Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2013, Az. B 11 AL 20/12 R

11. Senat | REWIS RS 2013, 219

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Gegenstand

Arbeitslosengeldanspruch - Arbeitslosigkeit - Beschäftigungslosigkeit - Verfügbarkeit - stufenweise Wiedereingliederung während Arbeitsunfähigkeit- keine Beschränkung auf Nahtlosigkeitsregelung - leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis


Leitsatz

Nimmt ein leistungsgeminderter Bezieher von Arbeitslosengeld eine Tätigkeit zur stufenweisen Wiedereingliederung auf, rechtfertigt dies nicht die Annahme, er sei nicht mehr beschäftigungslos im leistungsrechtlichen Sinn und stehe den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit nicht weiter zur Verfügung (Bestätigung und Weiterentwicklung von BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 31/06 R = SozR 4-4300 § 118 Nr 1).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch dessen außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld [X.]) für die [X.] vom 4.4.2011 bis 30.4.2011.

2

Der 1955 geborene Kläger war zuletzt bis 19.10.2008 als Maschinenbediener bei einem Druckereiunternehmen versicherungspflichtig beschäftigt. In der Folgezeit war er arbeitsunfähig erkrankt; das Arbeitsverhältnis wurde nicht gekündigt. Bis zur Aussteuerung am 1.4.2010 bezog er Krankengeld ([X.]) von seiner Krankenkasse. Im März 2010 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zum [X.] arbeitslos und beantragte zugleich die Gewährung von [X.]. Er gab an, er werde alle Möglichkeiten nutzen, um seine [X.] zu beenden, wies jedoch auf gesundheitliche Einschränkungen hin und erklärte sich bereit, sich im Fall einer ärztlichen Begutachtung im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens der Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte bewilligte antragsgemäß [X.] für die Dauer von 450 Tagen ab dem [X.] (Bescheid vom [X.]). Ab 4.4.2011 war der Kläger entsprechend einem vom Hausarzt erstellten Plan im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung ohne Entgelt bei seinem früheren Arbeitgeber tätig. Die Tätigkeit erstreckte sich in der [X.] vom 4. bis 17.4.2011 auf täglich vier Stunden und vom 18. bis 30.4.2011 auf täglich sechs Stunden.

3

Für die [X.] ab 4.4.2011 hob die Beklagte unter Hinweis auf § 48 Abs 1 [X.] Sozialgesetzbuch Zehntes Buch ([X.]) iVm § 330 Abs 3 [X.] Sozialgesetzbuch [X.] ([X.]) die Bewilligung von [X.] vollständig auf, weil die stufenweise Wiedereingliederung als Beschäftigung anzusehen sei; der Kläger leiste in persönlicher Abhängigkeit fremdbestimmte und wirtschaftlich verwertbare Arbeit und stehe dadurch den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht mehr zur Verfügung (Bescheid vom 4.4.2011; Widerspruchsbescheid vom 7.4.2011).

4

Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 4.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.4.2011 aufgehoben (Urteil vom [X.]). Das [X.] ([X.]) hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] unter Neufassung des erstinstanzlichen Tenors zurückgewiesen (Urteil vom 30.8.2012). Es hat zur Begründung ausgeführt, infolge der stufenweisen Wiedereingliederung des [X.] sei keine wesentliche Änderung der Verhältnisse iSd § 48 Abs 1 [X.] eingetreten. Die [X.] im leistungsrechtlichen Sinne sei ebenso wenig entfallen wie die Verfügbarkeit des [X.].

5

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte im Wesentlichen die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Ansicht, die vom Kläger während der Wiedereingliederung ausgeübte Tätigkeit schließe [X.] aus. Soweit das [X.] (B[X.]) in einem anderen Fall das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses während einer stufenweisen Wiedereingliederung verneint habe (Urteil des B[X.] vom 21.3.2007 - B 11a [X.] 31/06 R - [X.] 4-4300 § 118 [X.] 1), beziehe sich dies nur auf die Nahtlosigkeit nach § 125 [X.] (in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung ; jetzt: § 145 [X.]), die im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Der Kläger sei zudem während der [X.] weder objektiv noch subjektiv verfügbar gewesen.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.]s Nordrhein-Westfalen vom 30.8.2012 und das Urteil des [X.] vom [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Das [X.] hat Urteil des [X.] unter Neufassung des Tenors zu Recht bestätigt. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei Aufhebung eines Aufhebungsbescheids die frühere Bewilligung wieder wirksam wird und dass der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 4.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.4.2011 rechtswidrig ist. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des früheren [X.] liegen nicht vor.

