Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.09.2011, Az. VIII ZR 10/11

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3361

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MIET- UND WEG-RECHT GERICHTE

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Gegenstand

Wohnraummiete: Rechtsmissbräuchliche Verweigerung der Gestattung des Einbaus einer modernen Heizungsanlage durch den Mieter


Leitsatz

Zur Frage, ob sich ein Vermieter rechtsmissbräuchlich verhält, wenn er dem Mieter seiner Wohnung den Einbau einer modernen Heizungsanlage nicht gestattet .

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 21. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger als Mieter begehren vom Beklagten als Vermieter die Zustimmung zum Einbau einer Gasetagenheizung in ihre Altbauwohnung.

2

Die von den Klägern im Jahr 1995 angemietete Wohnung ist in drei Zimmern mit Kachelöfen ausgestattet, [X.] ist nicht beheizbar. In der Toilette befindet sich ebenfalls keine Heizung, im Bad ist eine Elektro-heizung installiert und in der Küche ein [X.]. Die Kläger wollen, nachdem der Beklagte ihren Wunsch nach Einbau einer Gasetagenheizung ablehnte, diese nunmehr auf eigene Kosten und durch das bereits anderweitig vom Beklagten im Hause beauftragte Unternehmen einbauen lassen.

3

Der Beklagte stattete bereits mehrere Wohnungen im streitgegenständlichen Haus nach Auszug der [X.] vor der Neuvermietung mit einer Gasetagenheizung aus. Er lehnt die von den Klägern begehrte Zustimmung mit dem Argument ab, er könne bei einer Neuvermietung eine höhere Miete erzielen.

4

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die hiergegen vom Beklagten eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Kläger hätten gegen den [X.]n keinen Anspruch auf Zustimmung zum Einbau einer Gasetagenheizung. Nach der vom [X.] bestätigten Rechtsprechung des [X.] bestehe ein solcher Anspruch nach [X.] und Glauben gemäß § 242 BGB, wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Modernisierungsmaßnahme habe, dieses das Interesse des Vermieters an der Substanzerhaltung überwiege, die Maßnahme zu einer erheblichen Verbesserung der Wohnqualität führe und dabei nur minimale Eingriffe in die Substanz verursache, welche mit geringen Mitteln wieder beseitigt werden könnten.

8

Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor, da der Einbau einer Gasetagenheizung bei Vorhandensein der Beheizung mit Kachelöfen und [X.] keinen nur minimalen Eingriff in die Substanz verursache. Der Einbau einer neuen Heizungsanlage gehe regelmäßig mit dem Einbau einer Therme samt entsprechenden Leitungen einher. Wie dem Angebot der zu beauftragenden Firma zu entnehmen sei, wären unter anderem neun [X.] zu montieren, Stromzuleitungen zu ändern sowie Kalt- und Warmwasserleitungen für die Sanitärinstallation anzubringen. Dies stelle einen erheblichen Eingriff in das Eigentum des [X.]n dar, der dem Anspruch der Kläger gemäß § 242 BGB auf Zustimmung zum Einbau der Gasetagenheizung entgegenstehe.

II.

9

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen. Der [X.] ist nicht verpflichtet, dem von den Klägern geplanten Einbau einer Gasetagenheizung in der von ihnen angemieteten Wohnung zuzustimmen.

1. Der Vermieter ist - sofern die Mietvertragsparteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben - grundsätzlich nicht zu baulichen Veränderungen zwecks Modernisierung der Wohnung verpflichtet (Senatsurteile vom 10. Februar 2010 - [X.], [X.], 356 Rn. 26; und 26. Juli 2004 - [X.], [X.], 3174 unter [II] A 2b; [X.], [X.] 2007, 30; [X.], [X.], 67).

Der Mieter hat auch grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm gestattet, selbst bauliche Veränderungen an der Wohnung mit dem Ziel einer Modernisierung oder Erhöhung des [X.] vorzunehmen. Die Erteilung einer derartigen Erlaubnis steht vielmehr im Ermessen des Vermieters, der sein Ermessen jedoch nicht missbräuchlich ausüben darf (Senatsurteil vom 25. März 1964 - [X.], [X.], 563; vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 1963 - [X.], [X.], 643 f.). Entgegen der Auffassung der Revision liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des [X.]n hier aber nicht vor.

2. Die Entscheidung des [X.]n, die an die Kläger vermietete Wohnung während der Dauer des Mietverhältnisses im bisherigen  vertragsgemäßen  Zustand zu belassen und etwaige Investitionen erst nach Beendigung des Mietverhältnisses im Zusammenhang mit einer Neuvermietung vorzunehmen, hält sich im Rahmen der ihm als Eigentümer zustehenden Befugnis, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren. Vor diesem Hintergrund stellt es auch keine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung eigener Rechte dar, dass der [X.] den Klägern nicht gestattet, die Heizung auf eigene Kosten einzubauen. Denn mit einer derartigen Erlaubnis wäre eine erhebliche Einschränkung seiner Entscheidungsfreiheit als Eigentümer verbunden, den Zeitpunkt einer Investition selbst zu bestimmen und dabei das eigene - legitime - Interesse zu wahren, bei einer späteren Neuvermietung angesichts der zwischenzeitlich gestiegenen Attraktivität der Wohnlage eine deutlich höhere Miete zu erzielen. Es verstößt nicht gegen [X.] und Glauben, wenn der [X.] dabei den Interessen der Kläger, den Komfort der - wegen der vergleichsweise günstigen Miete und einer inzwischen stärker nachgefragten Lage - attraktiven Wohnung ihrerseits durch eine Investition in deren baulichen Zustand zu steigern, keinen Vorzug gegenüber den eigenen finanziellen Interessen einräumt.

Ball                                                 Dr. Hessel                                                Dr. Achilles

                     Dr. Schneider                                             Dr. Fetzer

Meta

VIII ZR 10/11

14.09.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 21. Dezember 2010, Az: 63 S 208/10, Urteil

§ 242 BGB, § 535 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.09.2011, Az. VIII ZR 10/11 (REWIS RS 2011, 3361)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3361

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