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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS KVR 25/06 Verkündet am: 25. September 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der [X.] Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ [X.]§ 63 Abs. 2 Anteilsveräußerung a) Nimmt ein vom [X.]in einem Fusionskontrollverfahren nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 GWB Beteiligter nach Erlass der Freigabeentscheidung ein Angebot auf Übernahme seiner Anteile am Zielunternehmen an, entfällt für seine Beschwerde gegen die Freigabe des Zusammenschlusses die mate-rielle Beschwer. Das gilt auch dann, wenn er weiterhin noch in geringem Um-fang Anteile hält. b) Er kann sich im Beschwerdeverfahren auf die Beeinträchtigung seiner Inte-ressen auf einem nachgelagerten Markt berufen, ohne dass er gegenüber der Kartellbehörde einen Beiladungsantrag hätte stellen müssen. c) Er verhält sich widersprüchlich (§ 242 BGB), wenn er im gerichtlichen Verfah-ren die Freigabe des Zusammenschlusses mit der Begründung angreift, dass der Erwerber, dessen Übernahmeangebot er angenommen hat, durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung erlange.
BGH, Beschluss vom 25. September 2007 [X.]KVR 25/06 [X.][X.] - 2 - [X.]hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2007 durch den Präsidenten des [X.] Prof. Dr. Hirsch, [X.][X.]sowie die Rich-ter Dr. Raum, [X.]und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des [X.]vom 16. No-vember 2005 wird zurückgewiesen. Die Betroffene hat die Kosten des [X.]einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der [X.]notwendigen Auslagen des [X.]sowie der Beteiligten zu 1 zu tragen. Der Wert des [X.]wird auf 50.000 • fest-gesetzt. Gründe: [X.]Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: [X.]
) und die [X.](im Folgenden: T.
) sind auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Zement tätig. [X.] meldete mit Schreiben vom 27. Januar 2005 beim [X.]die Absicht an, 76,67% der Stammak-tien und 13,39% der (stimmrechtslosen) Vorzugsaktien an [X.] von dem 1 - 3 - Familienstamm L. (den Beteiligten zu 3 bis 14) und dem Familienstamm He. (den Beteiligten zu 15 bis 22) zu erwerben. 2 Die Betroffene [X.]eine Transportbetonherstellerin [X.]hielt zu diesem Zeit-punkt einen Anteil von 19,76% der Stammaktien und 52,71% der Vorzugsaktien an [X.] , was einer Beteiligung von mehr als 33% des gezeichneten [X.]entsprach. Das [X.]teilte der Betroffenen mit Schreiben vom 2. Februar 2005 mit, dass sie gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 37 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 3 [X.]Verfahrensbeteiligte des angemeldeten Zusammen-schlussvorhabens sei. Die Betroffene nahm am 19. April 2005 ein öffentliches Übernahmean-gebot der [X.]
zum Erwerb der an [X.]
gehaltenen Aktien an. Sie behielt selbst noch über 100 Stück [X.]nach dem erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht eingegangenen [X.]116 Stammaktien und 100 Vorzugsaktien. 3 Das [X.]hat den angemeldeten Zusammenschluss mit Be-schluss vom 28. April 2005 freigegeben. Das Beschwerdegericht hat die dage-gen eingelegte Beschwerde der Betroffenen als unzulässig verworfen ([X.]WuW/[X.]DE-R 1651). Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der (vom Senat zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Mit ihr erstrebt die Betroffene die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. [X.]
und das Bundeskartell-amt beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. 4 - 4 - I[X.]Das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, dass die Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sei. Zur Begründung hat es ausge-führt: 5 6 Die Betroffene sei Beteiligte des streitgegenständlichen Fusionskontroll-verfahrens. Ihre Beteiligtenstellung ergebe sich aus § 54 Abs. 2 Nr. 2 GWB, weil es sich um einen Anteilserwerb an einem Gemeinschaftsunternehmen nach Maßgabe des § 37 Abs.1 Nr. 3 Satz 3 GWB gehandelt habe. Deshalb [X.]der beabsichtigte Anteilserwerb der Beteiligten zu 1 auch als [X.]mit der Betroffenen, die hierdurch an dem Beschwerdeverfahren [X.]beteiligt sei. Allerdings fehle der Betroffenen nach der Veräußerung ihrer Anteile an [X.]
