Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.05.2014, Az. IX R 51/13

9. Senat | REWIS RS 2014, 5873

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 6. Mai 2014 IX R 39/13 - Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften nach der BVerfG-Entscheidung "Rückwirkung im Steuerrecht I")


Leitsatz

1. NV: Wird ein Immobilie nach Ablauf der ursprünglichen Spekulationsfrist von zwei Jahren und vor Ablauf der neuen Spekulationsfrist von zehn Jahren veräußert, sind die degressiven Absetzungen für Abnutzung, die in der Zeit bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 zum 1. April 1999 in Anspruch genommen worden sind, dem nicht steuerbaren Zeitraum zuzuordnen.

2. NV: Die in Ziff. II.1 des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 (BStBl I 2011, 14) vorgesehene Vereinfachungsregel, wonach bei der Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln ist, entspricht insoweit nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, als dadurch Wertsteigerungen, die im Fall einer Veräußerung vor dem 1. April 1999 nicht steuerverhaftet waren, nachträglich in die Besteuerung einbezogen werden (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76).

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks im Hinblick auf die vom [X.] ([X.]) teilweise für verfassungswidrig erklärte Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre.

2

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erwarben mit Vertrag vom 24. Oktober 1996 eine Eigentumswohnung in einem noch fertig zu stellenden Mehrfamilienhaus für 345.000 DM (176.395 €). Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 365.759 DM (187.010 €), davon entfielen 329.184 DM (168.309 €) auf das Gebäude. Die Kläger vermieteten das Grundstück, bis sie es am 23. Juni 2006 für 141.000 € veräußerten. Dabei entstanden ihnen Veräußerungskosten in Höhe von 2.315 €. Die Kläger nahmen für das Gebäude degressive Absetzungen für Abnutzung ([X.]) nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von insgesamt 80.869 € in Anspruch. Davon entfielen 30.375 € auf den Zeitraum bis zum 31. März 1999 und 50.494 € auf den Zeitraum danach.

3

In der Einkommensteuererklärung für 2006 erklärten die Kläger einen Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks in Höhe von 32.544 €, der zunächst erklärungsgemäß veranlagt wurde. Im Einspruchsverfahren äußerten die Kläger verfassungsrechtliche Zweifel an der Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre durch das [X.] vom 24. März 1999 --StEntlG 1999/2000/2002-- ([X.], 402). Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst im Hinblick auf die beim [X.] anhängigen Verfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung der Spekulationsfrist.

4

Im Einspruchsverfahren half der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) dem Einspruch teilweise ab, indem es den Veräußerungsgewinn mit 23.528 € ansetzte. Dabei berechnete es den Veräußerungsgewinn wie folgt:

5
        

Veräußerungspreis

141.000 €

./.     

Anschaffungskosten

187.010 €

+       

[X.]     

80.869 €

=       

Gewinn

34.859 €

6

Den steuerbaren Wertzuwachs berechnete das [X.] auf der Grundlage des Schreibens des [X.] ([X.]) vom 20. Dezember 2010, BStBl I 2011, 14, unter [X.] im Ergebnis wie folgt:

7

Zeitraum

Wertzuwachs

        

Gesamtbesitzzeit = 116 Monate

34.859 €

        

Zeitraum vor dem 31. März 1999 = 30 Monate

 9.016 €

steuerfrei

1. April 1999 bis 23. Juni 2006 = 86 Monate

25.843 €

steuerpflichtig

8

Vom Veräußerungsgewinn in Höhe von 25.843 € zog das [X.] die Veräußerungskosten in Höhe von 2.315 € ab, so dass sich ein steuerbarer Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt 23.528 € ergab. Nach Ergehen der Einspruchsentscheidung ließ das [X.] noch zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 714 € zum Abzug zu.

