Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. IX ZR 31/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5820

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 11. Januar 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja (zu Teil [X.]) [X.]R: ja [X.] § 129 Wird ein Gläubiger mit Mitteln befriedigt, die der Schuldner aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung schöpft, kann die Deckung in der Insolvenz des Schuldners in der Regel mangels Gläubigerbenachteiligung nicht angefochten werden. [X.], Urteil vom 11. Januar 2007 - [X.] - [X.] Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2007 durch [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 13. Januar 2005 aufgeho-ben. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 20. August 2004 wird [X.]. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtsmittelzüge. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger verlangt als Verwalter in dem am 24. September 2002 eröff-neten Insolvenzverfahren über das Vermögen der H.

GmbH (i. F.: Schuldnerin) von der Beklagten im Wege der Insol-venzanfechtung die Rückgewähr einer Scheckzahlung. 1 Am 10. Juni 2002 übergab der Geschäftsführer der Schuldnerin zur [X.] wegen rückständiger [X.] - 3 - beiträge dem von der Beklagten beauftragten [X.] einen auf den 24. Juni 2002 vordatierten Scheck über 13.869,16 •, der dem Konto der Schuldnerin bei der [X.] am 25. Juni 2002 belastet wurde. Das Konto, für das ein vertraglicher [X.] bis 102.000 • eingeräumt war, befand sich bei der A[X.]uchung mit 155.953,80 • im Soll. Am 22. Juli 2002 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Das [X.] hat die auf Zahlung von 13.869,16 • nebst Zinsen ge-richtete Anfechtungsklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Erkenntnisses. 4 [X.] Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in Z[X.] 2005, 942 abge-druckt ist, hat ausgeführt, der Kläger könne die Scheckzahlung an die Beklagte nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] anfechten. Die zur Vermeidung der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgte Übergabe des Schecks innerhalb der Dreimonatsfrist vor Stellung des Insolvenzantrags stelle eine inkongruente Deckung dar. Die anfechtbare Rechtshandlung sei im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag vorgenommen worden. Es komme dabei nach § 140 Abs. 1 5 - 4 - [X.] nicht auf die Übergabe des Schecks, sondern auf die Belastung des [X.] an, weil die bezogene Sparkasse keine Einlösungspflicht [X.] habe. Die Zahlung von dem debitorisch geführten [X.] habe die Insolvenzgläubiger benachteiligt, auch wenn vorher kein dafür ausreichen-der Kreditrahmen vereinbart worden sei. Der Fall sei nicht anders zu beurteilen, als hätte der Schuldner die Forderung eines späteren Insolvenzgläubigers mit Mitteln aus einem [X.] erfüllt. Es könne davon ausgegangen wer-den, dass das Schuldnervermögen nicht ausreichen werde, um alle Forderun-gen zu befriedigen. Sozialversicherungsträger seien in der Insolvenz des [X.] nicht anders zu behandeln als sonstige Insolvenzgläubiger. I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem we-sentlichen Punkt nicht stand. 6 1. Die zur Abwendung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstre-ckung erbrachte Leistung des späteren Insolvenzschuldners bewirkt innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag eine inkongruente Deckung im Sinne des § 131 [X.] ([X.] 136, 309, 311 f; 155, 75, 80 ff; 157, 350, 353; [X.], Urt. v. 7. Februar 2002 - [X.] ZR 115/99, [X.], 561, 564; v. 15. Mai 2003 - [X.] ZR 194/02, [X.], 1278 f; st. Rspr.). Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch für Zahlungen des Schuldners als Arbeitgeber auf die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. [X.] 149, 100, 105 ff; [X.], Urt. v. 10. Juli 2003 - [X.] ZR 89/02, [X.], 1776, 1777; [X.], Urt. v. 9. Juni 2005 - [X.] ZR 152/03, [X.], 1243; v. 8. Dezember 2005 - [X.] ZR 182/01, [X.], 190 ff). Der Ansicht der Revision, [X.] - 5 - ckungsmaßnahmen oder deren Ankündigung durch Sozialversicherungsträger könnten nicht inkongruent sein, weil diese Zwangsgläubiger des Schuldners und als solche gesetzlich zur Einziehung und notfalls zwangsweisen Beitrei-bung der Beiträge verpflichtet seien, ist der [X.] bereits mehrfach entgegen getreten. Zu einer nochmaligen Auseinandersetzung mit dieser Frage gibt der Streitfall keinen Anlass. 2. Das Berufungsgericht ist im Ergebnis auch zutreffend davon [X.], die angefochtene Rechtshandlung sei innerhalb des letzten Monats vor Stellung des Insolvenzantrags vorgenommen worden. 8 a) Die Ausstellung eines Schecks und dessen Einlösung durch die [X.] sind keine Teilakte eines einheitlichen Vorgangs, sondern anfech-tungsrechtlich voneinander zu trennen (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 140 Rn. 9, § 129 Rn. 57 f; [X.][X.]/[X.], 4. Aufl. § 129 Rn. 12; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 129 Rn. 70). Bei mehreren Rechtshandlungen ist grundsätzlich jede Handlung auf ihre Anfechtbarkeit zu prüfen ([X.], Urt. v. 21. März 2000 - [X.] ZR 138/99, [X.], 310; v. 7. Februar 2002, aaO, 563). 9 b) Eine Rechtshandlung gilt grundsätzlich als in dem Zeitpunkt vorge-nommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (§ 140 Abs. 1 [X.]). [X.] Wirkungen treten ein, sobald eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste (Be-gründung zu § 159 des [X.] einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, [X.]), weil sie zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat (vgl. [X.] 156, 350, 357; [X.], Urt. v. 8. Oktober 1998 Œ [X.] ZR 337/97, [X.], 2008, 2009; [X.] [X.], 1679, 1680). Die Hingabe eines Schecks stellt nach § 364 Abs. 2 BGB eine Leistung erfüllungshalber dar, mit 10 - 6 - der der Schuldner zur Befriedigung des Gläubigers eine neue Verbindlichkeit übernimmt (vgl. [X.] 44, 178, 179; 83, 96, 101). Ob für die Anfechtung wegen der Haftung des Ausstellers nach Art. 12 Satz 1 [X.] bereits der [X.] maßgeblich sein kann (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof aaO; einschränkend § 129 Rn. 145; HmbKomm-[X.]/[X.], § 129 Rn. 83; [X.] EWiR 2005, 479), oder ob auf den Zeitpunkt der Einlösung abzustellen ist, weil der Schecknehmer vorher regelmäßig noch keine feste Rechtsposition besitzt (vgl. FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 140 Rn. 8; [X.], [X.]. Rn. 819; wohl auch [X.]/[X.], aaO § 140 Rn. 5; [X.]/[X.], [X.] § 140 Rn. 4), kann offen bleiben, weil sich die verschärfte Haftung des Scheckausstellers vorliegend nicht ausgewirkt hat. Die Beklagte hätte den Scheck zwar ungeachtet der [X.] nach Art. 28 Abs. 2 [X.] sofort zur Einlösung vorlegen können. Mit der Annahme einer Leis-tung erfüllungshalber ist aber in der Regel eine Stundung der ursprünglichen Forderung verbunden, die entweder mit der Erfüllung oder dadurch endet, dass der Versuch der anderweitigen Befriedigung misslingt (vgl. [X.] 96, 182, 193 zum Wechsel; [X.] 116, 278, 282; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 364 Rn. 9). Das gilt bei der Annahme eines Schecks jedenfalls dann, wenn dieser vom Aussteller mit einem späteren Datum versehen wird (vgl. [X.]/ Olzen, [X.] 2006 § 364 Rn. 60 m.w.N.). Eine Stundung der ursprünglichen Forderung, der die Beklagte hier auch Rechnung getragen hat, ist aber als solche nicht gläubigerbenachteiligend (vgl. [X.], Urt. v. 2. Februar 2006 - [X.] ZR 67/02, [X.], 621, 625 zur Wechselbegebung). 