Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.07.2014, Az. 2 B 54/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 4165

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Gegenstand

Widerspruchszeitpunkt für Beweisverwertungsverbot; Begriff der Durchsuchung


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 21. März 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

[X.]ie [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Aus dem [X.]eschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass ein Revisionszulassungs-grund gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 VwGO, § 41 [X.]isziplinargesetz des [X.] - [X.] - und § 69 [X.] vorliegt.

2

1. [X.]er 1970 geborene und seit 2003 geschiedene [X.] steht seit 1986 im [X.]ienst des [X.], zuletzt im [X.] ([X.]esoldungsgruppe A 9).

3

Im Januar 2003 verurteilte das Amtsgericht den [X.]n durch rechtskräftig gewordenes Urteil wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis. Mit rechtskräftig gewordenem Strafbefehl vom Oktober 2008 verhängte das Amtsgericht gegen den [X.]n darüber hinaus eine zur [X.]ewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von 10 Monaten, weil er im Mai 2000 und August 2001 jeweils an einem zum Zwecke des [X.] fingierten [X.] mitgewirkt habe. [X.]adurch sei den Versicherungsgesellschaften ein Vermögensschaden von insgesamt ca. 5 900 € entstanden. Weiter führte der [X.] im Jahr 2005 ohne dienstlichen Anlass zwei [X.]atenabfragen in polizeilichen Informationssystemen zu seiner Person und zu einer weiteren Person durch. Außerdem räumte er ein, in der [X.] Kokain konsumiert zu haben. Schließlich wurden in der Wohnung des [X.]n im Januar 2006 vier Stangen (960) Zigaretten in Verpackungen ohne gültiges Steuerzeichen gefunden.

4

Auf die darauf gestützte [X.] hat das Verwaltungsgericht den [X.]n aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt. [X.]essen [X.]erufung hat das Oberverwaltungsgericht mit im Wesentlichen folgender [X.]egründung zurückgewiesen: [X.]ie fehlerhafte Unterzeichnung der Klageschrift sei durch Vorlage einer ordnungsgemäß unterzeichneten Klageschrift im [X.]erufungsverfahren geheilt worden. Aufgrund der Anzahl und des Gewichts der Pflichtenverstöße sei der [X.] als [X.]eamter nicht mehr tragbar. Erschwerend wirke die Wiederholungstat beim eigennützigen Versicherungsbetrug ebenso wie das Versagen im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten. [X.]er [X.] sei vor der polizeilichen [X.]eschuldigtenvernehmung über das Recht auf Aussageverweigerung zwar nur wegen des [X.]etrugsverdachts belehrt worden, nicht aber wegen der weiteren Tatvorwürfe. Seine Angaben zum Vorhalt der unberechtigten Abfrage im polizeilichen Informationssystem seien gleichwohl verwertbar, weil feststehe, dass er als ausgebildeter Polizeibeamter sein Recht zu schweigen auch ohne [X.]elehrung gekannt habe. [X.]ie [X.] stelle zudem hinreichend konkret nicht nur auf den [X.]esitz, sondern auch auf den Erwerb der unversteuerten Zigaretten ab. Ob die insoweit vollzogenen Wohnungsdurchsuchungen am 12. Januar 2006 vor und nach seiner bis 20:20 Uhr dauernden Vernehmung auf der Polizeiwache den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hätten, könne dahinstehen, weil der [X.] in diese und die [X.]eschlagnahme der Zigaretten eingewilligt habe und, davon unabhängig, ein möglicher [X.]eweiserhebungsverstoß nicht schwer wiege. Es lägen weder ein anerkannter Milderungsgrund noch sonstige Milderungsgründe von beachtlichem Gewicht vor.

5

2. [X.]ie Rechtssache hat weder grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegen die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 41 [X.], § 69 [X.]) vor. Eine [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist aus dem [X.]eschwerdevorbringen nicht ersichtlich.

