Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.2017, Az. 2 B 9/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 13317

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Gegenstand

Tragfähige Schlüsse aus falschen Angaben in einem Förderantrag


Gründe

1

[X.]ie [X.]eschwerde des [X.]n hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit erneut nach § 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 des [X.] [X.] - [X.]. § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. [X.]ie Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das [X.]erufungsurteil auf den vom [X.]n der Sache nach geltend gemachten Verletzungen des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 VwGO und der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO beruht.

2

1. [X.]er 1956 geborene [X.] steht seit 2001 als Professor für das Fach "Angewandte [X.]iologie, insbesondere Molekularbiologie und Labormedizin" ([X.]esoldungsgruppe [X.] 3 [X.]) im [X.]ienst der Klägerin. In genehmigter Nebentätigkeit war der [X.] zugleich Geschäftsführer zweier privater Unternehmen. [X.]urch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom Juli 2008 verurteilte ihn das Amtsgericht wegen [X.]etrugs und Subventionsbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur [X.]ewährung ausgesetzt wurde. [X.]arin wurde dem [X.]n zur Last gelegt, in den Jahren 2004 und 2006 Scheinangebote nach Vorgaben des damaligen [X.] der Klägerin abgegeben oder im Zuge von Förderanträgen unzutreffende Angaben gemacht zu haben, um dadurch zu Unrecht Fördermittel des Landes, seines damaligen [X.]ienstherrn, in Höhe von insgesamt ca. 600 000 € zugunsten der Klägerin zu erlangen.

3

Auf die darauf gestützte und auf Entfernung aus dem [X.]ienst gerichtete [X.]isziplinarklage hat das Verwaltungsgericht gegen den [X.]n auf eine Kürzung der [X.]ienstbezüge erkannt. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil auf [X.]erufung der Klägerin geändert und den [X.]n aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt. In den Gründen des [X.]erufungsurteils heißt es im Wesentlichen, der [X.] habe, um der Klägerin als einer gegenüber dem Land [X.] selbstständigen Körperschaft einen unberechtigten Vermögensvorteil zu verschaffen, an einer Täuschungsaktion gegenüber dem zuständigen [X.] mitgewirkt, indem er mit falschen Angaben Fördergelder beantragt habe. [X.]ei der Maßnahmebemessung sei insbesondere der Gesamtschaden von [X.]edeutung. [X.] möge zwar zu berücksichtigen sein, dass die vom Land bereitgestellten 450 000 € den Zuwendungszweck zwar verfehlt, aber nicht völlig wertlos ausgefallen seien. Erschwerend wirke sich indes aus, dass es sich um zwei [X.]etrugsstraftaten handele und der [X.] mit hoher krimineller Energie gehandelt habe. [X.]esonders schwerwiegend sei, dass der [X.] als Hochschullehrer und damit in einer besonderen Vertrauensposition versagt habe. Von einem Hochschullehrer werde erwartet, dass er mit den der [X.] oder hochschuleigenen Einrichtungen zugewiesenen Mitteln absolut zuverlässig umgehe und Fehlverhalten anderer Hochschulangehöriger entgegentrete.

4

[X.]er Senat hat das [X.]erufungsurteil mit [X.]eschluss vom 6. Mai 2015 - 2 [X.] 19.14 - ([X.]uchholz 235.1 § 13 [X.][X.]G Nr. 31) wegen eines [X.] aufgehoben und an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen: Es beruhe auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs, weil das Oberverwaltungsgericht den Status des [X.]n als Hochschullehrer bei der [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme erschwerend berücksichtigt habe, ohne darauf zuvor hinzuweisen; hinzu komme, dass ein solcher "Hochschullehrer-Malus" für innerdienstliche Vermögensverluste der bisherigen [X.]isziplinarrechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts nicht entnommen werden könne (a.a.[X.] Rn. 16 - 20).

5

[X.]as Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28. Oktober 2015 erneut auf die Entfernung aus dem [X.]ienst erkannt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

6

2. [X.]ie [X.]eschwerde rügt mit Erfolg Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Zwar ist eine Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht ersichtlich (a). [X.]as angefochtene Urteil beruht aber auf einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (b) und des Überzeugungsgrundsatzes (c).

