Bundespatentgericht, Urteil vom 22.04.2021, Az. 1 Ni 14/19 (EP)

1. Senat | REWIS RS 2021, 6638

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Verfahren zum Herstellen eines Dekorteils für einen Fahrzeuginnenraum" – mangelnde Patentfähigkeit – europäisches Patent


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

gegen

betreffend das europäische Patent 2 930 066

([X.] 2015 000 627)

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung am 22. April 2021 durch die Präsidentin [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.], [X.] Heimen, [X.] [X.] und die Richterin Dipl.-Ing. Univ. Peters

für Recht erkannt:

[X.] Das Patent EP 2 930 066 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 8. April 2015 unter Inanspruchnahme der [X.] Priorität DE 10 2014 105 065 vom 9. April 2014 beim [X.] angemeldeten Patents EP 2 930 066, dessen Erteilung am 1. März 2017 veröffentlicht wurde und das die Bezeichnung „Dekorteil für einen Fahrzeuginnenraum, Verfahren zum Herstellen des Dekorteils und Vorrichtung zum Herstellen des Dekorteils und zur Durchführung des Verfahrens“ trägt. Das Streitpatent umfasst in der erteilten Fassung insgesamt 6 Patentansprüche. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des [X.] in vollem Umfang.

2

Der Anspruch 1 des [X.] in der Fassung gemäß [X.] hat folgenden Wortlaut:

3

„1. Verfahren zum Herstellen eines Dekorteils (10) für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) wenigstens zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei jeweils zwei übereinanderliegende Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) zwischen sich eine Grenzfläche (18; 23, 24) definieren, und wobei die wenigstens eine Grenzfläche (18; 23, 24) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

4

gekennzeichnet durch folgende Schritte:

5

- Bereitstellen eines Rohlings umfassend den Träger (11) mit der durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12) in einer zur Aufnahme des Rohlings vorgesehenen Unterform eines [X.]s,

6

- Durchführen eines ersten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer ersten Oberform zusammengeführt wird und anschließend im [X.] eine erste Lackschicht (14; 20) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegebene Oberflächenstruktur aufgebracht wird,

7

- Durchführen eines zweiten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer zweiten Oberform zusammengeführt wird und anschließend eine zweite Lackschicht (15; 21) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der zweiten Oberform vorgegebene Oberflächenstruktur aufgebracht wird.“

8

Hieran schließen sich rückbezogen die Patentansprüche 2 bis 4 des [X.] mit folgendem Wortlaut an:

9

„2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Lackierschritt und/oder der zweite [X.] und/oder Spritzgießen und/oder Walzen und/oder Drucken, insbesondere Siebdrucken, umfassen.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Durchführen des ersten Lackierschrittes ein Prägeschritt durchgeführt wird, wobei die Unterform mit der ersten Oberform zusammengeführt wird und während des Zusammenführens eine Prägung auf der ersten Lackschicht mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegebenen Oberflächenstruktur übertragen wird.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass sich an den zweiten Lackierschritt wenigstens ein weiterer Lackierschritt mit wenigstens einer weiteren Oberform anschließt, bei dem wenigstens eine weitere Lackschicht (22) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der weiteren Oberform vorgegebene Oberflächenstruktur angegossen wird.“

Der nebengeordnete Anspruch 5 des [X.] hat folgenden Wortlaut:

„5. Vorrichtung zum Herstellen eines Dekorteils für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) wenigstens zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei jeweils zwei übereinanderliegende Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) zwischen sich eine Grenzfläche (18; 23, 24) definieren, und wobei die wenigstens eine Grenzfläche (18; 23, 24) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist, und zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4, umfassend ein [X.], insbesondere ein Gieß- und/oder Spritzgieß- und/oder Walz- und/oder Druckwerkzeug, mit einer Unterform und wenigstens zwei Oberformen, wobei die Unterform zur Aufnahme des Rohlings vorgesehen ist, und die Formflächen der Oberformen die Oberflächenstruktur der anzugießenden Lackschichten vorgeben.“

Hieran schließt sich rückbezogen der Patentanspruch 6 des [X.] mit folgendem Wortlaut an:

„6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Unterform drehbar gelagert ist und damit durch entsprechende Drehbewegung den wenigstens zwei Oberformen zuwendbar ist zur Durchführung der verschiedenen Aufbringungsschritte.“

Die Klägerin macht mit ihrer Klage den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit mangels Neuheit und erfinderischer Tätigkeit geltend. Sie stützt sich dabei u.a. auf folgende Dokumente:

[X.] [X.] 2003 / 0 197 307 [X.]

[X.] [X.] 2004 / 0 056 382 [X.],

[X.] [X.] 2012 / 0 043 702 [X.],

[X.] [X.] [X.] und

[X.] [X.] 031 814 [X.].

Im Prüfungsverfahren sind neben der Druckschrift [X.] noch folgende Druckschriften genannt worden:

D1 [X.] 2014 / 0 009 836 [X.]

D2 [X.] 4 748 062 A,

D3 [X.] 2003 / 0 235 679 [X.] und

D4 WO 03/ 042 727 [X.].

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung nach Hauptantrag. Auf den qualifizierten Hinweis des Senats vom 23. November 2020 hat die Beklagte zur [X.] Verteidigung des [X.] mit Schriftsätzen vom 29. Januar 2021 und vom 8. April 2021 geänderte Patentansprüche gemäß den [X.] 1 bis 3 eingereicht.

