Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.04.2019, Az. 5 StR 94/19

5. Strafsenat | REWIS RS 2019, 8591

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Gegenstand

Vollstreckungsreihenfolge: Berechnung der Zeit des Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe vor einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Tenor

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 7. November 2018 dahingehend geändert, dass betreffend die Unterbringung des Angeklagten [X.]in einer Entziehungsanstalt ein [X.] von einem Jahr der Freiheitsstrafe angeordnet wird.

Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (ca. 2 kg Crystal) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, seine Unterbringung in der Entziehungsanstalt und einen [X.] von fünf Monaten der Freiheitsstrafe angeordnet. Die wirksam auf die Berechnung des [X.]s beschränkte (vgl. [X.], Urteil vom 14. Januar 2014 - 1 StR 531/13, [X.], 107; zu Fällen unwirksamer Beschränkung vgl. [X.], Urteil vom 10. August 2017 - 3 StR 275/17, [X.]R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 24) und vom [X.] vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

2

Zutreffend weist der [X.] darauf hin, dass die [X.] angesichts der voraussichtlichen Therapiedauer den [X.] der Strafe nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB mit einem Jahr hätte bestimmen müssen und - wie sie selbst erkannt hat - nicht die verbüßte Untersuchungshaft wie geschehen hiervon in Abzug hätte bringen dürfen (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 22. März 2018 - 1 [X.] mwN).

3

Die [X.] hat sich zu Recht für die Berechnung des [X.]es an einer Therapiedauer von eineinhalb Jahren orientiert. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, dem die Kammer gefolgt ist, beträgt die zu erwartende Therapiedauer aufgrund einer Vielzahl positiver Faktoren ein bis eineinhalb Jahre. Kommen für die Therapiedauer - wie hier - im Ergebnis zwei Alternativen in Betracht, ist es ungeachtet der Möglichkeit späterer Entscheidungen nach § 67 Abs. 3 StGB nach dem [X.] (vgl. hierzu näher LR/[X.], 26. Aufl., § 261 Rn. 103 ff.; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1297 ff., je mwN) geboten, die für den Angeklagten im Urteilszeitpunkt konkret günstigere Möglichkeit zu wählen (vgl. zur Problematik auch [X.]/[X.], 3. Aufl., § 67 Rn. 50 mwN). Vorliegend könnte nach § 67 Abs. 2 Satz 3 StGB eine Dauer des [X.]es von einem Jahr bei einer Therapiedauer von eineinhalb Jahren oder ein [X.] von eineinhalb Jahren bei einer Therapiedauer von einem Jahr anzuordnen sein.

4

Bei der Entscheidung hierüber ist einerseits zu bedenken, dass der Angeklagte bei einem [X.] von einem Jahr Freiheitsstrafe und einem Erfolg der Therapie nach einem Jahr bis zum erstmöglichen Zeitpunkt einer Aussetzung von Strafe und Maßregel zur Bewährung ([X.] nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB) noch sechs Monate Freiheitsstrafe zu verbüßen hätte, was durch die Regelung in § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB wegen etwaiger negativer Folgen einer Rückverlegung in den Strafvollzug vermieden werden sollte. Dies spricht dafür, den [X.] nach § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB mit eineinhalb Jahren zu bemessen (vgl. die Revision der Staatsanwaltschaft).

5

Andererseits könnten bei einer solchen Dauer des [X.]s und einem Therapieerfolg erst nach eineinhalb Jahren die Reststrafe und Maßregel nicht zum Zeitpunkt des § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB nach zweieinhalb Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden, sondern frühestens nach drei Jahren. Da bei dem bislang unbestraften und nach den Feststellungen der Kammer therapiegeeigneten und -motivierten Angeklagten ein Therapieerfolg naheliegt, würde ihn die Anordnung eines [X.]s von eineinhalb Jahren beschweren. Ein [X.], dessen Dauer einschließlich der Therapiedauer über den Zeitpunkt des § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB hinausgeht, wirkt sich wie ein zusätzliches Strafübel aus ([X.], Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 3 [X.], [X.], 48). Danach ist eine - auch vom [X.] angenommene - Therapiedauer von einem Jahr und sechs Monaten für den Angeklagten günstiger, die zu einem [X.] von einem Jahr Freiheitsstrafe führt.

6

Der Senat holt die Anordnung in dem rechtlich gebotenen Umfang in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO nach (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2018 - 1 [X.] mwN). Diese Entscheidung ist auch nicht etwa durch die Dauer der seit 17. April 2018 vollzogenen Untersuchungshaft obsolet geworden (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 25. Januar 2018 - 5 StR 582/17, NStZ-RR 2018, 113, 114).

7

Die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten waren der Staatskasse aufzuerlegen, da die Staatsanwaltschaft ausweislich der Revisionsbegründung mit ihrem Rechtsmittel das Ziel verfolgt hat, die versehentlich fehlsame Gerichtsentscheidung auch im Interesse des Angeklagten mit dem Gesetz in Einklang zu bringen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], 61. Aufl., § 473 Rn. 17).

Mutzbauer     

        

[X.]     

        

Schneider

        

Berger     

        

Mosbacher     

        

Meta

5 StR 94/19

03.04.2019

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dresden, 7. November 2018, Az: 21 Ss 85/19

§ 67 Abs 2 S 2 StGB, § 67 Abs 2 S 3 StGB, § 67 Abs 3 StGB, § 67 Abs 5 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.04.2019, Az. 5 StR 94/19 (REWIS RS 2019, 8591)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8591

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