Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.10.2010, Az. III ZB 28/10

3. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1921

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Gegenstand

Auskunftsklage: Bemessung der Beschwer des Auskunftspflichtigen


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 10. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

[X.]: bis 600 €

Gründe

I.

1

Die [X.] vermittelten den Klägern im Jahr 2005 den Kauf einer Eigentumswohnung, die diese zu einem Kaufpreis von 91.900 € von der Verkäuferin erwarben. Die [X.] erhielten für ihre Vermittlungsleistung eine Provision von der Verkäuferin. Im vorliegenden Rechtsstreit nehmen die Kläger die [X.] auf [X.] über die Höhe dieser Provision in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben.

2

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung begehren die [X.] Abweisung der Klage. Auf einen Hinweis des Berufungsgerichts, dass der Wert des [X.] 600 € nicht übersteige, haben die [X.] geltend gemacht, es sei nicht allein auf ihren [X.]- und Arbeitsaufwand abzustellen, sondern auf negative Folgen, die sich aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung auf einen Folgeprozess ergäben; außerdem müssten Kosten für eine Fachberatung und ein Geheimhaltungsinteresse berücksichtigt werden. Zwischen ihnen und der Verkäuferin bestehe eine enge und beständige Geschäftsbeziehung, in der über Provisionszahlungen Stillschweigen vereinbart worden sei. Die Verkäuferin wolle diese Geschäftsbeziehung beenden, wenn die [X.] erteilt würde, was mit empfindlichen Umsatzausfällen für ihr Unternehmen verbunden sei.

3

Das [X.] hat die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.].

II.

4

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.] zutreffend entschieden.

5

1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] bemisst sich der gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende [X.] für das Rechtsmittel der zur [X.]serteilung verurteilten [X.] nach ihrem Interesse, die [X.] nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an [X.] und Kosten die Erteilung der [X.] erfordert und ob die verurteilte [X.] ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. November 1994 - [X.], [X.]Z 128, 85, 87; vom 10. August 2005 - [X.], [X.]Z 164, 63, 66). Dabei kann die Bewertung des Berufungsgerichts nur darauf überprüft werden, ob es die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Dezember 1987 - [X.], NJW-RR 1988, 836, 837; vom 23. April 1997 - [X.], NJW-RR 1997, 1089).

6

2. a) Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den erforderlichen Aufwand an [X.] und Kosten auf weniger als 600 € veranschlagt hat. Zwar hat der [X.] entschieden, wenn der [X.]bedarf für eine große Zahl gleichartiger Handlungen zu schätzen sei, müsse die Schätzung regelmäßig davon ausgehen, wie viel [X.] typischerweise auf die einzelne Handlung entfalle (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Juni 1999 - [X.], NJW 1999, 3050 f.). Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, für die hier geforderte [X.] über einen einzelnen Geschäftsvorfall gehe der [X.]aufwand nicht über zwei Stunden hinaus, haben die [X.] jedoch bereits im [X.] an den gerichtlichen Hinweis keine Einwände erhoben.

7

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den [X.] keine Kosten für eine Fachberatung darüber zugestanden hat, wie sie dem ausgeurteilten [X.]sanspruch genügen. Die Grenzen seines Ermessens werden nicht überschritten, wenn es angenommen hat, dass der Gegenstand der hier nur auf einen bestimmten Geschäftsvorfall beschränkten [X.]sverpflichtung auch für einen Laien deutlich umschrieben ist.

8

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht es auch für nicht hinreichend glaubhaft gemacht (§ 511 Abs. 3 ZPO) angesehen, dass ein Geheimhaltungsinteresse der [X.] wegen ihrer ständigen Geschäftsbeziehungen zu der Verkäuferin zu berücksichtigen sei.

