Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.07.2019, Az. 1 WB 23/18

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2019, 5131

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Gegenstand

Keine Klärung akademischer Rechtsfragen; Zulässigkeit eines Feststellungsantrags im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach § 17 SBG


Tatbestand

1

Der [X.]ntragsteller, der Personalrat ..., rügt die Verletzung seiner [X.]eteiligungsrechte bei [X.] bis zur [X.]esoldungsgruppe [X.] 15.

2

Unter dem 22. Mai 2017 erläuterte der Personalrat ..., Gruppe der Soldaten, dem Kommandeur des ... seine Rechtsauffassung zur [X.]nwendung von § 24 [X.]bs. 4 [X.] bei der [X.]eförderung von Soldaten bis in die [X.]esoldungsgruppe [X.] 15. Zugleich bat er, die zuständigen Stellen im [X.] hierauf hinzuweisen und die Erfüllung der [X.]nhörungspflicht dort einzufordern.

3

Der Geschäftsführende General des [X.] teilte dem Kommandeur unter dem 2. [X.]ugust 2017 mit, er sehe nach der derzeitigen [X.] den [X.]nwendungsbereich des § 24 [X.]bs. 4 Satz 1 [X.] nicht eröffnet. Grundsätzlich habe das [X.] bei der [X.]eförderung kein [X.]uswahlermessen, da das Verfahren durch die Zentralen Dienstvorschriften [X.]-1340/49 und [X.]-1340/111 eindeutig geregelt sei und die Verwaltung sich damit selbst gebunden habe. Diese Vorgaben seien technisch umgesetzt und würden automatisiert angewandt. Ihre Einhaltung werde laufend kontrolliert. Sollte es dennoch in einem unwahrscheinlichen Einzelfall zu einem [X.]uswahlermessen kommen, würden die zuständigen Stellen gesetzeskonform eine [X.]eteiligung gemäß § 24 [X.]bs. 4 Satz 1 [X.] einleiten. Das Schreiben wurde dem [X.]ntragsteller am 11. [X.]ugust 2017 per E-Mail zur Kenntnis gebracht.

4

Unter dem 30. [X.]ugust 2017 erhob der [X.]ntragsteller hiergegen [X.]eschwerde. Diese war "[X.]uf dem Dienstweg" an den Inspekteur ... adressiert und digital durch Oberstabsfeldwebel [X.], den (damaligen) Gruppensprecher der Gruppe der Soldaten, und durch Oberstleutnant [X.], den (damaligen) 1. stellvertretenden Gruppensprecher der Gruppe der Soldaten, unterschrieben. Sie ging am 31. [X.]ugust 2017 beim Kommandeur ... und am 15. September 2017 beim Inspekteur ... ein. Zur [X.]egründung erläuterte der [X.]ntragsteller seine Rechtsauffassung zur [X.]uslegung und [X.]nwendung von § 24 [X.]bs. 4 SG[X.] bei der [X.]eförderung von Soldaten bis zur [X.]esoldungsgruppe [X.] 15.

5

Mit [X.]escheid vom 1. Dezember 2017, zugegangen am 8. Dezember 2017, wies der Inspekteur ... der [X.] die [X.]eschwerde zurück, soweit eine [X.]eeinträchtigung der Rechte des [X.]ntragstellers durch den Kommandeur ... gerügt wurde. Soweit sich die [X.]eschwerde gegen das Handeln des [X.] richtete, legte er den Vorgang mit Schreiben vom selben Tage zuständigkeitshalber dem [X.] vor; dieser Teil ist Gegenstand des parallelen Wehrbeschwerdeverfahrens [X.]VerwG 1 [X.] 17.18.

6

Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 erhob der [X.]ntragsteller weitere [X.]eschwerde gegen den [X.]escheid des [X.] ... vom 1. Dezember 2017. Das Schreiben trägt den [X.]riefkopf "Örtlicher Personalrat beim ..." mit dem Zusatz "Gruppe der Soldaten" und ist handschriftlich unterzeichnet von Oberstabsfeldwebel [X.], Gruppensprecher, und Oberstleutnant [X.], 1. stellvertretender Gruppensprecher.

7

Mit [X.]escheid vom 22. Mai 2018, ausgehändigt am 7. Juni 2018, wies der Generalinspekteur der [X.] die weitere [X.]eschwerde als unzulässig zurück, weil diese nicht ordnungsgemäß erhoben sei. Nur der Personalrat als Gremium, nicht aber die Gruppe der Soldaten, die den Rechtsbehelf eingelegt habe, sei beschwerdeberechtigt. Im dienstaufsichtlichen Teil des [X.]escheids wies der Generalinspekteur darauf hin, dass die Frage, wann die tatbestandlichen Voraussetzungen einer [X.]nhörung im Sinne des § 24 [X.]bs. 4 Satz 1 [X.] gegeben seien, jeweils im konkreten Fall zu beantworten sei.