6

a) Ob die Rüge des [X.]n, die [X.] sei nicht ordnungsgemäß erhoben, weil der formelle Mangel ihrer fehlerhaften Unterzeichnung im [X.]erufungsverfahren nicht mehr heilbar gewesen sei, als Grundsatz- oder als Verfahrensrüge zu verstehen ist, kann dahin gestellt bleiben. [X.]ie [X.]eschwerde kann mit beiden [X.] keinen Erfolg haben.

7

[X.]ie aufgeworfene Rechtsfrage zur Frage der Heilung einer mangelhaften [X.] ist durch die Rechtsprechung des [X.] geklärt. [X.]anach leidet eine [X.]schrift zwar an einem wesentlichen Mangel, wenn sie von einer unzuständigen [X.]ehörde oder einem [X.]eamten erhoben wird, der nicht befugt ist, für die zuständige [X.]ehörde tätig zu werden (Urteil vom 28. Februar 2013 - [X.]VerwG 2 [X.] 3.12 - [X.]VerwGE 146, 98 Rn. 58 m.w.N.). Ein solcher Mangel kann nach § 55 Abs. 3 Satz 1 [X.] - hier [X.]. § 41 [X.] - indes dadurch geheilt werden, dass die zuständige Stelle ([X.]ehörde oder [X.]ienstvorgesetzter) eine neue [X.]schrift in eigenem Namen einreicht. [X.]ies ist auch noch im [X.]erufungsverfahren möglich, setzt allerdings voraus, dass dem Vorgehen keine schutzwürdigen Interessen des [X.]eamten entgegenstehen (Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.[X.] Rn. 63 m.w.N. und [X.]eschluss vom 23. September 2013 - [X.]VerwG 2 [X.] 51.13 - juris Rn. 7).

8

An diesen Maßstäben orientiert hat das Oberverwaltungsgericht in fehlerfreier Rechtsanwendung festgestellt, dass die von einem unzuständigen [X.]eamten unterzeichnete [X.]schrift mit dem Einreichen einer neuen wortlautgleichen Klageschrift durch die zuständige Polizeivizepräsidentin geheilt worden ist. [X.]amit steht fest, dass insoweit auch kein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Form eines Verstoßes gegen § 55 [X.], § 41 [X.] vorliegt.

9

b) Entgegen der Verfahrensrüge des [X.]n ist seine Aussage zum Vorwurf unberechtigter Abfragen in polizeilichen Informationssystemen trotz fehlender [X.]elehrung verwertbar.

Nach § 163a Abs. 4 Satz 1 [X.] ist dem [X.]eschuldigten bei seiner ersten Vernehmung durch [X.]eamte des [X.] zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. [X.]anach ist es geboten, dem [X.]eschuldigten den historischen Lebenssachverhalt mitzuteilen. Ihm ist klar zu machen, wegen welcher Art von Straftat er sich nach Auffassung des [X.] strafbar gemacht hat (vgl. [X.], in [X.], [X.], Kommentar, 26. Aufl. 2007, § 163a Rn. 79 m.w.N.).

Nach den Feststellungen des [X.] ist dem [X.]n von der ermittelnden Polizeibeamtin nach [X.]elehrung über sein Recht auf Aussageverweigerung und Konsultation eines Verteidigers nur eröffnet worden, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen [X.]etrugs geführt werde. An einer [X.]elehrung im Hinblick auf die Ermittlung wegen des Verdachts auf Verletzung des [X.] hat es hingegen gefehlt.

Aus einem Verstoß gegen die [X.]elehrungspflicht nach § 163a [X.] folgt aber kein Verwertungsverbot für die Aussage, wenn der [X.]etroffene der Verwertung nicht rechtzeitig widersprochen hat ([X.]eschluss vom 6. August 2009 - [X.]VerwG 2 [X.] 45.09 - [X.]uchholz 235 § 26 [X.][X.]O Nr. 3 Rn. 18). Für das Strafverfahren hat der [X.]undesgerichtshof diese Grundsätze dahin konkretisiert, dass der Widerspruch bis zu dem in § 257 [X.] genannten Zeitpunkt vorliegen muss. [X.]ie Nichtausübung des Widerspruchsrechts innerhalb der Frist führt zum endgültigen [X.]. [X.]ies gilt auch für die [X.]eweiserhebung und -verwertung in einer weiteren Tatsacheninstanz ([X.]GH, [X.]eschlüsse vom 27. Februar 1992 - 5 [X.] - NJW 1992, 1463 <1464 f.>, vom 3. [X.]ezember 2003 - 5 [X.], 389, vom 9. November 2005 - 1 [X.] - NJW 2006, 707 und vom 11. September 2007 - 1 [X.], 3587 <3588>).

