Bundespatentgericht, Urteil vom 27.06.2017, Az. 4 Ni 31/15 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2017, 9044

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Gegenstand

(Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Interdentalreiniger (europäisches Patent)" – Erhebung einer Verletzungsklage durch den im Nichtigkeitsverfahren beklagten Patentinhaber, und zwar vor Erhebung der Nichtigkeitsklage - Veranlassung zur Klageerhebung besteht in der Regel auch ohne vorherige Aufforderung zum Verzicht auf das Patent – Kostenentscheidung – zur Anwendung von § 93 ZPO)


Leitsatz

Interdentalreiniger

1. Hat die im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht beklagte Patentinhaberin vor Erhebung der Nichtigkeitsklage bereits eine auf das Streitpatent gestützte Verletzungsklage erhoben, so besteht in der Regel eine Veranlassung zur Klageerhebung auch dann, wenn die Patentinhaberin nicht zuvor zum Verzicht auf das Streitpatent aufge-fordert worden ist (Aufgabe von BPatG GRUR-RR 2009, 325 – Kostenauferlegung bei Verzicht aus Streitpatent).

2. Im Rahmen der nach gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 PatG auch unter Billigkeitserwägungen zu treffenden Kostenentscheidung findet deshalb § 93 ZPO jedenfalls insoweit keine Anwendung als die Nichtigkeitsklage auf die Validität des im Verletzungsverfahren maßgeblichen Patentgegenstandes abzielt und noch Ausdruck der sich aus § 148 ZPO ergebenden Verknüpfung von Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren ist.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 932 371

([X.] 597 05 703)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2017 durch den Vorsitzenden [X.], die [X.]in [X.], den [X.] [X.], die [X.]in Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer sowie den [X.] Dipl.-Chem. Univ. Dr. Freudenreich

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 0 932 371 wird für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:

Abbildung

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I[X.] Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II[X.] Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 0 932 371, [X.] Aktenzeichen [X.] 597 05 703 (Streitpatent), das am 18. September 1997 unter Beanspruchung der Priorität [X.] 19642431 vom 15. Oktober 1996 angemeldet worden ist. Das Streitpatent mit der Bezeichnung „[X.] und Verfahren zu seiner Herstellung“ umfasst 23 Ansprüche, die sämtlich angegriffen worden sind.

2

Patentanspruch 1 lautet in der [X.]

3

1. [X.] (10) mit einem länglichen, stabförmigen Träger (11) aus einem ersten Kunststoff-Material, der mindestens in Teilbereichen seiner Oberfläche von zumindest einer Ein- oder Auflage (14; 18) zur Reinigung der Interdentalräume aus einem zweiten Kunststoff-Material überdeckt ist, dadurch gekennzeichnet daß das zweite Kunststoff-Material der Ein- oder Auflage (14; 18), das weicher als das erste Kunststoff-Material ist, aus einem thermoplastischen Elastomer besteht und auf das erste Kunststoff-Material des Trägers (11) aufgespritzt ist.

4

Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 23 wird auf die Streitpatentschrift in der B1-Fassung verwiesen.

5

Die Klägerin macht mit ihrer Nichtigkeitsklage den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit, insbesondere der fehlenden erfinderischen Tätigkeit, sämtlicher angegriffener Patentansprüche geltend (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, Art. 54 EPÜ). Bezüglich des [X.] macht die Klägerin eine unzulässige Erweiterung geltend (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. c EPÜ).

6

Sie legt folgende Dokumente vor:

7

[X.] Streitpatentschrift

8

NK2 DPMA-Registerauszug

9

[X.] Verletzungsklage

NK4 EP 0 277 156 B1

NK5 WO 87/06452 A1

NK6 EP 0 202 296 B1

[X.] EP 0 161 057 A1

[X.] Merkmalsanalyse Anspruch 1

[X.] [X.] [X.] (http://goldbook.iupac.org/TT07268.html )

[X.] Veröffentlichung des Streitpatents (WO 98/16169 A1)

[X.]1 WO 92/04935 A1

[X.]2 [X.] 5 283 924

[X.] 6-500933 A

[X.]3 [X.] 3 775 848

[X.]4 [X.] 5 040 260

[X.]5 JP 5-93416 U

[X.]5a [X.] Übersetzung der [X.]5

[X.]6 [X.] 1 746 591

[X.]7 JP 54-170098 U

[X.]7a [X.] Übersetzung der [X.]7

[X.]8 [X.] 689 16 949 T2

[X.]9 [X.] 5 527 181

[X.] EP 0 707 836 A2

NK21 Wikipedia Auszug „Polyethylen“

NK22 [X.] Übersetzung der [X.] Entscheidung No. 22728 vom 21. April 2014 betreffend das Patent CN1103205

[X.] Merkmalsanalyse Anspruch 21

[X.] EP 0 354 352 A1

[X.] [X.] 3 590 814

[X.] [X.] Design 930114

[X.] 94/05183 A1

[X.] WO 96/10934 A1

NK29 Abbildungen [X.], hergestellt von „Asept International AB“

[X.]0 JP-6428617 U

[X.]0a [X.] Übersetzung der [X.]0.

1.7, wonach der Griffabschnitt mit einer als Griffhilfe und Informationsträger dienenden Strukturierung versehen sei, die aus einem zweiten Kunststoffmaterial bestehe, sei im Hinblick auf die [X.] nicht technisch. Ausgehend von [X.]2 habe es für den Fachmann nahegelegen, ein einheitliches Material vorne und hinten am [X.] aufzubringen, insbesondere um die Aufgabe einer kosteneffizienten Herstellung zu lösen. Es sei dem Fachmann schon aufgrund seines allgemeinen Fachwissens bekannt gewesen, dass insbesondere auch auf Zahnbürsten im vorderen und hinteren Bereich dasselbe Material verwendet werde wie z. B. in NK 27, Seite 6, Zeilen 29 bis 31 gezeigt. Bei [X.]n stelle sich die Problematik in gleicher Weise. Die Lehre der Verwendung eines identischen Materials der funktionsgebenden Elemente und zur Strukturierung des Griffbereichs sei auch durch NK 25 belegt. Zum Verständnis des Begriffs der „Ausnehmung“ (Merkmal 1.9) im Hilfsantrag 3a hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung weitere Figurenzeichnungen eingereicht (vgl. Anlagen 1 und 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 27.06.2017). Zum Merkmal 1.10, wonach die Oberfläche der Einlage glatt in die benachbarten Oberflächenbereiche des Trägers übergehe, vertritt die Klägerin die Auffassung, der Fachmann werde für einen [X.] bestrebt sein, ein Verhaken im Mund aufgrund der Verletzungsgefahr zu vermeiden. Auch das schräge Einführen in die Backenzähne ohne Beschädigung des Zahnfleisches durch Ecken und Kanten solle durch einen glatten Übergang vermieden werden. Mit diesem Ansatz komme er ausgehend von der [X.]2 naheliegend zur erfindungsgemäßen Lehre, da er hierzu nur den [X.] verlängern müsse, zu der es lediglich einer Anpassung der Spritzgussform bedürfe. Bezüglich Hilfsantrag 3b vertritt die Klägerin die Auffassung, dieser sei unzulässig, da das beanspruchte Set eine andere Lehre darstelle, jedenfalls aber auch nicht erfinderisch.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das [X.] Patent 0 932 371 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte, die das Streitpatent ausschließlich eingeschränkt verteidigt, beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent in der Fassung des [X.] 1, eingereicht mit [X.] vom 15.12.2015 ([X.]. 139 ff. d. A.) verteidigt wird; hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent in der Fassung des [X.], eingereicht mit [X.] vom 15.12.2015 ([X.]. 139 ff. d. A.) verteidigt wird; weiter hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit Hilfsantrag 3a, eingereicht mit [X.] vom 31.05.2016 ([X.]. 195 ff. d. A.), verteidigt wird; weiter hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent in der Fassung des [X.], eingereicht mit [X.] vom 03.02.2017 ([X.]. 316 ff. d. A.) verteidigt wird.