8

Hiergegen hat der [X.]ntragsteller am 6. Juli 2018 die Entscheidung des [X.] beantragt. Das [X.] hat den [X.]ntrag mit seiner Stellungnahme vom 23. [X.]ugust 2018 dem Senat vorgelegt.

9

Zur [X.]egründung führt der [X.]ntragsteller insbesondere aus:

Die weitere [X.]eschwerde sei ordnungsgemäß für den Personalrat als Gesamtgremium erhoben worden. Eine [X.]bsicht der "Herren [X.] und [X.], 'am Personalrat vorbei' handeln zu wollen", erschließe sich in keiner Form. Der verwendete [X.]riefkopf sei den Personalräten vom [X.] noch bis vor wenigen Wochen ausdrücklich abverlangt worden. In der Sache äußert sich der [X.]ntragsteller ausführlich zur Entstehungsgeschichte und zu früheren Fassungen des heutigen § 24 [X.]bs. 4 [X.]. Hieraus ergebe sich, dass nach dem seit September 2016 geltenden Rechtsstand das [X.] bei [X.]eförderungen Ermessen ausübe und dass die in der Zuständigkeit des [X.] liegenden [X.] der [X.]eteiligung der Vertrauenspersonen bzw. Personalvertretungen unterworfen werden sollten.

Der Generalinspekteur der [X.] beantragt,

den [X.]ntrag zurückzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf die Gründe seines [X.]eschwerdebescheids vom 22. Mai 2018.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der [X.]kten [X.]ezug genommen. Die [X.]eschwerdeakte des Generalinspekteurs der [X.] und die [X.]kten des [X.] [X.]VerwG 1 [X.] 17.18 haben dem Senat bei der [X.]eratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

1. Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren keinen konkreten Sachantrag gestellt. Im Hinblick auf den Sachantrag im Parallelverfahren BVerwG 1 [X.] 17.18 und auf die - insbesondere mit Schriftsatz vom 4. Februar 2019 - erfolgte ausdrückliche Bezugnahme auf den dortigen Vortrag ist davon auszugehen, dass der Antragsteller vorliegend - unter Berücksichtigung der hier gegenständlichen Beschwerdebescheide - beantragt, unter Abänderung der Beschwerdebescheide des [X.] ... der [X.] vom 1. Dezember 2017 und des Generalinspekteurs der [X.] vom 22. Mai 2018 seiner Beschwerde vom 30. August 2017 stattzugeben und festzustellen, dass Beförderungen von Soldaten der Dienststelle bis einschließlich zur Besoldungsgruppe [X.] seiner, des Antragstellers, Anhörung unterliegen, auch soweit sie durch das Bundesamt für das Personalmanagement der [X.] verfügt werden.

2. a) Für diesen Antrag ist zwar der Rechtsweg zu den [X.] gegeben. Beruft sich der bei einer Dienststelle der [X.] gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen [X.] in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 17 [X.], § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.]O - abweichend von § 59 Satz 1 [X.], § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - der Rechtsweg zu den [X.] gegeben (BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 1 [X.] 25.17 - juris Rn. 25). Dies ist hier der Fall, weil der Antragsteller geltend macht, in seinen [X.] aus § 24 Abs. 4 Satz 1 [X.] verletzt zu sein.

Das [X.] ist für den form- und fristgerecht gestellten Antrag nach § 22 i.V.m. § 21 Abs. 1 [X.]O sachlich zuständig.

Gegeben ist schließlich die Antragsbefugnis des Antragstellers. Der Personalrat als [X.], in dessen Namen und Auftrag hier die gerichtliche Entscheidung beantragt wurde, kann auch in Angelegenheiten, die ausschließlich Soldaten betreffen, deren Rechte im gerichtlichen Antragsverfahren geltend machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2014 - 1 [X.] 29.13 - [X.] 449.7 § 20 [X.] Nr. 5 Rn. 20 m.w.[X.]). Angelegenheiten, die allein die Gruppe der Soldaten betreffen, werden zwar materiell nach dem [X.], formell aber nach § 38 Abs. 2, § 32 Abs. 3 BPersVG behandelt. Dementsprechend macht der Antragsteller auch dann eine Verletzung eigener Beteiligungsrechte geltend, wenn es um Gruppenangelegenheiten der Soldaten geht, über die nach vorheriger gemeinsamer Beratung im Personalrat nur die Angehörigen der Gruppe abstimmen (§ 60 Abs. 3 Satz 3 [X.] i.V.m. § 38 Abs. 2 BPersVG). Hieran hat auch die Neufassung von § 63 Abs. 3 SGB nichts geändert. Ausweislich der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften der Bundesregierung ([X.]. 18/8298 [X.]) soll die Norm klarstellen, dass für die Rüge einer Verletzung von [X.] auch dann die Rechtsbehelfe der Wehrbeschwerdeordnung eröffnet sind, wenn die Verletzung von Rechten der Gruppe der Soldaten in einem Personalrat in Rede steht. Damit ist nicht die Einräumung einer selbständigen Beteiligungsfähigkeit der Gruppe der Soldaten im Personalrat bei gerichtlichen Antragsverfahren verbunden.

b) Der Feststellungsantrag ist jedoch mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses unzulässig.