7

a) [X.]er in Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs garantiert den [X.]eteiligten eines Gerichtsverfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen ([X.]VerfG, [X.] vom 30. April 2003 - 1 P[X.]vU 1/02 - [X.]VerfGE 107, 395 <408 f.>). Hieraus ergibt sich zwar keine allgemeine Frage- oder Aufklärungspflicht des Richters. Ein Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 29. Mai 1991 - 1 [X.]vR 1383/90 - [X.]VerfGE 84, 188 <190>, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 [X.]vR 1934/93 - [X.]VerfGE 96, 189 <204>, [X.]eschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 [X.]vR 10/99 - [X.]VerfGE 108, 341 <345 f.> und [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. November 2014 - 2 [X.] 67.14 - Z[X.]R 2015, 92 Rn. 10).

8

Für eine Verletzung dieser Maßstäbe durch das Oberverwaltungsgericht ist nichts ersichtlich. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat sich mit dem Vortrag des [X.]n - er habe sich in erster Linie als Wissenschaftler und weniger als [X.]eamter gesehen, sei bloßer Mitläufer bei den maßgeblich von anderen initiierten [X.]etrugshandlungen gewesen und seine Amtsstellung als Hochschullehrer dürfe bei einer disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung nicht generell erschwerend wirken - auseinander gesetzt. [X.]ie vom Oberverwaltungsgericht gezogene allgemeine Folgerung, die Wissenschaftsfreiheit befreie den Hochschullehrer nicht von den ihm als [X.]eamten allgemein obliegenden Pflichten, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

9

b) [X.]er [X.] macht darüber hinaus der Sache nach aber zu Recht geltend, dass das Oberverwaltungsgericht bei der erneuten Verhandlung versäumt hat, den von ihm - dem [X.]n - angegebenen Tatsachen, das [X.] sei durch die [X.]eantragung der Fördermittel 2004 und 2006 nicht getäuscht worden und er sei nur "Mitläufer" gewesen, nachzugehen.

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 57 Abs. 1 [X.] [X.] (§ 58 Abs. 1 [X.][X.]G) obliegt den [X.] die Pflicht, den Sachverhalt auch in [X.]ezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 2 [X.] [X.] = § 13 Abs. 1 [X.][X.]G) aufzuklären, soweit dies für die [X.]estimmung der [X.]isziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der [X.]inge zumutbar erscheint. [X.]as Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein [X.]eweisantrag gestellt worden ist (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 4. September 2008 - [X.]VerwG 2 [X.] 61.07 - [X.]uchholz 235.1 § 58 [X.][X.]G Nr. 4 Rn. 7 und vom 6. September 2012 - 2 [X.] 31.12 - juris Rn. 11). [X.]er Umfang der Aufklärungspflicht richtet sich nach den Vorgaben des materiellen Rechts. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich ohne ausdrücklichen [X.]eweisantrag auf, wenn das Gericht nach seinem materiellrechtlichen Standpunkt Anlass zur weiteren Aufklärung sehen muss, weil die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen ([X.]VerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 [X.] 28.10 - [X.]VerwGE 140, 199 Rn. 25 und [X.]eschluss vom 23. Februar 2012 - 2 [X.] 143.11 - juris Rn. 10).

An diesen Grundsätzen gemessen hätte sich dem Oberverwaltungsgericht spätestens nach den Ausführungen des [X.]n in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2015 aufdrängen müssen, die näheren Umstände um die [X.] 2004 und 2006 auch in [X.]ezug auf die Rolle der in den Ministerien mit der Angelegenheit befassten Personen aufzuklären. Nur so hätte das Gericht Gewissheit darüber erlangen können, ob die verantwortlich handelnden Personen in der Ministerialverwaltung Getäuschte waren oder ob sie oder einzelne von ihnen von den fingierten Antragstellungen wussten oder solche in Kauf nahmen. [X.]ies hat [X.]edeutung für die Schwere des [X.]ienstvergehens und die [X.]ewertung der Persönlichkeit des [X.]n.