9

Gemäß § 48 Abs 1 [X.]B X iVm § 330 Abs 3 S 1 [X.]B III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei wesentlicher Änderung der bei seinem Erlass vorliegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse mit Wirkung vom [X.]punkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Seit Erlass des Bescheids der Beklagten vom [X.] über die Bewilligung von [X.] für die Dauer von 450 Tagen ist eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 [X.]B X nicht eingetreten.

Wesentlich iS des § 48 Abs 1 [X.]B X ist jede Änderung, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv gegebenen Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht mehr erlassen dürfte (Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 4/09 R - Juris Rd[X.] 13 mwN; [X.], Stand Einzelkommentierung August 2012, § 48 [X.]B X Rd[X.] 13). Ob eine solche Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem für die jeweilige Leistung maßgeblichen materiellen Recht (Senatsurteil vom 5.6.2003 - [X.] [X.] 70/02 R - Juris Rd[X.] 13), vorliegend also nach den Vorschriften des [X.]B III über die Gewährung von [X.]. Dabei sind nur Umstände zu berücksichtigen, die tatsächlich feststellbar sind (Schütze in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, § 48 Rd[X.] 9). Kann der Sachverhalt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten nicht aufgeklärt werden, geht dies zu Lasten der Behörde, die sich auf § 48 [X.]B X stützt (Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 4/09 R - Juris Rd[X.]3 mwN).

Nach diesen Maßstäben ist das [X.] rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es an einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im streitgegenständlichen [X.]raum fehlt. Insbesondere war der Kläger auch nach Antritt der Wiedereingliederungsmaßnahme weiterhin "arbeitslos" iS des § 118 Abs 1 [X.] 1 [X.]B III aF und erfüllte damit fortwährend die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von [X.]. Arbeitslosigkeit setzt nach der gesetzlichen Konzeption des § 119 Abs 1 [X.]B III aF neben der [X.] auch Bemühungen des Arbeitnehmers voraus, diese zu beenden ([X.]). Ferner wird von ihm gefordert, dass er den Vermittlungsbemühungen der [X.] zur Verfügung steht (Verfügbarkeit - siehe nur Senatsurteil vom [X.] - [X.] [X.] 4/09 R - Juris Rd[X.] 14 mwN). Den Feststellungen des [X.], an die der Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen gebunden ist (§ 163 [X.]G), lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für den Wegfall eines dieser anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ab 4.4.2011 entnehmen. Der Kläger war auch während seiner stufenweisen Wiedereingliederung arbeitslos.

Insbesondere dauerte die [X.] des [X.] fort. [X.] ist, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 119 Abs 1 [X.] 1 [X.]B III aF). Da das Leistungsrecht des [X.]B III an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpft (vgl nur B[X.]E 89, 243 = [X.]-4300 § 144 [X.]; B[X.] [X.] 4-4300 § 123 [X.] mwN), schließt eine Erwerbstätigkeit [X.] nur dann aus, wenn sie - in einem gewissen zeitlichen Mindestumfang - tatsächlich ausgeübt wird (Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn). Dieser Rechtsprechung folgt auch die Beklagte (vgl Geschäftsanweisung der [X.] zum Arbeitslosengeld, § 138, Stand Dezember 2012, Gliederungspunkt 1.2). Auf dieser Grundlage hatte sie dem Kläger mit Bescheid vom [X.] auch zutreffend - ungeachtet des [X.] seines Arbeitsverhältnisses - [X.] bewilligt.