Zweck des Beschwerdeverfahrens nach § 17 [X.] ist zwar gerade auch die Klärung von vertretungsrechtlichen Zuständigkeiten, Befugnissen und Pflichten (vgl. zu § 16 [X.] a.F. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 [X.] 60.10 - [X.] 449.7 § 23 [X.] Nr. 8 Rn. 26 m.w.[X.] und zu § 17 [X.] BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 1 [X.] 25.17 - juris Rn. 28). Daher ist ein auf die Voraussetzungen einer Vorschrift, ihre Auslegung und Anwendung gerichteter Feststellungsantrag in einem gerichtlichen Antragsverfahren über Soldatenbeteiligungsrechte, bei denen die Beteiligung nicht in einer konkreten Personalangelegenheit, sondern für eine Vielzahl gleichartiger Personalangelegenheiten streitig ist, regelmäßig die vorrangig gegebene Antragsart. Jedoch ist eine vom Einzelfall losgelöste allgemeine Nachprüfung von Anordnungen, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften auf ihre Rechtmäßigkeit im Sinne eines Normenkontrollverfahrens der Wehrbeschwerdeordnung fremd (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Oktober 2000 - 1 [X.] 84.00 - BVerwGE 112, 133 <134>, vom 15. Juli 2008 - 1 [X.] 25.07 - Rn. 20 m.w.[X.], vom 17. Februar 2009 - 1 [X.] 17.08 - Rn. 28 und vom 28. Februar 2019 - 1 [X.] 16.18 - juris Rn. 12). Vielmehr bedarf es im wehrdienstgerichtlichen wie in verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei einem Feststellungsantrag eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses (§ 43 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 [X.]O). Dies setzt einen bestimmten, überschaubaren Sachverhalt voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2007 - 7 [X.] 2.07 - BVerwGE 129, 199 Rn. 27). Mithin sind soldatenbeteiligungsrechtliche Antragsverfahren nur zulässig, wenn entweder ein konkretes, bereits anhängiges Beteiligungsverfahren den Anlass setzt (bzw. im Falle des [X.] gesetzt hat) oder wenn ein allgemeiner Feststellungsantrag prozessökonomisch eine Vorabklärung von Streitfragen einer in einer Vielzahl bereits im Verwaltungs- oder Beschwerdeverfahren befindlicher, konkreter gleichgelagerter Beteiligungsverfahren ermöglicht. Der Feststellungsantrag darf nicht allein der Klärung akademischer Rechtsfragen dienen. Daher bedarf es in diesem Fall der Darlegung seiner Bedeutung für konkret anhängige oder zu erwartende Verfahren.

Hier steht weder ein konkretes Beteiligungsverfahren in Rede noch ist vorgetragen oder ersichtlich, dass eine Vielzahl gleichgelagerter Personalangelegenheiten im Sinne von § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB, an denen die Gruppe der Soldaten beim Antragsteller zu beteiligen wäre, sich im [X.] befindet. Die Verfahrensbeteiligten sind im Parallelverfahren BVerwG 1 [X.] 17.18 auf Zweifel am Bestehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses hingewiesen. Der Antragsteller hat von der Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen, binnen der hierfür gesetzten Frist keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher nicht festzustellen, dass die Möglichkeit, in einem konkreten Beteiligungsverfahren - ggf. im Rahmen eines durch Wiederholungsgefahr gerechtfertigten Fortsetzungsfeststellungsantrages - eine Klärung der Zuständigkeit des Antragstellers herbeizuführen, zum Schutz seiner Rechte und zur Beilegung von über den Einzelfall hinaus bestehender Streitigkeiten nicht ausreichend wäre. Damit geht es vorliegend allein um die Klärung einer derzeit rein akademischen Frage, für die das gerichtliche Antragsverfahren nicht geschaffen ist.

3. Da der Antrag bereits unzulässig ist, können die weiteren, im Rahmen der Begründetheit zu prüfenden Fragen offenbleiben. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die weitere Beschwerde vom 2. Januar 2018 nach den Umständen als vom Antragsteller als [X.] eingelegt anzusehen ist, sowie für die vornehmlich im Parallelverfahren BVerwG 1 [X.] 17.18 thematisierte, aber auch hier einschlägige Frage, ob bereits die Beschwerde vom 30. August 2017 formgerecht eingelegt wurde.

Meta

1 WB 23/18

24.07.2019

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 17 SBG 2016, § 24 SBG 2016, § 60 SBG 2016, § 63 SBG 2016, § 43 Abs 1 VwGO, § 17 WBO, § 23a WBO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.07.2019, Az. 1 WB 23/18 (REWIS RS 2019, 5131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5131

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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