Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.07.2023, Az. 26 W (pat) 72/20

26. Senat | REWIS RS 2023, 5749

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2018 211 457

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 25. Juli 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke (rot, grün, hellblau, schwarz)

Abbildung

2

ist am 12. April 2018 angemeldet und am 17. Mai 2018 unter der Nummer 30 2018 211 457 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Waren der

3

Klasse 29: Verarbeitete Tomaten;

4

Klasse 31: Frische Tomaten; Frisches Gemüse; [X.] Tomaten.

5

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 22. Juni 2018 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdegegnerin Widerspruch erhoben aus ihrer Unionswortmarke

6

[X.]

7

die am 21. Oktober 2003 angemeldet und am 10. April 2008 unter der Nummer 003 452 968 in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden ist für Waren der

8

Klasse 29: Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht), Obst (konserviert, getrocknet oder gekocht), Pilze (konserviert, getrocknet oder gekocht), Fleisch, Geflügel, Wild, Fisch und Meeresfrüchte, alle diese Produkte auch in Form von Extrakten, Suppen, Gelees, Pasten, Konserven, Fertiggerichten, tiefgekühlt oder dehydriert; Konfitüren; Eier; Milch, Sahne, Butter, Käse und andere Nahrungsmittelpräparate auf Milchbasis; Milchersatz; Milchgetränke; Desserts auf der Basis von Milch und Sahne; Jogurt; Sojamilch (Milchersatz), Präparate auf Sojabasis; Speiseöle und -fette; Proteinpräparate für Nahrungsmittel für die menschliche Ernährung; Weißer, nicht aus Milch; Wurst und Würste; Wurstwaren; Erdnussbutter; Suppen, Suppenkonzentrate, Brühe, Brühwürfel, Bouillon, Kraftbrühen;

9

Klasse 30: Kaffee, Kaffeeextrakte, Zubereitungen und Getränke auf Kaffeebasis; Eiskaffee; Kaffeeersatzmittel, Kaffeeersatzmittelextrakte und Zubereitungen und Getränke auf Kaffeeersatzmittelbasis; Zichorie; Tee, Teeextrakte, Präparate und Getränke auf Teebasis; Eistee; Zubereitungen auf Malzbasis; Kakao sowie Präparate und Getränke auf Kakaobasis; Schokolade, Schokoladenerzeugnisse, Präparate und Getränke auf Schokoladenbasis; Süßwaren, Süßigkeiten, Bonbons; Zucker; Kaugummi; natürliche Süßstoffe; Kleingebäck, Kuchen, Desserts, Pudding; Kleingebäck, Kuchen, Kekse, Waffeln, Toffees, Desserts, Puddings; Eiscreme, Wassereis, Fruchteis, gefrorene Süßwaren, gefrorene Kuchen, Softeis, gefrorene Desserts, gefrorenes Joghurts; Bindemittel für die Zubereitung von Eiscreme und/oder Wassereis und/oder Fruchteis und/oder gefrorenen Süßwaren und/oder gefrorenen Kuchen und/oder Softeis und/oder gefrorenen Desserts und/oder gefrorenen Joghurts; [X.]onig und [X.]onigersatzmittel; Frühstückszerealien, Müsli, Cornflakes, Getreideriegel, verzehrfertige Zerealien; Getreidepräparate; [X.], Teigwaren, Nudeln; Lebensmittel auf der Basis von [X.], Mehl oder Getreide, auch in Form von Fertiggerichten; Pizzas; Sandwiches; Mischungen für Lebensmittelpasten und backfertigen Teig; Soßen; Salatsauce; Ketschup; aromatisierende oder würzende Produkte für Lebensmittel, Speisegewürze, [X.], Salat-Dressings, [X.]; Senf; Essig.