Hiernach ist die [X.] des [X.] nicht am 4.4.2011 durch die Aufnahme einer unentgeltlichen Tätigkeit für seinen Arbeitgeber im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung entfallen. Denn die zunächst auf vier, später auf sechs Stunden täglich begrenzte Tätigkeit erfolgte nach den Feststellungen des [X.] auf der Grundlage eines von dem den Kläger behandelnden Arzt festgelegten [X.]s, dem der Arbeitgeber des [X.] zugestimmt hatte. Damit ist zwischen den Arbeitsvertragsparteien ein zweites, gesondertes Schuldverhältnis abgeschlossen worden, das rehabilitativen und integrativen Zwecken diente ([X.]GE 69, 272, 276 f = [X.] zu § 74 [X.]B V; [X.]GE 92, 140, 143 = [X.] zu § 74 [X.]B V; [X.], in [X.]/Waltermann, [X.] zum [X.], 3. Aufl 2013, § 28 [X.]B IX Rd[X.]). Diesem sind die wechselseitigen Hauptleistungspflichten eines Arbeitsverhältnisses, die auch konstitutiv für ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne sind, fremd. Weder verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Erbringung einer fremdbestimmten Arbeitsleistung nach Weisung noch verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Erbringung einer finanziellen Gegenleistung. Dadurch steht der Arbeitnehmer auch nicht in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber.

Voraussetzung für eine stufenweise Wiedereingliederung ist, dass der Arbeitsunfähige dadurch voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden kann (§ 74 Sozialgesetzbuch [X.] <[X.]B V>, § [X.] <[X.]B IX>). Zu diesem Zweck ist in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs 1 S 2 [X.] 7 [X.]B V (in der Fassung vom 1.12.2003, [X.]nz 2004 S 6501) vorgesehen, dass der Versicherte (bei [X.]) schonend, aber kontinuierlich an die Belastungen seines Arbeitsplatzes herangeführt wird. Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist er in regelmäßigen Abständen vom behandelnden Arzt auf deren gesundheitliche Auswirkungen hin zu untersuchen. In Abhängigkeit von den Ergebnissen ist nach ärztlicher Vorgabe eine Anpassung der stufenweisen Wiedereingliederung vorzunehmen. Beginn und (ggf vorzeitige) Beendigung des besonderen Rechtsverhältnisses stehen danach ebenso unter ärztlicher Entscheidungskompetenz wie die tägliche Arbeitszeit. Diesbezügliche [X.] des Arbeitgebers bestehen nicht.

Der 11a. Senat des B[X.] hat bereits entschieden und umfänglich begründet, dass und warum ein solches Wiedereingliederungsverhältnis die [X.] nicht ausschließt (Urteil vom 21.3.2007 - [X.]a [X.] 31/06 R - [X.] 4-4300 § 118 [X.] 1). An dieser Rechtsprechung, die im Schrifttum (etwa [X.], [X.] 2011, 66, 70; [X.] info also 2012, 195, 199 f; [X.] in [X.]/Schmidt-de Caluwe/[X.], [X.]B III, 5. Aufl 2013, § 138 Rd[X.] 32; Hölzer in [X.], [X.]B II/[X.]B III, Stand Einzelkommentierung März 2013, § 138 [X.]B III Rd[X.] 193b; [X.] in [X.]/Waltermann, 3. Aufl 2013, § 138 [X.]B III Rd[X.] 10; Söhngen in [X.], [X.]B III, Stand Einzelkommentierung Dezember 2007, § 119 Rd[X.] 43 f; [X.], Sozialrecht und Praxis 2008, 387 ff) und in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (etwa [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 28.3.2012 - L 3 [X.] 5132/11 - Juris; Hessisches [X.] Urteil vom 15.12.2008 - L 9 [X.] 177/07 - info also 2009, 159 ff) Zustimmung erfahren hat, hält der Senat fest.

Die genannte Rechtsprechung beschränkt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht auf Fälle, in denen [X.] aufgrund der sog Nahtlosigkeitsregelung des § 125 [X.]B III aF bewilligt worden ist (vgl auch Senatsbeschluss vom 7.8.2012 - [X.] [X.] 41/12 B - Juris Rd[X.]). Das [X.] hat in diesem Zusammenhang zutreffend die wesentlichen Erwägungen des B[X.] zum Fehlen eines leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses unter Hinweis auf die systematische Gliederung der Entscheidungsgründe im Urteil vom 21.3.2007 ([X.]a [X.] 31/06 R - [X.] 4-4300 § 118 [X.] 1) aufgezeigt.