[X.]er [X.] hat in seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht vom 28. Oktober 2015 mehrfach erklärt, die streitgegenständlichen Förderanträge 2004 und 2006 seien sowohl mit der [X.] ([X.]) als auch mit dem [X.] intensiv erörtert worden. [X.]ie Initiative für die [X.] sei vom [X.] ausgegangen und nach seiner Wahrnehmung hätten [X.], [X.] und Fachbereich nur gewollt, dass mit den zur Verfügung gestellten Geldern etwas Sinnvolles gemacht werde. [X.]as [X.] sei über die Umstände der Mittelbeantragung nicht getäuscht worden. [X.]ereits zuvor hatte der [X.]evollmächtigte gegenüber dem Oberverwaltungsgericht schriftlich ausgeführt, der [X.] habe bei der [X.]eantragung der öffentlichen Fördermittel auf Weisung und in Abstimmung mit seinen Vorgesetzten als ein "Mitläufer" oder "Zahnrad" gehandelt, wobei er habe davon ausgehen dürfen, dass die Mittelbeantragung in Abstimmung zwischen [X.] und seinen Vorgesetzten erfolgt sei.

Auf der Grundlage dieser Aussagen des [X.]n ist das Unterlassen einer [X.]eweiserhebung durch Vernehmung von [X.] und der für die Ministerialverwaltung handelnden Personen durch das [X.]erufungsgericht mit der gerichtlichen Pflicht zur Sachaufklärung nicht vereinbar. Im Urteil des [X.]erufungsgerichts vom 28. Oktober 2015 ([X.]) heißt es wörtlich:

"Hinsichtlich der hier allein in Rede stehenden Förderanträge aus den Jahren 2004 und 2006 beschränkte sich die Mitwirkung des [X.]s nach [X.]arstellung des [X.]n auf eine von dort ausgehende Initiative durch die Mitteilung an die Führung der Klägerin, es stünden Gelder zur Verfügung, mit denen 'etwas Sinnvolles', möglichst in der Region bzw. zu Gunsten eines 'Leuchtturmprojekts' gemacht werden sollte. [X.]ieses Vorbringen steht mit den oben wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen in Einklang, nach denen den Förderanträgen jeweils Mitteilungen des [X.]s über das Vorhandensein von Fördermitteln an die Klägerin vorausgingen. Es rechtfertigt aber weder die Schlussfolgerung, das [X.] habe das hier in Rede stehende Vorgehen des [X.]n 'so gewollt', noch steht es der [X.]ewertung entgegen, dem [X.]n fielen zwei [X.]etrugsdelikte zu Lasten des Landes und damit ein [X.]ienstvergehen zur Last."

[X.]ie zitierten Ausführungen des [X.] belegen nicht hinreichend sicher, dass auf ministerieller Seite keine Kenntnis und stillschweigende [X.]illigung der fingierten Förderanträge 2004 und 2006 bestand. [X.]ies gilt umso mehr als sie auch im Hinblick auf den Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte nicht unerhebliche Zweifel aufwerfen. In der dort ([X.]l. 2247) enthaltenen Aussage von [X.] vom 4. Mai 2007 zu den Personen [X.] ([X.]), [X.] ([X.]) und [X.] ([X.]) heißt es den Förderantrag von [X.]ezember 2004 betreffend:

"Ich werde gefragt, ob die Herren gewusst haben, dass der Fördermittelantrag 'fingiert' war ... [X.]zgl. der Personen [X.] und [X.] kann ich das mit einem klaren Nein beantworten, bei [X.] ich [X.] nicht so sicher, hier würde (ich) 'eher ja sagen wollen', ohne dies aber behaupten zu wollen. [X.]as 'eher ja' resultiert aus dem Verhältnis zwischen [X.] und [X.] und den verschiedenen Gesprächen, die ich mit [X.] hatte, bzw. Informationen, die ich von anderer Seite hatte."