Mit Beschluss vom 18. September 2020 hat die Markenstelle für Klasse 31 eine Verwechslungsgefahr bejaht und die angegriffene Marke gelöscht. Die [X.] seien zum Teil identisch und zum Teil hochgradig ähnlich. „Verarbeitete Tomaten“ der jüngeren Marke fielen unter den ebenfalls in Klasse 29 für die Widerspruchsmarke geschützten Warenoberbegriff „Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht)“. Zu diesem wiesen die angegriffenen Waren „Frische Tomaten, Frisches Gemüse; [X.] Tomaten“ der Klasse 31 eine hochgradige Ähnlichkeit auf, weil es sich beiderseits um Gemüse handele, einmal in frischer und einmal in haltbar gemachter Form. Beide Produkte würden in Lebensmittelläden angeboten, dienten der Ernährung und stünden zueinander in Konkurrenz, weil entweder frische oder haltbar gemachte Gemüse je nach persönlicher Vorliebe und Verfügbarkeit zum Kochen verwendet werden könnten. Für die Waren „Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht)“ verfüge die ältere Marke über eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Vergleichsmarken seien in klanglicher [X.]insicht überdurchschnittlich ähnlich. Der phonetische Gesamteindruck der jüngeren Marke werde von ihrem Wortelement „[X.]“ geprägt, während der unmittelbar warenbeschreibende und damit schutzunfähige Wortbestandteil „Tomate“ und die Produktdarstellung in der werbeüblichen Form einer lächelnden Tomate zurückträten. Infolge der unterschiedlichen Farbgebung und der Großschreibung des Wortelements „Tomate“ würden die beiden Wortbestandteile als zwei Begriffe und nicht als zusammengehörige Einheit wahrgenommen. Zudem bleibe „[X.]“ als bekannte Kurzform von „[X.]“ gut im Gedächtnis. Damit stünden sich das die angegriffene Marke prägende Wortelement „[X.]“ und das ältere Markenwort „[X.]“ gegenüber. Zwar werde „[X.]“ wegen des [X.] „m“ schnell gesprochen und „[X.]“ aufgrund des Konsonanten „[X.]“ eher lang. Demgegenüber überwögen jedoch die Übereinstimmungen in der Zweisilbigkeit, in den Lauten „T-OM-Y“, in der Vokalfolge, in der betonten und im Allgemeinen stärker beachteten Anfangssilbe sowie in der Endsilbe. Die einzige Abweichung in den Konsonanten „m“ bzw. „[X.]“ im Wortinneren könne angesichts der massiven Ähnlichkeit im [X.] eine Unterscheidung der Marken nicht sicher gewährleisten. Die Frage des Bekanntheitsschutzes könne aufgrund der vorliegenden Verwechslungsgefahr ungeprüft bleiben.

[X.]iergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke. Er trägt vor, er sei ein Familienbetrieb, der sich für den gentechnikfreien Anbau fränkischen Gemüses einsetze. Die jüngere Marke AbbildungAbbildungAbbildungAbbildung

