Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.11.2015, Az. 28 W (pat) 543/14

28. Senat | REWIS RS 2015, 2990

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "über 40 Jahre ZELLER Kamintechnik (Wort-Bild-Marke)/ZELLER Schornsteintechnik (Wort-Bild-Marke)" - Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr – Erteilung eines SEPA-Basislastschriftmandats per Telefax – zur Frist zur Einreichung des Originals - zum Zahlungstag – zur Zugänglichkeit von Informationsquellen bezüglich der Regelungen eines per Telefax erteilten DPMA-SEPA-Basislastschriftverfahrens – keine Wiedereinsetzung – Rückzahlung der Beschwerdegebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 055 320.3

hier: Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 2. November 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

1) Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

2) Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

3) Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einreichung des [X.] des SEPA-Lastschriftmandats für die Zahlung der [X.] gem. § 2 Nr. 4 S. 3 [X.].

2

Ihre am 6. Oktober 2011 angemeldete Wort-/Bildmarke „über 40 Jahre Z…  …“ (30 2011 055 320.3) ist am 24. Februar 2012 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 19, 35 und 37 in das Markenregister eingetragen und die Eintragung am 30. März 2012 veröffentlicht worden.

3

Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2012 hat die Antragsgegnerin Widerspruch erhoben aus ihrer am 12. Oktober 2001 angemeldeten und am 13. März 2002 eingetragenen Wort-/Bildmarke „ZELLER Schornsteintechnik“ (301 59 753.7).

4

Die Markenstelle für Klasse 6 des [X.] hat mit Beschluss vom 27. August 2014 die Löschung der Marke der Antragstellerin angeordnet. Dieser Beschluss ist dem [X.]n der Antragstellerin am 1. September 2014 nebst Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden.

5

Mit Telefax vom 1. Oktober 2014 hat der [X.] der Antragstellerin beim [X.] Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle eingelegt. Diesem Schreiben war ein ausgefülltes SEPA-Basislastschriftmandat - ebenfalls per Telefax - beigefügt. Die [X.] wurde seitens des [X.] zunächst zum 1. Oktober 2014 verbucht. Auf Grund der Tatsache, dass das Original des [X.] erst auf einen entsprechenden Hinweis des Amtes hin am 22. Dezember 2014 dort einging, wurde der Einzahlungstag der [X.] auf den 22. Dezember 2014 abgeändert.

6

Nachdem ihr mit Schreiben des Senats vom 12. Oktober 2015 am 15. Oktober 2015 mitgeteilt worden war, dass die [X.] nicht rechtzeitig eingezahlt worden sei und sie deshalb mit dem Ausspruch zu rechnen habe, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte, hat die Antragstellerin mit am 19. Oktober 2015 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der [X.] beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das [X.] habe es unterlassen, darauf hinzuweisen, dass das Original des [X.] bis spätestens zum 1. November 2014 nachgereicht werden müsse. Das Original sei hingegen erst am 24. November 2014 und damit nach Ablauf der Frist angefordert worden. Zwar ergebe sich die Notwendigkeit der nachträglichen Übersendung des [X.] aus dem Gesetz, allerdings weise das entsprechende Formular keinen diesbezüglichen Hinweis auf. Dies, obwohl vor der Umstellung auf SEPA die Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung auch ausschließlich per Telefax möglich gewesen sei.

7

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

8

ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der [X.] zu gewähren.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, die Modalitäten des [X.] einschließlich des Erfordernisses, das Original nachzusenden, seien auf der Internetpräsenz des [X.] ausführlich erläutert und allen Verfahrensbeteiligten zugänglich, was der begehrten Wiedereinsetzung entgegenstehe.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist gem. § 91 Abs. 1 [X.] zulässig, insbesondere ist er auch binnen der Jahresfrist des § 91 Abs. 5 [X.] eingelegt worden. Die diesbezügliche einjährige Jahresfrist endete am 1. November 2015 - der Wiedereinsetzungsantrag ist am 19. Oktober 2015 und mithin fristgerecht eingegangen. Der Wiedereinsetzungsantrag ist hingegen nicht begründet, weil ein Wiedereinsetzungsgrund nicht vorliegt. Im Hinblick auf die versäumte Frist zur Zahlung der [X.] war gem. § 82 Abs. 1 S. 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 2 [X.] festzustellen, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt. Die Rückzahlung der [X.] war anzuordnen.