Nach Hilfsantrag 1, eingereicht mit [X.] vom 8. April 2021, entfallen die erteilten [X.] 3 und 4, die neuen Ansprüche 1 bis 4 haben folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber Hauptantrag hervorgehoben):

„1. Verfahren zum Herstellen eines Dekorteils (10) für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend

einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) wenigstens zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22), nämlich eine erste Lackschicht (14) und eine zweite, äußerste Lackschicht (15), umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15; 22) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei jeweils zwei übereinanderliegende die zwei übereinanderliegenden Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) zwischen sich eine Grenzfläche (18; 23, 24) definieren, und wobei die wenigstens eine Grenzfläche (18; 23, 24) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15; 22) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

gekennzeichnet durch wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

- Bereitstellen eines Rohlings umfassend den Träger (11) mit der durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12) in einer zur Aufnahme des Rohlings vorgesehenen Unterform eines [X.]s,

- Durchführen eines ersten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer ersten Oberform zusammengeführt wird und anschließend im [X.] eine die erste Lackschicht (14; 20) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegeben Oberflächenstruktur aufgebracht wird,

- Durchführen eines zweiten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer zweiten Oberform, deren Formfläche eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, zusammengeführt wird und anschließend eine die zweite Lackschicht (15; 21) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der zweiten Oberform vorgegebenen, im Wesentlichen glatten Oberflächenstruktur aufgebracht wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass die zur Durchführung des ersten Lackierschritts bereitgestellte erste Oberform eine Formfläche aufweist, die in Relation zur im Wesentlichen glatten Formfläche der zweiten Oberform eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist, und

dass die erste Lackschicht (14) mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegebenen Oberflächenstruktur aufgebracht wird, die in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberflächenstruktur der zweiten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Oberflächenstruktur aufweist.

2. Verfahren nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet, dass

der erste Lackierschritt und/oder der zweite [X.] und/oder Spritzgießen und/oder Walzen und/oder Drucken, insbesondere Siebdrucken, umfassen.

5. 3. Vorrichtung zum Herstellen eines Dekorteils für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend

einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) wenigstens zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22), nämlich eine erste Lackschicht (14) und eine zweite, äußerste Lackschicht (15), umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15; 22) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei jeweils zwei übereinanderliegende die zwei übereinanderliegenden Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) zwischen sich eine Grenzfläche (18; 23, 24) definieren, und wobei die wenigstens eine Grenzfläche (18; 23, 24) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15; 22) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

und zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 oder 2, umfassend

ein [X.], insbesondere ein Gieß- und/oder Spritzgieß- und/oder Walz- und/oder Druckwerkzeug, mit einer Unterform und wenigstens zwei Oberformen, einer ersten Oberform und einer zweiten Oberform,

wobei die Unterform zur Aufnahme des Rohlings vorgesehen ist, und die Formflächen der Oberformen die Oberflächenstruktur der anzugießenden Lackschichten vorgeben wobei die Formfläche der zweiten Oberform eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, die dazu vorgesehen ist, eine im Wesentlichen glatte Oberflächenstruktur der zweiten Lackschicht (15) auszubilden, und

wobei die Formfläche der ersten Oberform in Relation zur im Wesentlichen glatten Formfläche der zweiten Oberform eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist, die dazu vorgesehen ist, eine Oberflächenstruktur der ersten Lackschicht (14) auszubilden, die in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberflächenstruktur der zweiten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Oberflächenstruktur aufweist.

6. 4. Vorrichtung nach Anspruch 5 3,

dadurch gekennzeichnet, dass

die Unterform drehbar gelagert ist und damit durch entsprechende Drehbewegung den wenigstens zwei Oberformen zuwendbar ist zur Durchführung der verschiedenen Aufbringungsschritte.“

Die Ansprüche 1 und 3 nach Hilfsantrag 2, eingereicht mit [X.] vom 8. April 2021, haben folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber Hilfsantrag 1 hervorgehoben):

„1. Verfahren zum Herstellen eines Dekorteils (10) für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend

einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15), nämlich eine erste Lackschicht (14) und eine zweite, äußerste Lackschicht (15) umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei die zwei übereinanderliegenden Lackschichten (14, 15) zwischen sich eine Grenzfläche (18) definieren, an der die Lackschichten direkt aneinander grenzen, und wobei die Grenzfläche (18) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

- Bereitstellen eines Rohlings umfassend den Träger (11) mit der durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12) in einer zur Aufnahme des Rohlings vorgesehenen Unterform eines [X.]s,

- Durchführen eines ersten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer ersten Oberform zusammengeführt wird und anschließend im [X.] die erste Lackschicht (14) des [X.] (13) aufgebracht wird,

- Durchführen eines zweiten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer zweiten Oberform, deren Formfläche eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, zusammengeführt wird und anschließend die zweite Lackschicht (15) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der zweiten Oberform vorgegebenen, im Wesentlichen glatten Oberflächenstruktur aufgebracht wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass die zur Durchführung des ersten Lackierschritts bereitgestellte erste Oberform eine Formfläche aufweist, die in Relation zur im Wesentlichen glatten Formfläche der zweiten Oberform eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist, und

dass die erste Lackschicht (14) mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegebenen Oberflächenstruktur aufgebracht wird, die in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberflächenstruktur der zweiten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Oberflächenstruktur aufweist, und

dass die zweite Lackschicht (15) derart auf die erste Lackschicht (14) aufgebracht wird,

- dass die erste Lackschicht (14) und die zweite Lackschicht (15) zwischen sich eine Grenzfläche (18) definieren, an der die erste Lackschicht (14) und die zweite Lackschicht (15) direkt aneinander grenzen, und

- dass die Formfläche der ersten Oberform durch die Vorgabe der Oberflächenstruktur der ersten Lackschicht (14) die Struktur der Grenzfläche (18) zwischen erster Lackschicht (14) und zweiter Lackschicht (15) vorgibt,

- wobei die Grenzfläche (18) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist.

