Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.06.2014, Az. 26 W (pat) 51/13

26. Senat | REWIS RS 2014, 4605

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Holzmichel/Holzmichel" – zur Warenähnlichkeit im Lebensmittelbereich – zur Verwechslungsgefahr - teilweise unmittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2008 033 895

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie der Richter [X.] und Dr. Himmelmann

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 21. März 2013 und vom 14. März 2011 aufgehoben, soweit die Markenstelle die Löschung für "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte" angeordnet hat.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich "Fisch" zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Markeninhaberin hat am 23. Mai 2008 die Wortmarke

2

[X.]

3

für Waren der Klassen 29 ("Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, gekochtes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette") sowie 32 und 33 angemeldet.

4

Die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] hat mit Verfügung vom 6. August 2008 die Wortmarke "[X.]" unter dem Aktenzeichen 30 2008 033 895 nach § 41 [X.] für die folgenden Klassen in das Register eingetragen:

5

Klasse 29: "Konfitüren, Kompotte; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, gekochtes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette";

6

Klasse 32: "Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken";

7

Klasse 33: "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)".

8

Gegen die Eintragung der Marke hat die Widersprechende am 2. Dezember 2008 Widerspruch aus der prioritätsälteren Wortmarke

9

[X.]

erhoben, die für Waren der Klasse 29 ("Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch") unter der Nr. 304 61 327 in das Register eingetragen worden ist.

Die Markeninhaberin hat am 19. Januar 2009 beantragt, die Marke hinsichtlich der Waren "Fleisch; Geflügel und Wild; Fleischextrakte" der Klasse 29 teilweise wegen Verzichts zu löschen. Die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] hat daraufhin der Markeninhaberin und der Widersprechenden mitgeteilt, das Verzeichnis der Waren/Dienstleistungen erhalte im Wege der Löschung folgende Fassung:

Klasse 29: "Konfitüren, Kompotte; Fisch; konserviertes, gekochtes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette";

Klasse 32: "Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken";

Klasse 33: "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)".

Mit Beschluss vom 14. März 2011 hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Marke 30 2008 033 895 auf den Widerspruch aus der Marke 304 61 327 teilweise gelöscht und zwar für die Waren

"Fisch; konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte".

Die Markeninhaberin hat gegen den Beschluss der Markenstelle vom 14. März 2011 Erinnerung eingelegt.

Mit Beschluss vom 21. März 2013 hat die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] durch einen Beamten des höheren Dienstes die Erinnerung der Markeninhaberin zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, beide Marken könnten sich jeweils in Verbindung mit ähnlichen Waren der Klasse 29 begegnen, weil zwischen den gegenseitig beanspruchten Waren ein Austauschverhältnis bzw. ein funktionaler Zusammenhang bestehe. Bei der Prüfung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit seien alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis von Waren und Dienstleistungen ausmachen würden, also zum Beispiel die Art der Waren, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung und Eigenart als miteinander konkurrierende und einander ergänzende Waren. Erwarte der Verkehr, dass derselbe Unternehmer für die Qualität von unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen verantwortlich sei, könne [X.] i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bejaht werden. Zwischen den Waren "Fleisch" und "Fisch" und den daraus jeweils hergestellten Produkten bestünden Überschneidungen in den Herstellungsbetrieben, dem Vertrieb und dem Verwendungszweck der Waren. Eine Veredelung beider Waren (Salate, Fertiggerichte) finde häufig in denselben Spezialbetrieben statt. Auch dem Verbraucher würden entsprechende Produkte gemeinsam in der Kühl- bzw. Frischetheke, insbesondere von Metzgereien, Feinkostgeschäften und Supermärkten begegnen. Dort würden neben Fleischpasteten auch Pasteten angeboten, die unter Verwendung von Fisch hergestellt worden seien wie auch Feinkostsalate, die unter anderem Fleisch- und/oder Fischanteile enthalten würden. Der Verkehr sehe heutzutage Fleisch bzw. Fisch als austauschbare Komponenten einer ausgewogenen Ernährung an, wobei gerade das Hauptgericht eines Menüs anstelle von Fleisch genauso aus Fisch bestehen könne. Die übrigen von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klasse 29, nämlich "Konfitüren, Kompotte; konserviertes, gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fette" stünden zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten "Fleischwaren" in einem funktionalen Zusammenhang, da diese bei verschiedenen Fertiggerichten und Salaten zusammentreffen und sich gegenseitig ergänzen würden. Insofern sei von einer durchschnittlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren der Klasse 29 auszugehen. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich, weshalb ihr ein normaler Schutzumfang zukomme. Anhaltspunkte für eine durch intensive Nutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die beanspruchten Waren oder für eine Kennzeichnungsschwäche bestünden nicht. Den danach erforderlichen durchschnittlichen Abstand könne die jüngere Marke nicht einhalten, zumal beide Marken zur Kennzeichnung von Waren des täglichen Bedarfs eingesetzt würden, die eher flüchtig erworben würden. Die Vergleichsmarken seien klanglich, schriftbildlich und begrifflich identisch. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr sei daher im Umfang der im Tenor des Erstprüferbeschlusses genannten Waren zu besorgen.