Die Beklagte hat gegen die Nichtigkeitsklage mit [X.] vom [X.] Teilwiderspruch eingelegt und verbindlich und unwiderruflich erklärt, das Klagepatent nicht mehr im erteilten, sondern nur im eingeschränkten Umfang, mit den geänderten Ansprüchen 1 bis 14 in der Fassung vom [X.] zu verteidigen. Insoweit sei die Klage abzuweisen. Mit [X.] und Widerspruchsbegründung vom 15.12.2015 hat die Beklagte weitere beschränkte Fassungen des Streitpatents nach den [X.] 1 bis 4 vorgelegt und geltend gemacht, dass sie mit [X.]ick auf das Verletzungsverfahren hinsichtlich der auch angegriffenen Verfahrensansprüche 21 bis 23 erteilter Fassung keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe und bereits deshalb die Klägerin eine hälftige Kostentragungspflicht treffe. Mit [X.] vom [X.] hat die Beklagte ihren Hauptantrag sowie die Hilfsanträge 3 und 4 nicht weiterverfolgt und das Streitpatent nur noch mit dem bisherigen Hilfsantrag 1 (nunmehr als Hauptantrag), dem Hilfsantrag 2 und den neuen [X.] 3a und 4a verteidigt. Mit [X.] vom [X.] hat die Beklagte schließlich als Reaktion auf den qualifizierten Hinweis des Senats das Streitpatent auf Grundlage der Hilfsanträge 1, 2 und 3a weiterverfolgt und den Hilfsantrag 4 durch den Hilfsantrag 3b ersetzt und diese Antragslage auch in der mündlichen Verhandlung vom 27.6.2017 beibehalten. Zum jeweiligen Wortlaut der insoweit verteidigten Fassungen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

1.7, wonach der Griffabschnitt mit einer als Griffhilfe und Informationsträger dienenden Strukturierung versehen ist, die aus einem zweiten Kunststoff-Material bestehe, einen zentralen Kerngedanken der Erfindung zum Ausdruck bringe. Dieser liege darin, bei den hier verwendeten Zwei-Komponenten-Spritzgussverfahren für den Griffabschnitt sowie für die anderen Bereiche dasselbe Material zu verwenden, was zugleich nur einen Arbeitsschritt bedeute. Gerade bei der [X.]2 hätten die Materialeigenschaften eines offenporigen Schaummaterials mit bestimmten Härtegraden keinen Anlass gegeben, dieses als geeignet für den Überzug des Griffes anzusehen. Auch die [X.] helfe hier nicht weiter, da sie ein völlig anderes Herstellungsverfahren betreffe. Dass der Fachmann thermoplastische Elastomere als Schaum habe verarbeiten können, werde nicht bestritten. Er sehe aber die Verwendung eines offenporigen Schaums im Griffbereich als nachteilig an, z. B. aufgrund von Verschmutzung, Härtegrad und geringerer Reibeigenschaft. Bezüglich der von der Klägerseite erörterten Figurenzeichnung der [X.]2 sieht die Beklagte das Merkmal 1.10 des Hilfsantrags 3a, wonach die Oberfläche der Einlage glatt in die benachbarten Oberflächenbereiche des Trägers übergeht, als nicht erfüllt an; zudem lehre [X.]2 einen Stopper („boss / stop projection 6“) und es sei für den Fachmann weder aus der Offenbarung der [X.]2 ersichtlich noch naheliegend gewesen, den dahinter liegenden Teil mit einer Einlage auszufüllen. Zum Merkmal 1.11 des Hilfsantrags 3a, wonach die Einlage der Kontur des Trägers folgt, verweist die Beklagte auf Abs. [0012] und [0013] des Streitpatents, die voraussetzten, dass die Kontur der Einlage der Kontur der Ausnehmung folge, mithin eine Veränderung der Kontur der Ausnehmung zugleich zu einer Veränderung der Kontur der Einlage führe. Auch das Merkmal 1.12 des Hilfsantrags 3a, wonach der Träger sich zu seinem vorderen Ende hin verjüngt, finde sich nicht in der Lehre der [X.]2, bei der das Problem durch die Flexibilität des Überzugs und nicht durch die Verjüngung des Trägers gelöst werde. Den Hilfsantrag 3b erachtet die Beklagte als zulässig. Zudem finde die dort beanspruchte Lehre keinen Niederschlag in der [X.]2 und werde auch nicht durch diese angeregt.

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 29.11.2016 (vgl. [X.]. 238 ff. d. A.) nach § 83 Abs. 1 [X.] zugeleitet, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ [X.]. 54 und 56 EPÜ und der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig. Die Klage ist insofern begründet, als das Streitpatent für nichtig zu erklären ist, soweit es über die von der [X.] mit Hilfsantrag 3a beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht, denn die Lehre des [X.] ist in der Fassung des als Hauptantrag zu prüfenden [X.] und in der Fassung des [X.] nicht patentfähig. Die weitergehende Klage ist hingegen unbegründet und abzuweisen, denn in der Fassung nach Hilfsantrag 3a hat das Patent Bestand.

Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von der [X.] in zulässiger Weise nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht ([X.], 215 - [X.]; GRUR 1996, 857 - Rauchgasklappe; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 81 Rn. 127).

I.

1. Das Streitpatent betrifft einen [X.] bzw. einen Zahnstocher sowie ein Verfahren zur Herstellung eines entsprechenden [X.]s bzw. Zahnstochers ([X.]chrift, Abs. [0001]).

In der Beschreibungseinleitung des [X.] ist ausgeführt, dass die Reinigung der Interdentalräume für die Gesunderhaltung des Gebisses und insbesondere des Zahnhalteapparates von besonderer Bedeutung sei. Mit Hand- oder Elektrozahnbürsten könnten die Interdentalräume nicht ausreichend gereinigt werden, so dass spezielle Reinigungsvorrichtungen verwendet werden müssten. [X.], wie z. B. Zahnseide, hätten sich wegen ihrer komplizierten Handhabung bzw. wegen ihrer nur relativ geringen Wirkung nicht durchgesetzt. Neben der Zahnseide würden auch [X.] in Form von Interdentalbürsten oder Zahnstochern verwendet. Runde endseitig [X.] eigneten sich zwar zum Auswischen von Taschen. Der Bereich der [X.] könne mit einem Zahnholz jedoch nicht gereinigt werden, so dass hier weiterhin die Gefahr einer Kariesbildung bestehe. Außerdem müssten [X.] aus Stabilitätsgründen einen Querschnitt bzw. [X.]durchmesser aufweisen, der größer als die Öffnungen des leicht öffnenden [X.] sei, so dass sie nicht in die Bereiche engen Querschnitts des [X.] eindringen könnten. (Abs. [0002]-[0005]).

Aus dem Stand der Technik (EP 0 277 156 [X.], [X.]/06452 [X.] und EP 0 202 296 [X.]) sind [X.] in Form eines Zahnstochers bekannt, der einen aus Kunststoff oder Metall bestehenden Träger aufweist, der zur Erhöhung der Reinigungswirkung zumindest bereichsweise mit kurzen Polymerfasern beflockt i[X.] Die Abmessungen der bekannten Zahnstocher seien zwar so gewählt, dass auch enge Interdentalräume schonend gereinigt werden könnten. Nachteilig hierbei sei jedoch, dass die die Beflockung bildenden Polymerfasern nicht abriebsicher auf dem Träger fixiert seien, so dass sie sich bei Gebrauch lösen könnten. Darüber hinaus sei es nachteilig, dass die zusätzlich aufgebrachten Flockfasern relativ stark auftragen und somit der Zahnstocher übermäßig dick werde (Abs. [0006]).

Des Weiteren ist aus dem Stand der Technik (EP 0 161 057 [X.]) ein [X.] bekannt, der einen stabförmigen Träger aus einem ersten [X.] aufwei[X.] Auf den Träger ist ein Überzug aus einem [X.] aufgebracht, der außenseitig eine glatte Oberfläche bildet. An seinem einen Ende wird der [X.] mit einer sich verjüngenden [X.]itze versehen, indem der Überzug zu diesem Ende verjüngend ausgebildet und der Träger in seinem an diesem Ende liegenden Randbereich angeschmolzen wird. Dieses Vorgehen sei sehr arbeitsaufwendig, wodurch die Herstellung des [X.]s relativ teuer sei (Abs. [0008]).