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 31 des [X.] vom 18. September 2020 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Auffassung, die angegriffene Marke sei nicht nur wegen Verwechslungsgefahr, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Sonderschutzes bekannter Marken zu löschen. Ihre Marke verfüge von [X.]aus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die aufgrund langjähriger und intensiver Benutzung in [X.] und in vielen anderen [X.] Nachbarländern für Feinkostprodukte wie Senf, [X.], Ketchup, Saucen und Öle erheblich gesteigert sei. Zur Glaubhaftmachung hat sie Auszeichnungen als [X.] „Top-Marke“ in den Jahren 2016, 2017 und 2018, Beispiele bundesweiter TV-Werbespots in den Jahren 2011, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie Belege über die Präsenz ihrer Marke in den [X.] Medien, in denen sie auch für die Verwendung marktfrischer und hochwertiger gesunder Zutaten und eine ausgewogene Ernährung geworben habe, vorgelegt. Ferner hat sie für die Glaubhaftmachung ihrer Bekanntheit in [X.] seit den 1960er Jahren auch für tomatenbasierte Produkte, wie Ketchup und Tomaten-Sahne-Sauce, Fotos von Werbeplakaten, Werbespots, [X.], Produkten, eine Marktstudie sowie eine eidesstattliche Versicherung ihres Leiters des [X.] [X.]/[X.] vom 23. Januar 2019 eingereicht. Auf ihrer [X.]n Webseite habe sie ihre eigenen umweltschonenden Maßnahmen dargestellt und in mehreren Aktionen ihre Kunden zu nachhaltigem [X.]andeln aufgerufen. Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Benutzungsunterlagen wird auf die Anlagen [X.] bis [X.]5 zur Widerspruchsbegründung vom 29. Januar 2019 Bezug genommen. Ihre Bekanntheit für Tomatenketchup sei am 18. Oktober 2006 vom [X.] bestätigt worden ([X.] 1240/2005-1 [X.]. 32 – [X.] vs. [X.] K ([X.]), [X.]). Diese Bekanntheit für Feinkostprodukte, Fertigsoßen und Tomatenketchup strahle auf eng verwandte Waren, also auf alle angegriffenen Produkte aus. [X.] bestehe über die Feststellung der Markenstelle hinaus auch zwischen den angegriffenen Waren „Verarbeitete Tomaten“ und den Widerspruchsprodukten „Soßen; Ketschup“ in Klasse 30. Zu letzteren wiesen die von der jüngeren Marke beanspruchten Waren „Frische Tomaten; Frisches Gemüse; [X.] Tomaten“ eine hochgradige Ähnlichkeit auf, weil sie deren wesentlichen Bestandteil ausmachten (vgl. [X.] (pat) 163/03). Auf die Klassenzugehörigkeit komme es nicht an. Da es sich bei den [X.] um niedrigpreisige Lebensmittel des täglichen Bedarfs handele, die regelmäßig im Supermarkt gekauft würden, widmeten ihnen die angesprochenen Verkehrskreise nur eine unterdurchschnittliche Aufmerksamkeit. Da sowohl die Tomatenabbildung als auch das Wort „Tomate“ als Sachhinweis auf den Inhalt des Lebensmittels branchenüblich sei, werde nur „[X.]“ als [X.]erkunftshinweis und damit als die angegriffene Marke prägender Bestandteil wahrgenommen, so dass eine hochgradige klangliche Ähnlichkeit gegeben sei. Da beide Markenwörter als Spitzname bzw. geläu[X.]e Verkürzungen des bekannten [X.]n Vornamens „[X.]“ aufgefasst würden, seien sie auch begrifflich hochgradig ähnlich bis identisch. Aufgrund der hohen inländischen Bekanntheit der älteren Unionsmarke und der hochgradigen Markenähnlichkeit werde der Verkehr, der der jüngeren Marke begegne, unvermittelt eine gedankliche Verknüpfung zu der bekannten Widerspruchsmarke herstellen und die mit ihr verbundenen Qualitätsvorstellungen auf die jüngere Marke übertragen. Der Beschwerdeführer versuche, ohne rechtfertigenden Grund die besondere Wertschätzung und das positive Image der Marke „[X.]“ auf sich zu übertragen, ohne dafür selbst Aufwendungen tätigen zu müssen. Zudem werde ihr exzellenter Ruf und damit ihre Unterscheidungskraft geschwächt.

Die Verfahrensbeteiligten sind mit gerichtlichem Schreiben vom 26. Januar 2022 auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Beschwerde hingewiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Zwischen der angegriffenen Marke Abbildung[X.]“ besteht Verwechslungsgefahr gemäß §§ 119 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Da die Anmeldung der angegriffenen Marke nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen die Eintragung erhobenen Widerspruch die Bestimmung des § 42 Absatz 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]).

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter [X.]eranziehung aller relevanten Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.: vgl. EuG[X.] [X.] 2020, 52 [X.]. 41 - 43 – [X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 356 [X.]. 45 f. – [X.]/[X.]ABM [[X.]/[X.]]; BG[X.] [X.] 2021, 482 [X.]. 24 – [X.]; [X.] 2021, 724 [X.]. 31 – [X.]/PURE [X.] m. w. N.).