1)

Nach § 82 Abs. 1 S. 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 1 [X.], § 66 Abs. 2 [X.] war die [X.] innerhalb von einem Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle zu zahlen. Die Zahlung kann dabei u. a. auch durch Erteilung eines gültigen [X.] mit Angaben zum Verwendungszweck erfolgen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 [X.]). Im Falle der Erteilung eines [X.] und dessen Übermittlung per Telefax ist dessen Original innerhalb einer Frist von einem Monat nach Eingang des Telefax nachzureichen. Anderenfalls gilt als [X.] der Tag des Eingangs des [X.] (§ 2 Nr. 4 S. 3 [X.]).

Der Beschluss der Markenstelle vom 27. August 2014 ist dem [X.]n der Antragstellerin ausweislich des von diesem unterzeichneten [X.] am 1. September 2014 zugestellt worden. Die Frist zur Zahlung der [X.] endete mithin am 1. Oktober 2014. Am 1. Oktober 2014 hat der [X.] der Antragstellerin per Telefax Beschwerde eingelegt unter gleichzeitiger Übersendung eines [X.] - letzteres ebenfalls per Telefax. Dessen Original ist hingegen erst - ausweislich der Mitteilung des [X.] vom 26. Februar 2015 und insoweit auch unstreitig - am 22. Dezember 2014 dort eingegangen. Damit ist das Original des [X.] nicht binnen der Monatsfrist des § 2 Nr. 4 S. 3 [X.] bis zum 1. November 2014 eingegangen, mit der Folge, dass als [X.] der Tag des Eingangs des [X.], mithin der 22. Dezember 2014, gilt und die Zahlung der [X.] nicht fristgerecht erfolgt ist.

2)

Der zulässige Wiedereinsetzungsantrag in die Frist zur Zahlung der [X.] bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil ein Wiedereinsetzungsgrund gem. § 91 Abs. 1 [X.] nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht worden ist.

Gem. § 91 Abs. 1 [X.] kann auf einen Antrag hin die Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist, so auch in die hier in Rede stehende Frist zur Einreichung des [X.] des SEPA-Lastschriftmandats für die Zahlung der [X.], gewährt werden, wenn der Betroffene ohne Verschulden verhindert war, diese einzuhalten. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Fristversäumnis ohne Verschulden erfolgt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall nach den subjektiven Verhältnissen des Betroffenen zumutbar war. Mangelnde Sorgfalt vertretungsberechtigter Personen ist wie eigenes Verschulden zu werten. Dies gilt u. a. auch für [X.] einer Partei (§ 85 Abs. 2 ZPO). Dabei ist an die gem. § 85 Abs. 2 ZPO maßgebliche Sorgfalt eines Anwalts ein strenger Maßstab anzulegen ([X.]/Hacker, [X.], 11. Auflage, 2015, § 91 [X.], Rdnr. 10 ff.).

Die Antragstellerin hat ihr Wiedereinsetzungsgesuch damit begründet, das [X.] habe es unterlassen darauf hinzuweisen, dass das Original des [X.] bis spätestens zum 1. November 2014 hätte nachgereicht werden müssen, obwohl die Erteilung eines entsprechenden Hinweises unschwer möglich gewesen wäre. Dieses Vorbringen ist hingegen nicht geeignet, die Annahme eines fehlenden Verschuldens zu begründen und die begehrte Wiedereinsetzung zu rechtfertigen.