2. Das Patent nennt daher als Aufgabe der Erfindung einen [X.] und insbesondere einen Zahnstocher zu schaffen, der schnell und kostengünstig herstellbar i[X.] Darüber hinaus soll ein entsprechendes Verfahren geschaffen werden (Abs. [0009]).

3.1. Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 in der mit Hilfsantrag 1 bezeichneten Fassung nach Hauptantrag einen [X.] mit folgenden Merkmalen vor (Gliederung hinzugefügt, Unterschiede zum erteilten Anspruch 1 gekennzeichnet):

1.0 [X.] (10)

1.1 mit einem länglichen, stabförmigen Träger (11) aus einem ersten [X.],

1.2 der mindestens in Teilbereichen seiner Oberfläche von zumindest einer Ein- oder Auflage (14; 18) zur Reinigung der Interdentalräume aus einem [X.] überdeckt ist,

1.3 wobei das zweite [X.] der Ein- oder Auflage (14; 18) weicher als das erste [X.] ist,

1.4 aus einem thermoplastischen Elastomer besteht und

1.5 auf das erste [X.] des Trägers (11) aufgespritzt ist,

1.6 wobei die Ein- oder Auflage (14) auf ihrer Oberfläche eine Strukturierung (14b, 14c) aufweist

1.7 und wobei der [X.] (12; 17) mit einer als Griffhilfe und Informationsträger dienenden Strukturierung (16) versehen ist, die aus dem [X.] besteht.

Die nachfolgenden angegriffenen Ansprüche 2 bis 12 sind jeweils unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogen.

Die erteilten [X.] 21 bis 23 wurden gemäß dem als Hauptantrag zu prüfenden Hilfsantrag 1 nicht mehr verteidigt.

3.2. In Patentanspruch 1 in der nach Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung ist gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 das Merkmal 1.8 hinzugefügt (Gliederung hinzugefügt):

1.8 und wobei das erste [X.] des Trägers (11) faserverstärkt i[X.]

Die nachfolgenden angegriffenen Ansprüche 2 bis 11 sind jeweils unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogen.

3.3. In Patentanspruch 1 in der nach Hilfsantrag 3a verteidigten Fassung sind gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 die Merkmale 1.2‘, 1.3‘ und 1.6‘ geändert, sowie die Merkmale 1.9, 1.10, 1.11 und 1.12 hinzugefügt (Gliederung hinzugefügt, Unterschiede zum Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 gekennzeichnet):

1.0 [X.] (10)

1.1 mit einem länglichen, stabförmigen Träger (11) aus einem ersten [X.],

1.2' der mindestens in Teilbereichen seiner Oberfläche von zumindest einer Einlage oder Auflage (14; 18) zur Reinigung der Interdentalräume aus einem [X.] überdeckt ist,

1.3' wobei das zweite [X.] der Einlage oder Auflage (14; 18) weicher als das erste [X.] ist,

1.4 aus einem thermoplastischen Elastomer besteht und

1.5 auf das erste [X.] des Trägers (11) aufgespritzt ist,

1.6' wobei die Einlage oder Auflage (14) auf ihrer Oberfläche eine Strukturierung (14b, 14c) aufweist,

1.7 wobei der [X.] (12; 17) mit einer als Griffhilfe und Informationsträger dienenden Strukturierung (16) versehen ist, die aus dem [X.] besteht,

1.8 wobei das erste [X.] des Trägers (11) faserverstärkt ist,

1.9 wobei die Einlage (14) in einer in dem Träger (11) ausgebildeten Ausnehmung (13) angeordnet ist,

1.10 wobei die Oberfläche der Einlage (14; 18) glatt in die benachbarten Oberflächenbereiche des Trägers (11) übergeht,

1.11 wobei die Einlage (14; 18) der Kontur des Trägers (11) folgt

1.12 und wobei der Träger (11) sich zu seinem vorderen Ende (15) hin verjüngt.

Die nachfolgenden angegriffenen Ansprüche 2 bis 7 sind jeweils unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogen.

Hilfsantrags 3b wird auf den Akteninhalt verwiesen.

4. Als den zur objektiven Problemlösung berufenen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Kunststofftechnik oder Verfahrenstechnik mit beruflicher Erfahrung in der Entwicklung von mechanischen Geräten für die Mundhygiene, der bezüglich medizinischer Fragestellungen mit einem Zahnarzt zusammenarbeitet.

[X.]

Aufgrund der nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Auslegung des Inhalts der Patentansprüche und der am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der Patentschrift orientierenden Betrachtung und Auslegung der Patentansprüche durch den angesprochenen Fachmann legt der Senat den Lehren nach Anspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde:

1. Der im Streitpatent als erfindungsgemäß beschriebene [X.] wie auch das Verfahren betreffen im [X.] der Lehre einen stabförmigen Träger aus einem ersten [X.], das die Stabilität des [X.]s bestimmt, und in Teilbereichen seiner Oberfläche von zumindest einer Ein- oder Auflage bzw. einem Überzug aus einem zweiten weicheren [X.], wie dem anspruchsgemäßen thermoplastischen Elastomer, überdeckt ist, welches aufgrund seiner weichen Materialbeschaffenheit oder Gestaltung der Oberfläche besonders zur Reinigung der Zähne geeignet ist und auch bei der Herstellung leicht aufgebracht werden kann. Ein weiterer zentraler [X.]gedanke der Erfindung ist nach dem Vortrag der [X.] die in den verteidigten [X.] beanspruchte Verwendung desselben weichen zweiten [X.] sowohl für die [X.] als auch für die Griffhilfe.

2. In den [X.]uren 1a-1d der [X.]chrift ist eine erste Ausführungsform des patentgemäßen [X.]s gezeigt.

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Der beanspruchte [X.] besteht im grundsätzlichen Aufbau aus:

1. einem länglichen, stabförmigen Träger 11 aus einem ersten Kunststoffmaterial;

2. einer Ein- oder Auflage 14 zur Reinigung der Interdentalräume, die aus einem zweiten Kunststoffmaterial besteht und mindestens in Teilbereichen die Oberfläche des stabförmigen Trägers 11 überdeckt.

Das zweite Kunststoffmaterial ist weicher als das erste Kunststoffmaterial, und besteht aus einem thermoplastischen Elastomer, und ist auf das erste [X.] des Trägers 11 aufgespritzt (Abs. [0019]-[0020], [0027]-[0029]).

Die Stabilität des [X.]s wird im Wesentlichen von dem länglichen, stabförmigen Träger bestimmt, der aus dem ersten Kunststoffmaterial besteht. Das erste Kunststoffmaterial kann zur Erhöhung der Stabilität mit einer Faserverstärkung ausgerüstet sein. Die Reinigungswirkung wird im Wesentlichen durch die Ein- oder Auflage bestimmt (Abs. [0010]-[0011]).

Abbildung

In einer weiteren Ausgestaltung kann auf der Oberfläche der Ein- oder Auflage eine Strukturierung ausgebildet sein, die die Reinigungswirkung erhöht und zusätzlich eine Massagewirkung ausübt (Abs. [0013]). Eine solche Strukturierung ist in den [X.]uren 6a und 6b (punkt- oder noppenartige Erhebungen 14b; Abs. [0034]), in den [X.]uren 7a und 7b (ringförmige Einlagen 18; Abs. [0035]), in den [X.]uren 8a und 8b (in Längsrichtung verlaufende Einlagen 18; Abs. [0036]), sowie in den [X.]uren 10a und 10b (mit [X.] 21 versehene ringförmige Einlagen 18; Abs. [0038]) gezeigt.

Anstatt der in den [X.]uren 6a und 6b gezeigten punkt- oder noppenartigen Erhebungen 14b, kann die Strukturierung der Auflage 14 auch von mehreren in Längsrichtung des Trägers 11 hintereinander angeordneten, hervorstehenden Ringen gebildet sein, die sich über den gesamten Umfang oder nur über einen Teilbereich des Umfangs erstrecken und somit in Umfangsrichtung eine Diskontinuität besitzen ([Abs. [0034]).

Abbildung

In einer Ausgestaltung kann auch der [X.] 12 des stabförmigen Trägers 11 mit einer als Griffhilfe dienenden Strukturierung 16 versehen sein, die auch als Informationsträger, bspw. bezüglich des Herstellers, des Produktnamens oder der Produkteigenschaften, dienen kann ([X.]. 2a und 2b; Abs. [0024], [0030]).

