Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.05.2020, Az. B 1 KR 7/19 B

1. Senat | REWIS RS 2020, 2278

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Mehrheit von prozessualen Ansprüchen - unechte Beiladung - Verfahrensmangel - keine medizinische Sachaufklärung - Verweis auf angeblich allgemeinkundige Tatsachen


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 19. Oktober 2017 insoweit aufgehoben, als es einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung und zukünftige Übernahme der Kosten für die Beschaffung von [X.] Flohsamenschalen verneint und von einer Verurteilung des Beigeladenen abgesehen hat. Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Die Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versichert. Sie begehrt die Erstattung von Kosten in unbezifferter Höhe für einen unbekannten Zeitraum für - zumindest teilweise mit Privatrezepten - selbst verschaffte, nicht verschreibungspflichtige Rezeptur- und Fertigarzneimittel und ein Nahrungsergänzungsmittel ([X.] Flohsamenschalen), sowie deren künftige Kostenübernahme. Mit diesem [X.]egehren ist sie bei der [X.] und den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben ([X.]-Urteil vom 14.10.2015). Das [X.][X.] hat das [X.]-Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen, weil das [X.] das Jobcenter [X.] als möglichen leistungspflichtigen Grundsicherungsträger nicht nach § 75 Abs 2 Alt 2 [X.] notwendig beigeladen hat ([X.][X.]-[X.]eschluss vom 5.7.2016 - [X.] 1 KR 18/16 [X.] - juris). Das [X.] hat die [X.]eiladung nachgeholt und die [X.]erufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat zur [X.]egründung ausgeführt, auch der [X.]eigeladene sei nach § 21 Abs 6 [X.][X.] II hinsichtlich der Arzneimittel nicht leistungspflichtig, weil zum Teil die befragten Ärzte die Notwendigkeit eines medizinischen [X.]edarfs nicht bejaht hätten (Aspirin, [X.]) und im Übrigen die von der Klägerin geltend gemachten, auf den Monat umgerechneten Kosten den dafür im Regelsatz vorgesehenen [X.]etrag nicht überschritten hätten. Der [X.]eigeladene sei nach § 21 Abs 5 [X.][X.] II auch nicht hinsichtlich der [X.]n Flohsamenschalen leistungspflichtig. Dieses Mittel wirke durch die Formung des Stuhls einer Kontinenzstörung aufgrund Schließmuskelminderfunktion entgegen, eine Normalisierung der Stuhlbeschaffenheit sei aber schon durch Vollkost zu erreichen. Die Ernährung mit Vollkost werde von § 21 Abs 5 [X.][X.] II nicht erfasst (Urteil vom 19.10.2017).

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Urteil. Sie beruft sich auf die grundsätzliche [X.]edeutung der von ihr formulierten Rechtsfrage und rügt Verfahrensfehler.

3

[X.] Die [X.]eschwerde der Klägerin ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 160a Abs 5 [X.]) begründet. Der von ihr gerügte Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) ist entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]). Im Übrigen ist die [X.]eschwerde als unzulässig zu verwerfen.

4

1. Der Rechtsstreit, der der [X.]eschwerde zugrunde liegt, betrifft mehrere prozessuale Streitgegenstände. Die Klägerin begehrt die Erstattung und zukünftige Übernahme von Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, darunter zum Teil Arzneimittel für die [X.]ehandlung von Hautkrankheiten, zum Teil andere nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Daneben begehrt die Klägerin auch die Erstattung und Übernahme von Kosten von [X.]n Flohsamenschalen, eines Nahrungsergänzungsmittels. Zwar hat das [X.] nur einen Antrag auf Kostenerstattung und Kostenübernahme mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten protokolliert und als Klageantrag in seine Entscheidung aufgenommen. Zutreffend hat es unter [X.]erücksichtigung des § 123 [X.] aber auch über einen Anspruch hinsichtlich des Nahrungsergänzungsmittels entschieden, indem es die [X.]erufung über den Anspruch auf Kostenerstattung und zukünftige Versorgung mit "Medikamenten" bezüglich der beklagten [X.] zurückgewiesen hat. Das Klagebegehren war und ist auf diejenigen nicht verschreibungspflichtigen Leistungsgegenstände gerichtet, die die namentlich benannten Ärzte verordnet bzw aus therapeutischen Gründen empfohlen haben. Zu diesen Ärzten zählt auch [X.], die rechtlich ungenau ua die [X.]n Flohsamenschalen als im Falle der Klägerin unter therapeutischen Gesichtspunkten indiziertes Medikament bezeichnet hat. Dies hat das [X.] - auch unter [X.]erücksichtigung der [X.]indungswirkung des [X.]eschlusses des erkennenden Senats vom 5.7.2016 ([X.] 1 KR 18/16 [X.] - juris) - erkannt. Es hat auch gegenüber dem [X.]eigeladenen ausdrücklich die Gewährung eines Mehrbedarfs bezüglich des Nahrungsergänzungsmittels geprüft und verneint.