die materielle Beschwer. Mit der Annahme des Übernahmeangebots, das mit der Freigabeentscheidung durch das [X.]wirksam geworden sei, habe sie als Aktionärin jeglichen wettbewerbli-chen Gestaltungsspielraum verloren. Die ihr verbliebenen Aktien, die lediglich noch einen Anteil von etwa 0,046% am Grundkapital der [X.]
ausmachten, könnten ihr keinen nennenswerten Einfluss auf das Marktverhalten der [X.] vermitteln. Die Betroffene könne eine materielle Beschwer auch nicht damit be-gründen, dass sie durch die Freigabeverfügung in ihren Interessen als Transportbetonherstellerin und damit auf einer der Zementherstellung nachge-lagerten Wirtschaftsstufe nachteilig berührt sei. Auf eine Beeinträchtigung die-ser Interessen könne sie sich nicht berufen. Ihr wirtschaftliches Interesse aus ihrer Funktion als Transportbetonherstellerin dürfe im Rahmen der Beschwerde nur Berücksichtigung finden, wenn die Betroffene insoweit im [X.]gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB [X.]worden wäre. Ein entspre-chender Beiladungsantrag [X.]den sie nicht gestellt habe [X.]wäre auch noch nach Erlass der Freigabeverfügung möglich gewesen. - 5 - II[X.]Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Betroffenen mit Recht als unzulässig verworfen. 7 8 1. Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Betrof-fene [X.]ist. Nach § 63 Abs. 2 GWB steht die Beschwerde den am Verfahren vor der Kartellbehörde Beteiligten (§ 54 Abs. 2 und 3 GWB) zu. Hierzu zählt die Betroffene, weil sich das Verfahren gegen sie als Beteiligte richtete. a) Die Betroffene war jedenfalls bis zur Zustellung der Freigabeentschei-dung ein Unternehmen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 GWB. 9 Das Beschwerdegericht hat die Betroffene zutreffend als Muttergesell-schaft eines Gemeinschaftsunternehmens angesehen, dessen Anteile erwor-ben werden sollen. Aufgrund der Fiktion des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 GWB wurde die Betroffene unmittelbar Beteiligte, weil die Freigabeentscheidung sich gegen sie richtete (vgl. [X.]in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 54 Rdn. 29; [X.]in Langen/Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 54 GWB Rdn. 18). Zudem ist die Betroffene durch das Schreiben vom [X.]durch das [X.]als —[X.]aufgefordert worden, die nach § 39 Abs. 3 GWB notwendigen Angaben zu machen. Die hierdurch tatsächlich erfolgte Beteiligung hat der Betroffenen jedenfalls die Stel-lung eines faktischen Beteiligten eingeräumt (vgl. BGH, Beschl. v. 25.6.1985 [X.]KVR 3/84, WuW/[X.]2150, 2152 [X.]Edelstahlbestecke). Diese Verfahrensstel-lung hat die Betroffene bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht eingebüßt. Im Übrigen wurde sie vom [X.]in das Rubrum des Freigabebeschlusses aufgenommen. 10 b) Als Verfahrensbeteiligte war die Betroffene nach § 63 Abs. 2 GWB be-schwerdebefugt. Die so begründete Beschwerdebefugnis ist nicht dadurch wie-11 - 6 - der entfallen, dass die Betroffene [X.]nach den unbeanstandet gebliebenen Fest-stellungen des [X.][X.]das Eigentum an dem Großteil ihrer Akti-en nach Freigabe des Zusammenschlusses und der am 3. Mai 2005 erfolgten Zahlung [X.]jedoch noch vor Einlegung der Beschwerde [X.]an [X.]