In dem stabförmigen Träger 11 des [X.]s kann eine Ausnehmung 13 ausgebildet sein ([X.]. 1a, Abs. [0028]). Diese Ausnehmung 13 kann mit der aus einem zweiten Kunststoffmaterial bestehenden Einlage 14 derart ausgefüllt sein, dass sich zwischen dem Träger 11 und der Einlage 14 allseitig ein glatter, kontinuierlicher Übergang unter Vermeidung von Absätzen oder Kanten ergibt (Abs. [0028]). Die Einlage 14 folgt somit der Kontur des Trägers 11 und die Abmessungen des [X.]s stimmen mit denen des Trägers 11 überein (Abs. [0012]).

Abbildung

Der stabförmige Träger 11 kann sich auch zu seinem vorderen Ende 15 hin verjüngen bzw. spitz zulaufen ([X.]. 4a und 4b, Abs. [0032]). Dies erleichtert das Einführen des [X.]s in den [X.] (Abs. [0021]).

3. Einige Merkmale des [X.]es bedürfen der Erläuterung.

Merkmal 1.0

Als „[X.]“ ist in der Beschreibungseinleitung des [X.] eine Reinigungsvorrichtung für die Interdentalräume (Zahnzwischenräume) definiert (Abs. [0002]-[0003]). Als Beispiele sind u. a. Interdentalbürsten und Zahnstocher genannt (Abs. [0004]). Der Begriff „[X.]“ umfasst daher jegliche Vorrichtung, die zur Reinigung der Interdentalräume (Zahnzwischenräume) geeignet i[X.]

Merkmal 1.1

Der längliche, stabförmige Träger des [X.]s kann aus einem beliebigen ersten Kunststoff sein. Die im Abs. [0010] angegebenen [X.]ien sind lediglich vorzugsweise genannt.

Das Merkmal lässt überdies offen, ob der Träger selbst in den [X.] eintritt, oder weitere bspw. an dem Träger angebrachte Elemente.

Merkmal 1.2 / 1.2‘

Die Ein- oder Auflage muss zur Reinigung der Interdentalräume geeignet sein. Dazu muss sie bei der Anwendung des [X.]s so in Kontakt mit dem [X.] treten können, dass [X.]eisereste und Plaque aus dem [X.] entfernt werden können.

Die Ein- oder Auflage besteht aus einem zweiten Kunststoffmaterial, und somit aus einem anderen Kunststoffmaterial als der Träger.

Eine Auflage liegt auf der Oberfläche des Trägers auf, und bildet daher auf der Oberfläche des Trägers bspw. Erhebungen bzw. steht hervor. Dabei soll sich die Dicke des Trägers jedoch nicht wesentlich erhöhen (Abs. [0011]).

Eine Einlage ist dagegen in den Träger eingebettet, bspw. in eine Ausnehmung des Trägers (Abs. [0011]).

Merkmal 1.3 / 1.3‘

Die Stabilität des [X.]s soll im Wesentlichen von dem aus dem ersten Kunststoffmaterial bestehenden, länglichen, stabförmigen Träger bestimmt sein. Die Reinigungswirkung dagegen soll im Wesentlichen durch die Ein- oder Auflage bestimmt sein (Abs. [0010]-[0011]). Da die Ein- oder Auflage zur Stabilität des [X.]s nicht beitragen muss, kann ihr [X.] somit weicher als das des Trägers sein, wodurch eine schonende Reinigung des [X.] erzielt werden kann (Abs. [0015]).

Merkmal 1.4

Der Begriff „thermoplastisches Elastomer“ ist im Streitpatent nicht näher erläutert. Es sind lediglich Beispiele für in einer bevorzugten Ausführungsform miteinander verschweißbare Materialkombinationen für den Träger und die Ein- bzw. Auflage genannt (Abs. [0020]). Der Begriff ist daher nach dem Verständnis des zuständigen Fachmanns als ein elastischer Kunststoff (Elastomer), der bei Erwärmung plastisch verformbar ist (Thermoplast), auszulegen.

Merkmal 1.5

Die Verbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Kunststoffmaterial soll durch Aufspritzen des zweiten auf das erste Kunststoffmaterial erfolgen. Dieses Merkmal stellt im Vorrichtungsanspruch nur insoweit eine Einschränkung dar, als dass sich der Verfahrensschritt des [X.] bei der Herstellung der Vorrichtung in den raumkörperlichen Merkmalen des beanspruchten [X.]s (Erzeugnisses) wiederfindet.

Merkmal 1.6 / 1.6‘

Die Oberfläche der Ein- oder Auflage 14 soll strukturiert sein. Dadurch soll die Reinigungswirkung erhöht und zusätzlich eine Massage ausgeübt werden (Abs. [0013]). Die Oberfläche der Ein- oder Auflage 14 muss durch die Strukturierung somit derart uneben bzw. aufgeraut sein, dass die Reinigungswirkung gegenüber einer glatten Oberfläche erhöht i[X.]

Merkmal 1.7

1.3 / 1.3‘), Kunststoffmaterial besteht.

Diese Strukturierung soll als Griffhilfe dienen und so ein Abrutschen der Finger des Benutzers von dem [X.] des [X.]s verhindern (Abs. [0024]). Des Weiteren soll diese Strukturierung auch als Informationsträger dienen, und so dem Benutzer Informationen über bspw. den Hersteller, den Namen oder Eigenschaften des Produktes anzeigen (Abs. [0024]).

Merkmal 1.8

Das erste Kunststoffmaterial soll mit einer Faserverstärkung (bspw. Lang- bzw. Kurzglas-Faserverstärkung) ausgerüstet sein. Dadurch soll ein Träger geschaffen werden, der trotz relativ geringer Abmessungen sowohl ausreichend stabil als auch flexibel ist (Abs. [0010]).

Merkmal 1.9

Das zweite [X.] der Einlage soll in eine in dem Träger ausgebildete Ausnehmung eingebracht werden. Auf diese Weise kann erreicht werden, dass eine ausreichende Menge an zweitem [X.] vorhanden ist, ohne dass die Abmessungen des [X.]s übermäßig groß werden (Abs. [0011]). Dieses Merkmal schränkt den [X.] jedoch nicht auf eine bestimmte Größe oder Form der Ausnehmung ein.

Der Begriff „Ausnehmung“ ist im Sinne des [X.] auch nicht im einschränkenden Sinne zu verstehen, so wie es bspw. die [X.]uren 1a, 4a mit einer beidseitig begrenzten Ausnehmung zeigen, sondern auch in dem Sinne, dass eine zweite Begrenzung fehlen kann, wie die [X.]uren 5a und 5b belegen (vgl. Abs. [0033]), bei denen sich die Einlagen jeweils bis an die [X.]itze des [X.]s erstrecken und die in diesem Falle nur einseitig begrenzte zur [X.]itze hin offene Ausnehmung ausfüllen.

Merkmal 1.10

Durch einen glatten Übergang der Oberfläche der Einlage 14 in die benachbarten [X.] des Trägers 11 sollen scharfe Kanten bzw. Absätze und das daraus gegebenenfalls resultierende Problem des Festhakens des [X.]s vermieden werden (Abs. [0014], [0028]).

Merkmal 1.11

Um der Kontur des Trägers 11 folgen zu können, soll die Einlage 14, 18 genau die Ausnehmung ausfüllen, ohne aus dieser hervorzustehen. Die Abmessungen des [X.]s stimmen dann mit denen des Trägers überein (Abs. [0012]).

Merkmal 1.12

Dieses Merkmal sagt aus, dass die Querschnittsfläche des Trägers von seinem vorderen Ende 15 in Richtung seines hinteren griffseitigen Endes ([X.] 12) zunimmt, wobei eine spätere Abnahme des Querschnitts nicht ausgeschlossen ist ([X.]. 4b, 5b, 6b, 7b, 8b, 10b). Dadurch soll das Einführen des [X.]s in den [X.] erleichtert werden (Abs. [0021]). Über den Grad bzw. den Verlauf der Verjüngung bzw. Querschnittsflächenänderung sagt dieses Merkmal nichts aus.

[X.]