9

Das Finanzgericht ([X.]) gab der dagegen erhobenen Klage statt. Im Streitfall unterliege die auf den Zeitraum bis zum 31. März 1999 entfallende Wertsteigerung nicht der Besteuerung. Die bis zum 31. März 1999 tatsächlich in Anspruch genommenen degressiven [X.] seien bei der Ermittlung der bis zum 31. März 1999 entstandenen nicht steuerbaren Wertsteigerung von den Anschaffungskosten abzuziehen. Nach der Entscheidung des [X.] vom 7. Juli 2010  2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 ([X.]E 127, 1, [X.], 76) sei maßgeblich, ob der Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen enthalte, die bis zum 31. März 1999 entstanden und steuerfrei hätten realisiert werden können. Wäre das Grundstück bis zum 31. März 1999 veräußert worden, hätten die bis dahin in Anspruch genommenen degressiven [X.] den Veräußerungsgewinn zwar erhöht, dieser wäre nach Ablauf der zweijährigen Spekulationsfrist aber steuerfrei gewesen. Die Kläger hätten daher darauf vertrauen dürfen, die Wertzuwächse steuerfrei vereinnahmen zu dürfen. Bringe man die steuerfreie Wertsteigerung bis zum 31. März 1999 von dem Veräußerungsgewinn für den Gesamtzeitraum in Höhe von (34.859 € ./. 2.315 € ./. 714 € =) 31.830 € in Abzug, ergebe sich ein steuerbarer Gewinn in Höhe von 13.953 €. Im Einzelnen sei der steuerbare Veräußerungsgewinn wie folgt zu ermitteln::

        

Veräußerungspreis

141.000 €

./.     

Anschaffungskosten

187.010 €

=       

        

./. 46.010 €

./.     

Veräußerungskosten

  2.315 €

=       

Zwischenwert

./. 48.325 €

        

Zeitraum 31. März 1999 bis 23. Juni 2006 (86/116)

 ./. 35.827 €

+       

[X.] 31. März 1999 bis 23. Juni 2006

 50.494 €

=       

Gewinn vor Werbungskosten

14.667 €

./.     

Steuerberatungskosten

  714 €

=       

Einkünfte nach § 23 EStG

13.953 €

Mit seiner Revision bringt das [X.] vor, das [X.] habe den Veräußerungsgewinn unzutreffend ermittelt. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG ergebe sich kein Hinweis auf eine Zuordnung der Abschreibungen zu den einzelnen [X.], in denen sie tatsächlich gewährt worden seien und sich steuerlich ausgewirkt hätten. Nach Auffassung des [X.] würden Steuerpflichtige, bei denen zur Berechnung des Veräußerungsgewinns eine Aufteilung erforderlich sei, ungerechtfertigt besser gestellt. Zudem habe die Inanspruchnahme der [X.] keinen Einfluss auf den tatsächlichen Wert und die Wertentwicklung des Grundstücks. Die von der Finanzverwaltung angewandte Berechnungsmethode führe zu einer gleichmäßigen Anrechnung sämtlicher [X.] auf die Gesamtbesitzzeit und trage dem Grundgedanken des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG Rechnung. Die Berechnungsmethode sei auch aus Vereinfachungsgründen gerechtfertigt, da die Wertsteigerungen rückwirkend ohne Gutachten nicht zutreffend ermittelt werden könnten. Da Gebäude regelmäßig einem gleichwertigen Wertverzehr unterlägen, sei es folgerichtig, die Aufteilung der in Anspruch genommenen Abschreibungen linear vorzunehmen. Dies folge auch daraus, dass der Gesetzgeber mit der Inanspruchnahme von erhöhten [X.]-Beträgen und Sonderabschreibungen nur eine Steuerstundung bewirken wolle. Der steuerliche Vorteil der Inanspruchnahme werde dadurch ausgeglichen, dass später nur noch niedrigere [X.]-Beträge möglich seien.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2013  8 K 3145/11 aufzuheben.

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und na[X.]h § 126 Abs. 2 der Finanzgeri[X.]htsordnung ([X.]O) zurü[X.]kzuweisen.

Die vom [X.] vorgenommene Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsges[X.]häften ist ni[X.]ht zu beanstanden, da es im Hinbli[X.]k auf die Ents[X.]heidung des [X.] in [X.]E 127, 1, [X.], 76 zutreffend bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsges[X.]häften eine Aufteilung zwis[X.]hen dem steuerbaren und dem ni[X.]ht steuerbaren Veräußerungsgewinn vorgenommen hat (1.). Weiter hat das [X.] zutreffend die von den Klägern vor dem 31. März 1999 vorgenommenen degressiven [X.] dem ni[X.]ht steuerverstri[X.]kten Zeitraum zugeordnet (2.). Ebenso hat das [X.] zutreffend die Höhe der steuerverhafteten und ni[X.]ht steuerverhafteten Einkünfte ermittelt (3.).