übertragen hat. Wie sich aus § 61 Abs. 2 GWB ergibt, wird das Verfahren vor der Kartellbehörde durch die Zustellung einer Verfügung oder durch eine Mittei-lung über die Beendigung des Verfahrens abgeschlossen. Für die Beschwerde-berechtigung nach § 63 Abs. 2 GWB genügt es deshalb, wenn die [X.]bis zu diesem Zeitpunkt fortbestand. Es ist auch kein Bedürfnis für eine einschränkende Auslegung des § 63 Abs. 2 GWB in dem Sinne erkennbar, dass die Voraussetzungen einer Verfah-rensbeteiligung noch zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung vorliegen müs-sen. Zwar besteht ein vom Gesetzgeber anerkanntes Interesse der am [X.]beteiligten Unternehmen, die [X.]über einen geplanten Zusammenschluss möglichst kurz zu halten (BGHZ 155, 214, 222 [X.]HABET/Lekkerland). Mit diesem Interesse wäre es unvereinbar, wenn jedes am Verfahren beteiligte Unternehmen, auch wenn die seine unmittelbare Betroffen-heit begründenden Umstände zwischenzeitlich entfallen sind, eine materielle Überprüfung der Freigabe durch das Beschwerdegericht erreichen könnte. Die notwendige Filterung zur Vermeidung einer Popularklage wird jedoch in der Be-schwerdeinstanz nicht durch das formalisierte Merkmal der [X.]im Verfahren vor der Kartellbehörde, sondern durch das davon unabhän-gige Zulässigkeitserfordernis der materiellen Beschwer als einer besonderen Form des Rechtsschutzinteresses gewährleistet (vgl. BGHZ 51, 61, 63 ff.; BGH, Beschl. v. 13.10.1978 [X.]KVR 3/77, WuW/[X.]1556, 1557 [X.]Weichschaum III; Beschl. v. 31.10.1978 [X.]KVR 7/77, WuW/[X.]1562, 1564 [X.]Air-Conditioning-An-lagen; Beschl. v. 10.4.1984 [X.]KVR 8/83, WuW/[X.]2077, 2079 [X.]Coop-Supermagazin; BGHZ 155, 214, 217 [X.]HABET/Lekkerland; [X.]in 12 - 7 - Festschrift für Steindorff, 1990, S. 1085, 1104; Jens Peter Schmidt, [X.]2001, 1050, 1054). 13 2. Das Beschwerdegericht hat im Ergebnis mit Recht eine solche mate-rielle Beschwer der Betroffenen verneint. 14 a) Eine materielle Beschwer liegt dann vor, wenn der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung der Kartellbehörde in seinen wirtschaftlichen Interessen unmittelbar und individuell betroffen ist (BGHZ 155, 214, 217 [X.] HABET/Lekkerland). Die Verfahrensbeteiligung vermag dieses Zulässigkeitser-fordernis nicht zu ersetzen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus dem Beschluss des [X.]vom 13.10.1978 (BGH, Beschl. v. 13.10.1978 [X.]KVR 3/77, WuW/[X.]1556, 1558 [X.]Weichschaum III) nichts Gegen-teiliges. Soweit der Senat darin ausgeführt hat, dass der Verfahrensbeteiligte ohne besonderen Nachweis eines geschützten Interesses beschwerdeberech-tigt ist, bezog sich dies auf das von der materiellen Beschwer zu unterschei-dende formalisierte Merkmal der Beschwerdeberechtigung, die allein von der Verfahrensbeteiligung abhängig ist ([X.]WuW/[X.]2077, 2078 [X.]Coop-Super-magazin). 15 b) Ob eine materielle Beschwer gegeben ist, ist nach dem Zweck der Fu-sionskontrolle zu bestimmen. Im Falle einer zu Unrecht ergangenen Freigabe eines Zusammenschlusses soll die gerichtliche Kontrolle Wettbewerber davor schützen, in ihren wirtschaftlichen Gestaltungsspielräumen durch das [X.]Unternehmen eingeschränkt zu werden. Eine materielle Beschwer liegt deshalb bei einem Beteiligten nur vor, wenn er durch die Freigabe eines Zusammenschlusses in seinem eigenen unternehmerischen und [X.]- 8 - chen Betätigungsfeld auf dem relevanten Markt nachteilig betroffen ist. Dies hat das Beschwerdegericht hier ohne Rechtsverstoß verneint. 17 Die Betroffene kann die materielle Beschwer nicht (mehr) aus ihrer Stel-lung als Aktionärin der T.
