Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.06.2013, Az. VI ZR 150/12

6. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5166

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Gegenstand

Verkehrsunfall zwischen Pkw und Straßenbahn: Anrechnung eines Mitverschuldens im Rahmen der Haftung für einen Verrichtungsgehilfen; mitursächliches haftungsrelevantes Verhalten des Pkw-Fahrers als die Betriebsgefahr erhöhender Umstand


Leitsatz

1. Bei Ansprüchen aus § 831 Abs. 1 BGB ist § 4 Halbsatz 2 HPflG nicht entsprechend anwendbar.

2. Im Rahmen der Betriebsgefahr, die sich der Halter eines Kraftfahrzeugs entgegenhalten lassen muss, wenn er Ersatz seines Unfallschadens nach § 823 Abs. 1 BGB verlangt, ist als ein die allgemeine Betriebsgefahr erhöhender Umstand auch das für den Unfall mitursächliche haftungsrelevante Verhalten des Fahrers zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 19. März 2012 wird zurückgewiesen, soweit sie sich dagegen wendet, dass die Verurteilung der Beklagten zu 1) in Höhe eines Betrags von 1.444,82 € nebst Zinsen hieraus abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen worden ist, und im Übrigen als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der im Revisionsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der [X.], die diese selbst trägt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von den [X.] Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 11. Januar 2007. Eine Straßenbahn der [X.] zu 1), die vom [X.] zu 2) gefahren wurde, stieß gegen einen zum Betriebsvermögen des [X.] gehörenden und von der [X.] gefahrenen Pkw. Dieser hatte sich im Bereich der auf der Straße verlegten Schienen zum Linksabbiegen eingeordnet und war dort verkehrsbedingt zum Stehen gekommen.

2

Das Amtsgericht hat die [X.] als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.889,64 € (zwei Drittel des ihm entstandenen Schadens) nebst Verzugszinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten zu zahlen. Die Beklagte zu 1) hat es darüber hinaus verurteilt, an den Kläger weitere 1.444,82 € nebst Verzugszinsen und weitere Anwaltskosten zu zahlen. Einer von der [X.] zu 1) wegen ihres eigenen Schadens gegen den Kläger und die Drittwiderbeklagte erhobenen Widerklage hat das Amtsgericht teilweise stattgegeben. Im Übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen.

3

Gegen dieses Urteil haben die [X.] Berufung eingelegt. Sie haben beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern, soweit sie über den Betrag in Höhe von 1.444,82 € hinaus nebst Verzugszinsen und einem Teil der Anwaltskosten verurteilt worden sind. Das [X.] hat das amtsgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert, soweit die Beklagte zu 1) verurteilt worden ist, dem Kläger mehr als zwei Drittel des ihm entstandenen Schadens zu ersetzen, und soweit beide Beklagte hinsichtlich des zweiten Drittels der Hauptforderung gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vor Eintritt der Rechtshängigkeit verurteilt worden sind und die [X.] eine Abänderung wegen der vorgerichtlichen Anwaltskosten beantragt haben; im Umfang der Abänderung hat es die Klage abgewiesen. Nach Rücknahme der Revision durch die Drittwiderbeklagte und der Revision des [X.] gegen die Beklagte zu 2) ist Gegenstand der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision des [X.] nur noch die vollständige Zurückweisung der Berufung des [X.] zu 1).

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist ([X.], Urteil vom 19. März 2012 - 2 S 76/11), hat ausgeführt, dem Kläger stehe dem Grunde nach gegen die Beklagte zu 1) aus § 1 Abs. 1 [X.] und gegen den [X.] zu 2) aus § 823 Abs. 1 [X.] ein Anspruch auf Schadensersatz zu, der - wie vom Amtsgericht angenommen - wegen des dem Kläger zuzurechnenden Mitverschuldens der [X.] nach §§ 9 StVG, 254 [X.] mit zwei Dritteln des Gesamtschadens zu bemessen sei. Die vom Amtsgericht vorgenommene Haftungsverteilung sei nicht zu beanstanden.