Die Markeninhaberin hat gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 vom 21. März 2013 Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der in dem Erinnerungsbeschluss angenommene funktionale Zusammenhang zwischen den Waren der Klasse 29, nämlich "Fisch; konserviertes, gekochtes Obst und Gemüse; Eier; Milch und Milchprodukte" zu "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" bestehe nicht. Entscheidend sei nicht, ob die Möglichkeit bestehe, dass diese Waren in einem dritten "Fertigprodukt" zusammentreffen würden. Erforderlich sei vielmehr ein enger Zusammenhang in dem Sinne, dass die eine Ware oder Dienstleistung für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig sei, so dass dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener [X.] zumindest nahegelegt werde. Dieser enge Zusammenhang bestehe namentlich nicht zwischen "gekochtem Obst und Gemüse; Eiern; Milch und Milchprodukten" einerseits und "Fleischwaren" andererseits. Insbesondere "geräucherte, luftgetrocknete und gegarte Schinkenprodukte" kämen ohne diese dem Süßbereich und Konditorwaren zuzuordnenden Produkte aus. Sie würden sich zudem nicht an dasselbe Publikum richten. Insbesondere Fleischwaren würden von einem großen Teil der Bevölkerung nicht konsumiert. Das führe dazu, dass bei diesen Waren des täglichen Gebrauchs, insbesondere im Frischebereich, der Verbraucher größere Sorgfalt darauf verwende, welche Inhaltsstoffe sich in den Produkten befänden. Es entspreche nicht der Lebenswirklichkeit, dass Leitbild bei Frischwaren und Lebensmitteln der flüchtige Verbraucher sei. Eine große Anzahl von Verbrauchern lehne den Verzehr von Fleischwaren ab. Der bewusst konsumierende Verbraucher erwerbe auch Waren des täglichen Gebrauchs nicht flüchtig.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

- die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 21. März 2013 und vom 14. März 2011 aufzuheben,

- den Widerspruch der Widersprechenden in vollem Umfang zurückzuweisen,

- die Eintragung der angegriffenen Marke zu bestätigen und

- hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Die Widersprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen in den Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 33 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich der Akte des [X.] Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 [X.] zulässige Beschwerde ist

- begründet hinsichtlich der Löschung der Marke für die Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte" und

- unbegründet hinsichtlich der Löschung der Marke für die Ware "Fisch",

weil die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zwischen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke für das Publikum nur hinsichtlich der zu "Fleischwaren" durchschnittlich ähnlichen Ware "Fisch", nicht aber hinsichtlich der weiteren genannten Waren besteht. Denn den von der angegriffenen Marke erfassten Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte" sind "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch", für die die Widerspruchsmarke in das Register eingetragen ist, unähnlich, weshalb trotz [X.] keine Verwechslungsgefahr besteht.

1. Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]

Verwechslungsgefahr besteht, wenn das Publikum glauben könnte, dass die von den [X.] erfassten Waren/Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich im Hinblick auf die Identität oder Ähnlichkeit der [X.] einerseits und die Identität oder Ähnlichkeit der von diesen erfassten Waren/Dienstleistungen andererseits. Weil die Verwechslungsgefahr vom Vorliegen einer Vielzahl von Umständen abhängt, tritt als weiteres Element insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke hinzu ([X.] [X.], 922, 924 Rn. 29 – [X.]; [X.]. 1999, 734, 736 Rn. 17 – [X.]; [X.]. 2007, 718, 720 Rn. 55 – [X.]; [X.], 343, 346 Rn. 63 – [X.]/[X.]; [X.], 503, 504 Rn. 28 – [X.]/[X.] Mode u. a.; [X.], 841, 844 Rn. 51 – [X.]/[X.];

2. Wechselwirkung und Feststellung der Verwechslungsgefahr

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, bemisst sich im Wesentlichen nach dem Zusammenwirken der Faktoren Identität oder Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke und Identität oder Ähnlichkeit der [X.]. Dabei stehen die genannten Faktoren in einem Verhältnis der Wechselwirkung, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann ([X.] [X.], 387, 389 Rn. 22 – Sabél/[X.]; [X.], 922, 923 Rn. 17 – [X.]; [X.]. 1999, 734, 736 Rn. 19 – [X.]; [X.]. 2000, 899, 901 Rn. 40 – [X.]/Adidas; [X.], 343, 345 Rn. 48 – [X.]/[X.]; [X.], 1040, 1042 Rn. 25 – [X.]/pure; [X.], 930, 932 Rn. 22 – [X.]/[X.]/; [X.], 64 Rn. 9 – Maalox/[X.]; [X.] 2011, 826 Rn. 11 – [X.]/[X.]; [X.] 2011, 824 Rn. 18 – [X.]; [X.], 235 Rn. 35 – [X.]/[X.]; [X.] 2009, 766, 768 Rn. 26 – Stofffähnchen; [X.] 2009, 772, 776 Rn. 51 – [X.]; [X.] 2009, 484, 486 Rn. 23 - Metrobus; [X.], 1002, 1004 Rn. 23 – [X.];

3. Waren-Ähnlichkeit

Da [X.] nicht aufgeworfen sind, ist beim [X.] und bei der Beurteilung der [X.] jeweils von der Registerlage auszugehen.

Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren/Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen – insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder gegebenenfalls wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.] [X.], 922, 923 f. Rn. 22-29 - [X.]; [X.] 2006, 582, 584 – [X.]; [X.] 2009, 47, 53 Rn. 65 - Edition [X.]; BGH [X.], 925, 926 – Bisotherm-Stein; [X.] 1999, 158, 159 – [X.]; [X.] 1999, 164, 166 – [X.]; [X.] 2004, 594, 596 – [X.]; [X.] 2006, 941, 942 Rn. 13 – [X.] [X.]; [X.] 2007, 321, 322 Rn. 20 – [X.]; [X.] 2007, 1066, 1068 Rn. 23 - Kinderzeit; [X.] 2009, 484, 486 Rn. 25 – Metrobus; [X.] 2014, 488, 489 Rn. 14 – [X.]/[X.];

a) Die Ware "Fisch"

Zu Recht und mit der zutreffenden Begründung des 28. Senats des [X.] in seinem Beschluss vom 17. April 2002 (28 W (pat) 287/00 – [X.]/[X.]) hat die Markenstelle für Klasse 33 in ihrem Beschluss vom 21. März 2013 die Waren "Fisch" und "Fleisch" für durchschnittlich ähnlich erachtet. Auch der 25. Senat des [X.] ist in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2012 (25 W (pat) 64/10 – [X.]/[X.]) von einer zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit der Waren "Fisch" einerseits und "Wurst- und Fleischwaren" andererseits ausgegangen (s. auch

Im [X.] daran hält auch der erkennende Senat die Waren "Fisch" einerseits und "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" andererseits für durchschnittlich ähnlich.

b) Die Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte"

Zwischen den Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte" der angegriffenen und "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" der Widerspruchsmarke besteht dagegen keine Ähnlichkeit.