Der Gegenstand des zulässig geänderten jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß dem als Hauptantrag verteidigten Hilfsantrag 1 und gemäß dem Hilfsantrag 2 erweist sich als nicht patentfähig, da die jeweils beanspruchte Lehre zwar neu ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, Art. 54 EPÜ), jedoch für den angesprochenen Fachmann im Prioritätszeitpunkt des [X.] durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.]. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 56 EPÜ).

1. Der [X.] nach Anspruch 1 in der Fassung des als Hauptantrag zu prüfenden Hilfsantrags 1 ist neu. Er ergab sich für den Fachmann aber im Prioritätszeitpunkt in naheliegender Weise ausgehend von der [X.] i. V. m. seinem - bspw. durch die [X.], [X.], [X.], [X.] oder [X.] belegten - Fachwissen.

a. Als Ausgangspunkt für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist nicht zwingend auf das abzustellen, was in der Beschreibung des [X.] als der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe genannt ist ([X.], 607 - [X.]). Maßgeblich ist vielmehr, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet ([X.], 693, 695 - Hochdruckreiniger). Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln. Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen. Dabei kann das als Aufgabe der Erfindung Bezeichnete einen Hinweis auf das richtige Verständnis enthalten ([X.], 602, 605, [X.]. 27 - Gelenkanordnung).

In der mündlichen Verhandlung erklärte die Beklagte, dass sie gemäß ihrem Schriftsatz vom 3. Februar 2017 (vgl. a. a. O. S. 6 Rdn. 19) die von der Erfindung in der verteidigten Fassung zu lösende objektive Aufgabe darin sieht, den [X.] in besonders kosteneffizienter Weise so auszugestalten, dass er sich besser greifen und festhalten lasse und ein Abrutschen mit den Fingern bei der Verwendung des Reinigers sicher vermieden werde, und dass ein Branding ohne zusätzlichen Herstellungsaufwand realisiert werden könne.

Bei der objektiven Betrachtung dessen, was der erfindungsgemäße [X.] in seiner beanspruchten Merkmalskombination gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Angaben im Streitpatent tatsächlich zu leisten vermag, sieht auch der Senat die der Erfindung zugrunde liegende objektive Problemstellung darin, einen [X.] zu schaffen, der möglichst kostengünstig hergestellt werden kann, aber auch sowie einfach und sicher zu handhaben ist, insbesondere bei der Anwendung gut zu greifen und festzuhalten i[X.]

b. Ausgehend von dieser objektiven Problemstellung war die Druckschrift [X.] 5 283 924 ([X.]) für den angesprochenen Fachmann ein geeignetes [X.]rungbrett zur aufgabengemäßen Problemlösung.

1.0], mit einem länglichen, stabförmigen Träger („elongate stem 2“) aus einem ersten [X.], bspw. Polykarbonat ([X.]. 3 Z. 50-52: „1.1], dessen Oberfläche ausgehend von einem Kragen („boss / stop projection 6“) bis zu seiner [X.]itze („distal tip 8“) von einem Überzug („tapered foam brush 4“ = Einlage) zur Reinigung der Interdentalräume ([X.]. 6 Z. 13-15: „Abbildung1.2].

1.3].

1.5].

1.6].

1.0 - 1.3, 1.5 u. 1.6 des beanspruchten [X.]s bekannt.

c. Bezüglich Merkmal 1.4 hat die Beklagte geltend gemacht, dass in der [X.] kein Überzug („brush 4“) aus einem thermoplastischen Elastomer gelehrt werde. Für den Überzug werde ein offenzelliges Schaummaterial verwendet, das aus Polyurethan oder Polyethylen bestehen könne. Reines Polyethylen sei ein thermoplastisches Material, aber kein thermoplastisches Elastomer. Bei Polyurethan könne es sich unter bestimmten Voraussetzungen um ein thermoplastisches Elastomer handeln. Die [X.] enthalte hierzu jedoch keinen Hinweis.

1.4]. Auch die hier nur gutachterlich angeführte [X.] 5 040 260 ([X.]) zeigt bspw. eine Zahnbürste ([X.]. 1; „toothbrush head 2“), bei der der Träger („handle 4“) aus einem harten Thermoplasten ([X.]. 3 Z. 50-53), und der Bürstenaufsatz („projections 10, 12“; „[X.]“; „[X.]“; [X.]. 1 u. 2) aus einem thermoplastischen Elastomer ([X.]. 4 Z. 62-63) hergestellt sind.

d. Zum Merkmal 1.7 führte die Beklagte an, dass es sich hierbei um einen zentralen [X.]gedanken der Erfindung handle, nämlich bei dem hier verwendeten zwei-Komponenten-[X.]ritzgussverfahren für die Griffhilfe bzw. den Informationsträger dasselbe weiche Material zu verwenden wie für die Ein- bzw. Auflage. Die Beklagte macht geltend, dass es ausgehend von der [X.] für den Fachmann keine Veranlassung gab, das offenporige Schaummaterial des Überzugs („brush 4“) als Griffhilfe bzw. zur Kennzeichnung des [X.]s zu verwenden. Denn aufgrund der Materialeigenschaften eines offenporigen [X.] sah der Fachmann dieses nicht als geeignet für den Überzug eines Griffes an. Als nachteilig für die Verwendung im Griffbereich erschienen dabei dem Fachmann eine mögliche Verschmutzung, der Härtegrad und die geringeren Reibeigenschaften eines offenporigen [X.]. Der Fachmann hätte daher Gummi, der griffiger als Schaummaterial sei, für die Griffhilfe verwendet. Auch sonst würden bei [X.]n bzw. Zahnbürsten im vorderen und hinteren Bereich gewöhnlich unterschiedliche Materialien verwendet.

1.7 ist dem Fachmann ausgehend von der [X.] nahegelegt.

Abbildung

Abbildung

Hierbei ist von dem in den abgebildeten [X.]. 11 u. 12 der [X.] gezeigten Ausführungsbeispiel auszugehen, bei dem der [X.] nicht in einem separaten Griff („brush handle 22“; [X.]. 5) gehalten ist, sondern mit einem größeren Durchmesser versehen als Griff („handle 202, 302“; [X.]. 9 Z. 7-38) des [X.]s benutzt werden kann. Da der Griff der Seitenzahnbürste in dieser Ausführungsform eine - wie die [X.]uren 11 u. 12 zeigen - offensichtlich glatte Oberfläche aufweist, auf der insbesondere bei Nässe die Finger leicht abrutschen könnten, bestand für den Fachmann Veranlassung auch bei der Seitenzahnbürste der [X.] eine Griffhilfe vorzusehen.

Solche Griffhilfen sind bei [X.], wie z. B. Zahnbürsten, auch üblich und dem Fachmann bekannt (vgl. als Beleg des Fachwissens bspw. [X.], [X.]; [X.], [X.]. 1 u. 2: „rings 11“; [X.], [X.]. 1: „Griffflächen 12, 13“, „Rillen 14“). Sie werden gewöhnlich in Form von weichen, rutschfesten Strukturierungen am Griff vorgesehen (vgl. hierzu gutachterlich die links dargestellten [X.]uren 1 u. 2 der [X.], die im Griffbereich („handle 3“, „[X.] portion 9“) in einer Ausnehmung („ring shaped recess“) eingebettete Ringe („circumferential rings 11“) aus einem weichen, elastischen bzw. rutschfesten Material zeigen (S. 4 Z. 9-28).

Für den Fachmann bestand auch Veranlassung, die Griffhilfe aus dem gleichen Material zu fertigen wie den Überzug zur Reinigung der Zahnzwischenräume. Denn wie der Überzug sollte die Griffhilfe aus einem weichen Material bestehen, da sich ein weiches Material besser greifen lässt und üblicherweise rutschfester ist als ein hartes Material. Außerdem konnte dadurch ein Fertigungsschritt eingespart und der [X.] kostengünstiger hergestellt werden, da sowohl der Überzug als auch die Griffhilfe im selben Prozessschritt gefertigt werden konnten.

Der Einwand der [X.] hinsichtlich einer möglichen Verschmutzung, die gegen die Verwendung des offenporigen [X.] im Griffbereich bei der [X.] sprechen würde, überzeugt nicht. Denn bei [X.]n handelt es sich üblicherweise um Wegwerfartikel, die nur wenige Male benutzt werden. Der Vorteil einer kostengünstigen Fertigung bei Verwendung desselben Materials für den Überzug („brush 4“ = Einlage) und den Griffbereich überwiegt in diesem Falle den möglichen Nachteil einer Verschmutzung. Da es sich bei dem offenporigen Schaummaterial um ein weiches Material handelt, ist es auch ebenso wie bei dem patentgemäßen [X.] als Griffhilfe für den Griffbereich geeignet.