5

Ein darüber hinausgehender Anspruch gegen die Beklagte zu 1) aus § 831 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf Zahlung weiterer 1.444,82 € bestehe nicht, weil auch dieser Anspruch um den Haftungsanteil des [X.] von einem Drittel zu kürzen sei. Zwar treffe den Kläger selbst kein Mitverschulden. Jedoch sei dem Kläger das Mitverschulden der [X.] in analoger Anwendung des § 4 [X.] zuzurechnen. Die Vorschrift des § 9 StVG, welche eine dem § 4 [X.] vergleichbare Regelung enthalte, gelte zwar nach vorherrschender Auffassung ausschließlich für die Haftung nach dem [X.]; eine analoge Anwendung auf das Deliktsrecht werde abgelehnt. Dem könne aber jedenfalls in Bezug auf Ansprüche aus § 831 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht gefolgt werden. Die vorherrschende Auffassung stütze sich auf das Urteil des [X.] vom 30. März 1965 - [X.], [X.], 523 f., wonach in der [X.] nach § 9 StVG ein gewollter Ausgleich dafür liege, dass die Haftung des Kraftfahrzeugführers nach dem [X.] anders als die Haftung nach § 823 Abs. 1 [X.] schon bei vermutetem Verschulden eingreife. Diese Begründung lasse sich nicht auf Ansprüche aus § 831 Abs. 1 Satz 1 [X.] übertragen, weil diese Vorschrift - wie § 18 StVG, aber anders als § 823 Abs. 1 [X.] - eine Haftung für vermutetes Verschulden normiere. Zudem führe die Ablehnung der entsprechenden Anwendung von § 4 [X.] zu einem unbilligen Ergebnis, weil die Beklagte zu 1) dann auch in vollem Umfang haften müsste, wenn der Unfall alleine von der [X.] zu vertreten wäre.

6

Die Revision werde zugelassen, weil die analoge Anwendung des § 4 [X.] auf § 831 Abs. 1 Satz 1 [X.] klärungsbedürftig sei.

II.

7

1. Die Revision ist teilweise als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO).

8

Sie ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht dem Kläger hinsichtlich des zweiten Drittels der geltend gemachten Hauptforderung gegen die Beklagte zu 1) Zinsen nur für die [X.] ab Eintritt der Rechtshängigkeit und geringere vorgerichtliche Anwaltskosten zugesprochen hat. Diese Abänderungen werden zwar von dem auf Zurückweisung der Berufung gerichteten Revisionsantrag des [X.] umfasst. Seine Revision ist aber insoweit mangels Angabe von [X.] unzulässig (§ 551 Abs. 3). Bezieht sich die Revision auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, muss zu jedem Anspruch eine ausreichende Revisionsbegründung gegeben werden ([X.], Urteil vom 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06, NJW 2007, 3739 Rn. 31 f.). Die Revisionsbegründung des [X.] wendet sich ausschließlich dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der [X.] zu 1) im Umfang von mehr als zwei Dritteln der geltend gemachten Hauptforderung verneint hat. Diese Rüge erfasst die in Rede stehenden Teile der Ansprüche auf Ersatz von Zinsen und Anwaltskosten nicht.

9

2. Soweit das Berufungsgericht dem Kläger den vom Amtsgericht zuerkannten weitergehenden Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) im Umfang von mehr als zwei Dritteln des ihm unstreitig entstandenen Schadens aberkannt hat, hält dies einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, der als solcher außer Streit stehende Anspruch des [X.] aus § 1 Abs. 1 [X.] sei um einen [X.] des [X.] von einem Drittel zu kürzen. Die zum Unfallhergang getroffenen Feststellungen und die auf dieser Grundlage vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge greift die Revision nicht an. Rechtliche Grundlage für die Haftungsverteilung bei der Anrechnung einer Mithaftung als Halter eines Kraftfahrzeugs oder als Betriebsunternehmer einer Bahn sind die Sonderregelungen der §§ 17 StVG, 13 [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1960 - [X.], [X.], 632; Filthaut, Haftpflichtgesetz, 8. Aufl., § 4 Rn. 2). Bei Anwendung dieser Vorschriften ist die erfolgte Abwägung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den vom Berufungsgericht gebilligten Ausführungen des Amtsgerichts zur Haftungsverteilung war der Kläger auch Halter des zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Pkw. Dies stellt die Revision auch nicht in Frage. Der Umfang der Ersatzpflicht des [X.] und der [X.] zu 1) hängt mithin nach § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, 2, 4 StVG, § 1 Abs. 1, § 13 Abs. 1, 2, 4 [X.] ebenfalls von einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ab. Dabei ist auch nach diesen Vorschriften in erster Linie das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (vgl. Senat, Urteile vom 25. März 2003 - [X.], [X.], 783, 785 f.; vom 13. Dezember 2005 - [X.], [X.], 369 Rn. 16; vom 16. Oktober 2007 - [X.], [X.], 126 Rn. 16).