Soweit sich die Beklagte dennoch ihrerseits auf Formulierungen besagten Urteils stützt, die nicht die Frage der [X.], sondern die Frage der Verfügbarkeit betreffen ([X.] 4-4300 § 118 [X.] 1 Rd[X.] 16 f), hat der 11a. Senat keinesfalls die auf § 125 [X.]B III aF gestützte Bewilligung von [X.] zu einer besonderen "Nahtlosigkeitsleistung" erhoben (vgl auch B[X.] Urteil vom 31.1.2008 - B 13 R 23/07 R - Juris Rd[X.] 44). Es handelt sich vielmehr um reguläres [X.] bei Arbeitslosigkeit iS des § 117 Abs 1 [X.] 1 [X.]B III aF. Der 11a. Senat hat in seinem Urteil vom 21.3.2007 überdies ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Frage der [X.] zu den Tatbestandsvoraussetzungen gehört, die unabhängig von der auf eine Fiktion des gesundheitlichen Leistungsvermögens begrenzten Wirkung der sog Nahtlosigkeitsregelung zu prüfen sind ([X.] 4-4300 § 118 [X.] 1 Rd[X.]1). Der Hinweis der Revision auf § 27 Abs 2 S 2 [X.] 3 [X.]B III aF verfängt bereits deshalb nicht, weil diese Regelung lediglich das [X.] Beschäftigungsverhältnis betrifft (vgl insoweit ebenfalls [X.] 4-4300 § 118 [X.] 1 Rd[X.] 33 ff). Ebenso scheidet der Schutz des von der sog Nahtlosigkeitsregelung des § 125 [X.]B III aF begünstigten Personenkreises als (besonderes) Abgrenzungskriterium aus; auch insoweit kann auf die Ausführungen im Urteil des 11a. Senats vom 21.3.2007 ([X.] 4-4300 § 118 [X.] 1 Rd[X.]1 bis 36) verwiesen werden. Die Auffassung der Beklagten gibt mithin keinen Anlass zu einer Rechtsprechungsänderung.

Ohne Rechtsfehler ist das [X.] weiter davon ausgegangen, dass der [X.]-Anspruch des [X.] im streitgegenständlichen [X.]raum nicht mangels hinreichender [X.] weggefallen ist. Ein schuldhaftes Verhalten des [X.] iS einer erheblichen Obliegenheitsverletzung (B[X.]E 95, 176 ff = [X.] 4-4300 § 119 [X.] 3; Urteil des 11a. Senats vom 31.1.2006 - [X.]a [X.] 13/05 R - Juris Rd[X.]0) kann in den [X.] nicht gesehen werden, zumal die Beklagte selbst ihre Vermittlungsbemühungen unter Berücksichtigung des [X.] des klägerischen Arbeitsverhältnisses auf die Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit konzentriert hat. Diese Möglichkeit zur beruflichen Eingliederung hat der Kläger gerade durch seine stufenweise Wiedereingliederung genutzt; die unentgeltliche Tätigkeit für seinen Arbeitgeber erfolgte im Rahmen der [X.].

Der Kläger stand schließlich während der [X.] seiner stufenweisen Wiedereingliederung auch unverändert den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung (§ 119 Abs 1 [X.] 3 [X.]B III aF). Verfügbar ist nach § 119 Abs 5 [X.]B III aF, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkts ausüben kann und darf ([X.] 1), Vorschlägen der [X.] zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann ([X.]), bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der [X.] 1 anzunehmen und auszuüben ([X.] 3) und bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen ([X.] 4). Für die beiden erstgenannten Voraussetzungen sind die erforderlichen tatsächlichen Fähigkeiten und rechtlichen Möglichkeiten des Arbeitslosen entscheidend (objektive Verfügbarkeit); für die beiden letztgenannten Voraussetzungen kommt es auf die entsprechende Bereitschaft des Arbeitslosen an (subjektive Verfügbarkeit). Auf der Basis der Feststellungen des [X.] bestehen keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der für die objektive Verfügbarkeit maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse oder für die subjektive Einstellung des [X.], jeder Vermittlung in eine zumutbare Beschäftigung Folge zu leisten. Insbesondere ist seine objektive Verfügbarkeit nicht durch die mit der Wiedereingliederung einhergehende zeitliche Inanspruchnahme entfallen. Mit der auf dem ärztlichen [X.] und der daran anknüpfenden arbeitsrechtlichen Abrede beruhenden Tätigkeit ging keine Bindung des [X.] einher, die es ihm rechtlich oder praktisch unmöglich gemacht hätte, eine versicherungspflichtige Beschäftigung - neben oder anstatt der stufenweisen Wiedereingliederung, die er jederzeit ohne Angabe von Gründen hätte abbrechen können - aufzunehmen.