Wegen des fertigungstechnischen Vorteils, das Material für den Überzug und die Griffhilfe in einem Arbeitsschritt aufbringen zu können, und des damit verbundenen Kostenvorteils hätte der Fachmann entgegen der Meinung der [X.] die Griffhilfe auch nicht aus Gummimaterial vorgesehen, sondern aus genau demselben Material wie den Überzug („brush 4“ = Einlage), denn auch der Schaum kann elastomere, also gummiartige Eigenschaften aufweisen. Zudem spielen die Reibeigenschaften des verwendeten Materials bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Griffhilfe in Form von bspw. griffigen ringförmigen Erhebungen, wie beim Stand der Technik (vgl. gutachterlich bspw. [X.], [X.], [X.]), nur eine untergeordnete Rolle im Hinblick auf ein sicheres Festhalten des [X.]s.

Zum [X.], wonach die Strukturierung auf dem [X.] als Informationsträger dienen soll, machte die Klägerin geltend, dass es sich bei dieser beanspruchten Funktion um ein nicht-technisches Merkmal handle, das lediglich der [X.] diene. Sie zielt damit auf die in Art. 52 Abs. 2 lit. d, Abs. 3 EPÜ bestimmten Nichterfindung, einer bei der Prüfung von Neuheit (hierzu [X.]. v. 6.5.2014, 4 Ni 22/12 – Verfahren zur Erzeugung eines digitalen Datensatzes) und erfinderischen Tätigkeit unbeachtlichen Lehre, die sich in der bloßen Wiedergabe einer Information als solche erschöpft und nach [X.] Rspr. von einer Lehre abzugrenzen ist, bei welcher das betroffene Merkmal erfindungsgemäß als konkretes technisches Mittel zur konkreten technischen Problemlösung eingesetzt wird und deshalb nicht vom Patentierungsausschluss erfasst wird ([X.], 125 – Wiedergabe topografischer Informationen; GRUR 2015,660 - Bildstrom; GRUR 2015, 1184 - Entsperrbild).

1.7].

Damit war der Fachmann auf naheliegende Weise beim Gegenstand des Anspruchs 1 in der als Hauptantrag verteidigten Fassung nach Hilfsantrag 1 angelangt.

2. Der [X.] nach Anspruch 1 in der mit Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung ist ebenfalls nicht patentfähig.

1.8 aufgenommen, wonach das erste [X.] des Trägers faserverstärkt i[X.]

Nach der Beschreibung des [X.] soll durch die Faserverstärkung ein ausreichend stabiler und auch flexibler Träger geschaffen werden (vgl. [X.]. 3 Z. 15-21). Dieses Merkmal soll somit die objektive Aufgabe lösen, die Festigkeit und Stabilität des länglichen, stabförmigen Trägers zu erhöhen.

Zum Prioritätszeitpunkt des [X.] gehörte es zum grundständigen Wissen des zuständigen Fachmanns, dass die Festigkeit eines Kunststoffs mittels einer Faserverstärkung erhöht werden kann. Es handelte sich somit um eine naheliegende handwerkliche Maßnahme, die zudem auch auf dem vorliegenden Gebiet der [X.] bekannt war (vgl. gutachterlich bspw. die [X.], die einen Zahnstocher („tooth pick 1“, [X.]. 1) mit einem stabförmigen Träger (blade 2) aus einem [X.]en elastischen Kunststoff zeigt (vgl. [X.]. 2 Z. 23-30)).

Auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 gelangte der Fachmann ausgehend von der [X.] daher auf naheliegende Weise.

IV.

Hilfsantrag 3a verteidigt wird, erweist sich dessen Gegenstand als patentfähig. Die Klägerin vermochte den Senat nicht davon zu überzeugen, dass sich der danach zulässig beanspruchte [X.] für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt in naheliegender Weise (Art. 56 EPÜ) aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik ergab.

1.2‘, 1.3‘ und 1.6‘). Des Weiteren sind noch die Merkmale 1.9 bis 1.12 neu aufgenommen, wonach die Einlage in einer in dem Träger ausgebildeten Ausnehmung angeordnet und die Oberfläche der Einlage glatt in die benachbarten Oberflächenbereiche des Trägers übergehen soll, und wobei die Einlage der Kontur des Trägers folgen und der Träger sich zu seinem vorderen Ende hin verjüngen soll.

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3a ist sowohl in den ursprünglichen Unterlagen (als [X.] [X.] veröffentlicht) offenbart als auch zum Gegenstand des [X.] gehörig. Er erweitert auch den Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1 nicht und ist somit zulässig.

1.0 bis 1.5 des Anspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3a gründen auf den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3 und 4, wobei die [X.] im Merkmal 1.2' (

1.6' (

1.7 (

1.8 (

1.9 bis 1.12 sind den ursprünglichen Ansprüchen 9 (Merkmal 1.9), 6 (Merkmal 1.10), 7 (Merkmal 1.11) und 12 (Merkmal 1.12) entnommen.

1.2‘, 1.3‘ und 1.6‘).

Die Zulässigkeit des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3a wurde von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht in Abrede gestellt.

2. Der [X.] nach Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3a war dem Fachmann durch die im Verfahren befindlichen [X.] nicht nahe gelegt.

a. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3a ist nunmehr auf eine Einlage beschränkt (Merkmale 1.2‘, 1.3‘ und 1.6‘), die gemäß dem neu gegenüber dem Hilfsantrag 2 aufgenommenen Merkmal 1.9 in einer in dem Träger ausgebildeten Ausnehmung angeordnet sein soll. Wie bereits zur Erläuterung der Merkmale des [X.]s unter [X.] 3. ausgeführt, ist der Begriff „Ausnehmung“ nicht einschränkend wie bspw. in den [X.]uren 4a u. 4b des [X.] mit einer beidseitigen Begrenzung zu verstehen, sondern auch in dem Sinne, dass eine zweite Begrenzung fehlen kann, wie die [X.]uren 5a und 5b belegen (vgl. Streitpatent, Abs. [0033]), bei denen sich die Einlagen jeweils bis an die [X.]itze des [X.]s erstrecken und die in diesem Falle nur einseitig begrenzte, zur [X.]itze hin offene Ausnehmung ausfüllen, wie dies auch bei dem aus der [X.] bekannten [X.] („[X.]“) der Fall i[X.] Denn auch dort bildet der sich distal vom Kragen („boss / stop projection 6“) des Trägers („elongate stem 2“) bis zur [X.]itze („distal tip 8“) hin ersteckende, einseitig offene Bereich eine Ausnehmung im Sinne des [X.] [= Merkmal 1.9]. Diesem Verständnis hat auch die Beklagte nicht widersprochen.

Abbildung

b. Nicht offenbart in der [X.] sind hingegen die Merkmale 1.10 - 1.12, wonach die Oberfläche der Einlage glatt in die benachbarten Oberflächenbereiche des Trägers übergehen und die Einlage der Kontur des Trägers folgen soll, sowie der Träger sich zu seinem vorderen Ende hin verjüngen soll.

Auszugehen ist hierbei von dem in den [X.]uren 11 u. 12 der [X.] gezeigten Ausführungsbeispiel, bei dem der [X.] nicht in einem separaten Griff („brush handle 22“; [X.]. 5) gehalten ist, sondern mit einem größeren Durchmesser versehen als Griffteil („handle 202, 302“; [X.]. 9 Z. 7-38) des [X.]s benutzt werden kann.