1. Nach der hier maßgeblichen [X.] besteht zwischen den [X.] teilweise Identität und teilweise weit überdurchschnittliche Ähnlichkeit.

a) Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblichen Faktoren wie insbesondere ihrer Art und Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen [X.]erkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuG[X.] [X.], 356 [X.]. 65 – [X.]/[X.]ABM [[X.]/[X.]]; BG[X.] [X.] 2021, 724 [X.]. 36 – [X.]/PURE [X.]; [X.], 176 [X.]. 16 – [X.]/[X.]). Das stärkste Gewicht kommt im [X.]inblick auf die [X.]erkunftsfunktion der Marke der regelmäßigen betrieblichen [X.]erkunft, also dem gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich für die Qualität der Waren und/oder Dienstleistungen zu, während der regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsstätte ein geringeres Gewicht zugemessen wird (BG[X.] [X.] 2014, 488 [X.]. 16 – [X.]/[X.] m. w. N.). Erforderlich im Sinne einer funktionellen Ergänzung von Waren und Dienstleistungen ist ein enger Zusammenhang in dem Sinne, dass die Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig ist (BPatG 30 W (pat) 6/20 – [X.]/[X.]; 30 W (pat) 22/19 – [X.]/CRET; 28 W (pat) 46/12 – [X.]/[X.]; 26 W (pat) 18/14 – [X.]/CADA; 24 W (pat) 517/10 – [X.] Dessous & Cosmetics/[X.]).

b) Die angegriffenen Waren „Verarbeitete Tomaten“ der Klasse 29 werden von dem für die Widerspruchsmarke ebenfalls in Klasse 29 geschützten Warenoberbegriff „Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht), auch in Form von Extrakten, Suppen, Gelees, Pasten, Konserven, Fertiggerichten, tiefgekühlt oder dehydriert“ vollumfänglich umfasst, so dass insoweit Identität vorliegt.

c) Die von der jüngeren Marke in Klasse 31 beanspruchten Waren „Frische Tomaten; Frisches Gemüse; [X.] Tomaten“ weisen eine weit überdurchschnittliche Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren „Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht), auch in Form von Extrakten, Suppen, Gelees, Pasten, Konserven, Fertiggerichten, tiefgekühlt oder dehydriert; Suppen, Suppenkonzentrate“ der Klasse 29 und zu den für die ältere Marke in Klasse 30 eingetragenen Produkten „Soßen, Ketschup“ auf.

aa) Denn die vorgenannten [X.] können in ihrer stofflichen Beschaffenheit übereinstimmen, weil frische Tomaten, frisches Gemüse und unverarbeitete Tomaten die wesentlichen Ausgangsprodukte für die [X.]erstellung von konserviertem, getrocknetem oder gekochtem Gemüse sein können, bei dem lediglich der jeweilige Verarbeitungsschritt in Form von Konservierung, Trocknung oder Kochen hinzukommt. Die angegriffenen Waren der Klasse 31 können auch den [X.]auptbestandteil oder die geschmacksbestimmende Zutat in Suppen, Suppenkonzentraten, Gelees, Pasten, Fertiggerichten, Soßen und Ketchup bilden (vgl. [X.] (pat) 163/03 – C[X.]EF/Le Chef de Cuisine).

bb) Frische Tomaten, frisches Gemüse und unverarbeitete Tomaten können von denselben Betrieben stammen wie „Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht), auch in Form von Extrakten, Suppen, Gelees, Pasten, Konserven, Fertiggerichten, tiefgekühlt oder dehydriert; Suppen, Suppenkonzentrate; Soßen, Ketschup“, weil Lebensmittelverarbeitungsunternehmen und [X.]ersteller von Fertiggerichten auch eigenen Tomaten- und Gemüseanbau betreiben und Landwirte ihre Tomaten- und Gemüseernte selbst verarbeiten und als Fertiggerichte im eigenen [X.]ofladen anbieten können.

cc) Sowohl frische Tomaten, frisches Gemüse und unverarbeitete Tomaten als auch konserviertes, getrocknetes oder gekochtes Gemüse, Suppen, Suppenkonzentrate, Soßen und Ketchup dienen demselben Verwendungszweck, nämlich der Ernährung.

dd) Sie sind zum direkten Verzehr oder für die Zubereitung oder Verfeinerung anschließend verzehrbarer Mahlzeiten bestimmt, so dass auch die Verwendungsart übereinstimmt.

ee) Die [X.] können zudem miteinander konkurrieren, wenn der Verbraucher vor der Wahl steht, frisches bzw. unverarbeitetes Gemüse zu erwerben, um damit eine Suppe oder Soße zuzubereiten, oder aber bereits verarbeitetes Gemüse oder Fertigprodukte zu kaufen.