b) Mit Recht wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine über den Anspruch aus § 1 Abs. 1 [X.] hinausgehende Haftung der [X.] zu 1) gemäß § 831 Abs. 1 [X.] scheide deshalb aus, weil der Kläger sich in entsprechender Anwendung von § 4 Halbsatz 2 [X.] ein Mitverschulden der [X.] anrechnen lassen müsse, die als Fahrerin die tatsächliche Gewalt über das Fahrzeug ausübte.

aa) § 4 [X.] gilt auf Grund seiner systematischen Stellung im Haftpflichtgesetz ausschließlich für die in diesem Spezialgesetz geregelten Haftpflichttatbestände (Filthaut, aaO Rn. 16). Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ist die dem § 4 Halbsatz 2 [X.] entsprechende Regelung in § 9 StVG nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats auf Ansprüche aus § 823 [X.] nicht entsprechend anzuwenden, weil dies die vom Gesetzgeber gewollten Unterschiede beider Haftungssysteme verwischen würde (Senat, Urteile vom 30. März 1965 - [X.], [X.], 523 f.; vom 25. März 1980 - [X.], [X.], 740, 741, insoweit in [X.], 397 ff. nicht abgedruckt; vom 10. Juli 2007 - [X.], [X.], 182 Rn. 10 ff.; so auch [X.], 347 f.; [X.], in: [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 9 StVG Rn. 1; [X.], 329, 330). Für § 4 Halbsatz 2 [X.] und für weitere inhaltsgleiche Vorschriften in anderen Sondergesetzen, wie §§ 34 [X.], 27 [X.], 118 BBergG, 11 [X.], § 6 Abs. 1 [X.], § 32 Abs. 3 Satz 1 [X.], kann nichts anderes gelten (vgl. Filthaut, aaO; [X.]/Knerr, [X.], 26. Aufl., [X.]. Rn. 21; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 254 Rn. 52; [X.]/[X.], [X.], Stand: Juli 1990, § 254 Rn. 106; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2005, § 254 Rn. 108; [X.]/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., [X.]. 55 Rn. 20).

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung kommt auch eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften im Rahmen von Ansprüchen aus § 831 Abs. 1 [X.] nicht in Betracht. Zwar kann allein die Erwägung, in den Einschränkungen der Haftung nach den Bestimmungen des [X.]es, u.a. nach § 9 StVG, liege ein gewollter Ausgleich dafür, dass die Haftung des Kraftfahrzeugführers anders als nach § 823 [X.] schon bei vermutetem Verschulden eintrete (Senat, Urteil vom 30. März 1965 - [X.], aaO), die Ablehnung einer Analogie in Bezug auf Ansprüche aus § 831 Abs. 1 [X.] nicht tragen, weil auch eine Haftung nach dieser Vorschrift schon bei einem nur vermuteten Verschulden des Geschäftsherrn eingreift. Eine analoge Anwendung der in den oben aufgeführten Sondergesetzen geregelten Haftungseinschränkung im Rahmen der allgemeinen deliktischen Ansprüche aus den §§ 823 ff. [X.] ist jedoch auch dann abzulehnen, wenn diese Ansprüche schon bei einem vermuteten Verschulden eingreifen (vgl. Senat, Urteil vom 7. Januar 1992 - [X.], [X.], 455, 456 zu § 832 [X.]).

Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen [X.] gekommen. Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss "planwidrig" sein (vgl. [X.], Urteil vom 14. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 187 Rn. 15 mwN). Eine solche "planwidrige" Regelungslücke liegt bezüglich der Haftung aus § 831 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vor.