Abbildung

1.12 kann daher die Patentfähigkeit des nach Hilfsantrag 3a beanspruchten [X.] nicht begründen.

c. Die Ausgestaltung des patentgemäßen [X.]s nach den Merkmalen 1.10 und 1.11 hingegen war dem Fachmann ausgehend von der [X.] auch in Anbetracht des übrigen im Verfahren befindlichen Standes der Technik und auch unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens nicht nahegelegt.

aa. Bei dem in den [X.]uren 11 u. 12 der [X.] gezeigten Ausführungsbeispiel des bekannten [X.]s („[X.]“) wird der Überzug („brush 4“ = Einlage) auf die gleiche Art und Weise auf den Träger („stem 200“) aufgebracht, Abbildung

aufgebracht, wobei er den Träger 2 in diesem Bereich („brush support portion 3“) und auch den Kragen 6 umschließt. Der Kragen 6 erfüllt hierbei eine Stop-Funktion („[X.]“), die eine Bewegung des [X.]s über den [X.] der Backenzähne hinaus begrenzen soll (vgl. [X.]ur 9, [X.]. 8 Z. 34-37; „[X.]“, „[X.]“) und eine axiale Bewegung [X.] 4 auf dem Träger 2 bei der Anwendung verhindern soll ([X.]. 4 Z. 68 - [X.]. 5 Z. 4).

Abbildung

1.10 glatt in den proximal vom Kragen benachbarten Oberflächenbereich (nebenstehend grau gekennzeichnet) des Trägers („stem 2, 200“) über, sondern bildet - wie in der [X.]ur 1 gezeigt - eine Stufe. Auch folgt der Überzug im Bereich zwischen dem Handgriff 202, 302 und dem Kragen nicht gemäß dem Merkmal 1.11 der Kontur des Trägers, weil dort gar kein Überzug 4 vorgesehen i[X.] Um der Kontur des Trägers zu folgen, müsste nach der Definition im Streitpatent (vgl. Abs. [0012]) der Überzug (= Einlage) auch die Ausnehmung zwischen dem Handgriff 202, 302 und dem Kragen genau ausfüllen, ohne aus dieser hervorzustehen. Der Durchmesser des [X.]s der [X.] würden dann sowohl proximal als auch distal vom Kragen mit dem des Kragens in etwa übereinstimmen (vgl. auch die obige Erläuterung zu den Merkmalen des [X.]es unter [X.] 3.).

bb. Die Klägerin hat in der mündliche Verhandlung ausgeführt, dass es für den Fachmann naheliegend gewesen sei, beim [X.] der [X.] die Stufe proximal vom Kragen („boss 6“) durch Auffüllen dieses Bereiches mit dem Schaummaterial des Überzuges 4 zu beseitigen, um bspw. ein Verhaken des [X.]s im [X.] oder Verletzungen des Zahnfleisches bzw. der Zähne durch die Stufe bzw. Kanten zu vermeiden.

Dem kann nicht gefolgt werden. Wie bspw. in den [X.]uren 1, 2, 7 u. 9 der [X.] gezeigt, ist der Kragen („boss / stop projection 6“) des Trägers vollständig von dem weichen Überzug („foam brush 4“) umhüllt, so dass eine Verletzung durch die Kanten des Kragens bei Verwendung des [X.]s vermieden werden kann. Außerdem soll der Kragen u. a. eine Stop-Funktion („[X.], 40“) erfüllen, um eine Bewegung des [X.]s über den [X.] der Backenzähne hinaus zu begrenzen (vgl. [X.]ur 9, [X.]. 8 Z. 34-37). Dadurch wird der Nutzbereich des [X.]s auf den Bereich der Bürste („brush 4“) distal vom Kragen beschränkt, so dass auch ein Verhaken des [X.]s im [X.] sicher vermieden werden kann. Dies gilt auch für die Ausführungsform gemäß den [X.]uren 11 u. 12 mit Griffteil („handle 202“). Für den Fachmann bestand daher ausgehend von der [X.] gar keine Veranlassung, den Bereich zwischen dem Handgriff 202 und dem Kragen ebenso mit dem Überzug 4 aufzufüllen, wie den Bereich distal vom Kragen. In der [X.] findet sich folglich hierzu auch kein Hinweis, der den Fachmann zu diesem Schritt angeregt hätte.

cc. Auch das Argument der Klägerin, wonach durch das Auffüllen des Bereiches zwischen dem Handgriff 202 und dem Kragen und der daraus resultierenden Vermeidung einer Stufe eine Beschädigung der Schaumstoffbürste („foam brush 4“) beim Entnehmen aus der Verpackung vermieden werden könne, kann nicht überzeugen. Denn der Fachmann wird den Schaumstoff des Überzugs selbstverständlich so stabil ausgestalten, dass Beschädigungen vermieden werden können.

dd. Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften gaben dem Fachmann keine Hinweise bzw. Anregungen, die ihn veranlasst hätten, bei der [X.] den Bereich zwischen dem Handgriff 202, 302 und dem Kragen mit Schaummaterial aufzufüllen. Dies gilt auch für die [X.], die einen Zahnkeil („[X.]“) zeigt, der in der Zahnmedizin bspw. beim Einbringen von Zahnfüllungen zum [X.] von Zähnen eingesetzt wird (vgl. [X.]uren 1 u. 2), und somit eine andere Anwendung betrifft. Dieser Druckschrift kann der Fachmann daher keine Anregung im Hinblick auf eine Abänderung des Dentalreinigers der [X.] entnehmen.

Das gilt auch für das allgemeine Fachwissen oder Fachkönnen, das insbesondere insoweit nicht als ein Standard-Repertoire ([X.], 461 - [X.]; [X.], 647 - Farbversorgungssystem) vom Fachmann herangezogen werden konnte und naheliegend zur anspruchsgemäßen Lösung ausgehend von der [X.] hätte führen können. Denn hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3a ist daher neu gegenüber dem Stand der Technik und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Mit dem Patentanspruch 1 haben auch die auf ihn zurückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7 Bestand.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Klägerin sind die Kosten zu 2/3, der [X.] die Kosten zu 1/3 aufzuerlegen.

Soweit die Patentinhaberin als Beklagte des [X.] geltend macht, dass der Klägerin unabhängig vom Erfolg der Klage bereits deshalb ein Teil der Kosten aufzuerlegen sei, weil sie keine Veranlassung zur Klage hinsichtlich der angegriffenen [X.] gegeben habe, teilt der Senat diese Auffassung. Denn die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage sämtliche Ansprüche des [X.] angegriffen, ohne die Beklagte zuvor zum Verzicht aufzufordern, obwohl im Verletzungsverfahren insbesondere die streitgegenständlichen erteilten [X.] 21 bis 23 des [X.] nicht zur Stützung der Verletzungsklage herangezogen worden sind. Die Beklagte hat demgegenüber bereits in ihrem „[X.]“ mit Schriftsatz vom 2.10.2015 „verbindlich und unwiderruflich“ erklärt, das [X.] nur im eingeschränkten Umfang hinsichtlich der beschränkten [X.] mit dem 14 Ansprüche umfassenden Anspruchssatz zu verteidigen. Sie hat deshalb auch aus Sicht des [X.] jedenfalls keine Veranlassung zur Klage in Bezug auf die nicht verteidigten [X.] 21 bis 23 des [X.] gegeben und sich zutreffend auf die auch im [X.] nach § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] entsprechend anwendbare Vorschrift des § 93 ZPO berufen.

1. Eine Kostentragung des Klägers nach § 93 ZPO im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem [X.] kommt nur dann in Betracht, wenn die Beklagte durch ihr Verhalten zur Erhebung der Klage keinen Anlass gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt (vgl. [X.] 1984, 272, 276 - Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung; [X.]/Busse, [X.], 8. Aufl., § 84 Rn. 22).

a. Letztere Voraussetzung des sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO steht vorliegend außer Zweifel, da die Beklagte bereits insoweit ihren nach § 82 Abs. 3 [X.] eingelegten Widerspruch beschränkt und gleichzeitig das Streitpatent nur mit eingeschränkten Anspruchssätzen unter Verzicht auf weitergehenden Schutz auch für die Vergangenheit verteidigt hat. Insoweit ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, dass dieses Verhalten dem von § 93 ZPO vorausgesetzten prozessualen Anerkenntnis nach § 307 ZPO für die Beurteilung der Kostenlast gleichkommt, da ein derartiges prozessuales Anerkenntnis im [X.] als ausgeschlossen angesehen wird (hierzu [X.]/Busse a. a. O., § 84 Rn. 22 m. w. N.).

b. Veranlassung zur Klageerhebung ergibt sich nach § 93 ZPO grundsätzlich dann, wenn das Verhalten des [X.] vor Prozessbeginn gegenüber dem Kläger so gestaltet war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen ([X.]/[X.], ZPO, 37. Aufl., § 93 Rn. 4). Im Patentnichtigkeitsverfahren ist dies grundsätzlich dann der Fall, wenn der Kläger den [X.] unter substantiierter Angabe der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe und mit angemessener Fristsetzung erfolglos zum Verzicht auf das Schutzrecht aufgefordert hat (B[X.] [X.], 325, 326 - Kostenauferlegung bei Verzicht aus Streitpatent; zum Gebrauchsmusterlöschungsverfahren: B[X.]E 26, 139, 140; 21, 38, 39; ferner Busse/[X.], [X.], 8. Aufl., § 84 Rn. 22 und Rn. 24; differenzierend und teilweise zusätzlich Androhung eines Löschungsverfahrens fordernd: B[X.]E 21, 38, 39). Eine solche Verzichtsaufforderung ist nach dem unbestrittenen Vorbringen der [X.] vorliegend nicht erfolgt.