5

2. Die Klägerin hat die [X.]eschwerde über die Nichtzulassung der Revision auf das Ziel beschränkt, nur die Zurückweisung der [X.]erufung wegen des Nahrungsergänzungsmittels und der Hautkrankheiten betreffenden Arzneimittel mit dem Rechtsmittel der Revision überprüfen zu lassen. Hinsichtlich der anderen, nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel betreffenden Ansprüche ist das Urteil des [X.] rechtskräftig geworden. Für die damit verbliebenen prozessualen Ansprüche des [X.]eschwerdeverfahrens macht die Klägerin unterschiedliche Revisionszulassungsgründe geltend. Als Zulassungsgrund für die Versagung der Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel rügt sie allein die grundsätzliche [X.]edeutung. Als Zulassungsgrund für die Versagung der Kosten für ein Nahrungsergänzungsmittel (Flohsamenschalen) macht sie allein einen Verfahrensfehler geltend.

6

[X.]ei einem Streitgegenstand, der zwei oder mehrere prozessuale Ansprüche umfasst, ist das Vorliegen von ordnungsgemäß dargelegten [X.] für jeden prozessualen Anspruch gesondert zu prüfen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 160a Rd[X.] 13g mwN; [X.], [X.] 2007, 261, 265). Soweit die [X.]eschwerde hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs iS der Zurückverweisung an das [X.] nach § 160a Abs 5 [X.] begründet, hinsichtlich der anderen prozessualen Ansprüche unzulässig ist, entscheidet der Senat, soweit zuvor keine Trennung erfolgt (§ 202 Satz 1 [X.] iVm § 145 Abs 1 ZPO), insgesamt über die [X.]eschwerde in der [X.]esetzung mit den ehrenamtlichen Richtern (vgl [X.][X.] vom [X.] - [X.] 9a [X.]/06 [X.]). So liegt der Fall hier.

7

Die Mehrheit von prozessualen Ansprüchen mit der Rechtsfolge, dass für jeden prozessualen Anspruch Zulässigkeit und [X.]egründetheit der [X.]eschwerde zu prüfen ist, wird im Falle der unechten [X.]eiladung (§ 75 Abs 2 Alt 2, Abs 5 [X.]) nicht dadurch in Frage gestellt, dass - wie hier - die einzelnen mit der Klage geltend gemachten prozessualen Ansprüche für den gegenüber dem [X.]eigeladenen nach dessen Leistungsrecht nur [X.]erechnungselemente eines einheitlichen Anspruch sind (vgl [X.][X.] vom 22.11.2011 - [X.] 4 AS 138/10 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.] 12; [X.][X.] vom 14.2.2013 - [X.] 14 [X.]/12 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.] 9 f; [X.][X.] vom 12.12.2013 - [X.] 4 [X.]/13 R - [X.][X.]E 115, 77 = [X.] 4-4200 § 21 [X.], Rd[X.] 11). Für die [X.]estimmung des Streitgegenstandes bleiben die mit der Klage gegen die [X.]eklagte gerichteten prozessualen Ansprüche maßgeblich. Diese werden hier durch das Leistungsrecht des für die beklagte [X.] maßgeblichen [X.][X.] V mitbestimmt, nicht jedoch durch das Leistungsrecht des für den beigeladenen Grundsicherungsträger maßgeblichen [X.][X.] II (zu der [X.]edeutung des Streitgegenstandes nach dem [X.][X.] II für eine Verurteilung des [X.]eigeladenen vgl bereits [X.]eschluss des erkennenden Senats vom 5.7.2016 - [X.] 1 KR 18/16 [X.] - juris Rd[X.] 5 und 9).

8

3. Das [X.]-Urteil beruht hinsichtlich des Nahrungsergänzungsmittels auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 [X.] [X.]), den die Klägerin entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] bezeichnet.

9

Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] und auf eine Verletzung des § 103 [X.] nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. Die Klägerin bezeichnet hiernach den Verfahrensmangel der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 [X.]) hinreichend.

Das Urteil des [X.] ist unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 [X.]) ergangen. Das [X.] ist dem von der nicht anwaltlich vertretenen Klägerin gestellten "[X.]eweisantrag", ein Gutachten einzuholen, ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]).

Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 [X.] stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren [X.]eweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, aufgrund derer bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden [X.]eweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (stRspr; vgl z[X.] [X.][X.] vom 12.12.2003 - [X.] 13 RJ 179/03 [X.] - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5 mwN). Dazu muss bei einem anwaltlich oder ähnlich rechtskundig vertretenen [X.]eteiligten aufgezeigt werden, dass er zu Protokoll einen formellen [X.]eweisantrag iS von §§ 373, 404 ZPO iVm § 118 [X.] bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat oder das Gericht den [X.]eweisantrag in seinem Urteil wiedergibt. Der Tatsacheninstanz soll durch einen [X.]eweisantrag vor Augen geführt werden, dass der [X.]etroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der [X.]eweisantrag hat Warnfunktion (stRspr, vgl [X.][X.] vom 24.11.1988 - 9 [X.]V 39/88 - [X.] 1500 § 160 [X.] 67 S 73 f = juris Rd[X.] 4; [X.][X.] vom [X.] - [X.] 9a [X.]/06 [X.] - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 13 Rd[X.] 11 mwN). [X.]ei einem - wie hier der Klägerin - nicht rechtskundig vertretenen [X.]eteiligten sind jedoch geringere Anforderungen zu stellen. Hier genügt es, dass dem Vorbringen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass der [X.]eteiligte überhaupt in einer bestimmten Richtung noch eine Aufklärung für erforderlich gehalten hat (vgl [X.][X.] vom 26.2.1992 - 7 [X.]Ar 100/91 - juris Rd[X.] 7; [X.][X.] vom 23.6.2015 - [X.] 1 KR 17/15 [X.] - juris Rd[X.] 5; ähnlich [X.][X.] vom 22.7.2010 - [X.] 13 R 585/09 [X.] - juris Rd[X.] 11; [X.][X.] vom 28.5.2013 - [X.] 5 R 38/13 [X.] - juris Rd[X.] 8; [X.][X.] vom 17.10.2018 - [X.] 9 V 20/18 [X.] - juris Rd[X.] 17). So liegt der Fall hier.

Die Klägerin hat ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung am 19.10.2017 nochmals darauf verwiesen, dass sie einen Antrag auf ein Sachverständigengutachten zum [X.]eweis ihrer Erkrankungen gestellt habe und an diesem Antrag festhalte (vgl bereits [X.]eweisanregungen gegenüber dem [X.] im Schriftsatz vom [X.], ua zur Einholung eines proktologischen Gutachtens). Zwar hat die Klägerin damit keinen formellen [X.]eweisantrag gestellt und insbesondere kein genaues [X.]eweisthema im Hinblick auf die von ihr begehrte Kostenerstattung und zukünftige Kostenübernahme mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln ([X.] Flohsamenschalen) formuliert. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass das Sachverständigengutachten die medizinische Notwendigkeit ua des streitigen Nahrungsergänzungsmittels bestätigen soll. Unerheblich ist, dass im Sitzungsprotokoll vom 19.10.2017 die [X.]n Flohsamenschalen nicht ausdrücklich erwähnt werden, sondern nur von "Medikamenten" die Rede ist (vgl dazu bereits 1.).

Das [X.] durfte nicht durch Verweis auf angeblich allgemeinkundige Tatsachen von weiterer medizinischer Sachaufklärung Abstand nehmen. Es hat die medizinische Notwendigkeit der Einnahme von [X.]n Flohsamenschalen zur Milderung der Folgen der Kontinenzstörung aufgrund Schließmuskelminderfunktion verneint, obwohl die Proktologin [X.] in ihrem vom [X.] eingeholten [X.]efundbericht vom 12.10.2016 die medizinische Indikation ausdrücklich bejaht hat. Es hat nur auf einen, von ihm behaupteten "allgemeinkundigen" Erfahrungssatz verwiesen, dass diese spezifische, nicht unwesentliche körperliche Funktionsminderung der Klägerin schon durch "ballaststoffreiche Vollwerternährung" in gleichem Umfang in ihren Auswirkungen abgemildert bzw behoben werden könne. [X.] Tatsachen sind nur solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne Weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen unschwer überzeugen können oder auch solche, die in einem größeren oder kleineren [X.]ezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (vgl [X.][X.] vom 22.11.2011 - [X.] 4 AS 138/10 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.] 20). Das [X.] zeigt die Quellen, aus denen sich dieser Erfahrungssatz auch gerade in [X.]ezug auf die konkreten gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin ableiten lässt, nicht auf. Hierfür ist auch ansonsten nichts ersichtlich. Das [X.] hätte sich daher zu weiterer medizinischer Sachverhaltsaufklärung veranlasst sehen müssen.

