Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.12.2011, Az. XI R 32/09

11. Senat | REWIS RS 2011, 484

ÖFFENTLICHES RECHT STEUERRECHT STEUERN BUNDESFINANZHOF (BFH)

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Gegenstand

Belegnachweis bei innergemeinschaftlicher Lieferung - Unternehmereigenschaft - Änderungssperre durch Umsatzsteuer-Sonderprüfung - Erwerber bei innergemeinschaftlicher Lieferung


Leitsatz

1. NV: Im Rahmen des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung kann ein CMR-Frachtbrief auch ohne ausgefülltes Feld 24 ein geeigneter Versendungsbeleg i.S. des § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und § 10 Abs. 1 der UStDV sein.

2. NV: Die ordnungsgemäße Erfüllung von Steuererklärungspflichten ist kein Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft.

Tatbestand

1

I. [X.]er [X.]läger und Revisionskläger ([X.]läger) betrieb einen [X.]andel mit neuen und gebrauchten [X.]raftfahrzeugen ([X.]fz). Er veräußerte in den [X.]ahren 1997 bis 1999 (Streitjahre) 46 [X.]fz an 15 verschiedene Abnehmer in [X.], [X.] und [X.] und behandelte diese [X.]ieferungen als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche [X.]ieferungen.

2

"Erwerber" der [X.]fz waren im Streitjahr 1997 A, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], und [X.], [X.], im Streitjahr 1998 E, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], und I, [X.], sowie im Streitjahr 1999 [X.], I, [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], und O, [X.].

3

Im Rahmen zweier [X.] für die Voranmeldungszeiträume [X.]anuar bis [X.]ovember 1997 und für die Voranmeldungszeiträume [X.]anuar 1998 bis [X.]anuar 1999 beanstandete der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.]A--) die [X.]ehandlung der [X.]ieferungen als steuerfrei nicht. Infolge einer Steuerfahndungsprüfung sah das [X.]A die [X.]ieferungen nunmehr als steuerpflichtig an und erließ am 29. [X.]ärz 2004 auf der [X.]rundlage bestehender [X.]achprüfungsvorbehalte gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide. Es setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr 1997 auf ./. … €, die Umsatzsteuer für das Streitjahr 1998 auf ./. … € und die Umsatzsteuer für das Streitjahr 1999 auf ./. … € fest.

4

[X.]ie Einsprüche hatten keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 11. [X.]ovember 2004 setzte das [X.]A die Umsatzsteuer für 1999 wegen einer nicht streitigen Vorsteuerkürzung auf ./. … € fest.

5

[X.]as [X.]inanzgericht ([X.][X.]) wies die [X.]lage ab. In seinem Urteil führt es aus, die Voraussetzungen für steuerfreie innergemeinschaftliche [X.]ieferungen nach § 4 [X.]r. 1 [X.]uchst. [X.]. § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (USt[X.]) lägen hinsichtlich der einzelnen Veräußerungen an A bis O nicht vor. [X.]er [X.]läger könne sich nicht erfolgreich auf Vertrauensschutz berufen, da die [X.] nur die Voranmeldungen betroffen hätten und die Umsatzsteuerjahresbescheide für die Streitjahre mit [X.]achprüfungsvorbehalten versehen gewesen seien. Es könne auf [X.]rund der vorgelegten [X.]elege nicht festgestellt werden, ob der [X.]läger oder der jeweilige Abnehmer den [X.]egenstand der [X.]ieferung in das übrige [X.]emeinschaftsgebiet befördert oder versendet habe, oder dass dies für Rechnung des Abnehmers oder des Verkäufers geschehen sei. In [X.]ezug auf [X.]ieferungen an [X.], [X.], [X.] und [X.] stützt das [X.][X.] den nach seiner Ansicht fehlenden [X.] allein oder zusammen mit anderen Umständen darauf, dass im betreffenden [X.][X.]R-[X.]rachtbrief das [X.]eld 24 nicht ausgefüllt worden sei, so dass nicht nachgewiesen sei, ob die Spedition das einzelne [X.]ahrzeug in das [X.]emeinschaftsgebiet transportiert habe.