3. Mit den Feststellungen des Berufungsgerichts kann eine Gläubigerbe-nachteiligung nicht bejaht werden. Wird ein Gläubiger mit Mitteln befriedigt, die der Schuldner aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung schöpft, kann die Deckung in der Insolvenz des Schuldners in der Regel mangels Gläubiger-11 - 7 - benachteiligung nicht angefochten werden. Für eine mittelbare Gläubigerbe-nachteiligung ist in diesem Fall nur Raum, wenn der Anspruch der Bank auf Rückzahlung des Kredits, auf dessen Gewährung der Schuldner keinen [X.] (Überziehungskredit), für die Insolvenzmasse ungünstiger ist als der Anspruch des befriedigten Gläubigers, insbesondere weil die Bank für ihren Darlehensrückzahlungsanspruch über (bessere) Sicherheiten verfügt (vgl. MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 129 Rn. 108, 123, 144). Vorliegend bedarf die letztgenannte Frage indes aus prozessualen Gründen keiner Entscheidung. a) Gläubigerbenachteiligung tritt ein, wenn die Insolvenzmasse durch eine Rechtshandlung verkürzt wird, so dass sich die Befriedigungsmöglichkei-ten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrach-tungsweise günstiger gestaltet hätten ([X.] 124, 76, 78 f; 155, 75, 80 f; [X.] [X.]/[X.], aaO § 129 Rn. 36). Eine solche Verkürzung der Masse ist grund-sätzlich auch in Fällen zu bejahen, in denen der Schuldner mit den Mitteln eines ihm zuvor zur Disposition gestellten Kredits einen Gläubiger befriedigt hat (vgl. [X.], Urt. v. 7. Juni 2001 - [X.] ZR 195/00, [X.], 1476, 1477; v. 7. Februar 2002 - [X.] ZR 115/99, [X.], 561). Der Anspruch auf Auszahlung eines zu-gesagten Darlehens ist mit dessen Abruf pfändbar (vgl. [X.] 147, 193, 195 ff) und daher vom [X.] erfasst. Durch die isoliert auf ihre gläubiger-benachteiligende Folge zu prüfende Tilgung der Gläubigerforderung mit den gewährten [X.] wird das Aktivvermögen des Schuldners grund-sätzlich zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger verringert, wenn die Masse im eröffneten Verfahren nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht und der Gläubiger einer Insolvenzforderung nicht lediglich unmittelbar durch einen ande-ren, nicht besser gesicherten gleichartigen Gläubiger ersetzt wird (vgl. Urt. v. 7. Februar 2002 aaO, 562 f). 12 - 8 - b) Eine Verfügung des Schuldners über Gegenstände, die aus [X.] nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, weil sie nicht gepfändet werden können, bewirkt indes keine Gläubigerbenachteiligung, weil sie zur Gläubigerbefriedigung von vornherein ungeeignet sind und nicht zur [X.] im Sinn der §§ 35 f [X.] gehören (vgl. [X.] 123, 183, 185 zur Gläubi-geranfechtung; [X.] 155, 75, 82; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 129 Rn. 84; [X.][X.]/[X.], aaO § 129 Rn. 50; [X.]/[X.], aaO § 129 Rn. 98; [X.]/Prütting/[X.], aaO § 129 Rn. 29). So liegt der Fall auch bei Tilgung von Gläubigerforderungen mit Mitteln aus einer ungenehmigten Kontoüberziehung. 13 aa) Die bloße Duldung einer Kontoüberziehung gibt dem Kunden gegen die Bank keinen Anspruch auf Kredit und schafft damit keine pfändbare Forde-rung (vgl. [X.] 93, 315, 325; 147, 193, 202). Dagegen ist eingewendet [X.], bei der geduldeten Überziehung werde schon "eine juristische (oder: logi-sche) Sekunde" vor der Ausführung der Zahlungsanweisung durch das [X.] ein Darlehensvertrag und somit ein pfändbarer Anspruch des Kunden auf Auszahlung der Darlehensvaluta begründet (vgl. [X.] JZ 1985, 490, 491; [X.] [X.] 1985, 849, 853; [X.] Rpfleger 1985, 177, 180; [X.] [X.] 1986, 1232, 1234; [X.] 1989, 3, 7; [X.] Z[X.] 1999, 64, 71 f; [X.] aaO, 480; [X.] Z[X.] 2005, 468, 469; [X.], [X.] in offene Kreditlinien, 2006, [X.] ff; im Ansatz auch [X.], 1109, 1110 sowie [X.]/Bitter in Schimansky/Bunte/[X.], [X.]