3. Vorrichtung zum Herstellen eines Dekorteils für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend

einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15), nämlich eine erste Lackschicht (14) und eine zweite, äußerste Lackschicht (15), umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei die zwei übereinanderliegenden Lackschichten (14, 15) zwischen sich eine Grenzfläche (18) definieren, an der die Lackschichten direkt aneinander grenzen, und wobei die Grenzfläche (18) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten, zweiten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

und zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 oder 2, umfassend

ein [X.], insbesondere ein Gieß- und/oder Spritzgießwerkzeug, mit einer Unterform und wenigstens zwei Oberformen, einer ersten Oberform und einer zweiten Oberform,

wobei die Unterform zur Aufnahme des Rohlings vorgesehen ist, wobei die Formfläche der zweiten Oberform eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, die dazu vorgesehen ist, eine im Wesentlichen glatte Oberflächenstruktur der zweiten Lackschicht (15) auszubilden, und

wobei die Formfläche der ersten Oberform in Relation zur im Wesentlichen glatten Formfläche der zweiten Oberform eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist, die dazu vorgesehen ist, eine Oberflächenstruktur der ersten Lackschicht (14) auszubilden, die in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberflächenstruktur der zweiten Lackschicht (15) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Oberflächenstruktur aufweist.“

Der auf den Verfahrensanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 2 und der auf den Vorrichtungsanspruch 3 rückbezogene Patentanspruch 4 sind gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 1 unverändert.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3, eingereicht mit [X.] vom 29. Januar 2021, hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber Hauptantrag hervorgehoben):

„1. Verfahren zum Herstellen eines Dekorteils (10) für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend

einen Träger (11) mit einer durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12), die eine als Sichtseite des Dekorteils ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12), wobei der Lackaufbau (13) wenigstens zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) umfasst, wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist, wobei jeweils zwei übereinanderliegende Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) zwischen sich eine Grenzfläche (18; 23, 24) definieren, und wobei die wenigstens eine Grenzfläche (18; 23, 24) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

gekennzeichnet durch wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

- Bereitstellen eines Rohlings umfassend den Träger (11) mit der durch den Träger (11) gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.] (12) in einer zur Aufnahme des Rohlings vorgesehenen Unterform eines [X.]s,

- Durchführen eines ersten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer ersten Oberform zusammengeführt wird und anschließend im [X.] eine erste Lackschicht (14; 20) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegebene Oberflächenstruktur aufgebracht wird,

- Durchführen eines zweiten Lackierschrittes, wobei die Unterform mit einer zweiten Oberform zusammengeführt wird und anschließend eine zweite Lackschicht (15; 21) des [X.] (13) mit einer durch die Formfläche der zweiten Oberform vorgegebenen Oberflächenstruktur aufgebracht wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass zwischen der Durchführung des ersten Lackierschritts und der Durchführung des zweiten Lackierschritts Elemente, insbesondere Symbole, auf die erste Lackschicht aufgesetzt werden.“

Hieran schließen sich die [X.] 2 bis 4 in der Fassung nach Hauptantrag an. Die Ansprüche 5 und 6 nach Hauptantrag entfallen. Wegen des vollständigen Wortlauts der Anspruchssätze nach den [X.] 1 bis 3 wird auf die Akte verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 2 930 066 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Patent die Fassung des [X.], überreicht mit [X.] vom 8. April 2021 erhält,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Patent die Fassung des [X.], überreicht mit [X.] vom 8. April 2021 erhält,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Patent die Fassung des [X.], überreicht mit [X.] vom 29. Januar 2021 erhält.

Die Klägerin ist insbesondere der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung des [X.] sei jedenfalls nicht neu gegenüber dem in der Druckschrift [X.] beschriebenen Verfahren und der Gegenstand des Patentanspruchs 5 nicht neu gegenüber den in den Druckschriften [X.], [X.], [X.] und [X.] beschriebenen Vorrichtungen. Insoweit seien diese Gegenstände nicht patentfähig.

Auch die Gegenstände der rückbezogenen [X.] seien nicht patentfähig. Entweder seien ihre Lehren gegenüber den in den Druckschriften [X.] bis [X.] offenbarten Lehren bereits bekannt oder zumindest in Kombination nicht erfinderisch bzw. erschienen dem Fachmann selbstverständlich.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Bei der Beurteilung der Patentfähigkeit, so die Beklagte, müssten auch die Merkmale des Erzeugnisses berücksichtigt werden, die in dem entgegengehaltenen Stand der Technik fehlten. So zeige der Gegenstand der Druckschrift [X.] kein entsprechendes Dekorteil für einen Fahrzeuginnenraum und sei schon deshalb nicht neuheitsschädlich. Darüber hinaus bestünden auch ansonsten erhebliche Unterschiede. So werde in der Druckschrift [X.] das Aufbringen lediglich einer transparenten bzw. transluzenten Lackschicht über Träger und Dekor (i.S.d. [X.]) gezeigt, aber nicht von wenigstens zwei solcher übereinanderliegenden Lackschichten. Zudem zeige die Druckschrift [X.] auch erkennbar keinen Träger mit einer durch den Träger gebildeten oder auf dem Träger angeordneten [X.], die eine als Sichtseite (des Dekorteils) ausgebildete Vorderseite aufweise. Denn diese Vorderseite werde jedenfalls durch zumindest eine der später aufgebrachten (nicht transparenten bzw. transzluzenten) Schichten überdeckt. Das Verfahren führe demnach nicht zu dem vom Streitpatent beanspruchten Erzeugnis. Diese Druckschrift [X.] offenbare noch nicht einmal eine Ausbildung einer in Relation zur glatten Oberfläche dreidimensionalen Struktur einer Grenzschicht zwischen zweier aufgebrachten Schichten. Für den Fachmann habe, sofern es darauf ankomme, auch keine Veranlassung bestanden, einen Verfahrensschritt zur Herstellung einer solchen dreidimensionalen Strukturierung vorzusehen. Hinsichtlich Hilfsantrag 3 ist die Beklagte insbesondere der Auffassung, dass eine zusätzliche Farbschicht auch nicht mit dem Aufsetzen von Elementen für einen 3-D-Effekt gleichzusetzen sei.

Auch die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen stünden der Patentfähigkeit nicht entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den weiteren Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, mit der der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54, 56 EPÜ geltend gemacht wird, ist zulässig. Sie ist auch begründet. Denn das Streitpatent erweist sich in der erteilten Fassung wie auch in den Fassungen nach den [X.] wegen mangelnder Patentfähigkeit als nicht rechtsbeständig und ist daher für nichtig zu erklären.

I.

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines [X.]s für einen Fahrzeuginnenraum und eine Vorrichtung zum Herstellen des [X.]s sowie zur Durchführung des Verfahrens (vgl. Abs. [0001] der Streitpatentschrift, im Folgenden mit [X.] kurzbezeichnet.

