Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2014, Az. 1 StR 531/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 8786

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Gegenstand

Vorwegvollzug einer Unterbringung: Beschränkung des Rechtsmittels auf die angeordnete Dauer des Vorwegvollzugs; Kürzung der Dauer des Vorwegvollzugs um die verbüßte Untersuchungshaft


Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 1. März 2013 im Ausspruch über die Dauer des [X.] dahin abgeändert, dass vor der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ein Jahr und elf Monate der gegen sie verhängten Freiheitsstrafe zu vollziehen sind.

Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die der Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zudem hat es ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet; dabei hat es bestimmt, dass von der Strafe noch ein Jahr und ein Monat vor der Maßregel zu vollziehen sind. Mit ihrer Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die Bestimmung der Dauer des [X.] der Freiheitsstrafe, auf die sie ihr Rechtsmittel auch beschränkt hat. Sie erstrebt die Festsetzung der Dauer des [X.] der Strafe vor der Maßregel auf ein Jahr und elf Monate. Das Rechtsmittel hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 [X.]).

2

1. Die Beschränkung des Rechtsmittels ist wirksam.

3

a) Eine Revisionsbeschränkung ist nur möglich, wenn sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 29. Februar 1956 - 2 StR 25/56, [X.]St 10, 100; [X.], [X.], 56. Aufl., § 318 Rn. 6 mwN). Dies setzt bei der Anfechtung der Dauer des [X.] einer Unterbringung voraus, dass die Maßregel als solche rechtsfehlerfrei angeordnet worden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 7/12, [X.], 587), zumal da die Dauer des [X.] auch von der Einschätzung der Behandlungsdauer abhängt (vgl. [X.], Beschluss vom 15. April 2008 - 1 [X.]/08).

4

b) Die Voraussetzungen der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) sind hier hinreichend belegt. Sowohl das Vorliegen eines Hanges der Angeklagten, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, als auch der Gefahr, dass die Angeklagte infolge ihres Hanges weitere rechtswidrige Taten begehen wird, werden von den Feststellungen, die auf einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung beruhen, getragen. Den Symptomwert des von der Angeklagten begangenen versuchten Tötungsdelikts für eine hangbedingte Gefährlichkeit hat die sachverständig beratene [X.] rechtsfehlerfrei begründet. Sie durfte dabei in den Blick nehmen, dass der von der Angeklagten betriebene übermäßige Drogen- und Medikamentenkonsum für die Tat ursächlich war, weil sich die Angeklagte überhaupt nur wegen dieses übermäßigen Konsums berauschender Substanzen "im [X.] Milieu" des Geschädigten aufgehalten hat. Auch die Wertung der [X.], dass ohne weitere Maßnahmen mit der Fortsetzung des Drogen- und [X.] der Angeklagten und mit hierauf zurückgehenden Taten, die der [X.] vergleichbar sind, zu rechnen ist ([X.]), wird von den Feststellungen getragen. Bei der Angeklagten wurde eine Polytoxikomanie mit einem Abhängigkeitssyndrom diagnostiziert. Sie hat - ohne dass die Voraussetzungen der §§ 20 oder 21 StGB vorlagen - die [X.] in einem leichtgradig ausgeprägten, auf eine akute Intoxikation multipler Substanzen zurückzuführenden Rausch begangen ([X.]), darunter die amphetaminähnlich wirkende Designerdroge MDPV ("Badesalz"), die eine psychotisch, aber auch aggressiv machende Wirkung haben kann ([X.] f.). Es wird hinreichend deutlich, dass das [X.] bei der Annahme eines drogenbedingten Rauschs der Beurteilung des psychiatrischen Sachverständigen Dr. S.    gefolgt ist (UA S. 29).

5

c) Angesichts dieser Diagnose und der zudem bei der Angeklagten vorliegenden kombinierten Persönlichkeitsstörung ([X.]) ist auch die von der sachständig beratenen [X.] angenommene Therapiedauer von zwei Jahren aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

6

2. Die Revision hat Erfolg.

7

Das [X.] hat zwar an sich die Dauer des [X.] der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung nach der Maßgabe des § 67 Abs. 2 StGB zutreffend bemessen. Es hat jedoch hiervon die zum Urteilszeitpunkt bereits verbüßte Untersuchungshaft von zehn Monaten in Abzug gebracht und hat deshalb einen [X.] von noch einem Jahr und einem Monat angeordnet. Dies ist rechtsfehlerhaft; denn die erlittene Untersuchungshaft ist für die Bemessung der Dauer des [X.] ohne Bedeutung, sie ist vielmehr gemäß § 51 StGB auf den nach § 67 Abs. 2 StGB vorweg zu vollstreckenden Teil der Strafe anzurechnen (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Dezember 2010 - 1 [X.] mwN).

8

3. Der Senat setzt die Dauer des [X.] durch Beschluss (§ 349 Abs. 4 [X.]) selbst auf ein Jahr und elf Monate fest.

9

a) Da die Grundlagen der Bestimmung der Dauer des [X.] rechtsfehlerfrei festgestellt sind, kann der Senat den [X.] entsprechend § 354 Abs. 1 [X.] selbst abändern (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Dezember 2010 - 1 [X.] mwN). Ausgehend vom Zeitpunkt der [X.] (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB) von drei Jahren und elf Monaten und einer Therapiedauer von zwei Jahren beträgt die Dauer des festzusetzenden [X.] der Freiheitsstrafe ein Jahr und elf Monate.

b) Der Senat kann durch Beschluss entscheiden (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 7/12, [X.], 587 = [X.]R § 349 Abs. 4 Revision der Staatsanwaltschaft 2), da die auf Antrag der Staatsanwalt vorgenommene Korrektur der Dauer des [X.] zugunsten der Angeklagten ergeht, denn die gesetzlichen Regelungen über die Vollstreckungsreihenfolge dienen auch der Sicherung des [X.] ([X.], Beschluss vom 21. August 2007 - 3 [X.] a.E.).

Raum                       Wahl                         Rothfuß

               Jäger                       Cirener

Meta

1 StR 531/13

14.01.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 1. März 2013, Az: 2 Ks 127 Js 142778/12

§ 51 StGB, § 67 Abs 2 StGB, § 64 StGB, § 318 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.01.2014, Az. 1 StR 531/13 (REWIS RS 2014, 8786)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8786

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