Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2009, Az. II ZB 8/08

II. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3102

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[X.] vom 15. Juni 2009 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 246 Abs. 4 Satz 2; ZPO §§ 69, 101 Abs. 2, 100 a) Die Ausschlussfrist des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] gilt nicht zu Lasten des auf [X.] der beklagten [X.]. b) Der im aktienrechtlichen [X.] auf Seiten der beklagten Gesell-schaft beigetretene Aktionär ist streitgenössischer Nebenintervenient. Ob er Er-satz seiner außergerichtlichen Kosten beanspruchen kann, ist deshalb eigenstän-dig und unabhängig von der gegenüber der unterstützten [X.] zu treffenden Kos-tenentscheidung nach seinem persönlichen Obsiegen und Unterliegen im [X.] zu dem Gegner zu beurteilen (vgl. [X.].[X.]. v. 18. Juni 2007 - [X.], [X.], 1265). [X.], [X.]uss vom 15. Juni 2009 - [X.]/08 - [X.]

- 2 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 15. Juni 2009 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des [X.] zu 2 gegen den [X.]uss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 4. April 2008 wird auf seine Kosten zurückgewie-sen. [X.]: 2.500,00 • Gründe: [X.] Die Kläger, Aktionäre der [X.], erhoben im Juni 2007 zunächst getrennt Anfechtungsklage gegen [X.]üsse der Hauptversammlung der [X.] vom 24. Mai 2007. Das [X.] ordnete jeweils das schriftliche Vorverfah-ren an. Die Klage des [X.] zu 1 wurde am 1. August 2007, der - nach Verbindung der beiden Verfahren - für den 30. November 2007 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wurde am 14. November 2007 im [X.] gemacht. Mit einem am 19. November 2007 beim [X.] einge-gangenen Schriftsatz vom 21. Oktober 2007 erklärte der [X.], dass er dem Rechtsstreit auf Seiten der beklagten Aktiengesellschaft [X.]. 1 - 3 -In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] schlossen die [X.]en einen Vergleich, in dem die Beklagte die Gerichtskosten und die au-ßergerichtlichen Kosten der Kläger sowie der Nebenintervenientin auf [X.]eite übernahm und sich die Kläger im Gegenzug zur Klagerücknahme verpflichteten. Eine Kostenregelung für den Nebenintervenienten auf [X.]seite enthält der [X.] nicht. 2 Nach Rücknahme der Klage hat der Nebenintervenient auf [X.]seite [X.], den Klägern die Kosten seiner Nebenintervention aufzuerlegen. Das Land-gericht hat mit [X.]uss vom 10. Januar 2008 den Antrag zurückgewiesen, weil die Kostenregelung im Vergleich auch im Verhältnis zum Streithelfer der [X.] § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgehe und sein Prozessbevollmächtigter im Termin ausdrück-lich auf eine Kostenregelung verzichtet habe. Auf die sofortige Beschwerde des [X.]s hat das [X.] die Kosten seiner [X.] den Klägern je zu Hälfte auferlegt. Mit der vom [X.] zuge-lassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger zu 2, soweit zu seinem Nachteil ent-schieden ist, die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung. 3 I[X.] Die gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Das [X.] hat dem Kläger zu 2 zu Recht die hälftigen Kosten der Nebenintervention auf [X.]seite auferlegt. 4 5 1. Das [X.] hat ausgeführt: 6 Zwar habe der Nebenintervenient seinen Beitritt nicht innerhalb der Frist des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] erklärt, weil diese Frist schon mit der Bekanntmachung der Klageerhebung und der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens und nicht erst mit der Veröffentlichung des Termins zur mündlichen Verhandlung zu laufen begonnen habe. Dies sei jedoch ohne Belang, weil die Frist für den auf Seiten der beklagten - 4 -Aktiengesellschaft [X.]nden Aktionär nicht gelte. Da es sich um eine streitgenös-sische Nebenintervention handle, sei über die Kosten des Nebenintervenienten ei-genständig und unabhängig von der unterstützten [X.] zu entscheiden. Die Kläger seien nach Rücknahme ihrer Klage gemäß §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 100 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten des gegnerischen Nebenintervenienten zu gleichen [X.] zu tragen. Dass dessen Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] ausdrücklich auf eine Regelung seiner Kosten verzichtet habe, stehe der beantragten Entscheidung nicht entgegen, weil ein solcher Verzicht nicht protokolliert worden sei. 2. