Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2006, Az. X ZR 236/01

X. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5606

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[X.]BESCHLUSS [X.]/01vom 17. Januar 2006 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] [X.] §§ 81 ff., 99 Abs. 1, 110 ff.; ZPO § 66 Für die Zulässigkeit der Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren reicht es jedenfalls aus, wenn der Nebenintervenient ein Unternehmen ist, das durch das Streitpatent in seinen geschäftlichen Tätigkeiten als Wettbewerber beein-trächtigt werden kann (Aufgabe von [X.] 4, 5 - [X.] und [X.].[X.]. v. 17.05.1968 - [X.], [X.] 1967/68, 368). [X.], [X.]. v. 17. Januar 2006 - [X.]/01 - [X.] - 2 - Der X. Zivilsenat des [X.] hat am 17. Januar 2006 durch [X.] Melullis und [X.] Scharen, [X.], [X.] und [X.] beschlossen: [X.] Z. und der S.

GmbH werden zugelassen. Die Kosten des Zwischen- streits trägt die Beklagte. Gründe: 1. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bun-desrepublik [X.] erteilten [X.] Patents 0 808 162 (Streitpa-tent). Das Streitpatent betrifft die "Verwendung von [X.]en zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung von [X.] Herzver-sagen" und erfasst in zahlreichen Unteransprüchen insbesondere die Verwen-dung der [X.] [X.]. 1 Auf Antrag der Klägerin hat das [X.] mit Urteil vom 18. September 2001 ([X.]. [X.] ([X.])) das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik [X.] für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Nach Einlegung der Berufung ha-ben die [X.] den Beitritt zum [X.] auf Seiten der [X.] erklärt. 2 - 3 - Die Rechtsvorgängerin der Nebenintervenientin zu 1 ist in [X.] aus dem zum Streitpatent parallelen [X.] Patent 292 009 verwarnt worden. Die Nebenintervenientin zu 2 ist Wettbewerber der Beklagten bei Her-stellung, Konfektionierung und Vertrieb von Arzneimitteln. Sie vertreibt insbe-sondere in [X.] ein [X.]-Präparat, das nach ihrem unbestrittenen Vortrag auch der Behandlung der Herzinsuffizienz dienen kann. 3 Die Beklagte macht geltend, den [X.] fehle eine Rechtsbeziehung zu der Beklagten, die durch die Entscheidung im vorliegenden [X.] beeinflusst werden könne. Die Beklagte beantragt [X.], die [X.] als unzulässig zurückzuweisen. Die Nebeninter-venienten treten den Zurückweisungsanträgen entgegen. 4 2. Der Beitritt der [X.], über den der [X.]at durch [X.] entscheidet, ist zulässig. Die [X.] haben das erforderli-che Interesse daran, dass in dem beim [X.]at anhängigen [X.] die Klägerin obsiegt. Einer weitergehenden Rechtsbeziehung zwischen dem [X.] und entweder dem Nichtigkeitskläger oder dem Patentin-haber hinsichtlich des Streitpatents bedarf es für die Zulässigkeit der [X.] nicht. An seiner abweichenden früheren Auffassung ([X.] 4, 5; [X.]., [X.] [X.] 1967/68, 368 - Nebenintervention 02) hält der [X.]at nicht fest. 5 2.1. Weder die Regelungen zum Berufungsverfahren in [X.] (§§ 110 ff. [X.]) noch die zur Lückenfüllung primär heranzuzie-henden Vorschriften für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Bundespatent-gericht enthalten Vorschriften zur Nebenintervention. In analoger Anwendung des § 99 Abs. 1 [X.] kann daher im patentrechtlichen Berufungsverfahren auf 6 - 4 - die Vorschriften der Zivilprozessordnung zur Nebenintervention entsprechend zurückgegriffen werden, soweit die Besonderheiten des Berufungsverfahrens gegen [X.] nicht entgegenstehen (vgl. [X.].Urt. v. 13.01.2004 - [X.], [X.], 354 - Crimpwerkzeug; [X.]. v. 26.09.1996 - [X.], [X.], 119 - [X.]). Derar-tige Besonderheiten sind hier nicht zu erkennen. Nach § 66 ZPO kann in jeder Lage des Rechtsstreits ein [X.] einer Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten, wenn er ein recht-liches Interesse daran hat, dass diese Partei in einem zwischen anderen Per-sonen anhängigen Rechtsstreit obsiegt. Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt, dass ein rein wirtschaftliches Interesse für die Zulässigkeit [X.] nicht ausreicht. Es ist aber anerkannt, dass der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO weit auszulegen ist (vgl. etwa Vollkommer in [X.], ZPO, 25. Aufl. 2005, § 66 Rdn. 8; [X.] in Musielak, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 66 Rdn. 5 m.w.N.). Insbesondere wird es zur Begründung des rechtlichen Interesses im Sinne von § 66 Abs. 1 ZPO für ausreichend gehalten, wenn der Nebenintervenient von der Gestaltungswirkung eines Urteils betroffen wird ([X.] 68, 81, 85; [X.], aaO Rdn. 11; Musielak, aaO Rdn. 7). Einer rechtskräftigen Entscheidung im Patentnichtigkeitsverfahren kommt eine solche Gestaltungswirkung zu, soweit darin das Patent für nichtig erklärt oder die Beru-fung gegen ein die Nichtigkeit des Streitpatents aussprechendes Urteil des [X.]s zurückgewiesen wird. Von der Gestaltungswirkung eines solchen Nichtigkeitsurteils sind jedenfalls alle Unternehmen betroffen, die durch das Streitpatent in ihren geschäftlichen Tätigkeiten als Wettbewerber beein-trächtigt werden können. Denn ihre Handlungsmöglichkeiten im Wettbewerb werden durch den Bestand des Patents eingeengt und damit erweitert, wenn diese Beschränkung beseitigt wird, indem es für nichtig erklärt wird. Das genügt 7 - 5 - für die Zulässigkeit beider [X.] nach § 66 ZPO. Für das Pa-tentnichtigkeitsverfahren gilt insoweit nichts anderes. 