Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2011, Az. KVZ 100/10

Kartellsenat | REWIS RS 2011, 8137

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[X.]B[X.]SCHLUSS KVZ 100/10 vom 30. März 2011 in der [X.] - 2 - Der [X.] hat am 30. März 2011 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Kirchhoff, [X.] und Dr. Löffler beschlossen: Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des 1. Kartellsenats des [X.] vom 15. September 2010 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 500.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der beschwerdeführende Verband vertritt die Interessen der [X.] in [X.]. [X.]r ist durch Beschluss des [X.] vom 17. Dezember 2009 zu dem Fusionskontrollverfahren für die Prüfung des Zusammenschlussvorhabens zwischen dem bisher [X.] [X.] GmbH & Co. KG und dem verlagsabhängigen [X.] beigeladen worden. Das [X.] hat den [X.] mit Beschluss vom 30. März 2010 freigegeben. Nach Vollzug des Zu-sammenschlusses firmiert das zusammengeschlossene Unternehmen nunmehr unter "[X.] Pressevertrieb [X.]". 1 - 3 -
2 Die gegen den Freigabebeschluss gerichtete Beschwerde des [X.] hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen, weil er nicht mate-riell beschwert sei. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden. [X.] wendet sich der Beigeladene mit der Nichtzulassungsbeschwerde, der das [X.] und die [X.] Pressevertrieb [X.] entgegentreten. I[X.] Die nach § 76 Abs. 1 GWB statthafte und auch sonst zulässige Nicht-zulassungsbeschwerde des Beigeladenen ist nicht begründet. Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch erfordert die Fortbil-dung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine [X.]ntscheidung des [X.] (§ 74 Abs. 2 GWB). Die entscheidungs-erhebliche Frage, welche Zulässigkeitsanforderungen an die Beschwerde eines Verbands unter dem Aspekt der materiellen Beschwer zu stellen sind, ist [X.]. 3 1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] folgt aus der Beiladung eines Beschwerdeführers im Zusammenschlusskontrollverfahren noch nicht die Zulässigkeit seiner Beschwerde gegen die Freigabeentscheidung des [X.]. Als davon unabhängige [X.] ist vielmehr eine materielle Beschwer als besondere Form des Rechtsschutzinte-resses erforderlich. [X.]ine materielle Beschwer liegt vor, wenn der Beschwerde-führer durch die angefochtene Verfügung in seinen wirtschaftlichen Interessen unmittelbar und individuell betroffen ist. Richtet sich die Beschwerde gegen die Freigabe eines Zusammenschlusses, kommt es darauf an, ob der Beschwerde-führer dadurch in seiner eigenen unternehmerischen und wettbewerblichen Be-tätigung auf dem relevanten Markt nachteilig betroffen ist (vgl. [X.], Beschluss 4 - 4 - vom 25. September 2007 - [X.] 25/06, [X.]/[X.] 2138 Rn. 12 ff. - [X.]). 2. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Beschwerdegericht zutref-fend angenommen, dass der Beigeladene aus einer - unterstellten - wettbe-werblichen Betroffenheit seiner Mitglieder durch die Freigabeentscheidung von vornherein keine eigene materielle Beschwer herleiten kann. [X.]benso hat sich das Beschwerdegericht auf dem Boden gesicherter Rechtsprechung bewegt, indem es die Frage geprüft und verneint hat, ob sich eine materielle Beschwer des Beigeladenen aus der fusionsbedingten Beendigung der [X.] der [X.] GmbH & Co. KG oder der Beeinträch-tigung eigener wettbewerblicher und unternehmerischer Belange der [X.] ergeben kann. 5 3. Für die [X.]ntwicklung besonderer Grundsätze zur Zulässigkeit von [X.] im Fusionskontrollverfahren besteht kein Anlass. 