ff) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers haben [X.] keine unmittelbare Bedeutung für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen (BG[X.] [X.] 2020, 870 [X.]. 24 – [X.]/[X.]; [X.], 1058 [X.]. 15 – KNEIPP), so dass es unerheblich ist, dass die angegriffenen Waren „Frische Tomaten; Frisches Gemüse; [X.] Tomaten“ der Klasse 31 unterfallen und die Widerspruchsprodukte in den Klassen 29 und 30 registriert sind. Die Klasseneinteilung dient vornehmlich Verwaltungs-, insbesondere Gebührenzwecken. Daher können auch Waren, die verschiedenen Klassen angehören, ähnlich und umgekehrt Waren derselben Klasse unähnlich sein ([X.] (pat) 19/17 – [X.]/viastore).

2. Die im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich liegenden [X.] richten sich an breite Verkehrskreise, nämlich sowohl an den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuG[X.] [X.] 2006, 411 RdNr. 24 – Matratzen Concord/[X.]ukla; EuG[X.] [X.] 1999, 723 [X.]. 29 – [X.] [[X.]]) als auch an den Lebensmittelfachhandel und den Gastronomiefachverkehr. Obwohl es sich um niedrigpreisige Waren des täglichen Bedarfs handelt, ist von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen, weil auch der Durchschnittsverbraucher Nahrungsmitteln mit gewisser Sorgfalt begegnet und sie nicht achtlos im Vorbeigehen erwirbt (vgl. BPatG 29 W (pat) 9/15 – GRÜNKÄPPC[X.]EN/Rotkäppchen).

3. Die Kennzeichnungskraft der älteren Unionswortmarke „[X.]“ verfügt über eine sehr hohe Kennzeichnungskraft.

a) Ihr Schutzumfang ist schon von [X.]aus aus normal.

aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuG[X.] [X.] 2010, 1096 [X.]. 31 – BORCO/[X.]ABM [Buchstabe a]; BG[X.] [X.] 2020, 870 [X.]. 41 – [X.]/[X.]). Dabei ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung abzustellen. Marken, die über einen für die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erkennbar beschreibenden Anklang verfügen, haben regelmäßig nur geringe originäre Kennzeichnungskraft (BG[X.] WRP 2015, 1358 [X.]. 10 – [X.]/[X.]solar; [X.], 1040 [X.]. 29 – [X.]/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen (BG[X.] a. a. O. – [X.]/[X.]).

bb) Das Markenwort „[X.]“ hat weder in der [X.]n noch in anderen [X.] Sprachen eine Bedeutung. Es wird daher entweder als [X.] oder als eine Variante des männlichen Vornamens „[X.]“ wahrgenommen, die schon vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke, dem 12. April 2018, auch in [X.] verwendet worden ist, wie die Widersprechende belegt hat (vgl. Anlage [X.]8 zum Schriftsatz vom 5. Februar 2019). Auch als Personenname stellt es wegen seiner Eignung, den Namensträger individuell zu bezeichnen und damit von anderen Personen zu unterscheiden, ein klassisches Kennzeichnungsmittel dar.

b) Der älteren Unionsmarke ist jedoch eine durch Benutzung weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzusprechen.

aa) Abgesehen davon, dass die Widersprechende substantiiert und unwidersprochen vorgetragen und durch Vorlage zahlreicher Benutzungsunterlagen, wie u. a. Auszeichnungen als [X.] „Top-Marke“ in den Jahren 2016, 2017 und 2018, Beispiele bundesweiter TV-Werbespots in den Jahren 2011, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018, Belege über die Präsenz ihrer Marke in den [X.] Medien, Fotos von Werbeplakaten, Werbespots, [X.], Produkten, sowie einer eidesstattlichen Versicherung ihres Leiters des [X.] [X.]/[X.] vom 23. Januar 2019 glaubhaft gemacht hat, dass „[X.]“ eine seit Jahrzehnten und damit schon sehr lange vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke am 12. April 2018 auf dem Gebiet der Feinkostwaren und Würzmittel benutzte und bekannte Marke ist, geht auch der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen der vorliegenden Nahrungsmittel gehören, davon aus, dass es sich bei der Widerspruchsmarke offenkundig im Sinne des § 291 ZPO um eine auch noch zum Entscheidungszeitpunkt in [X.] als dem maßgeblichen Kollisionsgebiet (BG[X.] [X.] 2013, 1239 [X.]. 29 – [X.]/Volks.Inspektion) bekannte Marke im [X.] vor allem für ihre in Klasse 30 eingetragenen Waren „Soßen; Ketschup; [X.], [X.]; Senf“ handelt, der für diese Produkte eine sehr hohe Kennzeichnungskraft zukommt.