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. 7 a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Versäumung der Ausschlussfrist des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] durch den Nebenintervenienten nicht zur Unzulässigkeit seiner Nebenintervention führt. Die genannte Vorschrift gilt nicht zu Lasten des auf Seiten der beklagten [X.] [X.]nden Nebeninter-venienten. 8 Schon der Wortlaut des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] steht der Anwendbarkeit der - mit dem [X.] des [X.] ([X.]) zum 1. November 2005 neu eingeführten - Befristung der [X.] für den Beitritt auf [X.]seite entgegen. "An der Klage beteiligen" - wie es in § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] heißt - kann sich nur der Nebenintervenient auf [X.], nicht aber derjenige auf [X.]seite. Dementsprechend trifft auch die vom Gesetzgeber für die Befristung der Nebenintervention gegebene Begründung, "dass die Nebenintervention von den [X.] nicht besser stehen darf als die Klage" ([X.] [X.] BR-Drucks. 3/05 S. 56 zu [X.]), für die [X.] auf [X.]seite ersichtlich ebenso wenig zu, wie überhaupt der mit dem [X.] verfolgte Zweck, die Zulässigkeit von [X.] im Interesse der [X.] zu beschränken (vgl. [X.] [X.] BR-Drucks. 3/05 S. 1 A). Denn der [X.]intervenient tritt dem [X.] gerade bei, um die [X.] - 5 -bei der Abwehr einer Anfechtungsklage zu unterstützen. Eine über den Wortlaut hinausgehende Anwendung des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.] für den Beitritt auf Seiten der beklagten [X.] scheidet demnach aus (allg. Meinung, vgl. [X.], [X.] 8. Aufl. § 246 [X.]. 40 a.E.; [X.], [X.].[X.] 2. Aufl. § 246 [X.]. 7 b; [X.] in [X.]/Stilz, [X.] § 246 [X.]. 56; [X.] in Bürgers/Körber, [X.] § 246 [X.]. 33; Tielmann in [X.], Aktienrecht 3. Aufl. Abschnitt 18.01 [X.]. 5 S. 2064 f.; [X.], [X.] § 246 [X.]. 26). Sie kommt aber auch deshalb nicht in Betracht, weil sie den Zweck der neu geschaffenen Vorschrift, "räuberische Aktionäre" von [X.]en gegen die [X.] möglichst fern zu halten, verfehlen würde. Es kommt hinzu, dass das [X.] im aktienrechtlichen [X.] das - we-gen der Rechtskrafterstreckung eines stattgebenden Urteils auf alle Aktionäre (§§ 248 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1 [X.]) - verfassungsrechtlich unabdingbare rechtli-che Gehör der Aktionäre gewährleistet ([X.] 21, 132, 137 f.; 60, 7, 14; [X.] 172, 136, 141 [X.]. 15 ; [X.].[X.]. v. 23. April 2007 - [X.], [X.], 1781, 1782 [X.]. 9; [X.], [X.] 158, 495, 497; [X.] in [X.].[X.] 4. Aufl. § 246 [X.]. 45) und deswegen die Regelung des § 246 Abs. 4 Satz 2 [X.], die die Möglichkeit einer - nach § 66 Abs. 2 ZPO grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Entscheidung unbefristet zulässigen - Nebenintervention in zeitlicher Hinsicht einschränkt, als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. 10 b) Ohne Rechtsfehler hat das [X.] dem Kläger zu 2 in Anwen-dung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die hälftigen Kosten der Nebenintervention des [X.]s auferlegt. 11 12 aa) Über den Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten der [X.] ist - was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht - infolge der Rück-nahme der Klage auf der Grundlage des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu entscheiden. Der als Aktionär dem - von den Klägern als Aktionären gegen die beklagte Gesell-schaft geführten - Anfechtungsstreit auf Seiten der [X.] beigetretene [X.] - 6 -tervenient ist im Hinblick auf die sich aus § 248 Abs. 1 Satz 1 [X.] ergebende Rechtskrafterstreckung und Gestaltungswirkung eines stattgebenden Anfechtungsur-teils nach der ständigen Rspr. des [X.]ats als streitgenössischer Nebenintervenient [X.] der §§ 66, 69 ZPO anzusehen (vgl. nur [X.] 172, 137 [X.]. 