9

Zwar kommt es im Rahmen der Beschwer nicht darauf an, ob das Geheimhaltungsinteresse materiell-rechtlich dem [X.]sanspruch entgegensteht, sondern es genügt, wenn schützenswerte wirtschaftliche Interessen des zur [X.] Verpflichteten gefährdet werden können. Dies kommt etwa in Betracht, wenn in der Person des [X.]sbegehrenden die Gefahr begründet ist, dieser werde von ihm offenbarten Tatsachen über den Rechtsstreit hinaus in einer Weise Gebrauch machen, die schützenswerte wirtschaftliche Interessen des zur [X.] Verpflichteten gefährden könnte (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 1993 - [X.], juris Rn. 6). Andererseits hat der [X.] - auch in Bezug auf einen [X.]sanspruch - entschieden, [X.] stellten keinen aus dem Urteil fließenden Nachteil dar und hätten deshalb als reine Fernwirkung nicht nur für den Streitgegenstand und die daran zu orientierende Bemessung des Streitwerts, sondern gleichermaßen für die Beschwer außer Betracht zu bleiben (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 1997 - [X.], NJW 1997, 3246). Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus Folgendes:

aa) Dass auch eine andere Erwerberin einer Wohnung in demselben Objekt, ebenfalls vertreten durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger, die [X.] auf [X.] in Anspruch genommen hat, kann nicht als relevante Gefährdung der Interessen der [X.] angesehen werden. Beiden Vorgängen liegt das Interesse der jeweiligen Erwerber zugrunde, im Nachhinein die Werthaltigkeit des von ihnen erworbenen Objekts näher zu prüfen und daran die Beratungs-/Vermittlungsleistung der [X.] zu messen. Das sind jeweils auf das Streitverhältnis bezogene Überlegungen, die sich in gleich liegenden Fällen zwar in gleicher Weise auswirken mögen, aber nicht den Schluss darauf zulassen, die Kläger wollten von der [X.] über ihr Verhältnis zu dem [X.] hinaus Gebrauch machen.

bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch keinen Anlass gesehen, wegen einer drohenden Rufschädigung den [X.] zu erhöhen. Nach ständiger Rechtsprechung bleibt das Interesse des [X.], die von der klagenden [X.] letztlich angestrebte Leistung nicht erbringen zu müssen, bei der Wertbemessung außer Betracht, weil es durch die Verurteilung zur [X.], die für den Grund des Hauptanspruchs keine Rechtskraft schafft, nicht berührt wird (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Februar 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 693). Dasselbe gilt für Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung, aus denen die [X.] für ihr Unternehmen negative Folgewirkungen und eine Schädigung ihres Rufes herleiten.

cc) Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht das von den [X.] geltend gemachte Geheimhaltungsinteresse nicht werterhöhend berücksichtigt hat. Der Bestätigung der Verkäuferin vom 15. April 2010 hat es entnommen, dass die [X.] und sie über die von ihr gezahlten Provisionen, die sie als Teil des kalkulierten Kaufpreises als ihr Geschäftsgeheimnis ansieht, Stillschweigen vereinbart haben, soweit nicht aus rechtlichen Gründen eine Offenbarungspflicht besteht. In dem Schreiben wird die zukünftige Fortsetzung der geschäftlichen Zusammenarbeit an die Einhaltung dieser Verpflichtung, und zwar auch für den hier in Rede stehenden Vermittlungsvorgang, geknüpft. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem nicht entnommen, dass die weitere Zusammenarbeit auch dann gefährdet sei, wenn die [X.] einer ihnen durch Urteil auferlegten Offenbarungspflicht nachkommen. Der Beklagte zu 1 hat zwar, worauf die Beschwerde hinweist, in einer eidesstattlichen Versicherung vom 16. April 2010 weitergehende Konsequenzen der Verkäuferin geschildert. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen im Hinblick auf die Bestätigung der Verkäuferin nicht als hinreichend glaubhaft gemacht angesehen hat; zur Versicherung an Eides statt durfte es den [X.] zu 1 ohnehin nicht zulassen (§ 511 Abs. 3 ZPO).

Schlick                                    Dörr                                   Herrmann

                        Seiters                             [X.]

Meta

III ZB 28/10

28.10.2010

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dresden, 10. Mai 2010, Az: 8 S 522/09, Beschluss

§ 2 ZPO, § 3 ZPO, § 511 Abs 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.10.2010, Az. III ZB 28/10 (REWIS RS 2010, 1921)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1921

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