1. Das [X.] hat im Hinbli[X.]k auf die Ents[X.]heidung des [X.] in [X.]E 127, 1, [X.], 76 zutreffend bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsges[X.]häften eine Aufteilung zwis[X.]hen dem steuerbaren und dem ni[X.]ht steuerbaren Veräußerungsgewinn vorgenommen.

a) Na[X.]h § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zählen zu den Einkünften aus privaten Veräußerungsges[X.]häften au[X.]h Einkünfte aus Veräußerungsges[X.]häften bei Grundstü[X.]ken, bei denen der Zeitraum zwis[X.]hen Ans[X.]haffung und Veräußerung ni[X.]ht mehr als zehn Jahre beträgt. Zwis[X.]hen den Beteiligten ist unstreitig, dass hinsi[X.]htli[X.]h des streitigen Grundstü[X.]ks ein steuerpfli[X.]htiges Veräußerungsges[X.]häft i.S. des § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt. Denn die Kläger haben die Eigentumswohnung im Oktober 1996 erworben und mit Vertrag vom 23. Juni 2006 innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist wieder veräußert.

b) Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsges[X.]häften ist na[X.]h § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG der Unters[X.]hied zwis[X.]hen dem Veräußerungspreis einerseits und den Ans[X.]haffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Die Ans[X.]haffungs- oder Herstellungskosten mindern si[X.]h um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabs[X.]hreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind (§ 23 Abs. 3 Satz 4 EStG). Na[X.]h § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG in der bis zum 31. Dezember 1998 gültigen Fassung waren Veräußerungsges[X.]häfte bei Grundstü[X.]ken nur dann steuerbar, wenn der Zeitraum zwis[X.]hen Ans[X.]haffung und Veräußerung ni[X.]ht mehr als zwei Jahre betrug. Dur[X.]h das [X.] wurde § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dahingehend geändert, dass nunmehr eine zehnjährige Frist gilt. Die Neuregelung ist auf alle Veräußerungsges[X.]häfte anwendbar, bei denen der obligatoris[X.]he Vertrag na[X.]h dem 31. Dezember 1998 re[X.]htswirksam abges[X.]hlossen wurde (§ 52 Abs. 39 Satz 1 EStG i.d.F. des [X.]).

[X.]) Na[X.]h der Ents[X.]heidung des [X.] in [X.]E 127, 1, [X.], 76 ist die rü[X.]kwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre wegen des Verstoßes gegen die verfassungsre[X.]htli[X.]hen Grundsätze des Vertrauenss[X.]hutzes insoweit verfassungswidrig und daher ni[X.]htig, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerli[X.]h erfasst werden, die bis zur Verkündung des [X.] am 31. März 1999 entstanden sind und na[X.]h der zuvor geltenden Re[X.]htslage steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können, weil die alte Spekulationsfrist bereits abgelaufen war. Insoweit war bereits eine konkret verfestigte [X.] entstanden, die dur[X.]h die rü[X.]kwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist na[X.]hträgli[X.]h entwertet wird. Aufgrund dieser Ents[X.]heidung ist --was zwis[X.]hen den Beteiligten im Ausgangsverfahren unstreitig ist-- eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung des Grundstü[X.]ks in einen Anteil für den bis zur Verkündung des [X.] (31. März 1999) entstandenen ni[X.]ht steuerbaren Wertzuwa[X.]hs und in einen Anteil für den na[X.]h Verkündung dieses Gesetzes entstandenen steuerbaren Wertzuwa[X.]hs vorzunehmen.