6 a) [X.]ntgegen der Ansicht des Beigeladenen führen die vom [X.] entwickelten Grundsätze bei Beschwerden von Verbänden zu keiner Rechtsschutzlücke. Das [X.] kann zwar, nachdem es einen [X.] beigeladen hat, in sachgerechter [X.]rmessensausübung die Beiladung ein-zelner Verbandsmitglieder aus verfahrensökonomischen Gründen auch dann ablehnen, wenn diese von der zu treffenden [X.]ntscheidung unmittelbar und [X.] betroffen sind. Liegen aber in der Person eines Beiladungspetenten die subjektiven Voraussetzungen der Beiladung vor und ist sein Antrag auf Beila-dung allein aus Gründen der Verfahrensökonomie abgelehnt worden, so kann er in ergänzender Auslegung des § 63 Abs. 2 GWB gegen die in der [X.] ergangene [X.]ntscheidung Beschwerde einlegen, wenn er materiell [X.] ist, also geltend machen kann, dass ihn diese [X.]ntscheidung [X.] - 5 - bar und individuell betrifft ([X.], Beschluss vom 7. November 2006 - [X.] 37/05, [X.]Z 169, 370 Rn. 12, 14, 18 - pepcom). Damit ist sichergestellt, dass die Beiladung eines Verbands nicht zu einer Beschränkung der [X.] unmittelbar und individuell betroffener Verbandsmitglieder führen kann, die von der Kartellbehörde aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht beigeladen wurden. b) Verfassungsrechtliche Fragen stellen sich nicht. Nach der Rechtspre-chung des [X.] folgt weder aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG noch aus Art. 9 Abs. 1 GG unmittelbar ein Verbandsklagerecht. Vielmehr steht es dem zuständigen Gesetzgeber frei, derartige Klagerechte einzuführen oder nicht (vgl. [X.] [Kammer], NVwZ 2001, 1148, 1149). Gegen die [X.] hat der Gesetzgeber kein Verbandsklagerecht vorgesehen. 8 c) Das System der Beiladung wird nicht insgesamt dadurch in Frage ge-stellt, dass Verbände im Zusammenschlusskontrollverfahren die [X.] der materiellen Beschwer regelmäßig nicht erfüllen werden. 9 Die Beiladung im kartellbehördlichen Verfahren dient zunächst der Förde-rung dieses Verwaltungsverfahrens und nicht den individuellen Interessen des [X.] ([X.]Z 169, 370 Rn. 12 f. - pepcom). Im Verwaltungsverfahren kann die Beiladung von Verbänden auch dann einen wichtigen Beitrag zur Sachaufklärung leisten, wenn der Verband keine zulässige Beschwerde gegen die verfahrensabschließende kartellbehördliche [X.]ntscheidung einlegen kann. 10 Dies steht auch im [X.]inklang mit der Rechtsprechung des [X.]s, nach der unter bestimmten Voraussetzungen eine vor [X.]rlass der abschließenden Verwaltungsentscheidung beantragte Beiladung auch noch 11 - 6 - nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens ausgesprochen werden kann. Denn das ist nur ausnahmsweise der Fall, wenn damit die gerichtliche Anfech-tungsmöglichkeit für einen unmittelbar und individuell betroffenen Beila-dungspetenten gewährleistet wird (vgl. [X.], Beschluss vom 7. April 2009 - [X.] 34/08, [X.]/[X.] 2728 Rn. 11 f. - Versicherergemeinschaft; [X.] vom 7. April 2009 - [X.] 58/08, [X.]/[X.] 2725 Rn. 10 f. - [X.]). Dieser Grund besteht nicht bei einem [X.], der von einer Freigabeentscheidung nicht materiell beschwert ist. d) Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht unter dem Aspekt einer andernfalls drohenden, nicht begründbaren Differenz zwischen dem Rechtsschutz in [X.] und der [X.]uropäischen Union geboten. Zwar [X.] der [X.] bei der Auslegung des § 63 Abs. 2 GWB das Ziel des Gesetzgebers, Freigabeentscheidungen in der Fusionskontrolle nach [X.] Vorbild einer gerichtlichen Kontrolle durch [X.] zu machen (vgl. [X.]Z 169, 370 Rn. 21 - pepcom). Das spricht dafür, die für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderliche materielle Beschwer ent-sprechend dem Unionsrecht (vgl. Art. 263 Abs. 4 A[X.]UV) im Sinne einer unmit-telbaren und individuellen Betroffenheit des Beschwerdeführers zu verstehen. Für die hier maßgebliche Frage, ob ein Verband durch eine Freigabeentschei-dung des [X.] unmittelbar und individuell in eigenen Rechten be-troffen ist, ergibt sich daraus aber nichts. 12 - 7 -
13 II[X.] Der Senat entscheidet über die Nichtzulassungsbeschwerde ohne mündliche Verhandlung (§ 75 Abs. 2 Satz 2 GWB). Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB, § 97 Abs. 1 ZPO. [X.] Meier-Beck [X.] Löffler Vorinstanz: [X.], [X.]ntscheidung vom [X.] - [X.] (V) -

Meta

KVZ 100/10

30.03.2011

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.03.2011, Az. KVZ 100/10 (REWIS RS 2011, 8137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8137

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