Nach der Beschreibung würden im Fahrzeuginnenraum zahlreiche [X.] eingebaut, beispielsweise Türverkleidungen, Konsolen- und Instrumentenverblendungen. Zu den [X.] zählten auch Bedientasten bzw. die Abdeckungen von Bedientasten. Das Streitpatent beschäftige sich mit solchen [X.], die einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau an der Vorderseite der [X.] aufweisen. Es sei bekannt, [X.] mit einfachen bzw. einlagigen Lackschichten zum Schutz gegen Beschädigungen und Verschmutzung bzw. zur Verbesserung der Optik zu versehen. Diese Lackschichten seien dabei vorwiegend glatt auf die [X.] aufgetragen bzw. sie bildeten am [X.] eine glatte Oberfläche. Das heiße, dass die Form des [X.]s zwar nachvollzogen werde, dabei jedoch die Oberfläche der Lackschicht nicht in sich strukturiert, sondern plan bzw. eben sei. Ebenso wirke die Oberfläche der Lackschicht für einen Betrachter im Wesentlichen plan bzw. glatt. Zum diesbezüglichen Stand der Technik verweist die [X.] auf die Druckschrift D1 (vgl. die Abs. [0002] bis [0004] der [X.]).

Es liege somit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen eines [X.]s und eine Vorrichtung zum Herstellen des [X.]s bzw. zur Durchführung des Verfahrens anzugeben, wobei das [X.] im Vergleich zu bekannten [X.] einen neuartigen Lackaufbau zur Erreichung oder Verstärkung einer dreidimensionalen optischen Tiefenwirkung aufweise (vgl. Abs. [0005] der [X.]).

2. Als maßgeblichen Fachmann definiert der Senat zum Verständnis des Streitgegenstandes und zur nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik einen Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik oder einen Absolventen des Hochschul-Studiengangs Industrie- und Produktdesign, der auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Innenausstattungsteilen für Kraftfahrzeuge, seit mehreren Jahren tätig ist. [X.] wird er einen auf dem Gebiet der Herstellungsverfahren von [X.] erfahrenen Fertigungstechnik-Ingenieur zu Rate ziehen.

II. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung erweist sich gegenüber der [X.] [X.] als nicht neu, so dass der [X.] des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54 EPÜ gegeben ist.

1. Zur Auslegung des Patentanspruchs 1

Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Patentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind ([X.], 1124 – [X.]). Dazu ist zu ermitteln, was sich aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt, wobei der Fachmann auch die Beschreibung und Zeichnung heranzuziehen hat ([X.], 559 – Informationsübermittlungsverfahren). Dies darf allerdings weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen ([X.], 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Begriffe in den Patentansprüchen sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift und Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln versteht.

Der Patentanspruch 1 lautet mit hinzugefügter [X.] des Senats wie folgt:

[X.] Verfahren zum Herstellen eines [X.]s (10) für einen Fahrzeuginnenraum, umfassend

1.1. einen Träger (11) mit einer

1.2.a. durch den Träger (11) gebildeten oder

1.2.b. auf dem Träger angeordneten [X.] (12),

1.2.1. die eine als Sichtseite des [X.]s ausgebildete Vorderseite (16) aufweist, und

1.3. einen zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten Lackaufbau (13) an der Vorderseite (16) der [X.] (12),

1.3.1. wobei der Lackaufbau (13) wenigstens zwei an der Vorderseite (16) der [X.] (12) ausgebildete, insbesondere angegossene, und übereinander angeordnete Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) umfasst,

1.3.1.1. wobei eine der [X.] (12) abgewandte Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine im Wesentlichen glatte Oberfläche aufweist,

1.3.1.2. wobei jeweils zwei übereinanderliegende Lackschichten (14, 15; 20, 21, 22) zwischen sich eine Grenzfläche (18; 23, 24) definieren, und

1.3.1.2.1. wobei die wenigstens eine Grenzfläche (18; 23, 24) in Relation zur im Wesentlichen glatten Oberfläche der Vorderseite (17) der äußersten Lackschicht (15; 22) eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweist,

gekennzeichnet durch folgende Schritte:

2. Bereitstellen eines Rohlings

umfassend

2.1. den Träger (11) mit der

2.2.a. durch den Träger (11) gebildeten oder

2.2.b. auf dem Träger angeordneten [X.] (12)

in einer zur Aufnahme des Rohlings vorgesehenen Unterform eines [X.]s,

3. Durchführen eines ersten Lackierschrittes, wobei

3.1. die Unterform mit einer ersten Oberform zusammengeführt wird und

3.2. anschließend im [X.] eine erste Lackschicht (14; 20) des [X.] (13)

3.2.1. mit einer durch die Formfläche der ersten Oberform vorgegebene Oberflächenstruktur

aufgebracht wird,

4. Durchführen eines zweiten Lackierschrittes, wobei

4.1. die Unterform mit einer zweiten Oberform zusammengeführt wird und

4.2. anschließend eine zweite Lackschicht (15; 21) des [X.] (13)

4.2.1. mit einer durch die Formfläche der zweiten Oberform vorgegebene Oberflächenstruktur

aufgebracht wird.

Der zuständige Fachmann entnimmt Merkmal [X.] ein Herstellungsverfahren der Patentkategorie Verfahren, das geeignet sein muss zum Herstellen eines Erzeugnisses, nämlich eines [X.]s für einen Fahrzeuginnenraum. Das fertige Erzeugnis umfasst – nicht abschließend – gemäß den [X.]n 1.1. bis 1.3. einen Träger mit einer durch den Träger selbst gebildeten [X.] oder mit einer auf dem Träger angeordneten und insoweit von diesem zu unterscheidenden, zusätzlichen [X.]. Die [X.] des mit dem Verfahren herzustellenden [X.]s weist – wenn im Fahrzeug verbaut – eine Vorderseite als dem Fahrzeuginnenraum zugewandte Sichtseite auf. Die Vorderseite der [X.] 12 ist in der [X.]. 1 der [X.], die die zweite Alternative illustriert, mit dem Bezugszeichen 16 kenntlich gemacht (vgl. die nachfolgend eingeblendete [X.]).

Abbildung

[X.]: [X.]. 1 der [X.]