2. Das [X.] hat au[X.]h zutreffend die vorgenommene degressive [X.] dem Zeitraum konkret zugeordnet, in dem sie steuerli[X.]h berü[X.]ksi[X.]htigt worden ist und damit dem Zeitraum der ni[X.]ht steuerverstri[X.]kten Wertsteigerung. Na[X.]h der Ents[X.]heidung des [X.] sind Wertsteigerungen steuerli[X.]h ni[X.]ht zu erfassen, die bis zur Verkündung des [X.] am 31. März 1999 entstanden sind oder na[X.]h der zuvor geltenden Re[X.]htslage bis zur Verkündung des Gesetzes steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Denn die Verlängerung der Spekulationsfrist führte zu einer une[X.]hten Rü[X.]kwirkung (a), der im Ausgangsfall das s[X.]hutzwürdige Vertrauen der Kläger auf die steuerli[X.]h wirksame Vornahme von [X.] [X.] entgegenstand (b). Für die Annahme eines s[X.]hutzwürdigen Vertrauens spielt es au[X.]h keine Rolle, ob die Wertsteigerungen aufgrund einer Erhöhung des Verkehrswerts oder aufgrund der Vornahme von [X.] entstanden sind ([X.]). Der von der Finanzverwaltung im BMF-S[X.]hreiben in BStBl I 2011, 14 vertretenen Auffassung einer zeitanteiligen Aufteilung ist daher insoweit ni[X.]ht zu folgen (d).

a) Im Fall der Kläger führte die Verlängerung der Spekulationsfrist zu einer une[X.]hten Rü[X.]kwirkung (vgl. [X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]). Denn bei Inkrafttreten der Neuregelung war die zweijährige Spekulationsfrist abgelaufen und der aus der Vornahme der degressiven [X.] resultierende (erhöhte) Veräußerungsgewinn wäre --z.B. bei einer Veräußerung Ende Dezember 1998-- ni[X.]ht steuerbar gewesen. Diese [X.] --zu der au[X.]h die wirksame Vornahme einer degressiven [X.] gehört-- wird dur[X.]h die rü[X.]kwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist und die damit verbundene Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG na[X.]hträgli[X.]h entwertet (vgl. [X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b aa).

b) Das Vertrauen der Kläger ist hier au[X.]h besonders s[X.]hutzwürdig, weil zum einen die degressive [X.] bereits ab 1996 in Anspru[X.]h genommen und zum anderen die zweijährige Spekulationsfrist bereits mit Ablauf des 24. Oktober 1998 geendet hatte, mithin die Kläger bereits mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 1998 und damit vor Inkrafttreten der Neuregelung den Veräußerungsgewinn ni[X.]ht steuerbar hätten realisieren können. Für diesen Fall erhöhen si[X.]h die Anforderungen an die verfassungsre[X.]htli[X.]he Re[X.]htfertigung. Denn im Fall des Ablaufs der zweijährigen Spekulationsfrist vor Inkrafttreten der Neuregelung und vor Ablauf des Veranlagungszeitraums 1998 läuft der einkommensteuerli[X.]he Zugriff auf die ni[X.]ht steuerbar erworbenen Vermögenszugänge dem Gebot einer folgeri[X.]htigen Ausgestaltung der einkommensteuerli[X.]hen Belastungsents[X.]heidung zuwider (vgl. [X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b [X.]).

Wie die Besteuerung betriebli[X.]her Gewinne zielt die Besteuerung von privaten Veräußerungsgewinnen na[X.]h § 23 EStG und die damit verbundene Berü[X.]ksi[X.]htigung der in Anspru[X.]h genommenen [X.] auf eine die Liquidität der Steuerpfli[X.]htigen s[X.]honende Erfassung von Wertsteigerungen an einzelnen Vermögensgegenständen erst im Zeitpunkt der Realisierung des Gewinns dur[X.]h Veräußerung. Dies erfolgt ni[X.]ht deshalb, weil erst zu diesem Zeitpunkt der Wertzuwa[X.]hs oder die stille Reserve entsteht, obwohl beide bereits zuvor beim Steuerpfli[X.]htigen vorhanden waren und si[X.]h im Fall der degressiven [X.] au[X.]h steuerli[X.]h zu seinen Gunsten ausgewirkt haben. Vielmehr wird die Besteuerung früherer Vermögenszuwä[X.]hse und damit au[X.]h die Aufholung in Anspru[X.]h genommener [X.] [X.] im Zeitpunkt der Veräußerung na[X.]hgeholt. Insoweit folgt na[X.]h Ansi[X.]ht des [X.] die Gewinnermittlung na[X.]h § 23 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung der Logik der allgemeinen betriebli[X.]hen Gewinnermittlung bei der Veräußerung der einzelnen Gegenstände (vgl. [X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b [X.]).