2. Die Aufforderung zum Verzicht ist jedoch dann entbehrlich, wenn sie unzumutbar, oder aussichtslos ist oder wenn das Verhalten der [X.] vernünftigerweise den Schluss rechtfertigt, eine Nichtigkeitsklage sei notwendig ([X.]/ Busse, a. a. O., § 84 Rn. 23 m. w. N.). Der Senat teilt die Auffassung (unter Aufgabe seiner früheren Rspr. [X.], 325 - Kostenauferlegung bei Verzicht aus Streitpatent), dass dies jedenfalls dann grundsätzlich zu bejahen ist, wenn - wie im vorliegenden Fall - von den [X.] bereits eine Verletzungsklage aus dem Streitpatent gegen die Klägerin erhoben worden ist, da eine Verzichtsaufforderung unter diesen Umständen unzumutbar und sinnlos erscheint, und in diesem Fall der Patentinhaber mit einem sofortigen Gegenangriff einer Nichtigkeitsklage rechnen muss. Angesichts der sich über § 148 ZPO ergebenden Verknüpfung von Verletzungs- und [X.] und dem Umstand, dass geschätzt 80% aller Verletzungsverfahren Anlass für die unverzögerliche Erhebung einer Nichtigkeitsklage sind, erscheint die Annahme, der Patentinhaber könne noch vor der Erhebung einer Nichtigkeitsklage mit einer Verzichtsaufforderung rechnen und gebe erst dann [X.], lebensfremd und nicht sachgerecht.

a. Zutreffend ist deshalb nach überwiegender Meinung [X.] gegeben, wenn - wie hier - gegen den Nichtigkeitskläger bereits eine auf das Streitpatent gestützte Verletzungsklage erhoben worden ist und Ausdruck der sich aus § 148 ZPO ergebenden Verknüpfung von Verletzungs- und [X.] i[X.] Dann muss der Patentinhaber ohne Vorwarnung mit dem Gegenangriff der Nichtigkeitsklage rechnen (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl., § 84 Rn. 41; [X.]/Busse/, a. a. O., § 84 Rn. 24; B[X.]E 22, 285, 289 = [X.] 81, 34 L ([X.]); B[X.] GRUR 1987, 233; B[X.] Beschl. v. 14.11.2012 - 3 Ni 16/12; offen lassend, da eine Androhung der Nichtigkeitsklage im konkreten Fall ergangen war: [X.]. des [X.] v. 18.09.2014 - 4 Ni 10/14 (EP)). Dies folgt insbesondere auch unter Berücksichtigung der in § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] enthaltenen [X.]. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Klageerhebung und die mit [X.] verfolgte Verteidigung der [X.].

b. Allerdings muss berücksichtigt werden, ob der in Rede stehende Angriff auf das Streitpatent auch hinsichtlich seines Umfangs und eines uneingeschränkten Angriffs in dem vorbeschriebenen Zusammenhang durch ein paralleles Verletzungsverfahren veranlasst ist und dieses eine Verzichtserklärung entbehrlich macht. Insoweit sieht der Senat im konkreten Fall eine Differenzierung zu den Vorrichtungsansprüchen deshalb als gerechtfertigt, weil den nicht verteidigten Verfahrensansprüchen eine abweichende Patentkategorie und Nebenordnung und damit eine eigenständige Bedeutung als Verfahrensgegenstand (hierzu [X.]/Voß, ZPO Kommentar § 263 Rn. 26) gegenüber den vorliegend im Verletzungsklageverfahren allein maßgeblichen Vorrichtungsansprüchen zukommt und die Verfahrensansprüche deshalb abseits der Klageansprüche im Verletzungsverfahren stehen.

Bezüglich der nicht verteidigten [X.] ist danach die Kostenlast nach § 93 ZPO der Klägerin aufzuerlegen, was für die nach § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] i. V. m. § 92 ZPO zu treffende Kostenentscheidung im Ansatz eine hälftige Kostenlast bezogen auf die Gewichtung des Verhältnisses sämtlicher Ansprüche untereinander rechtfertigt, da der nebengeordnete [X.] 21 auf die Herstellung eines [X.]s gerichtet ist, der den Merkmalen nach Anspruch 1 entspricht und sich deshalb ohne inhaltliche Änderung nur in der Patentkategorie unterscheidet und einen zu Anspruch 1 vergleichbar weiten Schutzgegenstand und –umfang umfas[X.]

c. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass andererseits auch Patentansprüchen abweichender Kategorie im [X.] nicht ohne weiteres eine eigenständige Betrachtung hinsichtlich ihres angegriffenen [X.] und des Angriffs auf fehlende Patentfähigkeit zukommt, solange diese - wie vorliegend - keine sachlich unterschiedlichen Lösungen enthalten oder jedenfalls hierauf keine eigenständige isolierte Verteidigung gerichtet wird ([X.] 2017, 57 - Datengenerator). Dies rechtfertigt allerdings als solches nach Ansicht des [X.] noch keine andere Bewertung im Rahmen des § 93 ZPO für die erforderliche [X.] und die Notwendigkeit eines Angriffs auch dieser im Verletzungsstreit nicht gegenständlichen Ansprüche durch eine Nichtigkeitsanklage ohne vorherige Verzichtsaufforderung. Insoweit erscheint es dem Senat insbesondere auch aus Billigkeitsgründen nach § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] zumutbar, dass die Klägerin nicht ohne Vorwarnung und Verzichtsaufforderung die Patentinhaberin mit einer auch hierauf gerichteten Nichtigkeitsklage überrascht. Im Ergebnis sieht der Senat deshalb vorliegend eine Differenzierung zu den weiteren - im Übrigen von der [X.] auch vorliegend im [X.] verteidigten - abhängigen Vorrichtungsansprüchen als gerechtfertigt an, für welche die Beklagte folgerichtig auch selbst nicht Kostenauferlegung nach § 93 ZPO beantragt hat.

3. Dies führt unter Einbeziehung des im Übrigen auch nur eingeschränkt erfolgreichen Angriffs der Klägerin auf die verteidigten Vorrichtungsansprüche kostenmäßig zu einem überwiegenden Unterliegen der Klägerin. Zu berücksichtigen ist insoweit zu ihren Gunsten, dass die Beklagte das Streitpatent in der erteilten Fassung nicht mehr verteidigt hat und mit den Fassungen nach den Hilfsanträgen 1 und 2 nicht durchdringen konnte, sondern sich erst die durch die technische Ausbildung der im Trägermaterial des beanspruchten [X.]s eingebetteten Einlage gemäß der erheblich eingeschränkten Fassung des Hilfsantrags 3a als bestandsfähig erwies. Da der Schutzumfang des [X.] somit in einem nicht nur unerheblichen Umfang eingeschränkt wurde und der Angriff der Klägerin auf die Vorrichtungsansprüche überwiegend erfolgreich war, bewertet der Senat das Unterliegen der [X.] insgesamt auf 1/3 und das der Klägerin auf insgesamt 2/3 des Gebührenstreitwerts.

VI.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 [X.], 709 ZPO.

Meta

4 Ni 31/15 (EP)

27.06.2017

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

§ 93 ZPO § 148 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 27.06.2017, Az. 4 Ni 31/15 (EP) (REWIS RS 2017, 9044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9044

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