Eine besondere Formgebung der [X.] 12 ist nicht beansprucht. Varianten der [X.] werden in den Ausführungsbeispielen gezeigt, denen sich sowohl im Wesentlichen glatte, mit Blick auf die [X.]. 1 der [X.] (vgl. [X.]), als auch beliebig dreidimensional strukturierte Oberflächen der Vorderseiten 16, mit Blick auf [X.]. 3 der [X.] (vgl. die nachfolgend eingeblendete [X.]) entnehmen lassen.

Abbildung

[X.]: [X.]. 3 der [X.]

Das [X.] umfasst weitere Schichten – zumindest zwei – gemäß der [X.] 1.3. als Teile eines zumindest teilweise transparenten und/oder transluzenten [X.] 13, die übereinanderliegend auf der Vorderseite 16 der [X.] 12 angeordnet sind. Dabei können die Schichten des [X.] sich unterscheiden hinsichtlich ihrer Transparenz und/oder ihrer Transluzenz (vgl. Abs. [0012] der [X.]). Lediglich für das Ausführungsbeispiel wird eine vollständige Transparenz des [X.] (vgl. u.a. Abs. [0037] der [X.]) genannt. Dabei weist die Vorderseite 17 der äußersten Lackschicht 15 des [X.] 13 gemäß Merkmal 1.3.1.1. eine im Wesentlichen glatte Oberfläche auf. Im Vergleich dazu weist die Fläche, die jeweils zwei übereinanderliegende Lackschichten zwischen sich definieren – im Streitpatent als Grenzfläche bezeichnet (vgl. [X.]. 18 in den [X.] und 2) – eine zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur auf ([X.] 1.3.1.2.). Diese kann – muss aber nicht – sich von der Formgebung der Oberfläche der [X.] unterscheiden (vgl. Abs. [0019] und [0020] der [X.]).

Mit der [X.] 2. wird in einem ersten von drei aufgeführten Verfahrensschritten ein zu lackierender Rohling in einer zu seiner Aufnahme vorgesehenen Unterform eines [X.]s bereitgestellt. Der Rohling umfasst den Träger mit der integralen [X.] (in der [X.] mit Suffix „a" markiert) oder mit einer als zusätzliche Schicht auf dem Träger angeordneten [X.] (mit Suffix „b" markiert). Über die Art und Weise der Bereitstellung in der Unterform erfährt der Fachmann sowohl aus dem Anspruch 1 als auch aus den weiteren Ausführungen in der [X.] nichts Konkreteres, als dass der Rohling in dieser unteren Werkzeughälfte eines [X.]s zu einer (weiteren) Bearbeitung bereitsteht. Als für das beanspruchte Verfahren geeignete [X.]e werden dem Fachmann ausdrücklich Gieß-, [X.]ritzgieß-, Walz- und/oder Druckwerkzeuge genannt (vgl. [X.]. 6, [X.] 9 bis 12 der [X.]), die zur Verarbeitung entsprechender „Lacke“ zur Ausbildung entsprechender Schichten geeignet sind, ohne dass der Anspruch hierzu nähere Vorgaben enthält.

Der nächste Verfahrensschritt gemäß [X.] 3. definiert die Vorgehensweise bei der Durchführung eines ersten Lackierschritts. Dabei wird die Unterform des [X.]s mit einer als erste Oberform bezeichneten Werkzeughälfte zusammengeführt und anschließend eine erste Lackschicht auf die [X.] des Rohlings aufgebracht. Die Art des „Lacks“ und dessen Aufbringung, bzw. welches Lackierverfahren zum Einsatz kommt, wird der Fachmann aus seiner fachmännischen Sicht heraus entscheiden, da ihm der Anspruch diesbezüglich keine weiteren Vorgaben macht. Die Auswahl des vom Fachmann in Abhängigkeit vom Lackmaterial bzw. [X.] anzuwendenden Lackierverfahrens wird somit lediglich dadurch bestimmt, dass ein nach Abschluss sämtlicher (notwendiger, auch möglicherweise weiterer fakultativer, nicht benannter bzw. beanspruchter) Verfahrensschritte ein [X.] hergestellt sein muss, dessen auf der [X.] befindlicher Lackaufbau zumindest teilweise transparent und/oder transzluzent ist. Wie vorstehend bereits herausgestellt, bietet ihm die [X.] dafür bereits mehrere Verfahren in nicht abschließender Aufzählung an (Gießen, [X.]ritzgießen, Walzen, Drucken) und unterstellt diesen die Verarbeitbarkeit entsprechender „Lacke“. Mit Merkmal 3.2.1. wird konkretisiert, dass die Oberflächenstruktur der ersten Lackschicht durch die Formfläche der Oberform, sprich der oberen Werkzeughälfte, vorgegeben ist, mithin die Oberform die Negativform des erzeugten Halbzeuges, bestehend aus dem „dekorierten“ Rohling und der auf der [X.] aufgebrachten ersten Lackschicht, ist. Diese Oberflächenstruktur ist aber nicht mit der dreidimensionalen Struktur in der Grenzfläche gleichzusetzen, da mit Verweis auf die Ausführungen zur [X.] 1.3.1.2. die [X.] eine dreidimensionale Struktur an der Grenzfläche zwischen den Lackschichten des „dekorierten“ Rohlings lehrt, bei der die dreidimensionale optische Tiefenwirkung erreichende oder verstärkende Grenzfläche u.a. auch durch auf die Oberflächenstruktur der Lackschicht aufgesetzten Elemente realisiert werden kann (vgl. Abs. [0009] der [X.]).