Soweit die Revision sich für Zweifel an der subjektiven Verfügbarkeit des [X.] auf eine "allgemeine Lebenserfahrung" stützt, die angeblich dafür spreche, dass er ein Vermittlungsangebot bei einem anderen Arbeitgeber während seiner Wiedereingliederung abgelehnt hätte (ähnlich Hölzer, in [X.], [X.]B II/[X.]B III, Stand Einzelkommentierung März 2013, § 138 [X.]B III Rd[X.] 193d; [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 28.3.2012 - L 3 [X.] 5132/11 - Juris Rd[X.] 40), lassen sich die anderslautenden Feststellungen des [X.] nicht erschüttern. Dem Berufungsurteil ist zu entnehmen, dass das [X.] keine Zweifel am Fortbestehen der Arbeits- und Eingliederungsbereitschaft des [X.] hatte, weil sich dieser mit der freiwilligen Teilnahme an der Wiedereingliederung gerade an dem durchgängig verfolgten Ziel der Vermittlungsbemühungen der Beklagten orientiert hat. Die subjektive Verfügbarkeit wird vielmehr in besonderer Weise dokumentiert, wenn der Arbeitslose fortlaufend [X.] entfaltet und sich dabei - wie hier - an die konkretisierenden Hinweise seines Arbeitsvermittlers bzw an die Vorgaben einer Eingliederungsvereinbarung hält (vgl Geschäftsanweisung der Beklagten zum Arbeitslosengeld, § 138, Stand 12/2012, [X.] und 3.3 Abs 7 ). Der Kläger hat also gerade durch die Teilnahme an der Wiedereingliederung seine Arbeitsbereitschaft gezeigt.

Mit der Rechtsprechung des B[X.] wird der Beklagten - entgegen dem Vorbringen der Revisionsbegründung - keineswegs eine systemfremde Leistungspflicht auferlegt. Vielmehr ergibt sich bereits aus den von der Beklagten ihrer Verwaltungspraxis zugrunde gelegten unterschiedlichen Begriffen der Arbeitsunfähigkeit, dass Ansprüche auf [X.] und auf [X.] sich nicht gegenseitig ausschließen. Dieses Ergebnis wird überdies durch die [X.] des § 142 Abs 1 S 1 [X.] [X.]B III aF bestätigt, der zufolge der Anspruch auf [X.] ua während der [X.] ruht, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf [X.] zuerkannt ist. Vor diesem Hintergrund versteht es sich von selbst, dass auch während einer stufenweisen Wiedereingliederung dem Grunde nach sowohl ein Anspruch auf [X.] als auch ein Anspruch auf [X.] entstehen kann, wenn - wie hier - bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsfähigkeit besteht. Entsprechende Hinweise sind den Entscheidungen vom 21.3.2007 ([X.] 4-4300 § 118 [X.] 1 Rd[X.] 19) und vom 3.6.2004 (B[X.]E 93, 59 = [X.] 4-4300 § 125 [X.] 1) zu entnehmen. Die Ausführungen in den genannten Entscheidungen beschränken sich nicht auf Fälle der sog Nahtlosigkeitsregelung, in denen die objektive Verfügbarkeit fingiert wird, sondern gelten für alle Fälle, in denen die objektive Verfügbarkeit aus tatsächlichen Gründen zu bejahen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 11 AL 20/12 R

17.12.2013

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Duisburg, 29. Februar 2012, Az: S 33 AL 202/11, Urteil

§ 118 Abs 1 Nr 1 SGB 3, § 119 Abs 1 Nr 1 SGB 3, § 119 Abs 1 Nr 3 SGB 3, § 119 Abs 3 SGB 3, § 119 Abs 5 SGB 3, § 125 SGB 3, § 74 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 7 SGB 5, § 28 SGB 9

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2013, Az. B 11 AL 20/12 R (REWIS RS 2013, 219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 219

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