herleiten. Das bedarf keiner Erklärung in dem Fall, dass die Betroffene keine Aktien mehr hält, gilt aber auch dann, wenn man den erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht ge-haltenen Vortrag des Vorstandsvorsitzenden der Betroffenen als richtig unter-stellt. Danach befinden sich noch —ca. 100 Aktienfi der [X.]
im Eigentum der Betroffenen, nach dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben 100 Vorzugsaktien und 116 Stammaktien. Nach den Feststellungen des [X.]beträgt der Anteil am Grundkapital an der [X.]in diesem Fall nicht mehr als etwa 0,046%. Auch ihr Stimmrechtsanteil ist gering-fügig und von so untergeordneter Bedeutung, dass hierdurch allein kein Ein-fluss auf das Marktverhalten der [X.]
mehr ausgeübt werden kann. Damit war es der Betroffenen nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des [X.]schon vor Vollzug des angemeldeten Zusammen-schlusses zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Be-schwerdegericht nicht möglich, das Verhalten von [X.] auf dem relevanten Markt entscheidend mitzubestimmen. Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerde-gericht hieraus den Schluss gezogen, dass dann die Folgen und Auswirkungen der Freigabe für sie [X.]als Aktionärin [X.]wirtschaftlich nicht nachteilig sein kön-nen. c) Im Ergebnis mit Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass sich die Betroffene zur Begründung der materiellen Beschwer nicht auf ihre In-teressen als Transportbetonherstellerin berufen kann. 18 - 9 - (1) Soweit das Beschwerdegericht dies damit begründet, dass die Betrof-fene nicht zu dem Verfahren vor der Kartellbehörde [X.]wurde, hat die Rüge der Rechtsbeschwerde allerdings Erfolg. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass sich die Betroffene auf die Beeinträchtigung der Interessen als Transportbetonherstellerin nicht berufen könne, weil sie allein wegen ihrer Beteiligung an [X.] an dem Verfahren beteiligt gewesen sei. Der [X.]durch das Beschwerdegericht sei deshalb auf die [X.]beschränkt, ob die Betroffene durch den Zusammenschluss gerade in ih-ren geschützten Interessen als Muttergesellschaft der [X.]
auf dem Markt für die Herstellung von Zement beeinträchtigt sei. Eine Berücksichtigung ihrer Interessen als Transportbetonherstellerin wäre nach Auffassung des [X.]nur dann möglich, wenn sie von dem [X.]ge-mäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB [X.]worden wäre. 19 Ein solches Erfordernis der Deckungsgleichheit zwischen dem Grund der Verfahrensbeteiligung und der materiellen Beschwer widerspricht dem Grund-satz, dass es sich bei der Beschwer um ein von der der Verfahrensbeteiligung entsprechenden Beschwerdeberechtigung unabhängiges Zulässigkeitserforder-nis handelt (vgl. [X.]WuW/[X.]2077, 2078 [X.]Coop-Supermagazin). Für eine ent-sprechende Differenzierung der Beschwer nach der Art der [X.]im vorangegangenen Verwaltungsverfahren finden sich in § 63 Abs. 2 GWB auch keine Anhaltspunkte. Diese Bestimmung macht die Beschwerdebe-rechtigung lediglich deshalb von der Beteiligung im Verfahren vor der Kartellbe-hörde abhängig, um den Kreis der Beschwerdeberechtigten zu beschränken (vgl. Regierungsbegr. BT-Drucks. II/1158, S. 51). 20 Ist eine Beteiligtenstellung begründet worden, kann der Beteiligte im kar-tellbehördlichen Verfahren umfassend vortragen. Er ist insoweit nicht auf die Gesichtspunkte beschränkt, die sich auf den Grund seiner Beteiligung [X.]