Diesen dur[X.]h Vermögensverglei[X.]h und [X.] geprägten systematis[X.]hen Zusammenhang der einkommensteuerli[X.]hen Gewinnbesteuerung dur[X.]hbri[X.]ht die rü[X.]kwirkende Erfassung von Wertzuwä[X.]hsen und die Rü[X.]kgängigma[X.]hung in Anspru[X.]h genommener [X.] [X.] in glei[X.]her Weise. Soweit im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns [X.] einbezogen werden, die si[X.]h vor dem Veranlagungszeitraum 1999 ausgewirkt haben und deren Aufholung bis zum Ende des Jahres 1998 ni[X.]ht steuerbar gewesen wäre, kann von einem "Na[X.]hholen" der Besteuerung daher ni[X.]ht die Rede sein (vgl. [X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b [X.]). Die Besteuerung erfasst vielmehr in ni[X.]ht folgeri[X.]htiger Weise [X.], die bis dahin ni[X.]ht der Einkommensteuer unterlegen hätten.

Hätten die Kläger na[X.]h Ablauf der alten Spekulationsfrist von zwei Jahren am 25. Oktober 1998 das Grundstü[X.]k bis zum 30. März 1999 veräußert, so hätte die bis dahin gewährte [X.] gemäß des damaligen § 23 Abs. 3 Satz 3 EStG die Ans[X.]haffungskosten gemindert, d.h. der entspre[X.]hende Veräußerungsgewinn wäre im Streitfall entspre[X.]hend erhöht --aber ni[X.]ht steuerbar-- gewesen. Da ab 31. März 1999 bis zum Verkauf des Grundstü[X.]ks vorwiegend [X.] in niedrigeren Staffelsätzen gewährt wurden und si[X.]h steuerli[X.]h im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpa[X.]htung ausgewirkt haben, wird deutli[X.]h, dass der weitaus höhere Anteil des na[X.]h der Vors[X.]hrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ermittelten Veräußerungsgewinns für den Zeitraum vom 17. Dezember 1996 bis 30. März 1999 und damit in den ni[X.]ht steuerbaren Berei[X.]h fällt.

[X.]) Weiter wird vom [X.] in seinen tragenden Ents[X.]heidungsgründen ni[X.]ht unters[X.]hieden, ob die Wertsteigerungen aufgrund einer Erhöhung des Verkehrswerts über die Ans[X.]haffungskosten hinaus oder aufgrund der Vornahme von Abs[X.]hreibungen und des Absinkens des "Bu[X.]hwerts" i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG unter die Ans[X.]haffungskosten entstanden sind. Zwar führt das [X.] zutreffend aus, dass die Inanspru[X.]hnahme der degressiven [X.] keinen Einfluss auf den Wert eines Grundstü[X.]ks hat. Darauf kommt es aber ni[X.]ht an. Das Vertrauen des Steuerpfli[X.]htigen in die Ni[X.]htsteuerbarkeit der mit Ablauf der (alten) zweijährigen Spekulationsfrist ges[X.]hützten [X.] ist im Fall der Vornahme einer erhöhten [X.] ebenso s[X.]hützenswert wie bei tatsä[X.]hli[X.]hen Wertsteigerungen des Grundstü[X.]ks ([X.] Münster, Urteil vom 21. Juni 2013  4 K 1918/11 E, Ents[X.]heidungen der Finanzgeri[X.]hte --E[X.]-- 2013, 1499, [X.] 25; Niedersä[X.]hsis[X.]hes [X.], Urteil vom 21. August 2013  9 K 252/11, E[X.] 2013, 1840, unter 1.b [X.](2); [X.] Berlin-Brandenburg, Bes[X.]hluss vom 5. März 2012  7 V 7191/11, E[X.] 2012, 1462; au[X.]h [X.] Düsseldorf, Urteil vom 25. April 2013  8 K 3988/11 F, juris, unter [X.] 25, 27). Das [X.] kann si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht darauf berufen, die degressive [X.] gewähre nur einen vorübergehenden Steuerstundungseffekt, der si[X.]h auf die [X.] gesehen ni[X.]ht auswirken dürfe. Denn au[X.]h unter Geltung der zehnjährigen Frist bei privaten Veräußerungsges[X.]häften kann mangels besonderer Behaltefristen na[X.]h Ablauf der Frist ein Grundstü[X.]k ni[X.]ht steuerbar veräußert und damit der dur[X.]h die degressive [X.] bewirkte Unters[X.]hiedsbetrag zwis[X.]hen Verkehrswert und Bu[X.]hwert vom Steuerpfli[X.]htigen ohne Steuerbelastung realisiert werden.