[X.]iese Rechtsgrundsätze sind auch im [X.]isziplinarverfahren anwendbar. [X.]anach ist ein [X.]eweis, der unter Verstoß gegen die gesetzliche [X.]elehrungspflicht zustande gekommen ist, verwertbar, wenn der [X.]eamte der Verwertung nicht spätestens in der mündlichen Verhandlung widerspricht, in der das Verwaltungsgericht den [X.]eweis erhebt ([X.]eschluss vom 6. August 2009 a.a.[X.] Rn. 20).

[X.]araus folgt für den vorliegenden Fall: [X.]er [X.] hat der Verwertung anlässlich des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eingeführten Vorwurfs der unberechtigten [X.]atenabfragen in einem polizeilichen Informationssystem laut den Feststellungen in der Sitzungsniederschrift vom 14. September 2010 nicht widersprochen; dies hat er vielmehr erstmals - und damit verspätet - im [X.]erufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht getan.

Angesichts des Vorstehenden kann dahin gestellt bleiben, ob die Erwägung des [X.] trägt, die ohne zureichende [X.]elehrung nach § 163a Abs. 4 Satz 1 [X.] erfolgte Aussage des [X.]n wegen unberechtigter [X.]atenabfragen bei Verdacht auf Verletzung des [X.] sei verwertbar, weil feststehe, dass er sein Schweigerecht vor dem Hintergrund seiner polizeilichen Ausbildung und langjähriger [X.]erufserfahrung auch ohne konkret tatvorwurfbezogene [X.]elehrung gekannt habe.

c) [X.]es Weiteren greifen auch die [X.] des [X.]n in [X.]ezug auf den Vorwurf des Erwerbs unversteuerter Zigaretten im Ergebnis nicht durch. [X.]abei kann wieder dahin gestellt bleiben, ob die [X.] als Grundsatz- und/oder als Verfahrensrügen zu verstehen sind.

aa) Eine Frage von grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache wird nicht durch die [X.]ehauptung aufgeworfen, der Erwerb von 960 Zigaretten ohne gültiges Steuerzeichen, sei nicht hinreichend konkret und aus sich heraus verständlich in der [X.]schrift dargestellt. [X.]ie inhaltlichen Anforderungen an eine [X.]schrift sind durch die Rechtsprechung des [X.] geklärt. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 [X.] [X.]. § 41 [X.] muss die Klageschrift die Tatsachen, in denen ein [X.]ienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und [X.]eweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. [X.]ie Sachverhalte, aus denen das [X.]ienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. [X.]adurch soll sichergestellt werden, dass sich der [X.]eamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann.

[X.]iese Anforderungen an die Klageschrift tragen dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen [X.]isziplinarbefugnis festlegt. [X.]enn gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 [X.] dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem [X.]eamten in der Klage oder der Nachtragsklage als [X.]ienstvergehen zur Last gelegt worden sind. Aus der Klageschrift muss bei verständiger Lektüre deshalb eindeutig hervorgehen, welche konkreten Handlungen dem [X.]eamten als [X.]ienstvergehen zur Last gelegt werden (Urteil vom 25. Januar 2007 - [X.]VerwG 2 A 3.05 - [X.]uchholz 235.1 § 52 [X.] Nr. 4 Rn. 27 f., [X.]eschluss vom 6. April 2011 - [X.]VerwG 2 [X.] 65.10 - juris Rn. 13 und zuletzt [X.]eschluss vom 17. Juli 2013 - [X.]VerwG 2 [X.] 27.12 - juris Rn. 14 m.w.N.).