9 m.w.Nachw.). Für die streitgenössische Nebenintervention gilt der für die einfache Streitgenossenschaft in § 101 Abs. 1 ZPO geregelte Grundsatz der Kostenparallelität und damit auch der in dieser Vorschrift in Bezug genommene § 98 ZPO nicht; vielmehr sind ausschließ-lich die §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO anzuwenden, die den streitgenössischen [X.]tervenienten kostenrechtlich uneingeschränkt einem Streitgenossen der [X.] gleichstellen. Ob ein streitgenössischer Nebenintervenient Ersatz seiner außerge-richtlichen Kosten beanspruchen kann, ist danach eigenständig und unabhängig von der gegenüber der unterstützten [X.] zu treffenden Kostenentscheidung nach seinem persönlichen Obsiegen und Unterliegen im Verhältnis zu dem Gegner zu [X.] ([X.].[X.]. v. 18. Juni 2007 - [X.], [X.], 1265 [X.]. 8 f. m.w.Nachw.; v. 3. Juni 1985 - II ZR 248/84, [X.] 1985, 853, 854; h.M., vgl. z.B. [X.]/[X.], ZPO 27. Aufl. § 101 [X.]. 13; [X.]/[X.]/[X.], ZPO 29. Aufl. § 101 [X.]. 9; [X.], [X.] § 101 ZPO 1.07, 824; [X.], [X.] 2008, 255, 256 f.; [X.], [X.], 1257, 1259 f.; [X.]/Siebmann, [X.] 2007, 1517; a.A. für den Fall eines Prozessvergleichs MünchKommZPO/Giebel 3. Aufl. § 101 [X.]. 32). Da die Kläger die Klage zurückgenommen haben, haben sie - vorbehaltlich der Ausnahmeregelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO - die außergerichtli-chen Kosten des Nebenintervenienten der [X.] zu tragen. 13 [X.]) Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls nach § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 ZPO liegen nicht vor. Über die außergerichtlichen Kosten des Nebeninter-venienten ist weder bereits rechtskräftig entschieden noch sind sie ihm "aus einem anderen Grund aufzuerlegen". 14 Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, steht zwar die fehlende Protokollie-rung der - unstreitigen - Erklärung des Nebenintervenienten, auf eine Regelung sei- - 7 -ner Kosten zu verzichten, der Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 2 ZPO nicht von vornherein entgegen. Auch eine Kosten-regelung in einem formlos wirksamen materiell-rechtlichen Vergleich oder ein mate-riell-rechtlicher Verzicht auf Kostenerstattung geht der in § 269 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 ZPO angeordneten Kostentragungspflicht des [X.] vor (vgl. [X.], [X.]. v. 13. Juni 1972 - [X.], [X.] 1972, 945, 946; v. 24. Juni 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1506, 1507; [X.], [X.], 395; [X.], [X.], 834; [X.], [X.] 1986, 503; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 269 [X.]. 113; [X.] in [X.], ZPO 22. Aufl. § 269 [X.]. 49). Durch die Äußerung des Nebenintervenienten, auf eine Regelung seiner au-ßergerichtlichen Kosten, also die Schaffung eines Kostentitels, zu verzichten, ist aber weder ein materiell-rechtlicher Vergleich über diese Kosten zustande gekommen noch kann ihr ein Verzicht auf Kostenerstattung entnommen werden. An die Feststel-lung eines Verzichtswillens, der nicht vermutet werden darf, sind strenge Anforde-rungen zu stellen ([X.], Urt. v. 3. Juni 2008 - [X.], [X.], 2842 [X.]. 20; Urt. v. 7. März 2006 - [X.], [X.], 1511 [X.]. 10). Dementsprechend ist eine Erklärung, die einen Verzicht zum Inhalt hat, im Zweifel eng auszulegen ([X.]/[X.], [X.]. § 397 [X.]. 6). 15 Danach kann hier von einem Willen des Nebenintervenienten, auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten zu verzichten, die er im Falle des [X.] kraft Gesetzes beanspruchen konnte, nicht ausgegangen werden. Der Verzicht [X.]- 8 -eine Kostenregelung im Vergleich ist nicht gleichbedeutend mit einem Verzicht auf Kostenerstattung und schließt diesen mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht oh-ne Weiteres ein. Goette

[X.] Strohn [X.]

[X.]: [X.], Entscheidung vom 10.01.2008 - 420 O 79/07 - [X.], Entscheidung vom 04.04.2008 - 11 W 9/08 -

Meta

II ZB 8/08

15.06.2009

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.06.2009, Az. II ZB 8/08 (REWIS RS 2009, 3102)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3102

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