[X.]em entsprechend fand laut einem in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten befindlichen Protokoll ([X.]l. 2263) am 13. Oktober (2004) im [X.] vor Antragstellung eine [X.]esprechung mit Vertretern verschiedener Ministerien (Wissenschafts-, Wirtschafts- und [X.]) und dem Pro-Rektor [X.] statt. Gegenstand der [X.]esprechung war u.a. auch die Zuwendung bestimmter [X.]eträge an die o. und die I.

c) [X.]es Weiteren ist dem Oberverwaltungsgericht ein Verfahrensfehler in der Form der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes als Pflicht zur Entscheidungsfindung aufgrund eines vollständig und richtig zugrunde gelegten Sachverhalts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) unterlaufen. [X.]as [X.]erufungsgericht hat auf einer dem nicht genügenden Tatsachengrundlage geurteilt, weil es die zentrale Aussage des [X.]n um ein mögliches Mitwissen einzelner verantwortlich handelnder Personen in der Ministerialverwaltung um die fingierten Förderanträge 2004 und 2006 verfahrensfehlerhaft in sich widersprüchlich und nicht tragfähig auslegt.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. [X.]ie Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der [X.]eurteilung des [X.] nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. [X.] ist damit nicht das Ergebnis der [X.]eweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. [X.]erartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 13. Februar 2012 - 9 [X.] 77.11 - [X.]uchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7, vom 21. Mai 2013 - 2 [X.] 67.12 - juris Rn. 18 und vom 23. [X.]ezember 2015 - 2 [X.] 40.14 - juris Rn. 53 m.w.N.). [X.]as Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder [X.]eweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist ([X.]VerwG, Urteile vom 2. Februar 1984 - 6 [X.] 134.81 - [X.]VerwGE 68, 338 <339> und vom 5. Juli 1994 - 9 [X.] 158.94 - [X.]VerwGE 96, 200 <208 f.>; [X.]eschlüsse vom 18. November 2008 - 2 [X.] 63.08 - [X.]uchholz 235.1 § 17 [X.][X.]G Nr. 1 Rn. 27, vom 31. Oktober 2012 - 2 [X.] 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 12 und vom 20. [X.]ezember 2013 - 2 [X.] 35.13 - [X.]uchholz 235.1 § 13 [X.][X.]G Nr. 21 Rn. 19). [X.]as Ergebnis der gerichtlichen [X.]eweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik ([X.]enkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche [X.]rüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 [X.] 30.05 - [X.]uchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie [X.]eschluss vom 23. September 2013 - 2 [X.] 51.13 - juris Rn. 19).

Einen derartigen Verfahrensmangel zeigt die [X.]eschwerde auf, indem sie der Sache nach auf den gedanklichen [X.]ruch und nicht tragfähigen Schluss in der Argumentation des [X.] zur Frage einer etwaigen ministeriellen [X.]illigung von fingierten Förderanträgen hinweist. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Oktober 2015 ([X.]) u.a. tragend darauf abgestellt, dass die wahrheitswidrigen Angaben des [X.]n in den Förderanträgen dagegen sprächen, dass das bzw. die zuständigen Ministerien gewusst und gebilligt hätten, dass eine andere Verwendung des [X.] beabsichtigt war. Wenn falsche Angaben in einem Förderantrag gemacht werden, bedeutet dies aber nicht automatisch, dass die [X.]earbeiter des [X.] in den zuständigen Ministerien nichts davon wissen. Es ist auch möglich, dass sie um den eigentlichen Verwendungszweck wissen, diesen billigen und die falschen Angaben lediglich deshalb nicht beanstanden, um den Förderbedingungen "formal" Rechnung zu tragen. Ebenso ist es möglich, dass ein Fördermittelantragsteller sich im Einvernehmen mit den für die [X.]ewilligung verantwortlichen Personen sieht, wenn er statt des eigentlichen [X.]s einen den Förderbedingungen entsprechenden [X.] benennt. [X.]ies lässt den Vorwurf des [X.]ienstvergehens zwar nicht entfallen, verringert aber seine Schwere.