Der Rechtssatz, dass bei einer Sachbeschädigung ein Verschulden des Inhabers der tatsächlichen Gewalt über die Sache einem Mitverschulden des geschädigten Eigentümers gleichsteht, geht zurück auf landesrechtliche Vorschriften über die Haftpflicht der Eisenbahnen aus dem 19. Jahrhundert (Verhandlungen des Reichstages 1909, [X.], 5593, 5599). Der Rechtssatz wurde im Zuge einer reichseinheitlichen Regelung in § 3 des Gesetzes über die Haftpflicht der Eisenbahnen und Straßenbahnen für Sachschaden vom 29. April 1940 übernommen ([X.] I S. 691) und sodann durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 16. August 1977 ([X.]l. I S. 1577, 1578) ohne inhaltliche Änderungen in das Haftpflichtgesetz überführt. Nach dem Vorbild der Eisenbahnhaftung wurde der Rechtssatz in § 9 des [X.] mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 ([X.] I S. 437, 439), dem heutigen [X.], aufgenommen. Dabei hat der Gesetzgeber ausweislich der Amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs bewusst eine auf den Bereich dieses Gesetzes beschränkte Sonderregelung geschaffen, weil gegenüber der verschärften Haftpflicht des Automobilhalters das Verschulden des Inhabers der Sache billiger Weise nicht unberücksichtigt bleiben könne (Verhandlungen des Reichstages 1909, aaO).

Die Regelungen betreffend die [X.] sowie die entsprechende Regelung in § 20 des Luftverkehrsgesetzes vom 1. August 1922 ([X.] I S. 681, 684), dem heutigen § 34 [X.], hat der Gesetzgeber bei der Schaffung weiterer spezialgesetzlicher Haftpflichttatbestände inhaltsgleich in § 27 des Atomgesetzes vom 23. Dezember 1959 ([X.]l. I S. 814, 821), § 118 des Bundesberggesetzes vom 13. August 1980 ([X.]l. I S. 1310, 1343), § 6 Abs. 1 des Produkthaftungsgesetzes vom 15. Dezember 1989 ([X.]l. I S. 2198, 2199), § 32 Abs. 3 Satz 1 des Gentechnikgesetzes vom 20. Juni 1990 ([X.]l. I S. 1080, 1092) und § 11 des [X.] vom 10. Dezember 1990 ([X.]l. I S. 2634, 2636) übernommen. Auch aus den Begründungen zu den diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Gesetzentwürfen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber einen Regelungsplan verfolgt hätte, der über den Bereich der jeweils spezialgesetzlich geregelten Haftpflichttatbestände hinausgegangen wäre (BT-Drucks. 3/759 S. 37, 8/1315 [X.], 11/2447 S. 21, 11/5622 S. 34, 11/7104 S. 20).

Dies ist auch nachvollziehbar, weil es sich - abgesehen von der [X.] nach § 18 StVG - bei [X.] in Rede stehenden Haftungsnormen (§ 1 Abs. 1 [X.], § 7 Abs. 1 StVG, § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 114 Abs. 1 BBergG, § 1 Abs. 1 [X.], § 32 Abs. 1 [X.], § 1 [X.]) anders als bei § 823 [X.] und § 831 [X.] um Tatbestände der Gefährdungshaftung handelt, die unabhängig von einem rechtswidrigen und schuldhaften Handeln des Haftpflichtigen eingreifen. Im Übrigen hat der Gesetzgeber etwaige Billigkeitserwägungen, die für eine Übertragung der in den [X.] bestehenden Regelungen auf den Bereich der Verschuldenshaftung sprechen könnten, im Rahmen der Änderungen des Schadensrechts durch das 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 nicht zum Anlass genommen, an dieser Rechtslage etwas zu ändern (Senat, Urteil vom 10. Juli 2007 - [X.], aaO Rn. 13; [X.], [X.], 565, 567).