. [X.] § 33 Rn. 53, welche die Pfändbarkeit aber aus anderen Gründen ablehnen). Dieser Anspruch unterliege dann auch dem [X.] (vgl. [X.] [X.], 786, 788; [X.] Z[X.] 2005, 72, 73 f; [X.] Z[X.] 2004, 983). Aus insolvenzrechtlicher Sicht wird - so auch seitens des Berufungsgerichts - weiterhin zu bedenken gegeben, es mache wirtschaftlich keinen Unterschied und führe zu Zufallsergebnissen, wenn die Anfechtbarkeit 14 - 9 - von Zahlungen davon abhinge, ob der Schuldner in der Krise Bargeld, Gutha-bensbestände oder Kreditmittel welcher Art auch immer zur Befriedigung eines Gläubigers einsetze. Die meisten Zahlungen in dieser Situation würden durch weitere Belastungen eines debitorisch geführten Bankkontos erbracht. Eine Zahlung sei ohne weiteres anfechtbar, wenn der Schuldner diese nach Abhe-bung von einem debitorisch geführten Konto, auch außerhalb einer bewilligten Kreditlinie, in bar leiste. Bei mehreren Bankverbindungen des Schuldners käme es darauf an, ob er für eine bargeldlose Zahlung ein im Haben oder im Soll ge-führtes Konto wähle. Auch könne es dann einen Unterschied machen, ob auf einem Konto zunächst eine Gutschrift erfolge, so dass die angefochtene [X.] aus einem Guthaben vorgenommen werde, oder ob die Zahlung aus ei-nem Konto im [X.] stattfinde, und diesem Konto erst dann etwas gutgebracht werde (vgl. [X.] [X.] 2002, 1360, 1364). Schließlich könnten Schuld-ner, die ausgewählte Einzelgläubiger vorrangig befriedigen wollten, die Durch-setzung von anfechtungsrechtlichen Rückgewähransprüchen durch Zahlungen im Rahmen einer nur geduldeten Überziehung ihrer Bankkonten unterlaufen (vgl. [X.] aaO, 74). [X.]) Der [X.] hält an seiner Auffassung auch für die Insolvenzanfech-tung fest. § 488 Abs. 1 BGB n.F., wonach der Darlehensvertrag ein Konsensu-alvertrag ist, steht dem nicht entgegen. Beim [X.] geht der Aus-zahlungshandlung der Bank stets der Abruf durch den Kunden voraus, mit dem das Darlehensangebot angenommen und damit der Anspruch auf Auszahlung begründet wird (vgl. [X.] 147, 193, 195; 157, 350, 355). Hier besteht - mögli-cherweise nur für kurze Zeit - ein Darlehensanspruch von Rechts wegen und die Pfändung, die mit dem Abruf als vorgenommen gilt ([X.] 157, 350, 355 f; [X.], Urt. v. 17. Februar 2004 - [X.] ZR 318/01, [X.], 669, 670), kann Wirkung entfalten. Bei der ungenehmigten Kontoüberziehung besteht dagegen 15 - 10 - vor der im Belieben der Bank stehenden Durchführung der Zahlungsanweisung - die zugleich die konkludente Annahme des Kundenangebots auf Abschluss des Darlehensvertrages darstellt (vgl. [X.] in [X.], Bankrecht (2002), [X.], 141; [X.]/[X.], [X.] 2004 § 493 Rn. 33) - kein Anspruch auf den Kredit, sondern nur eine Chance, dass die Bank die Überziehung duldet. Die zusätzliche Liquidität, die der Schuldner durch eine geduldete Kontoüberziehung erhält, ist damit auch kein den Insol-venzgläubigern haftendes Vermögen, solange der fragliche Betrag nicht an ihn ausbezahlt oder auf ein im pfändbaren Bereich geführtes Konto übertragen wird. Was für die [X.] gilt, muss im Bereich der Insol-venzanfechtung ebenfalls Beachtung finden. Dass mehrere einem Schuldner zu Gebote stehende wirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten unterschiedliche anfechtungsrechtliche Konsequenzen haben können, ist dabei grundsätzlich hinzunehmen. Der [X.] hat zwar auch einen zweckgebundenen Darlehensan-spruch, der möglicherweise unpfändbar war, dem [X.] unterwor-fen, weil die Zweckbindung nicht den Interessen des Schuldners, sondern de-nen der Bank und des mit dem Darlehen befriedigten Gläubigers diente (vgl. [X.], Urt. v. 7. Juni 2001 aaO). Der vorliegende Sachverhalt liegt jedoch recht-lich anders, weil hier kein Anspruch auf das Darlehen begründet worden ist. c) Von einer konkludenten Einigung über eine Erweiterung der Kreditlinie (vgl. dazu [X.], Urt. v. 17. Juni 1999 - [X.] ZR 62/98, [X.], 1577, 1578 m.w.N.; [X.] aaO, 141 f, 151, 157) kann im Streitfall nicht ausgegangen wer-den, weil Vortrag des [X.] hierzu fehlt und das Berufungsgericht keine ent-sprechenden Feststellungen getroffen hat. Offen bleiben kann daher, ob und unter welchen Voraussetzungen die konkludente Vereinbarung einer erhöhten Kreditlinie in Betracht kommt, wenn die Bank eine an sich vertragswidrige Überziehung über einen längeren Zeitraum zulässt. 