Mit [X.] 4. wird ein zweiter Lackierschritt gefordert, bei dem auf das bisher fertig gestellte und sich in der Unterform befindende Halbzeug, bestehend zumindest aus dem „dekorierten“ Träger, dem Rohling, und zumindest der auf der [X.] aufgebrachten ersten Lackschicht mit oder ohne aufgesetzten Elementen, eine zweite Lackschicht des [X.] in analoger Weise aufgebracht wird im [X.] an das Zusammenführen der Unterform mit einer zweiten Oberform. Die Festlegung der Art und Weise der Zuführungen der Oberformen zu der einen Unterform oder umgekehrt und mit welchen Maschinen er dies vorsieht, bleibt dem Fachmann überlassen; ist gleichsam in sein Belieben gelegt. Erst mit Anspruch 6 bzw. in Abs. [0033] der [X.] wird vorgeschlagen, die Unterform drehbar zu lagern und diese damit durch entsprechende Drehbewegungen den wenigstens zwei Oberformen zuzuwenden. Die zweite Lackschicht, deren Oberflächenstruktur ebenfalls durch die entsprechende Formfläche der zweiten Oberform vorgegeben ist, kann, wie den beiden vorangestellten [X.] und 2 zu entnehmen ist, die äußere, dem Fahrzeuginnenraum zugewandte Außenschicht sein. Weitere Schichten des [X.] bzw. weitere Verfahrensschritte sind aber keinesfalls ausgeschlossen. So lässt sich dem Anspruch 4 bzw. dem Ausführungsbeispiel nach der [X.]. 2 der [X.] (vgl. die nachfolgend eingeblendete [X.]) ein Lackaufbau 13 mit insgesamt drei Lackschichten 20, 21, 22 entnehmen, für den zumindest ein weiterer Verfahrensschritt, ein Lackierschritt, der ebenfalls in analoger Weise zu den beiden vorhergehenden Lackierschritten mit dann einer dritten Oberform durchgeführt werden kann, notwendig wird. Diese Variante umfasst dann zwei Grenzflächen (vgl. Abs. [0015], [0016] und [0043] der [X.]).

Abbildung

[X.]: [X.]. 2 der [X.]

2. Zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß Druckschrift [X.], er ist mithin nicht patentfähig.

Die Druckschrift [X.] offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines wie in der [X.]. 10 gezeigten [X.]s (vgl. die nachfolgend eingeblendete Abb. 4) mittels einer [X.]ritzgießmaschine 10 (vgl. [X.]. 1).

Abbildung

Abb. 4: [X.]. 10 der Druckschrift [X.]

Eine wie mit Merkmal [X.] weiterhin geforderte Eignung des [X.]s für einen Fahrzeuginnenraum spricht die Druckschrift [X.] zwar nicht an, jedoch ergibt sich hieraus auch keine gegenüber dem aus der Druckschrift [X.] hervorgehenden Verfahren folgende Besonderheit.

Kategoriefremde Angaben, wie eine [X.], die auf die Anwendung des hergestellten Erzeugnisses im Fahrzeuginnenraum abzielt, müssen grundsätzlich berücksichtigt werden – worauf die [X.] auch zurecht hingewiesen hatte –, jedoch nur im Hinblick darauf, inwieweit diese [X.] auf das beanspruchte Verfahren abstrahlt. Nach der Rechtsprechung des [X.] (GRUR 1986, 163 – Borhaltige Stähle) besteht die Lehre zum technischen Handeln bei Herstellungsverfahren in der Beschreibung der beiden eigentlichen Verfahrensmaßnahmen, nämlich der Wahl der Ausgangsstoffe und der Art der Einwirkung auf diese Stoffe. Nach Überzeugung des Senates lassen sich jedoch aus der hier in Rede stehenden [X.] keine verfahrenstechnischen Besonderheiten in der Wahl der Ausgangsmaterialien und der Einwirkung auf diese zum Zweck der Veränderung oder Bearbeitung ableiten. Das Streitpatent verhält sich hierzu auch nicht weiter. Und im Übrigen dokumentiert die Druckschrift [X.] unmittelbar ein [X.]ritzgießverfahren zur Herstellung von [X.] auch für Fahrzeuginnenräume, weil hinsichtlich Material, Verarbeitung und Stückgröße keine signifikanten Unterschiede erkennbar sind. So ist ohne weiteres und unmittelbar zu unterstellen, dass auch mit dem durch die Druckschrift [X.] bekannt gewordenen [X.]ritzgießverfahren [X.] hergestellt werden können, die die Eignung besitzen im Fahrzeuginnenraum zur Anwendung kommen zu können, mithin die Forderungen des Verfahrensmerkmals [X.] als vollständig erfüllt gelten, da der Fachmann diese sich aufdrängende Eignung mitliest.

Dem Abs. [0033] entnimmt der zuständige Fachmann das Bereitstellen eines zuvor in der [X.]ritzgießmaschine hergestellten Rohlings 40 (vgl. [X.]. 3) in einer zur Aufnahme des Rohlings vorgesehenen Unterform 20 gemäß [X.] 2.. Denn durch das Drehen der Arbeitsplattform wird die Unterform 20 zusammen mit dem dort als festes Werkstück 40 bezeichneten Rohling von einem ersten Arbeitsbereich 111 zu einem zweiten Arbeitsbereich 112 bewegt.

Im [X.] daran wird ein erster Lackierschritt in diesem Arbeitsbereich 112 durchgeführt, derart, dass die Unterform 20 mit einer ersten Oberform 50 zusammengeführt und anschließend im [X.] eine erste Lackschicht 60 (Grundierung) aufgebracht wird, indem Kunststoffmaterial, das einen „Lack“ i.S. des Streitpatents darstellt, durch den Kanal 53 in die verbliebene Kavität zwischen dem Rohling und der Oberform eingespritzt wird, wobei die Formfläche der Oberform zwangsläufig die Oberflächenstruktur vorgibt (vgl. [X.]. 4 i.V.m. Abs. [0034]). Mithin ist [X.] 3. entsprechend der gebotenen Lesart, die ein Aufbringen von hierfür geeignetem Material im [X.]ritzguss einschließt, ebenfalls erfüllt.

Gleiches gilt auch für die [X.] 4. mit Verweis auf die dortige [X.]. 8 i.V.m. Abs. [0039]. In analoger Weise wird durch den Kanal 83 Kunststoffmaterial in die Kavität zwischen dem beschichteten Rohling und der sich im vierten Arbeitsbereich 114 des [X.]s befindlichen Oberform 80 eingespritzt, wobei die Formfläche dieser Oberform ebenfalls die Oberflächenstruktur der eingespritzten Lackschicht 90 (transparente Deckschicht) bestimmt.

Somit entnimmt der zuständige Fachmann der Lehre der Druckschrift [X.] sämtliche explizit aufgeführten Verfahrensmerkmale.