Zwar wird der Eigenart von Waren/Dienstleistungen als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen zunehmend Bedeutung beigemessen. Liegt ein dahingehender funktioneller Zusammenhang bzw. ein entsprechendes Austauschverhältnis vor, wodurch der Gedanke an einen gemeinsam betrieblichen Verantwortungsbereich nahegelegt wird, stehen auch unterschiedliche Materialbeschaffenheit und getrennte Herstellungs- bzw. Erbringungsstätten der Annahme einer Ähnlichkeit nicht zwingend entgegen. Vielmehr kann insoweit selbst dann eine Ähnlichkeit bejaht werden, wenn definitiv davon auszugehen ist, dass die beiderseitigen Waren/Dienstleistungen nicht dieselbe betriebliche Herkunft aufweisen ([X.] [X.], 922, 923 Rn. 23 – [X.]; BGH [X.] 1999, 731, 733 – [X.] II; [X.] 2001, 507, 508 – [X.]/R[X.]; [X.] 2003, 428, 432 – [X.];

Der 28. Senat des [X.] hat mit Beschluss vom 10. Mai 2006 (28 W (pat) 300/04 - Snack maker/[X.]) festgestellt, die Widerspruchswaren "Kartoffelpuffer, Rösti, [X.] sowie diverse andere aus verarbeitetem Gemüse hergestellte Gerichte" lägen zu den unter anderem angegriffenen Waren "Fleisch-, Fisch-, Geflügel-, Wild-, Eiergerichte" nicht mehr im Ähnlichkeitsbereich, weil letztere Gemüse lediglich als Zutat enthalten würden. In der Beschwerdesache 28 W (pat) 43/05 – [X.]/[X.] hat der 28. Senat des [X.] mit Beschluss vom 10. Mai 2006 erklärt, die angegriffenen Waren "konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse" stünden zu Fleisch- und Wurstwaren in einem Identitäts- bzw. engeren Ähnlichkeitsbereich, weil diese bei verschiedenen Fertiggerichten und Salaten mit den Fleisch- und Wurstwaren des Widersprechenden zusammenträfen und sich gegenseitig ergänzen würden (s. auch

Der erkennende Senat meint, dass allein die mögliche Begegnung der Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse" und "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" bei Mahlzeiten, in Fertiggerichten oder anderen Lebensmitteln nicht ausreicht, um den erforderlichen engen Zusammenhang, der die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unentbehrlich oder wichtig macht, zu begründen. [X.] haben bisher davon abgesehen, im Zusammenhang mit dem Absatz ihrer Waren auf die Möglichkeit hinzuweisen, bei ihrem [X.] möglicherweise dazu passendes Gemüse zu verzehren, weshalb der angesprochene Verkehr wenig Anlass dazu hat anzunehmen, dass Gemüse aus demselben Unternehmen oder einem wirtschaftlich verbundenen Unternehmen wie Fleischwaren stammen würde, auch wenn beide Produkte unter Benutzung derselben Marke vertrieben werden und selbst wenn im Einzelhandel oder der Gastronomie die genannten Waren in unmittelbarer Nähe zueinander angeboten werden. Der Verkehr, dem identische Zeichen für Gemüse- und Fleischwaren begegnen, wird dies eher auf Zufall als auf eine Ursprungsidentität zurückführen, weil übereinstimmende Marken beim Auftritt der genannten Waren und in der Werbung nicht genutzt werden (BGH [X.] 2014, 488, 489 Rn. 17 - [X.]/[X.]).

Insofern sind die Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse" und "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" einander unähnlich, weshalb eine Verwechslungsgefahr wegen ihres Abstands von vornherein ausgeschlossen ist.