bb) Dieser auf einer langjährigen unternehmerischen Leistung beruhende erheblich erweiterte Schutzumfang der [X.] „[X.]“ ist nicht auf „Soßen; Ketschup; [X.], [X.]; Senf“ beschränkt, sondern strahlt auf die im engsten Ähnlichkeitsbereich liegenden Widerspruchswaren „Gemüse (konserviert, getrocknet oder gekocht), auch in Form von Extrakten, Suppen, Gelees, Pasten, Konserven, Fertiggerichten, tiefgekühlt oder dehydriert“ der Klasse 29 aus.

4. Bei teilweise identischen und teilweise weit überdurchschnittlich ähnlichen [X.], sehr hoher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und durchschnittlicher Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise hält die jüngere Marke den zur Vermeidung der Verwechslungsgefahr gebotenen sehr deutlichen Abstand zur älteren Marke wegen weit überdurchschnittlicher klanglicher Markenähnlichkeit nicht mehr ein.

aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (EuG[X.] [X.] 2020, 52 [X.]. 48 – [X.] [[X.]/[X.]]; BG[X.] [X.] 2021, 482 [X.]. 28 – [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuG[X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]enkel; BG[X.] [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuG[X.] [X.] 2007, 700 [X.]. 41 – [X.]ABM/Shaker [Limoncello/LIMONC[X.]ELO]; BG[X.] a. a. O. [X.]. 31 – [X.]; [X.], 64 [X.]. 14 – Maalox/[X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den [X.]intergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im ([X.], im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher [X.]insicht wirken können (EuG[X.] [X.]. 2010, 129 [X.]. 60 – [X.]/[X.]]; BG[X.] a. a. O. [X.]. 28 – [X.]). Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten [X.] (EuG[X.] a. a. O. – [X.] [[X.]/[X.]]; BG[X.] a. a. O. – [X.]).

bb) In der Gesamtheit und (schrift-)bildlich unterscheiden sich die angegriffene MarkeAbbildung[X.]“ durch das zusätzliche Wort „Tomate“ und die grafische Ausgestaltung der jüngeren Wort-/Bildmarke ausreichend deutlich.

cc) Klanglich liegt jedoch aus Sicht des angesprochenen Publikums eine sehr hohe, fast bis zur Identität reichende Ähnlichkeit vor, weil der phonetische Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch das Wortelement „[X.]“ geprägt wird.

aaa) Bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke ist von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. BG[X.] [X.] 2014, 378 [X.]. 39 – [X.]). Eine Ausnahme von dem Grundsatz „Wort vor Bild“ kann sich ergeben, soweit die grafische Ausgestaltung durch ihren Umfang und ihre kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, dass das Wort kaum mehr beachtet wird; in diesem Fall kann es gerechtfertigt sein, dem Bild auch bei der mündlichen Benennung der Marke den Vorrang einzuräumen (vgl. BG[X.] [X.] 1959, 599 – Teekanne; [X.], 124 – [X.]; [X.] (pat) 77/09 – [X.]/Mädchen).

bbb) Die grafischen Elemente beherrschen die jüngere Marke Abbildung

ccc) Bei der mündlichen Benennung steht das Markenwort „[X.]“ im Vordergrund, weil das Wortelement „Tomate“ im Gesamteindruck zurücktritt.