Gesetzesunkenntnis oder Rechtsirrtum stellen prinzipiell keine Wiedereinsetzungsgründe dar, da grundsätzlich jeder Verfahrensbeteiligte verpflichtet ist, sich die Kenntnis über das Recht des jeweiligen Verfahrens zu verschaffen. Dabei gehört es vor allem auch in speziellen Rechtsgebieten wie dem Markenrecht zur verkehrsüblichen Sorgfalt, sich entsprechend sachkundig zu machen.

Die Unkenntnis bezüglich der Zahlung der in markenrechtlichen Verfahren anfallenden Gebühren, d. h. die Unkenntnis der Vorschriften des [X.] und der [X.], stellt insbesondere keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, da von Anwälten, die ihre Mandanten auf dem Gebiet des Markenrechts vertreten, erwartet werden muss, dass sie zu so essentiellen Aspekten von Markenanmeldungen wie der Zahlung von Gebühren über ausreichende Kenntnisse verfügen und sich über aktuelle Rechtsentwicklungen auf dem Laufenden halten.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lag es somit im Bereich der Sorgfaltspflicht ihres [X.]n, sich über die vom Patentamt akzeptierten Zahlungsweisen zu informieren ([X.] W (pat) 94/06).

Nach § 61 Abs. 2 [X.] ist Beschlüssen des [X.] eine Erklärung beizufügen, mit der die Beteiligten über das Rechtsmittel, das gegen den Beschluss gegeben ist, über die Stelle, bei der das Rechtsmittel einzulegen ist, über die Rechtsmittelfrist und, sofern für das Rechtsmittel eine Gebühr nach dem Patentkostengesetz zu zahlen ist, über die Gebühr unterrichtet werden. Eine solche schriftliche Belehrung ist vorliegend erfolgt, was auch die Antragstellerin nicht bestreitet. Das Patentamt trifft hingegen keine darüber hinausreichende Aufklärungspflicht. Entsprechendes folgt auch nicht aus dem Vorbringen der Antragstellerin, vor der Umstellung auf das SEPA-Verfahren sei die Erteilung der Lastschriftermächtigung auch ausschließlich per Telefax möglich gewesen.

Dass sich anwaltliche Vertreter, die ihre Mandanten auf dem Gebiet des Markenrechts beraten, über die einschlägigen Zahlungsregelungen ausreichend informieren müssen, ist bereits dargetan worden. Hinzu kommt, dass auch das [X.] auf seiner Internetpräsenz entsprechende Informationen leicht abrufbar bereithält. So finden sich Hinweise zur hier in Rede stehenden Regelung des § 2 Nr. 4 [X.] in dem „Merkblatt über die Nutzung der Verfahren der SEPA-Zahlungsinstrumente“. Entsprechende Informationen finden sich darüber hinaus auch im Servicebereich der Internetpräsenz des [X.] (unter „Das [X.] informiert > Gebührenzahlung beim [X.] > Zusätzliche Infos zu SEPA“). Nicht zuletzt hat das [X.] sogar eine eigene „SEPA-Hotline“ geschaltet (089-2195-4500), über die detaillierte Auskünfte über die diesbezüglichen Zahlungsregelungen hätten unschwer erfragt werden können. Es hätten dem [X.]n der Antragstellerin im Ergebnis zahlreiche leicht zugängliche Informationsquellen bzgl. der Regelungen des [X.]-SEPA-Basislastschriftverfahrens zur Verfügung gestanden, was der Annahme fehlenden Verschuldens entgegensteht.

Die Rückzahlung der [X.] war anzuordnen, da für die als nicht eingelegt geltende Beschwerde eine Gebühr nicht geschuldet und daher die verspätet gezahlte Gebühr ohne Rechtsgrund entrichtet worden ist ([X.]/Hacker, a. a. O., § 66 [X.], Rdnr. 49).

Die Entscheidung ist unanfechtbar ([X.]/Hacker, a. a. O., § 83 [X.], Rdnr. 7).

Meta

28 W (pat) 543/14

02.11.2015

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 85 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 02.11.2015, Az. 28 W (pat) 543/14 (REWIS RS 2015, 2990)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2990

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Wird zitiert von

30 W (pat) 69/21

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