Gleiches gilt für die Waren "Eier" und "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" (

Auch eine Ähnlichkeit zwischen "Milch und Milchprodukten" und "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" ist nicht festzustellen (

4. Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke

Der Widerspruchsmarke kommt durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit ein normaler Schutzumfang zu, weil sie von Hause aus unabhängig von ihrer Benutzung im Markt normal unterscheidungskräftig und uneingeschränkt geeignet ist, die betreffenden Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu individualisieren. Konkrete Anhaltspunkte, die für eine hohe oder für eine geringe Kennzeichnungskraft sprechen, fehlen vorliegend (BGH [X.], 1103, 1106 Rn. 40 - Pralinenform II; [X.], 909, 910 Rn. 21 – Pantogast; [X.], 905, 907 Rn. 20 – [X.]; [X.] 2007, 1066, 1068 Rn. 30 – Kinderzeit; [X.] 2007, 1071, 1072 Rn. 24 – [X.];

5. Zeichenvergleich und Grad der Zeichenähnlichkeit

Die sich gegenüberstehenden Wortmarken ("[X.]") sind identisch.

6. Gesamtabwägung

Das zwischen den Einzelfaktoren bestehende Wechselwirkungsverhältnis ist im Rahmen einer Gesamtabwägung zum Ausgleich zu bringen. Dabei sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheidend ([X.] [X.], 387, 389 f. Rn. 22 – Sabél/[X.]; [X.], 922, 923 Rn. 16 – [X.]; [X.]. 1999, 734, 736 Rn. 17 – [X.]; [X.]. 2000, 899, 901 Rn. 40 – [X.]/Adidas; [X.]. 2010, 129, 132 Rn. 59 – [X.]/[X.]; [X.], 933, 934 Rn. 32 – [X.]; [X.], 1098, 1099 Rn. 44 – [X.]/[X.]; BGH [X.] 2002, 167, 169 – Bit/Bud; [X.], 719, 721 Rn. 18 – idw Informationsdienst Wissenschaft; [X.], 235 Rn. 15 – [X.]/[X.];

a) Die Ware "Fisch"

Im Blick auf die durchschnittliche Ähnlichkeit zwischen den von der Widerspruchsmarke erfassten "Fleischwaren unter Einschluss von geräucherten, luftgetrockneten und gegarten Schinkenprodukten aus Schweine-, Rind- und Hammelfleisch" und der für die angegriffene Marke eingetragenen Ware "Fisch" besteht die Gefahr von Verwechslungen, weil der Durchschnittsverbraucher glauben könnte, dass die von den identischen [X.] erfassten "Fleischwaren" und die Ware "Fisch" aus demselben Unternehmen oder jedenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen könnten. Insofern besteht hinsichtlich der Ware "Fisch" unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. 1 [X.].

b) Die Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte"

Hinsichtlich der Waren "konserviertes, gekochtes und gekochtes Gemüse; Eier, Milch und Milchprodukte" wird das Publikum im Blick auf die fehlende [X.] nicht glauben, dass die von den identischen [X.] erfassten Waren (Fleisch auf der einen und Gemüse, Eier und Milchprodukte auf der anderen Seite) aus demselben bzw. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, weil zwischen den angesprochenen Waren kein so enger Zusammenhang besteht, dass die eine Ware für die Verwendung der anderen unentbehrlich oder wichtig wäre. Insoweit scheidet sowohl eine unmittelbare Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. 1 [X.]) als auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. 2 [X.]) aus.

7. Kosten des Beschwerdeverfahrens, § 71 Abs. 1 [X.]

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung.

Meta

26 W (pat) 51/13

25.06.2014

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.06.2014, Az. 26 W (pat) 51/13 (REWIS RS 2014, 4605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4605

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

28 W (pat) 14/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Biomil/Blemil (Unionsmarke, Wort-Bild-Marke)/BLEMIL (Unionswortmarke)" – Warenidentität - zur Kennzeichnungskraft – keine Verwechslungsgefahr


30 W (pat) 11/21 (Bundespatentgericht)


26 W (pat) 566/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Meevio/FEBIO" – Warenidentität und –ähnlichkeit – keine Verwechslungsgefahr


28 W (pat) 24/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Lider/LIDL (Gemeinschaftsmarke)" – zur Kennzeichnungskraft - Warenidentität und –ähnlichkeit – klangliche Verwechslungsgefahr


30 W (pat) 14/21 (Bundespatentgericht)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.