(1) Dies gilt unabhängig davon, ob man „[X.]Tomate“ als ein Markenwort oder als mehrgliedrig wahrnimmt. Denn die Grundsätze der Prägung werden auch auf einteilige Zeichen angewendet, wenn der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zu einem Wort zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen (BG[X.] [X.] 2020, 1202 [X.]. 27 – [X.]/YO; [X.] 2013, 631 [X.]. 33 – [X.]/Marulablu; [X.] 2010, 729 [X.]. 34 – [X.]; [X.], 905 [X.]. 38 – [X.]). Dabei ist zu prüfen, ob die Anwendung des für kombinierte Zeichen geltenden Prägungsgrundsatzes trotz der formalen Einteiligkeit eines Zeichens ausnahmsweise in Betracht kommt.

(2) Vorliegend besteht trotz der Zusammenschreibung ausreichend Anlass, den Wortbestandteil „[X.]Tomate“ zergliedernd wahrzunehmen.

(2.1) Dafür sprechen schon die Binnengroßschreibung und der Farbunterschied zwischen dem in schwarzer Schrift wiedergegebenen Wort „[X.]“ und dem in roten Buchstaben davon abgesetzten bekannten Begriff „Tomate“.

(2.2) Ferner setzt sich dieser Begriff auch bei der Aussprache von dem vorangehenden Wortelement „[X.]“ durch eine kurze Sprechpause deutlich ab.

(2.3) Da die angesprochenen Verkehrskreise zudem sofort und ohne weiteres „Tomate“ in Bezug auf alle angegriffenen Waren „Verarbeitete Tomaten; Frische Tomaten; Frisches Gemüse; [X.] Tomaten“ als glatt beschreibende und damit schutzunfähige Angabe der [X.] erkennen, wird der [X.] oder Vorname „[X.]“ als einziger herkunftshinweisender Wortbestandteil aufgefasst.

(2.4) Gegen die einheitliche Wahrnehmung spricht zudem, dass „[X.]Tomate“ keinen sinnvollen Gesamtbegriff bildet bzw. nicht zu einer gesamtbegrifflichen Einheit verschmolzen ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann „[X.]Tomate“ trotz der Verwendung des verbindenden Stilmittels der Alliteration auch nicht als Gesamtname angesehen werden. Zum einen spricht dagegen schon der glatt beschreibende Wortbestandteil „Tomate“, der die Waren- bzw. Gemüsegattung unmittelbar bezeichnet. Zum anderen weist auch die rote, für Tomaten typische Farbe darauf hin, dass es nicht um einen „echten“ Nachnamen geht. [X.] ist dabei, ob der angegriffenen Marke ein Konzept zugrunde liegt, dem auch die gleichzeitig angemeldeten und inzwischen eingetragenen Wort-/Bildmarken AbbildungAbbildungAbbildung

(3) Für die Prägung des klanglichen Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch den Wortbestandteil „[X.]“ spricht schließlich auch die sehr hohe Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „[X.]“, die mit dem Wortelement „[X.]“ klanglich weitgehend übereinstimmt und daher bei mündlicher Benennung vom Verkehr wiedererkannt wird (vgl. BG[X.] [X.], 880, 881 – [X.]; inzwischen ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]acker in: [X.]/[X.]acker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 9 [X.]. 408 Fußnote 979 m. w. N.), so dass er an eine bestimmte Geschmacksrichtung eines [X.]-Produkts, nicht aber an eine nach dem Muster von Vor- und Zunamen gebildete Gesamtmarke denkt.

(4) Somit sticht der Wortbestandteil „[X.]“, der über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft für die in Rede stehenden Waren verfügt, phonetisch hervor, während das Wortelement „Tomate“ als warenbeschreibende Angabe im Gesamteindruck zurücktritt.

d) Es stehen sich daher die Markenwörter „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, die phonetisch fast vollständig übereinstimmen.