Die Erzeugnismerkmale der [X.]n 1.1 bis 1.3 sind ebenso wie die vorstehend genannte [X.] des Merkmals [X.] nur insoweit beachtlich, wie sie das beanspruchte Verfahren mitdefinieren. Nach Überzeugung des Senates können diese Merkmale bzw. deren für die Kategorie Verfahren relevanten Implikationen die mit den [X.]n 2. bis 4. aufgestellten Verfahrensschritte nicht soweit weiterentwickeln, dass ein gegenüber dem in der Druckschrift [X.] offenbarten Verfahren abweichendes Verfahren gemäß Patentanspruch 1 vorliegen würde.

[X.] 1.1. benennt ein Ausgangsmaterial, den Träger, ohne weitere Details. Auf diesem kann fakultativ eine separate, als [X.] bezeichnete Schicht mit [X.] 1.2. angeordnet sein. Angaben zu einem bestimmten Material oder Form des „dekorierten“ Trägers, das möglicherweise eine besondere Behandlung bzw. einen daraus resultierenden Verfahrensmaßnahme nach sich ziehen könnte, fehlt dieser [X.] vollständig.

Mit [X.] 1.3. wird ein wenigstens zwei Lackschichten umfassender Lackaufbau genannt, der zumindest teilweise transparent und/oder transluzent sein soll. Der zuständige Fachmann entnimmt der Druckschrift [X.] eine transparente Lackschicht 90 (a.a.[X.]), womit die Forderung eines teilweise transparenten und/oder transluzenten [X.] bereits erfüllt wäre, unabhängig von den physikalischen Eigenschaften der zumindest einen weiteren Lackschicht (Grundierungsschicht 60), wobei letztere im Übrigen auch zumindest transluzent sein muss, da diese, wie den dortigen Ausführungen in Abs. [0035] i.V.m. [X.]. 5 zu entnehmen ist, nach dem Verfahrensschritt des Lackauftragens durch einen weiteren Verfahrensschritt einer Bestrahlung mit UV-Licht getrocknet wird und insoweit partiell lichtdurchlässig sein muss.

Die weiter mit dieser [X.] 1.3. geforderte dreidimensionale Struktur ist, wie vorstehend dargelegt, nicht zwingend gleichzusetzen mit der Oberflächenstruktur der ersten Oberform gemäß [X.] 3., da diese spezielle Formgebung in der Grenzfläche der Lackschichten auch durch auf die innere Lackschicht aufgesetzte Elemente realisiert werden kann (vgl. Abs. [0009] der [X.]). Das Herstellen der dreidimensionalen Strukturgebung muss, da der Anspruch 1 keine weiteren Vorgaben macht, als weiterer, dem zuständigen Fachmann bekannter, zum Stand der Technik gehörender Verfahrensschritt mitgelesen werden, bei unterstellter Ausführbarkeit. Im Übrigen offenbart die Druckschrift [X.] ebenfalls zwei zusätzliche alternative Verfahrensschritte zur Erzeugung einer dreidimensionalen Struktur zwischen zwei Lackschichten: das Aufbringen einer zusätzlichen, eine Kante erzeugenden Farbschicht 70 oder das „engraving“ (vgl. Abs. [0037] i.V.m. [X.]. 6 und 7).

Mithin ist die Gesamtheit der im geltenden Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale entsprechend dem beizumessenden Sinngehalt bereits bei dem in der Druckschrift [X.] beschriebenen Verfahren verwirklicht.

Ausführungen zum nebengeordneten Patentanspruch 5 erübrigen sich, da die [X.] den Anspruchssatz als Ganzes verteidigt.

III. Zu den Fassungen nach den Hilfsanträgen

Die ursprünglich offenbarten Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den [X.] 1 und 2 ergeben sich jedenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 erweist sich gegenüber der [X.] [X.] als nicht neu, so dass die Nichtigkeitsgründe des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54, 56 EPÜ gegeben sind.

1. Hilfsanträge 1 und 2

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2. Nachdem letzterer – wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen – nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht patentfähig.

1.1 Zur Auslegung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des [X.] weist gegenüber dem Gegenstand des [X.] die nachfolgend geänderten Merkmale auf:

1.3.1.

1.3.1.1.

1.3.1.2.

1.3.1.2.1.

3.2.

3.2.1.,

4.2.

4.2.1.

und die neu hinzugekommenen Merkmale:

1.3.1.2.0.

3.1.1

4.1.1.

4.2.2.

4.2.2.1.

4.2.2.2.

Der zuständige Fachmann entnimmt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ein gegenüber dem Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag dahingehend zulässig beschränktes Verfahren, als dass nunmehr lediglich zwei auf den „dekorierten“ Rohling aufzubringende, eine Grenzfläche zwischen sich definierende Lackschichten betrachtet werden (nach Hauptantrag waren noch beliebig viele Lackschichten umfasst – Beispiel hierfür ist die [X.]. 3 der [X.] (vgl. [X.])), die im Sinne des Streitpatents den neuartigen Lackaufbau zur Erreichung oder Verstärkung einer dreidimensionalen optischen Tiefenwirkung bestimmen sollen (a.a.[X.]). Dabei grenzen diese beiden Lackschichten, die erste Lackschicht 14 und die zweite, äußerste Lackschicht 15 direkt aneinander (Merkmal 1.3.1.2.0. 3. des [X.] beim Durchführen des ersten Lackierschrittes. Denn mit Merkmal 3.2.1. 4.2.1. 2. als Verfahrensschritt genannt ist, werden auch weitere nicht genannte bzw. beanspruchte Verfahrensschritte vom Fachmann weiterhin mitgelesen, wie z. Bsp. ein Entfernen des – u.U. nach dem Aufbringen der beiden Lackschichten des möglicherweise noch unfertigen – [X.]s aus der Unterform). Ausgeschlossen sind jedoch solche Verfahrensschritte, die die Formgebung der einzigen Grenzfläche bestimmen, wie beispielsweise derjenige, der in Abs. [0009] der [X.] beschrieben ist (aufgesetzte Elementen, wie Symbole auf die erste Lackschicht zur Erzeugung einer dreidimensionalen Struktur: diese werden im Übrigen relevant bei den Gegenständen nach Hilfsantrag 3, vgl. nachfolgende Ausführungen unter Ziffer III.2.).