6

[X.]it der vom Senat zugelassenen Revision rügt der [X.]läger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt zur [X.]egründung vor, die [X.]ichtanerkennung der [X.]achweise und die [X.]ichtgewährung von Vertrauensschutz stehe im Widerspruch zur aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

7

[X.]er [X.]läger beantragt,

unter Aufhebung der Vorentscheidung und Änderung der angefochtenen [X.]escheide die Umsatzsteuer für 1997 auf ./. … €, die Umsatzsteuer für 1998 auf ./. … € und die Umsatzsteuer für 1999 auf ./. … € festzusetzen.

8

Er regt hilfsweise an, das Revisionsverfahren auszusetzen und dem [X.]erichtshof der Europäischen Union (Eu[X.][X.]) die [X.]rage vorzulegen, "ab wann der liefernde Unternehmer darauf vertrauen darf", dass [X.]eweise, die er vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf [X.]efreiung einer innergemeinschaftlichen [X.]ieferung von [X.]egenständen belegen, und welche von der [X.]inanzverwaltung geprüft und als ausreichend anerkannt wurden, weiterhin dazu führen, dass er nicht nachträglich für die [X.]iefervorgänge mit Umsatzsteuer belastet werden darf.

9

[X.]as [X.]A beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es tritt dem Vorbringen des [X.]lägers entgegen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Sache ist nicht spruchreif, weil die vom [X.] festgestellten Tatsachen keine abschließende Beurteilung ermöglichen, ob die streitbefangenen Lieferungen als innergemeinschaftliche Lieferungen von der Umsatzsteuer befreit sind.

1. Das [X.] hat --entgegen der Auffassung des [X.] zu Recht entschieden, dass durch die ohne Beanstandung der vom Kläger erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen durchgeführten [X.] die Voraussetzungen der [X.] nach § 173 Abs. 2 AO nicht erfüllt sind (siehe unter a), und dass kein allgemeiner Vertrauenstatbestand mit Bindungswirkung entstanden ist (siehe unter b und c).

a) [X.] sind zwar Außenprüfungen i.S. des § 173 Abs. 2 AO; eine [X.] lösen sie aber nur aus, wenn die daraufhin ergangenen Bescheide endgültigen Charakter haben, also nicht nur Vorauszahlungen oder Voranmeldungen betreffen (vgl. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 7. Dezember 2006 [X.], [X.], 367, [X.], 420; vom 11. November 1987 [X.], [X.], 166, [X.] 1988, 307; [X.] vom 15. November 1993 [X.], [X.] 1995, 283). Nach den Feststellungen des [X.] betrafen die [X.] die Umsatzsteuer-Voranmeldungen des [X.] für Januar bis November 1997 und Januar 1998 bis Januar 1999.

b) Die im Januar 1998 und im April bis Mai 1999 im Rahmen der [X.] vorgelegten Belege haben als Besteuerungsgrundlagen zwar Eingang in die [X.] für die Streitjahre gefunden; die Umsatzsteuerjahresbescheide für 1997, für 1998 und für 1999 standen allerdings bis zum Abschluss der nachfolgenden Steuerfahndungsprüfung des [X.] unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Es handelte sich somit für den Kläger erkennbar um lediglich vorläufige Beurteilungen, die keine bindende und abschließende Festlegung durch das [X.] darstellten. Ein allgemeiner Vertrauensschutz mit Bindungswirkung ist dadurch nicht entstanden.

c) Dem steht auch nicht das vom Kläger genannte Urteil des [X.] vom 27. September 2007 [X.] (Slg. 2007, [X.], [X.] Beilage 2008, 25) entgegen.

Der [X.] hat in dem Urteil zwar ausgeführt, es verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, wenn ein Mitgliedstaat, der die Voraussetzungen für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung festgelegt hat, indem er u.a. eine Liste von Unterlagen aufgestellt hat, die den zuständigen Behörden vorzulegen sind, und der die vom Lieferanten als Nachweise für das Recht auf Befreiung vorgelegten Unterlagen zunächst akzeptiert hat, den Lieferanten später zur Zahlung der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten könne, wenn sich herausstelle, dass die betreffenden Gegenstände wegen eines vom Erwerber begangenen Betrugs, von dem der Lieferant weder Kenntnis hatte noch haben konnte, den Liefermitgliedstaat in Wirklichkeit nicht verlassen haben (Urteil, Rz 50).