16 - 11 - II[X.] Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nach dem festgestellten Sachverhältnis zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.]s ist unbegründet. Das weitere Vorbringen des [X.] zur [X.] seines Anspruchs muss nach § 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt bleiben, so dass eine Zurückweisung zwecks weiterer Feststellungen hierzu nicht in [X.] kommt. 17 1. Der Kläger hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil des [X.]s ergangen ist, erstmals vorgetragen, dass die [X.] für ihre Forderungen durch eine Globalzession sowie durch vor-rangige Grundschulden an einem Grundstück der Schuldnerin gesichert gewe-sen sei und deshalb in der Insolvenz des Schuldners ein durchsetzbares Ab-sonderungsrecht erworben habe. Diesen Vortrag hat das [X.] ohne Rechtsfehler als verspätet unberücksichtigt gelassen (§ 296a ZPO). Vertagung oder eine Schriftsatzfrist gemäß § 139 Abs. 5 ZPO zur Erklärung auf den in der Güteverhandlung erteilten Hinweis des Gerichts auf die Unschlüssigkeit der bisherigen Klagebegründung hat der Kläger nicht beantragt. Eine Pflicht des Gerichts zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung von Amts wegen (§ 156 Abs. 2 ZPO) bestand nicht. Danach ist - von dem Sonderfall eines [X.] abgesehen - die Wiedereröffnung nur dann geboten, wenn sich aus dem nicht nachgelassenen Vorbringen ergibt, dass es aufgrund eines nicht prozessordnungsgemäßen Verhaltens des Gerichts, insbesondere einer Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht oder des Anspruchs auf 18 - 12 - rechtliches Gehör nicht rechtzeitig in den Rechtsstreit eingeführt worden ist (vgl. [X.], Urt. v. 28. Oktober 1999 - [X.] ZR 341/98, [X.], 142, 143 m.w.N.). Hierfür ist im gegenwärtigen Rechtsstreit nichts ersichtlich, vielmehr beruhte das verspätete Vorbringen allein auf der Nachlässigkeit der [X.]. Das Vorbringen durfte nach dem im Fall des § 296a ZPO anwendbaren § 531 Abs. 2 ZPO (vgl. [X.], Urt. v. 10. Juli 1979 - [X.], NJW 1979, 2109, 2110; v. 10. März 1983 - [X.], NJW 1983, 2030, 2031 jeweils zu § 528 Abs. 2 ZPO a.F.) im Berufungsverfahren und folglich auch bei einer ersetzenden Ent-scheidung in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden. Die Tatsache, dass das Berufungsgericht die Frage der [X.] nicht erörtert hat, weil es sie - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht für erheblich hielt, ändert daran nichts. 2. Das in der Berufungsbegründung wiederholte Vorbringen zu den Si-cherheiten der [X.] war in zweiter Instanz auch nicht deshalb zu berücksichtigen, weil es als unstreitig hätte gewertet werden müssen (zur Berücksichtigung unstreitiger Noven in der Berufung vgl. [X.] 161, 138, 142; 19 - 13 - [X.], Urt. v. 6. Dezember 2004 - [X.], [X.], 295, 296). Die [X.] hat im Einzelnen bestritten, dass die Sparkasse aus den behaupteten Sicherheiten Befriedigung erlangen konnte. [X.] Raebel Kayser [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.08.2004 - 3 O 299/04 - [X.], Entscheidung vom 13.01.2005 - 2 U 164/04 -

Meta

IX ZR 31/05

11.01.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.01.2007, Az. IX ZR 31/05 (REWIS RS 2007, 5820)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5820

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