- 10 - hen. Eine Aufspaltung von Interessen, die aus einer (geborenen) Beteiligten-stellung herrühren und solchen, die die Kartellbehörde lediglich zu einer Beila-dung veranlassen könnten, würde in der Praxis des [X.]Verfah-rens zu Schwierigkeiten führen, weil die [X.]oft ineinander über-gehen. Dies zeigt gerade der vorliegende Fall. Das Interesse der Betroffenen, durch den Zusammenschluss auf dem Zementmarkt nicht ihren wirtschaftlichen Einfluss zu verlieren, weil dort marktbeherrschende Strukturen entstehen, kor-respondiert mit ihren Interessen auf dem nachgelagerten Markt für Transportbe-ton. Die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung eines Anbieters [X.]nämlich ihre Interessen als Nachfragerin von Zement berühren und deshalb ihre wirtschaftliche Stellung als Produzentin von Transportbeton beeinflussen. Dies zeigt, dass es für die Effizienz des [X.]Verfahrens kontra-produktiv wäre, wollte man für jeden Gesichtspunkt, der sich nicht unmittelbar aus der (geborenen) Beteiligtenstellung rechtfertigt, einen gesonderten Beila-dungsantrag verlangen. Aus der Unterscheidung des Gesetzes zwischen den —[X.]Ver-fahrensbeteiligten und den —gekorenenfi Verfahrensbeteiligten, also denen, die erst aufgrund einer Beiladung die Stellung eines Verfahrensbeteiligten erlan-gen, lässt sich zudem eine Beschränkung der Beschwer aus dem Grund der Verfahrensbeteiligung nicht herleiten. Die Beiladung dient dazu, den Kreis der Beteiligten über die gesetzlich standardisierten Fälle der Drittbeteiligten auszu-dehnen (Karsten Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht, Geheimnisschutz im Kar-tellverfahren, 1992, S. 43). Darin und in der Gewährung der sich aus § 56 Abs. 1 und 3 [X.]ergebenden Teilnahmerechte erschöpft sich jedoch der Zweck der Beiladung. Sie vermag insbesondere nicht das Erfordernis der materiellen Beschwer zu ersetzen ([X.]in Festschrift für Steindorff, 1990, S. 1085, 1103). Nach diesem Verständnis besteht kein Bedürfnis für die Beila-dung eines Hauptbeteiligten zu dem Verfahren. 22 - 11 - Ob ein Beiladungsantrag dann zu verlangen ist, wenn der die Beteilig-tenstellung begründende Sachverhalt sich noch während des kartellbehördli-chen Verwaltungsverfahrens geändert hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Hierfür könnte zumindest sprechen, dass ein in einer solchen Situation zu stel-lender Beiladungsantrag gegenüber der Kartellbehörde Klarheit schaffen würde und der Zielrichtung einer Beiladung entspräche. Die Kartellbehörde könnte dann nämlich entscheiden, ob sie eine weitere Mitwirkung des ursprünglich —[X.]Beteiligten für sinnvoll erachtet. Diese Fallkonstellation ist hier [X.]nicht gegeben, weil zum Zeitpunkt der Freigabeentscheidung der Über-nahmevertrag noch nicht wirksam war. Der Betroffenen bei dieser Sachlage einen nachträglichen Beiladungsantrag abzuverlangen, würde sich in einer blo-ßen [X.]erschöpfen, weil die nachträgliche Beiladung das Kartellverwal-tungsverfahren nicht mehr fördern könnte. 23 (2) Darf die Betroffene im [X.]Verwaltungsverfahren [X.]ohne förmliche Beiladung [X.]umfassend ihre Interessen vorbringen, so bedeu-tet dies nicht, dass sie sich im gerichtlichen Kontrollverfahren auch auf sämtli-che Gesichtspunkte berufen darf. Anders als im Verwaltungsverfahren, in dem die Informationsgewinnung für die Kartellbehörde im Vordergrund steht, muss der Kläger im gerichtlichen Verfahren wegen des Zulässigkeitserfordernisses einer materiellen Beschwer zumindest geltend machen können, in seinen wirt-schaftlichen Interessen nachteilig berührt zu sein (BGHZ 155, 214, 217 f. [X.] HABET/Lekkerland). Da