aa) Denn die Vergleichsmarken entsprechen sich in den wichtigen Kriterien der Vokalfolge „o-y“, der Zweisilbigkeit, der Betonung auf dem Vokal „o“ sowie in den betonten und im Allgemeinen stärker beachteten Wortanfängen mit dem klangstarken Sprenglaut „T“ sowie in der Endsilbe „-my“. In der Widerspruchsmarke wird der dem Anfangslaut „T“ nachgestellte Konsonant „[X.]“ wie bei „[X.]“, „Thomaner“, „[X.]“, „[X.]“ nicht ausgesprochen, so dass sich der im zusätzlichen „[X.]“ liegende Unterschied klanglich nicht auswirkt. Die einzige weitere Abweichung, nämlich das doppelte „m“ im Vergleich zum einfachen „M“ der älteren Marke, kann allenfalls zu einer Veränderung des Sprechrhythmus dahingehend führen, dass das „o“ in „[X.]“ kurz und in „[X.]“ etwas gedehnt ausgesprochen wird. Dieser äußerst geringe Unterschied kann angesichts der weitgehenden phonetischen Gemeinsamkeiten im [X.] nicht für eine hinreichende Differenzierung sorgen. Dies gilt umso mehr, als die Vergleichsmarken im Verkehr nicht gleichzeitig nebeneinander aufzutreten pflegen, sondern ein Vergleich aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes erfolgt, in dem regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die Unterschiede (vgl. EuG[X.] Int. 2007, 718 [X.]. 60 – [X.]; [X.]. 1999, 734 [X.]. 26 – [X.]; BG[X.] [X.], 1114 [X.]. 20 – [X.]; [X.] 2000, 506 [X.]. 66 – ATTAC[X.]É/[X.]; [X.], 1047 [X.]. 34 – [X.]/[X.]`s)

bb) [X.] kommt hinzu, dass der Verkehrsteilnehmer die beiden fast identischen Markenwörter als Variante, Abkürzung oder Verniedlichung des Vornamens „[X.]“ auffassen wird, was zum einen einer unterschiedlichen Aussprache entgegenwirken kann und zum anderen zu der sehr hohen klanglichen Ähnlichkeit noch eine begriffliche Gemeinsamkeit hinzutreten lässt.

5. Da bereits eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vorliegt, kann dahingestellt bleiben, ob auch ein Löschungsgrund gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.] vorliegt.

III.

Der Antrag der Widersprechenden, dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, hat keinen Erfolg.

1. Da die Widersprechende im Verfahren vor dem [X.] keinen Kostenantrag gestellt und die Kostenentscheidung der Markenstelle, die von einer Kostenauferlegung abgesehen hat, nicht angegriffen hat, ist der mit Schriftsatz vom 21. Februar 2022 gestellte Antrag, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, dahingehend auszulegen, dass sich dieser Antrag nur auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens bezieht.

2. a) Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. [X.]ierzu bedarf es stets besonderer Umstände (BG[X.] [X.] 1972, 600, 601 – [X.]; [X.] 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem [X.] vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12 – [X.]/[X.]; [X.] 12, 238, 240 – [X.]/[X.]). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der [X.]auptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BG[X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – Schutzverkleidung).

b) Nach diesen Grundsätzen liegen keine Gründe vor, die eine Kostenauferlegung zu Lasten des Inhabers der angegriffenen Marke rechtfertigen. Das bloße Unterliegen reicht hierfür nicht. Vorliegend lässt sich nicht feststellen, dass der Beschwerdeführer trotz erkennbarer Aussichtslosigkeit versucht hat, sein Interesse am Erhalt des Markenschutzes durchzusetzen. Zwar hat die Markenstelle in der Gesamtabwägung eine Verwechslungsgefahr festgestellt, aber mangels Identität aller [X.], mangels Markenidentität und mangels Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschwerdeführers, dass „[X.]Tomate“ entsprechend dem Muster drei weiterer Wort-/Bildmarken als Vor- und Nachname einen Gesamtbegriff bilde, kann ein schuldhafter Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht nicht angenommen werden. Die Bejahung der Verwechslungsgefahr erfordert hier eine eingehende Prägungsprüfung bei der jüngeren Kombinationsmarke, was den Widerspruch nicht von vornherein als eindeutig erfolgversprechend erscheinen ließ. Aufgrund des von ihm vorgestellten Markenkonzepts sind auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Inhaber der jüngeren Marke den Ruf der bekannten Marke „[X.]“ habe ausbeuten oder deren Unterscheidungskraft beeinträchtigen wollen.

Meta

26 W (pat) 72/20

25.07.2023

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.07.2023, Az. 26 W (pat) 72/20 (REWIS RS 2023, 5749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5749

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