[X.]as Oberverwaltungsgericht hätte deshalb die Rolle der mit der [X.]earbeitung der Förderanträge befassten Ministerialbeamten weiter aufklären müssen, zumal der [X.] in der zweiten mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erufungsgericht am 28. Oktober 2015 mehrfach vorgetragen hat, die Tathandlungen seien auch in Absprache mit den Ministerien erfolgt.

3. [X.]ie Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne [X.]urchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 [X.] 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.]uchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). [X.]ie Prüfung des [X.]undesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der [X.]eschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

[X.]ie von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Fragen nach den Anforderungen an einen Hochschullehrer bei der [X.]eantragung und Verwendung von [X.]rittmitteln, nämlich

"Ist das Vertrauen der Allgemeinheit in Hochschullehrer deshalb besonders sensibel und zu schützen, weil Hochschullehrer über Kenntnisse in ihrem Fachgebiet verfügen, die sie für eine erfolgreiche Antragstellung für [X.]rittmittelanträge ausnutzen und über die die für die Mittelbewilligung Verantwortlichen regelmäßig nicht verfügen? Ist also eine dieses Vertrauen belastende oder schädigende [X.]ienstpflichtverletzung im [X.]ereich der [X.]rittmittelbeantragung von Hochschullehrern im Rahmen ihres hochschulischen Aufgabenbereichs bereits aus diesem Grund von besonderer Schwere?"

und

"Ist bei einem Verstoß gegen [X.]ienstpflichten im [X.]ereich der [X.]rittmitteleinwerbung durch Hochschullehrer im Rahmen ihres hochschulischen Aufgabenbereichs dem Schwellenwert von [X.]etrugsdelikten - 5 000 € - prägendes Gewicht für die Maßnahmenbemessung zu geben?"

sind, wörtlich genommen, auf der Grundlage der tragenden Feststellungen des [X.]erufungsgerichts nicht entscheidungserheblich. Sie wären deshalb in einem Revisionsverfahren nicht zu klären. Im angefochtenen Urteil hat das [X.]erufungsgericht entscheidungstragend u.a. festgestellt, dass der [X.] ihm auf seinen Antrag vom Land [X.] bereitgestellte öffentliche Mittel von ca. 450 000 € nicht ihrem Zuwendungszweck entsprechend verwendet habe, ohne dass dies von der [X.]eschwerde mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden ist. [X.]ei den dem [X.]n vom Land [X.] antragsgemäß bereitgestellten Geldern handelt es sich um Haushaltsmittel und nicht um [X.]rittmittel. Nach den [X.]egriffsbestimmungen in den einschlägigen Vorschriften unterscheiden sich [X.]rittmittel von öffentlichen Haushaltsmitteln dadurch grundlegend, dass sie von Hochschullehrern bei privaten [X.]ritten für Forschungs- oder Lehrvorhaben der [X.] eingeworben werden (vgl. z.[X.]. § 35 Satz 1 [X.][X.]esG, § 62 Satz 1 L[X.]esG [X.], § 8 der Verordnung über die Gewährung und [X.]emessung von Leistungsbezügen sowie über die Gewährung von Forschungs- und Lehrzulagen für Hochschulbedienstete - HLeist[X.]VO [X.] - vom 17. [X.]ezember 2004 , § 5 der Verordnung über Leistungsbezüge und Zulagen an der Fachhochschule des [X.]undes für öffentliche Verwaltung - FH[X.]Leist[X.]V - vom 16. [X.]ezember 2004 <[X.]G[X.]l. I 3550>, § 7 der Verordnung über die Gewährung und [X.]emessung von Leistungsbezügen für Professorinnen und Professoren der [X.] - FHöVLeist[X.]VO [X.] - vom 10. November 2005 ). [X.]er [X.] hat aber keine Mittel bei privaten [X.]ritten eingeworben, sondern beim zuständigen Fachministerium Fördermittel des Landes [X.] beantragt. [X.]ie unzulässige Einwerbung und der fehlerhafte Umgang mit von privaten [X.]ritten eingeworbenen [X.]rittmitteln ist dem [X.]n auch disziplinarisch nicht vorgehalten worden.