Dabei ist insbesondere zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass das Einkommensteuergesetz in Gestalt der degressiven [X.] dem Steuerpfli[X.]htigen eine Steuervergünstigung anbietet, die er nur für fertiggestellte oder im Jahr der Fertigstellung anges[X.]haffte Neubauten annehmen kann. Dieses Angebot für eine steuerli[X.]he Disposition s[X.]hafft eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpfli[X.]htige seine Ents[X.]heidung stützt. Er ents[X.]heidet si[X.]h um des steuerli[X.]hen Vorteils willen für ein bestimmtes Verhalten --z.B. Ans[X.]haffung einer [X.], das er ohne den steuerli[X.]hen Anreiz ggf. so ni[X.]ht gewählt hätte. Das Vertrauen auf die steuerwirksame Inanspru[X.]hnahme einer degressiven [X.] gehört damit vom Tag der Inanspru[X.]hnahme an zu einer s[X.]hutzwürdigen Vertrauensgrundlage (vgl. [X.]-Bes[X.]hlüsse vom 3. Dezember 1997  2 BvR 882/97, [X.]E 97, 67, unter [X.]; vom 5. Februar 2002  2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, [X.]E 105, 17, unter [X.] [X.][X.]; Bes[X.]hluss des [X.] --[X.]-- vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, [X.], 228, BStBl II 2004, 284, unter [X.] und 4.b; [X.] Münster, Urteil in E[X.] 2013, 1499).

d) Der von der Finanzverwaltung im BMF-S[X.]hreiben in [X.], 14, unter [X.] vertretenen Auffassung einer zeitanteiligen linearen Zuordnung entspre[X.]hend dem Verhältnis der [X.] na[X.]h dem 31. März 1999 im Verglei[X.]h zur Gesamtbesitzzeit ist daher insoweit ni[X.]ht zu folgen, als dadur[X.]h Wertsteigerungen, die im Fall einer Veräußerung vor dem 1. April 1999 ni[X.]ht steuerverhaftet waren, na[X.]hträgli[X.]h in die Besteuerung einbezogen werden. Die Auffassung der Finanzverwaltung ist zwar aus Gründen der Verwaltungsvereinfa[X.]hung na[X.]hvollziehbar. Sie widerspri[X.]ht jedo[X.]h der Ents[X.]heidung des [X.], wona[X.]h in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerli[X.]h ni[X.]ht zu erfassen sind, die bis zur Verkündung des [X.] 1999/2000/ 2002 am 31. März 1999 entstanden sind oder na[X.]h der zuvor geltenden Re[X.]htslage bis zur Verkündung des Gesetzes steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Denn die zeitanteilige Zuordnung der Abs[X.]hreibungen wie sie vom [X.] entspre[X.]hend der Regelung in [X.]. [X.] des BMF-S[X.]hreibens in [X.], 14 vorgenommen wurde, hat zur Folge, dass in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns "stille Reserven" einbezogen werden, die bis zum 30. März 1999 ni[X.]ht steuerbar hätten realisiert werden können (so au[X.]h Niedersä[X.]hsis[X.]hes [X.], Urteil in E[X.] 2013, 1840, unter 1.b [X.])).