1.2. Zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil er sich in naheliegender Weise aus dem Gegenstand der Druckschrift [X.] i.V.m dem Wissen des Fachmanns ergibt.

Wie bereits bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgeführt, sind sämtliche dort beanspruchten Merkmale als bekannt aus der Druckschrift [X.] nachgewiesen; mithin gilt das beanspruchte Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag als nicht neu; auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer II.2 wird vollumfänglich verwiesen.

Die abgeänderten oder hinzugenommenen Merkmale verändern und beschränken das streitpatentgemäße Verfahren, wie vorstehend dargelegt, dahingehend, dass die die im Sinne des Streitpatents zumindest abschnittsweise dreidimensionale Struktur aufweisende, einzige Grenzfläche ihre Struktur durch die dazu komplementäre Struktur der ersten Oberform erhält.

Verfahren für sich, mit denen eine irgendwie geartete konturierte Struktur als [X.]itivstruktur eines [X.]s erzeugt werden soll, mittels einer dazu komplementären Struktur (einer Negativstruktur) einer Formwerkzeuginnenfläche einer [X.]ritzgießmaschine, sind jedoch dem eingangs genannten zuständigen Fachmann geläufig, der bedarfsweise einen auf dem Gebiet der Herstellungsverfahren von [X.] erfahrenen Fertigungstechnik-Ingenieur zu Rate ziehen wird. Beispielhaft sei hierzu lediglich auf die Druckschrift [X.] hingewiesen, die ein solches Verfahren insbesondere auch für den Automobilbereich (vgl. Abs. [0008] und [0018] i.V.m. [X.]. 1 und 2) beschreibt.

Der zuständige Fachmann, der bei der Weiterentwicklung bekannter Verfahren regelmäßig Vereinfachungen und Kosteneinsparungen zu beachten hat, erfasste schon mit einem einzigen Blick auf die Verfahrensschritte [X.] oder [X.] (das Aufbringen einer zusätzlichen, eine Kante erzeugenden Farbschicht 70 oder das „engraving“, vgl. Abs. [0037] i.V.m. [X.]. 6 und 7), dass diese zeitaufwändig und insoweit bei in Massen herzustellenden [X.], wie im Fahrzeugbau üblich, kostenaufwändig sind. Für den fachüblich eine wirtschaftliche Fertigung anstrebenden Fachmann ist es offensichtlich, dass unter Verwendung des ihm geläufigen [X.]ritzgießverfahrens, bei dem zumindest teilweise dreidimensional strukturierte Werkzeuginnenflächen zur Anwendung kommen, solche Verfahrensschritte auch entfallen können, bei identischem ästhetischen Ergebnis des herzustellenden Erzeugnisses.

Somit ist diese Abwandlung des aus der Druckschrift [X.] bekannten Verfahrens dem Fachmann allein durch sein Fachwissen nahegelegt.

Ausführungen zum nebengeordneten Patentanspruch 3 erübrigen sich, da die [X.] den Anspruchssatz als Ganzes verteidigt.

2. Hilfsantrag 3

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist nicht neu, er ist mithin nicht patentfähig.

2.1 Zur Auslegung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 umfasst alle Merkmale des Gegenstandes nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und wird zudem durch das folgende Merkmal beschränkt:

5.

Mit Aufnahme dieses als Verfahrensmerkmal formulierten Merkmals 5. 5.

2.2. Zur Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist nicht neu gegenüber dem Stand der Technik gemäß Druckschrift [X.], er ist mithin nicht patentfähig.

Wie bereits bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ausgeführt, sind sämtliche dort beanspruchten Merkmale als bekannt aus der Druckschrift [X.] nachgewiesen; mithin gilt das beanspruchte Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag als nicht neu; auf die entsprechenden Ausführungen unter Ziffer II.2 wird vollumfänglich verwiesen.

Der Fachmann erkennt bei dem in der [X.]. 6 dargestellten Verfahren (vgl. Abs. [0037]), ein Auftragen beispielsweise eines aus mehreren Elementen bestehenden Firmenlogos 70 (vgl. Abs. [0004]), das ein Symbol gemäß vorstehender Auslegung darstellt, auf die erste Lackschicht 60 mittels Siebdruckverfahren, wobei das Logo 70, mit erneutem Blick auf die vorstehend eingeblendete [X.]. 10 (vgl. Abb. 4), eine feste dreidimensionale Struktur aufweist, auf die die weitere Lackschicht 90 aufgetragen werden kann. Insoweit gilt auch die Forderung des Merkmals 5.

Mithin ist die Gesamtheit der im geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 aufgeführten Merkmale entsprechend dem beizumessenden Sinngehalt bereits bei dem in der Druckschrift [X.] beschriebenen Verfahren verwirklicht.

IV.

Einer Beurteilung der weiteren Ansprüche sämtlicher Anspruchsätze bedurfte es nicht, zumal die [X.] mit der Stellung der Anträge zu erkennen gegeben hat, diese nicht selbstständig verteidigen zu wollen. Auch im Übrigen hat die [X.] nicht geltend gemacht – noch ist ersichtlich –, dass die Ausgestaltungen nach den jeweiligen Unteransprüchen zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit führen könnten ([X.], 149 – Sensoranordnung; [X.], 862 – Informationsübermittlungsverfahren II).

Nach alledem ist die Klage begründet.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZP[X.]

Meta

1 Ni 14/19 (EP)

22.04.2021

Bundespatentgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

nachgehend BGH, 9. Mai 2023, Az: X ZR 67/21, Urteil

Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜbkG, Art 138 Abs 1 Buchst a EuPatÜbk, Art 52 EuPatÜbk, Art 54 EuPatÜbk, Art 56 EuPatÜbk

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 22.04.2021, Az. 1 Ni 14/19 (EP) (REWIS RS 2021, 6638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6638


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 Ni 14/19 (EP)

Bundespatentgericht, 1 Ni 14/19 (EP), 22.04.2021.


Az. X ZR 67/21

Bundesgerichtshof, X ZR 67/21, 09.05.2023.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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