Diese Aussage des [X.] bezieht sich aber auf einen konkreten Sachverhalt; sie ist einer Verallgemeinerung, wie sie der Kläger für richtig hält, nicht zugänglich. Zudem geht der [X.] von Feststellungen und Würdigungen des vorlegenden Gerichts zugunsten von [X.] aus (Rz 18), die im Streitfall nicht festgestellt sind.

2. Entgegen der Auffassung des [X.] (Urteil Seiten …) kann im Rahmen des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung ein [X.] auch ohne ausgefülltes Feld 24 ein geeigneter [X.]S. des § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und § 10 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) sein (vgl. [X.]-Urteile vom 12. Mai 2009 [X.], [X.], 264, [X.] 2010, 511, unter [X.]; vom 4. Mai 2011 [X.], [X.], 374, [X.] 2011, 797, unter II.2.c).

3. Die Vorentscheidung kann auch insoweit keinen Bestand haben als das [X.] sich darauf stützt, dass die Abnehmer im [X.] nach den Angaben der [X.] Finanzbehörden lediglich "Scheinfirmen" bzw. "[X.]" seien (Urteil Seiten …).

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] erlaubt die Feststellung, der Empfänger der Lieferung habe die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, für sich genommen nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner ("[X.]"), sondern eine andere Person sei Empfänger der Lieferung (vgl. [X.] vom 5. Dezember 2005 [X.], [X.] 2006, 625). Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Erfüllung von [X.] kein Tatbestandsmerkmal der Unternehmereigenschaft (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 5. Februar 2004 [X.]/03, [X.] 2004, 988; in [X.] 2006, 625; [X.]-Urteil vom 8. November 2007 [X.], [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, unter [X.]). Sofern die Annahme der [X.] Finanzbehörden, es handle sich bei den Vertragspartnern um Scheinfirmen, lediglich darauf beruht, dass das Unternehmen seine innergemeinschaftlichen Erwerbe aus [X.] in [X.] nicht anmeldete, begründet dies allein keine Zweifel an der Unternehmereigenschaft ([X.]-Urteil in [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, unter [X.]).

b) Abnehmer (Leistungsempfänger) bei Lieferungen i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und damit Erwerber bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ist derjenige, dem der liefernde Unternehmer die Verfügungsmacht über den Gegenstand verschafft. Maßgeblich ist, wer nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist ([X.]-Urteile vom 23. September 2009 [X.], [X.]E 227, 218, [X.] 2010, 243, unter [X.]; vom 18. Februar 2009 [X.], [X.], 198, [X.] 2009, 876, unter [X.] aa, und vom 24. August 2006 [X.], [X.]E 215, 311, [X.], 340, unter [X.]). Abnehmer (Erwerber) ist somit derjenige, der nach dem der Lieferung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis die Verfügungsmacht erhalten soll. Ob diese Person auch auf eigene Rechnung tätig ist, spielt keine Rolle. Handelt z.B. ein Strohmann oder Treuhänder im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, ist daher er, nicht aber sein Auftraggeber Abnehmer ([X.]-Urteile in [X.], 198, [X.] 2009, 876, unter [X.] cc und [X.]; vom 17. Februar 2011 [X.], [X.], 331, [X.] 2011, 1448, unter [X.]).

4. Das [X.], das zum Zeitpunkt seines Urteils die dargestellten Rechtsgrundsätze teilweise nicht kennen konnte, ist von anderen Rechtsmaßstäben ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

a) Den tatsächlichen Feststellungen des [X.] lässt sich nicht entnehmen, in welchem Umfang die jeweils vorgelegten [X.]e, abgesehen von dem Feld 24, ausgefüllt waren.

b) Das [X.] hat --von seinem Standpunkt aus zu [X.] keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob der Kläger den gemäß § 17c [X.] (vgl. dazu [X.]-Urteil in [X.], 367, [X.], 420; [X.] vom 10. Februar 2005 [X.], [X.]E 208, 502, [X.] 2005, 537, m.w.[X.]) erbracht hat.

c) [X.]. wird das [X.] auch zu prüfen haben, ob der Unternehmer das betreffende Kfz an einen zur [X.] verpflichteten anderen Unternehmer geliefert hat und einer von beiden den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (vgl. § 6a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 2 Buchst. a und Nr. 3 UStG).

Die Nachweispflichten (§ 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a, 17c UStDV) sind keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, unter II.2.c). Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG) nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der formellen Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbrachte ([X.]-Urteile in [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, II.2.c; in [X.], 331, [X.] 2011, 1448, unter II.2.c).

Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die innergemeinschaftliche Lieferung, in Übereinstimmung mit den nationalen Grundsätzen, neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft der Steuerpflichtigen voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist ([X.]-Urteile in Slg. 2007, [X.], [X.] Beilage 2008, 25, Rz 42, 70; vom 27. September 2007 [X.]/05 --Twoh International--, Slg. 2007, [X.], [X.] Beilage 2008, 39, Rz 23; [X.]-Urteil in [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, II.1.a). Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang hinsichtlich der einzelnen Vorgänge festzustellen haben, ob nach diesen Rechtsgrundsätzen eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt. Dies kann der Fall sein, wenn eine zeitnahe Registrierung bzw. Zulassung der PKW im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Lieferung auf die Abnehmer im [X.] vorliegt (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, [X.] und II.2.; vom 6. Dezember 2007 [X.], [X.]E 219, 469, [X.] 2009, 57).

Ferner ist ggf. zu prüfen, ab welchem Zeitpunkt die betreffenden [X.] der Vertragspartner ggf. ungültig sind. Sofern dieser Zeitpunkt nach dem [X.] liegt, ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der einzelnen Lieferung von der Gültigkeit auszugehen ([X.]-Urteil in [X.]E 219, 422, [X.] 2009, 55, [X.]).

d) Soweit die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung objektiv vorliegen, wird das [X.] ggf. auch zu prüfen haben, ob die einzelne Lieferung steuerpflichtig ist, weil der Steuerpflichtige unter Verstoß gegen die auf dem ersten Satzteil des Art. [X.] der [X.]/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern beruhenden Pflichten zum Beleg- und [X.] die Identität des Erwerbers verschleiert hat, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen ([X.]-Urteil vom 7. Dezember 2010 [X.]/09 --R--, [X.] 2011, 15, [X.] Steuerrecht --DStR-- 2010, 2572, Rz 51 und Leitsatz; [X.]-Urteile in [X.], 331, [X.] 2011, 1448, und vom 17. Februar 2011 [X.]/10, [X.], 341, [X.] 2011, 769, jeweils unter II.2.c).

e) Soweit das [X.] danach im zweiten Rechtsgang den Beleg- und [X.] als vollständig und rechtzeitig erbracht ansehen sollte, aber die Beleg- und Buchangaben entweder unzutreffend sind oder aber auf Grund konkreter Anhaltspunkte an ihrer Richtigkeit zumindest berechtigte Zweifel verbleiben (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 264, [X.] 2010, 511, unter [X.]; Wäger, [X.], 1621, 1623 rechte Spalte), wird es nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) zu entscheiden haben, ob Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG zu gewähren ist. Dies setzt voraus, dass die Unrichtigkeit auf Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Der Senat sieht entgegen dem Begehren des [X.] im gegenwärtigen Verfahrensstadium auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts keinen Anlass, der insoweit ggf. erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände vorzugreifen.

5. Die vom Kläger angeregte Vorlage der Sache an den [X.] kommt nicht in Betracht, weil die Frage, die der [X.] nach Ansicht des [X.] beantworten soll, von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt.

Meta

XI R 32/09

14.12.2011

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 30. Januar 2008, Az: 3 K 5193/04, Urteil

§ 164 Abs 2 AO, § 173 Abs 2 AO, Art 28c Teil A EWGRL 388/77, § 96 Abs 1 FGO, § 126 Abs 3 S 1 Nr 2 FGO, § 3 Abs 1 UStG 1993, § 4 Nr 1 Buchst b UStG 1993, § 6a Abs 1 UStG 1993, § 6a Abs 3 UStG 1993, § 6a Abs 4 UStG 1993, § 10 Abs 1 UStDV 1993, § 17a UStDV 1993, § 17c UStDV 1993, § 3 Abs 1 UStG 1999, § 4 Nr 1 Buchst b UStG 1999, § 6a Abs 1 UStG 1999, § 6a Abs 3 UStG 1999, § 6a Abs 4 UStG 1999, § 10 Abs 1 UStDV 1999, § 17a UStDV 1999, § 17c UStDV 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.12.2011, Az. XI R 32/09 (REWIS RS 2011, 484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 484

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1 StR 318/12

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