für die Betroffene die aus ihrer (geborenen) Beteilig-tenstellung fließende materielle Beschwer weggefallen ist, kann sie sich im [X.]Verfahren nur noch auf ihre Interessen auf dem nachgelagerten Markt für Transportbeton berufen. Insofern darf die Betroffene jedoch nicht [X.]behandelt werden, als jeder andere Beigeladene oder Beiladungspetent. Es kann sie nämlich nicht privilegieren, dass sie formal die Stellung eines Betei-ligten nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 GWB hatte, wenn das Substrat dieser Beteiligung 24 - 12 - zwischenzeitlich entfallen ist. Nach der Rechtsprechung des [X.]setzt eine Klagebefugnis voraus, dass der Kläger durch die [X.]unmittelbar und individuell betroffen ist (BGHZ 169, 370, 375 [X.]pep-com). Eine solche individuelle und unmittelbare Betroffenheit löst nicht jeder Zusammenschluss auf einem vorgelagerten Markt aus. Im vorliegenden Fall liegt allerdings aufgrund der besonderen Strukturen des Zement- und des Transportbetonmarktes eine unmittelbare und individuelle Betroffenheit nahe, weil nur ein begrenzter Kreis von Marktteilnehmern vorhanden ist und beide Märkte eng miteinander verzahnt sind. Letztlich bedarf dies hier aber keiner Entscheidung. (3) Die Betroffene kann sich jedenfalls auf die ihr nachteiligen Wirkungen des Zusammenschlusses nicht berufen, da sie sich damit zu ihrem eigenen frü-heren Verhalten in einen mit [X.]und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt und gegen die sich aus dem mit [X.]
geschlossenen Ver-äußerungsvertrag ergebende [X.]verstößt. 25 Die Ausübung prozessualer Rechte unterliegt auch im Kartellverwal-tungsverfahren den Geboten von [X.]und Glauben (vgl. BGH, Urt. v. 2.6.1987 [X.]X ZR 97/86, [X.]1987, 900, 901 [X.]Entwässerungsanlage; BGH, Urt. v. 15.5.1990 [X.]X ZR 119/88, [X.]1990, 667 [X.]Einbettungsmasse; BGH, Urt. v. 13.1.1998 [X.]X ZR 82/94, [X.]1998, 904 [X.]Bürstenstromabnehmer [X.]zur un-zulässigen Rechtsausübung bei der Patentnichtigkeitsklage; BVerwG, Beschl. v. 14.11.2000 [X.]4 [X.]54/00, [X.]Tz. 4; Beschl. v. 23.1.1992 [X.]4 NB 2/90, NVwZ 1992, 974, 975 [X.]zur Verwirkung im Normenkontrollverfah-ren). Der Verstoß hiergegen führt im Streitfall zur Unzulässigkeit des Rechts-mittels. 26 - 13 - Das [X.]weist zu Recht darauf hin, dass sich die [X.]mit der Beschwerde in einer gegen [X.]und Glauben verstoßenden Weise zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch setzt. Die Betroffene begründet ihre Beschwer damit, dass der Erwerb von Anteilen an [X.]
durch [X.]
mit wettbewerblichen Nachteilen für sie als Transportbetonherstellerin verbunden sei. Dennoch hat sie den Großteil ihrer Aktien an [X.] veräußert und damit den Einfluss von [X.]
auf T.
bereits vor Vollzug des Zusammenschlusses ermöglicht. Der Betroffenen wäre es mög-lich gewesen, die Annahme des öffentlichen Übernahmeangebots zu [X.]bzw. die Annahme des Angebots von der Bestandskraft der Freigabe ab-hängig zu machen. Selbst wenn man ihr Vorbringen als richtig unterstellt, dass [X.] die wirtschaftliche Entwertung ihrer Aktien mittels eines ab-zuschließenden [X.]androhte, hätte sie auf die An-nahme des Übernahmeangebots verzichten können, da sie einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Wertes ihres Anteils gehabt hätte (§§ 304, 305 AktG). Diesen Anspruch hätte sie erforderlichenfalls im Spruchverfahren nach §§ 1 ff. [X.]geltend machen können (BGHZ 166, 195 Tz. 8 ff., 14). 27 Ferner verstößt die Betroffene mit der Beschwerde gegen ihre sich aus dem mit [X.]