Auf der Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht kann das angefochtene Urteil iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.] insoweit beruhen, als es den [X.]eigeladenen nicht zur begehrten Leistung verurteilt hat; ein Anspruch gegen die [X.]eklagte scheidet hingegen aus (vgl dazu bereits die Gründe [X.] 1. a bb im [X.]eschluss des erkennenden Senats vom 5.7.2016 - [X.] 1 KR 18/16 [X.] - juris Rd[X.] 8). Es ist nicht auszuschließen, dass bei Durchführung einer weiteren [X.]eweisaufnahme der Rechtsstreit einer anderen, für die Klägerin günstigeren Lösung hätte zugeführt werden können.

4. Die für eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen legt die Klägerin hinsichtlich des zweiten Streitgegenstandskomplexes, die Erstattung und zukünftige Übernahme der Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar, soweit die entsprechenden prozessualen Ansprüche noch nicht rechtskräftig abgelehnt sind. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von [X.]edeutung ist (vgl z[X.] [X.][X.] vom 17.4.2012 - [X.] 13 R 347/11 [X.] - [X.] 4-2600 § 72 [X.] 5 Rd[X.] 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs [X.]VerfG vom 14.4.2010 - 1 [X.]vR 2856/07 - [X.] 4-1500 § 160a [X.] 24 Rd[X.] 5 f mwN). Dem wird das [X.]eschwerdevorbringen nicht gerecht.

Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage:

        

"Unter welchen Voraussetzungen weicht ein [X.]edarf für nicht verschreibungspflichtige, von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommene Medikamente zur [X.]ehandlung von Hautkrankheiten einschließlich eines [X.]s erheblich im Sinne von § 21 Abs. 6 S. 2 [X.][X.] II von einem durchschnittlichen [X.]edarf ab?"

Der Senat lässt offen, ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage klar formuliert hat. Die Klägerin zeigt nicht die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage auf. Das [X.] hat festgestellt, dass eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes II um einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 [X.][X.] II ausscheidet, weil die Klägerin keine Kosten geltend macht, die über das hinausgehen, was für die übrigen Kosten für Gesundheitspflege im Regelbedarf vorgesehen ist. Der Senat hat bereits in seinem das Verfahren [X.] 1 KR 11/17 [X.]H abschließenden [X.]eschluss vom 19.12.2018, mit dem er beschränkt auf die Ansprüche wegen [X.]r Flohsamenschalen und nicht verschreibungspflichtiger Medikamente zur [X.]ehandlung der Hautkrankheiten der Klägerin (einschließlich [X.]) PKH bewilligt hat, ausgeführt:

        

"Insbesondere dürfte es der Klägerin nicht gelingen, eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes darzulegen. Die Klägerin hat eine mögliche höhere Kostenbelastung durch die [X.]eschaffung nicht verschreibungspflichtiger erforderlicher Medikamente gegenüber dem [X.] nicht konkret belegen können, obwohl es ihr - auch unter [X.]erücksichtigung der bisherigen Dauer des Verfahrens - ohne weiteres zumutbar gewesen wäre, seither Rechnungsbelege zu sammeln und vorzulegen. Weder hat sie dies getan noch mögliche Kosten zumindest plausibel dargestellt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat die Klägerin nämlich in der mündlichen Verhandlung erklärt: 'Wenn ich alle [X.]elege sammeln soll, dann ist [X.] das zwar möglich, aber das ist sehr aufwändig (…). Mit dem im Regelsatz enthaltenen [X.]etrag kann ich nicht alles abdecken'. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dem [X.] eine Feststellung der monatlichen Kostenbelastung ohne konkrete Angaben der Klägerin möglich gewesen wäre".

Soweit die Klägerin deshalb davon abgesehen hat, hinsichtlich der [X.]-Feststellungen, die auch die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel zur [X.]ehandlung ihrer Hautkrankheiten betreffen, eine Verfahrensrüge zu erheben, legt sie nicht dar, warum die Rechtsfrage gleichwohl in dem von ihr angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden könnte.

5. Die Entscheidung über die Kosten des [X.]eschwerdeverfahrens bleibt dem [X.] vorbehalten.

Meta

B 1 KR 7/19 B

26.05.2020

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hamburg, 18. Dezember 2014, Az: S 28 KR 1936/13, Gerichtsbescheid

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 5 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 103 SGG, § 75 Abs 2 Alt 2 SGG, § 75 Abs 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.05.2020, Az. B 1 KR 7/19 B (REWIS RS 2020, 2278)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2278

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