2.2. Allerdings setzte nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs die Zulässigkeit der Nebenintervention voraus, dass hinsichtlich des Streitpatents zwischen dem Streithelfer und entweder dem Nichtigkeitsklä-ger oder dem Patentinhaber eine Rechtsbeziehung besteht, welche durch die im [X.] ergehende Entscheidung beeinflusst werden kann ([X.] 4, 5; [X.]., [X.] [X.] 1967/68, 368 - Nebenintervention 02). 8 An dieser Beschränkung der Zulässigkeit von [X.] hält der [X.]at nicht fest. In den früheren Entscheidungen des [X.] wurde das Erfordernis der bestehenden Rechtsbeziehung damit begründet, dass eine Zulassung der Nebenintervention ohne eine solche Rechtsbeziehung auch nicht aus Gründen der [X.] geboten sei, weil die [X.] die als [X.] ausgestaltete Nichtigkeitsklage jederzeit [X.] erheben könnten. Die Zulassung einer unter Umständen unabsehbaren Zahl von [X.] würde das [X.] dagegen in nicht zu ver-antwortender Weise belasten ([X.] 4, 5, 10). 9 Die Erhebung einer eigenen Nichtigkeitsklage stellt für den Nebeninter-venienten jedoch gegenüber seinem Beitritt zu dem schon laufenden Verfahren keine effizientere Rechtsschutzmöglichkeit dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn das laufende [X.] bereits in der Berufungsinstanz an-hängig ist. Spezifische Gründe der [X.], die im [X.] für eine gegenüber der ZPO engere Zulässigkeit der Nebenintervention sprechen können, sind daher nicht ersichtlich. Zutreffend ist zwar, dass die Zu-lassung einer unter Umständen erheblichen Zahl von aktuellen oder potentiellen 10 - 6 - [X.] das [X.] erheblich belasten kann. Andererseits kann bei einer gegenüber der bisherigen Praxis großzügigeren Zulassung von [X.] die Frage der Wirksamkeit des Patents schneller einer endgültigen Klärung zugeführt und eine mehrfache, zeitlich versetzte und un-ökonomische Befassung der Gerichte mit demselben Streitpatent vermieden werden. [X.] können zu einer schnelleren Entscheidung auf der Basis einer umfassenden Sachverhaltsermittlung führen. Zwar müsste das Gericht wegen des im Patentnichtigkeitsverfahrens geltenden Amtsermittlungs-grundsatzes auch relevanten Prozessstoff berücksichtigen, von dem es ander-weitig als durch einen Verfahrensbeteiligten Kenntnis erlangt. Es fördert das [X.] aber, wenn derjenige, der über relevantes neues Material verfügt, dieses nicht nur in den Prozess einführen, sondern dazu auch selbst schriftlich und in der mündlichen Verhandlung vortragen kann. Ein Grund für eine gegenüber der allgemeinen Auslegung des § 66 ZPO engere Zulässigkeit der Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren ergibt sich auch dann nicht, wenn die möglichen Kostenfolgen der Nebenintervention betrachtet werden. Zwar trifft den [X.] nach einer Nebeninter-vention auf Seiten des [X.] ein erhöhtes Kostenrisiko, weil er bei Obsiegen des [X.] auch die Kosten der Nebenintervention zu tragen hat. Das muss für den Beklagten aber nicht notwendig ungünstiger sein als das Kostenrisiko in mehreren Prozessen. 11 Die Ausgestaltung der Nichtigkeitsklage als [X.] spricht dafür, auch hinsichtlich des rechtlichen Interesses für eine Nebenintervention keine besonderen, gegenüber der ZPO weitergehenden Anforderungen zu stellen. Jedenfalls dann, wenn der Nebenintervenient auf dem Markt des Streitpatents als Wettbewerber tätig ist, hat er ein rechtliches Interesse am Ausgang des 12 - 7 - [X.]s. Dies ist bei der Nebenintervenientin zu 2 im Hinblick auf das von ihr in [X.] vertriebene [X.]-Präparat der Fall. Hinsichtlich der Nebenintervenientin zu 1 wurde zwar nicht vorgetragen, dass sie bereits aktueller Wettbewerber mit [X.]-Präparaten auf dem [X.] Markt sei. Sie kann jedoch durch das Streitpatent jedenfalls an der Ausdehnung ihrer ge-schäftlichen Aktivitäten mit [X.] nach [X.] gehindert sein. Damit ist auch sie von der Gestaltungswirkung eines die Nichtigkeit aussprechenden bzw. bestätigenden Urteils betroffen. Aufgrund des dadurch begründeten recht-lichen Interesses ist ihre Nebenintervention ebenfalls zuzulassen. [X.] dafür, dass im vorliegenden Fall die [X.] missbräuchlich sein könnten, etwa weil es ihnen allein darauf ankäme, die Nichtigkeitsbeklagte mit weiteren Kosten zu belasten, sind nicht ersichtlich. Melullis Scharen [X.]

[X.] [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 18.09.2001 - [X.] ([X.]) -

Meta

X ZR 236/01

17.01.2006

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2006, Az. X ZR 236/01 (REWIS RS 2006, 5606)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5606

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I ZB 63/09

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