Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.08.2012, Az. VIII S 15/12

8. Senat | REWIS RS 2012, 3853

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Gegenstand

Streitwerterhöhung wegen Zinsen - Entscheidung des BFH über Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht anfechtbar


Leitsatz

NV: Zinsen sind nicht nur als Nebenforderung betroffen und erhöhen deshalb im Anfechtungsprozess vor den Finanzgerichten den Streitwert, wenn der Kläger die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung mit eigenständigen Angriffsmitteln in Frage stellt und wenn das Finanzgericht darüber in der Hauptsache entschieden hat.

Tatbestand

1

I. Durch Beschluss vom 31. Mai 2012 VIII E 4/12 hat der Senat die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 25. Januar 2012 [X.] …/12 ([X.] 136/11) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ([X.] 136/11) hätten die Zinsen zu Recht den Streitwert erhöht. Im Klageverfahren habe der Erinnerungsführer und [X.] ([X.]) die Aufhebung der [X.] beantragt und darüber habe das Finanzgericht ([X.]) auch entschieden. Der [X.] habe die [X.] auch mit eigenständigen Angriffsmitteln in Frage gestellt, indem er geltend gemacht habe, die Zinsen hätten nicht festgesetzt werden dürfen, weil ihm durch die ursprünglich zu niedrige Festsetzung der Einkommensteuer kein Vorteil entstanden sei.

2

Dagegen wendet sich der [X.] mit der Anhörungsrüge. Er meint, der Senat habe die zugrunde liegenden Feststellungen unter Verletzung seines rechtlichen Gehörs in das Verfahren eingeführt. Die neuen Sachverhalte seien zudem "schlicht frei von der Richterschaft erfunden worden". Dazu hätte ihm rechtliches Gehör gewährt werden müssen. Als normaler Bürger könne man die erfundenen Wertungen dieses Gerichts (gemeint: [X.] --BFH--) nicht mehr nachvollziehen. Der Senat habe sich mit seiner Würdigung außerhalb von Recht und Gesetz gestellt.

3

Der [X.] hat keinen Antrag gestellt. Die Vertreterin der Staatskasse hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

4

II. Nach § 69a des Gerichtskostengesetzes (GKG) ist auf die Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

5

Die Anhörungsrüge ist statthaft. Gegen eine Entscheidung des [X.] über die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren ist die Beschwerde nicht gegeben ([X.]-Beschluss vom 23. Juli 2009 IX B 134/09, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R 968) und auch kein anderes Rechtsmittel.

6

Die Anhörungsrüge ist auch zulässig, insbesondere rechtzeitig erhoben (§ 69a Abs. 2 GKG); dabei gelten --wie im [X.] formlos mitgeteilte Entscheidungen mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht (§ 69a Abs. 2 Satz 3 GKG).

7

Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet. Die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, da der Senat das Vorbringen des [X.]s zur Kenntnis genommen und in dem mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschluss erwogen hat. Der Senat kommt auch nach erneuter Überprüfung des Vorgangs in der Sache zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Entscheidung, wie der [X.] meint, auf Unterstellungen tatsächlicher Art beruht:

8

Der Streitwert im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht dem Streitwert des vorangegangenen Klageverfahrens. Nach § 43 Abs. 1 GKG wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt, sofern außer dem [X.] auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen sind. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Zinsen nicht als Nebenforderung betroffen sind, sondern den [X.] erhöhen. Das ist im Verfahren vor den Finanzgerichten der Fall, wenn der Kläger die [X.] mit eigenständigen Angriffsmitteln in Frage gestellt und wenn das [X.] darüber in der Hauptsache entschieden hat.

9

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2009 hat der [X.] erstmals geltend gemacht: "Aufgrund dieser beiden nachgewiesenen Tatsachen ist eine Zinserhebung ... rechtswidrig und illegal." Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2010 hat er klargestellt: "Die Zinsforderung aus der Steuerforderung ist nicht nur rechtswidrig wegen der Rechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Steuerforderung. Das [X.] hat hier selber einen Fehler gemacht (vermutlich geplant), verbindet dies mit mehrjähriger absichtlicher Untätigkeit und kassiert für diese Sauerei noch Zinsen." Damit hat der nicht anwaltlich vertretene [X.] eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er die [X.] --unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Steuerforderung-- für rechtswidrig hielt und dies auch vom Gericht geklärt wissen wollte. Dementsprechend hat der [X.] in der mündlichen Verhandlung u.a. beantragt, den Bescheid über die Festsetzung von Zinsen zur Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2002 ersatzlos aufzuheben. Das [X.] hat den Klageantrag im Urteil abgewiesen. Mit Schriftsatz vom 3. April 2011 hat der [X.] Berichtigung des Urteils, [X.] und Urteilsergänzung beantragt und u.a. ausgeführt: "Als nächster Punkt ist die auf Seite 3 zuletzt genannte Frage der Verzinsung zu nennen. Neben [X.] und Glauben stellt sich hier die Frage, ob für einen selbstverschuldeten Fehler des [X.] dieses dann noch Zinsen verlangen darf." Auch hierdurch hat der [X.] noch einmal klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er die [X.] für sich betrachtet für rechtswidrig hielt. Nach allem war der Streit über die [X.] im Streitfall nicht --wie regelmäßig-- bloße "Nebenforderung", sondern er bildete einen den Streitwert erhöhenden eigenen Gegenstand des Klagebegehrens, über den das Gericht auch entschieden hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 69a Abs. 4 Satz 4 GKG).

Gerichtsgebühren fallen nicht an (vgl. [X.]-Beschluss vom 11. Januar 2006 IV S 17/05, [X.]/NV 2006, 956); Kosten werden nicht erstattet (§ 69a Abs. 6 GKG).

Meta

VIII S 15/12

17.08.2012

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend BFH, 31. Mai 2012, Az: VIII E 4/12, Beschluss

§ 43 Abs 1 GKG, § 69a GKG, § 128 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.08.2012, Az. VIII S 15/12 (REWIS RS 2012, 3853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3853

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