Unabhängig von dem Vorstehenden stellte sich die erste Frage aber auch deshalb in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil das [X.] nicht davon ausgegangen ist, dass eine das Vertrauen belastende oder schädigende [X.]ienstpflichtverletzung im [X.]ereich der [X.]rittmittelbeantragung von Hochschullehrern im Rahmen ihres hochschulischen Aufgabenbereichs generell besonders schwer wiegt. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat zwar angenommen, dass der [X.]ienstherr in besonderem Maße auf das Vertrauen und die Redlichkeit der um Förderung ihrer Vorhaben nachsuchenden Hochschullehrer angewiesen ist und der [X.] dieses Vertrauen seines [X.]ienstherrn infolge seiner [X.]etrugshandlungen schwerwiegend verletzt hat ([X.], 70), dabei aber zugleich klargestellt, dass es dabei nicht darauf ankommt, ob die Stellung des [X.]n als Hochschullehrer (überhaupt) disziplinarisch erschwerend berücksichtigt werden darf ([X.]). [X.]amit hat das Oberverwaltungsgericht - anders als noch bei der ersten [X.]efassung mit dem Fall des [X.]n im vom Senat aufgehobenen Urteil vom 19. November 2013 die Amtsstellung des [X.]n als Hochschullehrer im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht erschwerend berücksichtigt.

Schließlich ist die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage zum Umgang mit [X.]rittmitteln in [X.]ezug auf eine mögliche disziplinare Maßnahmebemessung auch nicht in verallgemeinerungsfähiger Form klärungsfähig. [X.]enn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 [X.][X.]G, § 13 Abs. 2 [X.] [X.] lässt sich nur im Wege der konkreten, alle Umstände berücksichtigenden Einzelfallwürdigung ermitteln. Sie entzieht sich damit einer allgemeinen Maßstabsbildung. Wie bereits im [X.]eschluss des Senats vom 6. Mai 2015 - 2 [X.] 19.14 - (a.a.[X.]) ausgeführt, ist die Höhe des Gesamtschadens ein Erschwerungsgrund neben anderen, der bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem [X.]ienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe rechtfertigen kann. [X.]ie Maßnahmebemessung kennt keine generelle [X.]ifferenzierung bei innerdienstlichen [X.] nach solchen mit und ohne eigenes wirtschaftliches Interesse des [X.]eamten und nach [X.] zugunsten oder zulasten des [X.]ienstherrn.

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass dem [X.]n das Verfolgen wissenschaftlicher Zwecke nicht als das [X.]ienstvergehen erschwerender Umstand angelastet werden darf ([X.]). [X.]ie Wahrnehmung von Lehre und Forschung und damit das Verfolgen wissenschaftlicher Zwecke ist für den [X.]n als Hochschullehrer eine zentrale dienstliche Aufgabe (vgl. nur § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die [X.]n des Landes [X.] vom 16. September 2014 - HG [X.] -). [X.]ie im angefochtenen [X.]erufungsurteil zitierte Rechtsprechung des früheren [X.]isziplinarsenats des [X.]undesverwaltungsgerichts zur Eigennützigkeit ([X.]) bezog sich hingegen auf anders gelagerte Fälle, nämlich solche des Zugriffs auf [X.] ([X.]VerwG, Urteil vom 19. Mai 1998 - 1 [X.] 20.96 - [X.]VerwGE 113, 221), der betrügerischen Krediterschleichung ([X.]VerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 - 1 [X.] 4.06 - juris) und der Vorteilsannahme ([X.]VerwG, Urteil vom 19. Juni 2008 - 1 [X.] 2.07 - juris).

5. Einer Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren streitwertunabhängig Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 [X.] [X.] erhoben werden.

Meta

2 B 9/16

28.03.2017

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 28. Oktober 2015, Az: 3d A 1161/11.O, Urteil

§ 58 Abs 1 BDG, § 57 Abs 1 DG NW 2004, § 108 Abs 1 S 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 86 Abs 1 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.03.2017, Az. 2 B 9/16 (REWIS RS 2017, 13317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13317

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 1934/93

1 BvR 10/99

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