3. Ebenso hat das [X.] zutreffend die Höhe der steuerverhafteten und ni[X.]ht steuerverhafteten Einkünfte aus § 23 EStG ermittelt. Das [X.] hat zwar unmittelbar keine Feststellungen zum Verkehrswert auf den 31. März 1999 getroffen. Stattdessen hat es den insgesamt von 1996 bis 2006 erzielten [X.] na[X.]h [X.] aufgeteilt und die auf den Zeitraum bis zum 31. März 1999 entfallende [X.] heraus gere[X.]hnet. Dies ist aber im Hinbli[X.]k auf die Ents[X.]heidung des [X.] in [X.]E 127, 1, [X.], 76 im Ergebnis ni[X.]ht zu beanstanden.

a) Na[X.]h der Ents[X.]heidung des [X.] in [X.]E 127, 1, [X.], 76 ist für die Ermittlung des steuerpfli[X.]htigen Veräußerungsgewinns ni[X.]ht auf die ursprüngli[X.]hen Ans[X.]haffungs- oder Herstellungskosten abzustellen, sondern auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Verkündung des [X.] am 31. März 1999 (vgl. Niedersä[X.]hsis[X.]hes [X.], Urteil in E[X.] 2013, 1840, unter 1.b [X.]). Insoweit ist auf den Marktpreis, also den Verkehrswert zu diesem Zeitpunkt abzustellen (und ni[X.]ht auf die fortgeführten Ans[X.]haffungs- oder Herstellungskosten). Aufgrund der S[X.]hwierigkeit und Streitanfälligkeit, den zutreffenden Wert auf diesen Zeitpunkt zu ermitteln, kann dieser im Wege der S[X.]hätzung ermittelt werden. Das [X.] hat in der Ents[X.]heidung in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b [X.][X.](3) im Hinbli[X.]k auf die "S[X.]hwierigkeit und Streitanfälligkeit der Feststellung des gemeinen Werts" "grobe S[X.]hätzungslösungen" bei der Wertermittlung für zulässig gehalten. Ledigli[X.]h "potentiell lange zurü[X.]kliegende und im Zweifel wesentli[X.]h niedrigere Ans[X.]haffungswerte" hat es als für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns ungeeignet eingestuft. Dabei können na[X.]h Auffassung des [X.] au[X.]h die im Vorlagebes[X.]hluss des [X.] erwähnten S[X.]hätzungsmethoden zur Anwendung kommen ([X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b [X.][X.](3); vgl. au[X.]h [X.]-Bes[X.]hluss in [X.], 228, BStBl II 2004, 284, unter [X.]; [X.] Düsseldorf, Urteil vom 25. April 2013  8 K 3988/11 F, juris, unter [X.] 24). Diesbezügli[X.]h hat der [X.] u.a. die typisierende Aufteilung des Veräußerungsgewinns in einen steuerbaren und einen ni[X.]ht steuerbaren Teil na[X.]h dem Verhältnis der [X.] für zulässig era[X.]htet (vgl. au[X.]h [X.]-Bes[X.]hluss in [X.], 228, BStBl II 2004, 284, unter [X.] aa).

b) Dem folgt die angefo[X.]htene Ents[X.]heidung. Das [X.] hat si[X.]h darauf bes[X.]hränkt, auf der Grundlage der ursprüngli[X.]hen Ans[X.]haffungskosten aus dem [X.] und des Veräußerungspreises in 2006 einen [X.] zu ermitteln, diesen ans[X.]hließend zeitanteilig aufzuteilen und aus dem auf den Zeitraum ab dem 1. April 1999 entfallenden Anteil die bis zum 31. März 1999 geltend gema[X.]hten Abs[X.]hreibungsbeträge heraus zu re[X.]hnen. Dies entspri[X.]ht der Ents[X.]heidung des [X.], die dazu auf den Vorlagebes[X.]hluss des [X.] Bezug nimmt und dort die unter aa erwähnte Variante --Aufteilung na[X.]h [X.]-- anspri[X.]ht ([X.]-Bes[X.]hluss in [X.]E 127, 1, [X.], 76, unter [X.]b [X.][X.](3)).

4. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IX R 51/13

06.05.2014

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 29. Oktober 2013, Az: 8 K 3145/11, Urteil

§ 23 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 23 Abs 3 S 1 EStG 2002, § 23 Abs 3 S 4 EStG 2002, § 52 Abs 39 S 1 EStG 2002, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, StEntlG 1999/2000/2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.05.2014, Az. IX R 51/13 (REWIS RS 2014, 5873)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5873

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