Soweit § 9 StVG auf Grund der Verweisung in § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG auch im Rahmen der [X.] anwendbar ist, die nur bei nachweislich fehlendem Verschulden ausgeschlossen ist (§ 18 Abs. 1 Satz 2 StVG), handelt es sich um einen speziellen Einzelfall. Die Verweisung ist Ausfluss der Grundentscheidung des Gesetzgebers, die Haftung des Fahrers in das spezialgesetzlich geregelte Haftungssystem des [X.]es einzubeziehen und sie - abgesehen von der Exkulpationsmöglichkeit - durch den umfassenden Verweis auf die §§ 8 bis 17 StVG der Halterhaftung gleichzustellen (vgl. die Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs, Verhandlungen des Reichstages 1909, [X.], 5593, 5601). Daraus lassen sich hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Bestimmungen keine Schlüsse ziehen, die über den Kontext dieses umfassend geregelten speziellen Haftungssystems hinausgehen.

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Kläger gegen die Beklagte zu 1) aus § 831 Abs. 1 [X.] kein Anspruch auf Zahlung weiterer 1.444,82 € zusteht, erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

Zwar trifft zu, dass der Kläger selbst keinen Fehler bei der Bedienung seines Kraftfahrzeugs gemacht hat, den er sich nach § 254 Abs. 1 [X.] anrechnen lassen müsste. Die Revisionserwiderung weist aber mit Recht darauf hin, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs in erweiternder Auslegung des § 254 [X.] anspruchsmindernd auswirken kann, wenn sich der Geschädigte die Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeugs dem Schädiger gegenüber zurechnen lassen muss (vgl. Senat, Urteile vom 20. Januar 1954 - [X.], [X.]Z 12, 124, 128; vom 13. April 1956 - [X.] 347/54, [X.]Z 20, 259, 260 ff.; vom 5. April 1960 - [X.] 49/59, [X.], 636, 637; vom 30. Mai 1972 - [X.] 38/71, [X.], 959, 960; vom 10. Juli 2007 - [X.], [X.], 182 Rn. 16; siehe auch [X.], Urteil vom 23. Juni 1952 - [X.], [X.]Z 6, 319, 320 ff.). Das ist der Fall, wenn der Geschädigte - wie im Streitfall der Kläger - zugleich als Halter des beschädigten Kraftfahrzeugs dem Schädiger gegenüber aus § 7 Abs. 1 StVG haftet. In einem solchen Fall ist im Rahmen der Betriebsgefahr, die sich der Halter entgegenhalten lassen muss, wenn er Ersatz seines Unfallschadens nach § 823 Abs. 1 [X.] verlangt, als ein die allgemeine Betriebsgefahr erhöhender Umstand auch das für den Unfall mitursächliche haftungsrelevante Verhalten des Fahrers selbst dann zu berücksichtigen, wenn der Fahrzeughalter für dessen Verhalten nicht nach § 831 [X.] einzutreten braucht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 1954 - [X.], aaO, 128 f.; MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 254 Rn. 114; [X.]/[X.], aaO, § 254 Rn. 108, 117). Darin zeigt sich, dass bei der hier vorliegenden Konstellation, bei der der geschädigte Eigentümer zugleich Halter des Kfz ist, bereits keine Regelungslücke vorliegt.

Die danach auch im Rahmen eines möglichen Anspruchs aus § 831 Abs. 1 [X.] gebotene Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge haben die Vorinstanzen - wie ausgeführt - bereits vorgenommen. Diese von der Revision nicht angegriffene Abwägung muss hinsichtlich aller konkurrierenden Ansprüche gleich ausf[X.], weil bei der erweiternden Auslegung des § 254 [X.] für die Schadensverteilung dieselben Maßstäbe maßgebend sind, wie bei den ihm nachgebildeten Vorschriften des § 17 Abs. 1 StVG und des § 13 Abs. 1 [X.] (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 1954 - [X.], aaO, 129; vom 13. April 1956 - [X.] 347/54, aaO, 263). Dies führt dazu, dass auch der Anspruch des [X.] aus § 831 Abs. 1 Satz 1 [X.] um dessen [X.] von einem Drittel zu kürzen ist.

Galke                           Zoll                      Wellner

              [X.] von                    [X.]

Meta

VI ZR 150/12

11.06.2013

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Görlitz, 19. März 2012, Az: 2 S 76/11

§ 254 Abs 1 BGB, § 823 Abs 1 BGB, § 831 Abs 1 BGB, § 7 Abs 1 StVG, § 9 StVG, § 4 Halbs 2 HaftPflG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.06.2013, Az. VI ZR 150/12 (REWIS RS 2013, 5166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5166

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