geschlossenen Veräußerungsvertrag ergebenden Verpflichtung, alles zu unterlassen, was das Wirksamwerden des geschlosse-nen Übertragungsvertrages verhindern könnte (vgl. [X.]WuW/[X.]1556, 1558 [X.]Weichschaum III). Hätte die Beschwerde Erfolg, führte dies zu einer Entflech-tung des streitgegenständlichen Anteilserwerbs mit der Folge, dass der Erwerb der ursprünglich von der Betroffenen gehaltenen Anteile gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 lit. b) [X.]der [X.]unterläge. 28 Es ergeben sich insoweit keine Besonderheiten daraus, dass der Vertrag durch Annahme eines öffentlichen Übernahmeangebots zustande gekommen 29 - 14 - ist. Die Betroffene macht insoweit geltend, dass die Interessenlage eines zwi-schen den Parteien im Einzelnen ausgehandelten Vertrags sich von derjenigen unterscheide, die einem öffentlichen Pflichtangebot gemäß § 35 WpÜG [X.]liege. Während im ersten Fall die Parteien die [X.]im Rah-men von intensiven Verhandlungen miteinander abstimmten, könne im Fall ei-nes öffentlichen Übernahmeangebots der Berechtigte das Angebot nur in der einseitig vom Erwerber vorgelegten Form annehmen. Es bestehe insoweit kei-nerlei Gestaltungsspielraum. Die Pflicht, ein öffentliches Übernahmeangebot abgeben zu müssen, diene in erster Linie dem Schutz des außen stehenden Aktionärs. Hieraus könnten sich keine [X.]ergeben. Es kann dahinstehen, ob [X.]
mit dem öffentlichen Über-nahmeangebot die sich aus § 35 Abs. 2 WpÜG ergebende Verpflichtung erfüll-te, ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre des Zielunternehmens ab-zugeben. Insoweit spricht viel dafür, dass eine solche Verpflichtung erst nach Vollzug des Zusammenschlusses besteht ([X.]in [X.]Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. § 35 WpÜG Rdn. 62; Kossmann/Horz, [X.]2006, 481) und [X.]
verpflichtet war, nach Vollzug des Zusammen-schlusses ein weiteres öffentliches Übernahmeangebot abzugeben. Jedenfalls kann aus dem Wesen des öffentlichen Übernahmeangebots nicht geschlossen werden, dass sich im Falle der Annahme für die Aktionäre des Zielunterneh-mens keine [X.]ergeben könnten. Dem Aktionär steht es frei, das öffentliche Übernahmeangebot auszuschlagen. Nimmt er dieses aber an, erge-ben sich für ihn grundsätzlich dieselben Pflichten, die ihn auch im Falle eines individuellen [X.]träfen. Insoweit hatte die Betroffene die Wahl, das Übernahmeangebot anzunehmen oder abzulehnen. Nach Annahme des Ange-bots treffen sie die für einen solchen Vertrag typischen Nebenpflichten. Hierge-gen verstößt sie, wenn sie weiterhin gegen die Grundlagen des Übernahmean-gebots gerichtlich vorgeht, um die von ihr eingegangene vertragliche Bindung 30 - 15 - zu Fall zu bringen. Wenn sie eine Verstärkung der Marktposition der [X.]
hätte verhindern wollen, hätte sie ihre Anteile nicht an diese ver-kaufen dürfen. Indem sie aber mit [X.]
den Verkauf ihrer Anteile vereinbart hat und somit deren Machtstellung auf dem Zementmarkt sogar noch weiter verstärkt hat, verhält sie sich widersprüchlich, wenn sie nunmehr im [X.]vor dem Kartellgericht genau diesen Umstand rügt. [X.]
Raum Strohn Kirchhoff Vorinstanz: OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.11.2005 - [X.](V) -
Meta
25.09.2007
Bundesgerichtshof Kartellsenat
Sachgebiet: False
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2007, Az. KVR 25/06 (REWIS RS 2007, 1835)
Papierfundstellen: REWIS RS 2007, 1835
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