19 B (REWIS RS 2020, 2546)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2546

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 13 R 263/18 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - hinreichende Bezeichnung des Verfahrensmangels


B 13 R 77/20 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Verletzung der Amtsermittlungspflicht - Rüge eines fehlerhaften Gutachtens …


B 13 R 123/20 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - tatrichterliche Sachaufklärungspflicht - Ablehnung eines Beweisantrages bei Vorliegen …


B 13 R 260/18 B (Bundessozialgericht)

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - keine Anwendung des § 138 Abs 3 ZPO …


B 13 R 37/20 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtsverfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - nicht mehr rechtzeitig gestellter Antrag auf Befragung eines Sachverständigen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 96/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.