[X.]iese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht an die vorliegende [X.]schrift angelegt. [X.]a die Ermittlung ihres Inhalts revisionsrechtlich als Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO gilt, kann die Auslegung des [X.] vom Senat nur darauf geprüft werden, ob das Gericht gegen einen Auslegungsgrundsatz, einen allgemeinen Erfahrungssatz oder gegen [X.]enkgesetze verstoßen hat (stRspr; vgl. Urteil vom 30. Oktober 2013 - [X.]VerwG 2 [X.] 23.12 - [X.]VerwGE 148, 217 Rn. 14). [X.]afür ist vorliegend nichts ersichtlich, weil sich die [X.]schrift über die Tatsache des Zigarettenbesitzes hinausgehend auf die Aussagen des [X.]n gegenüber der ermittelnden Polizeibeamtin zum Zigarettenerwerb stützt. [X.]amit geht aus der Klageschrift hervor, welche konkrete Handlung dem [X.]n vorgehalten wird.

bb) In [X.]ezug auf den Erwerb unversteuerter Zigaretten hat das Oberverwaltungsgericht auch ein sich aus der Rechtswidrigkeit der [X.]urchsuchung ergebendes Verwertungsverbot verneint.

Revisionsrechtlich stellt sich indes die Frage, ob es anlässlich der [X.]eschlagnahme der Zigaretten überhaupt zu einer [X.]urchsuchung im Rechtssinn gekommen ist. Mit der [X.]eschwerde rügt der [X.] nur, die Zigaretten seien in seiner Wohnung nachträglich beschlagnahmt worden, nachdem die Wohnung zuvor durchsucht worden und er auf dem Polizeirevier vernommen worden sei. Im [X.] an die Vernehmung sei der [X.] von Polizeibeamten wieder in seine Wohnung gebracht worden. [X.]ort sei ihm von den [X.]eamten erklärt worden, sie hätten „vergessen", die Zigaretten zu beschlagnahmen und wollten dies nun nachholen.

Nach der Rechtsprechung des [X.] ist eine [X.]urchsuchung eine amtliche Suche nach [X.]eweismitteln im Zuge von Ermittlungen wegen des Verdachts auf ein [X.]ienstvergehen oder eine Straftat (Urteil vom 16. März 2004 - [X.]VerwG 2 W[X.] 3.04 - [X.]VerwGE 120, 193 <203> = [X.]uchholz 235.01 § 93 [X.] 2002 Nr. 1 S. 7 f.). Kennzeichen ist die ziel- und zweckgerichtete Suche staatlicher Organe nach etwas [X.] in einem bestimmten abgrenzbaren [X.]ereich oder Objekt ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 5. Mai 1987 - 1 [X.]vR 1113/85 - [X.]VerfGE 75, 318 <327> und Urteil vom 31. März 2011 - [X.]VerwG 2 A 11.08 - [X.]uchholz 235.1 § 27 [X.] Nr. 1 Rn. 14). [X.]ei von Polizeibeamten anlässlich der [X.]urchsuchung nur „vergessenen" Zigaretten, die im Nachgang zu der [X.]urchsuchung noch beschlagnahmt werden, handelt es sich um nichts Verborgenes, das es zu suchen gilt. [X.]ie Zigaretten sind bereits aufgefunden gewesen; es hat nur noch ihrer [X.]eschlagnahme bedurft. [X.]amit ist für die [X.]eschlagnahme der Zigaretten entgegen der Auffassung des [X.]n mangels [X.]urchsuchung von vornherein kein [X.]urchsuchungsbeschluss erforderlich gewesen.

In Ermangelung einer [X.]urchsuchung im Hinblick auf die „vergessenen Zigaretten" bedarf es keiner Entscheidung über die rechtliche Tragfähigkeit der Annahme des [X.], eine richterliche [X.]urchsuchungsanordnung für die Mitnahme der Zigaretten sei entbehrlich gewesen, weil der [X.] dieses Vorgehen gestattet habe. [X.]ie tragende Erwägung des [X.], der [X.] habe die [X.]urchsuchung seiner Wohnung am Nachmittag gestattet, hat der [X.] nicht in Frage gestellt. [X.]aher kann dahin gestellt bleiben, ob das Oberverwaltungsgericht - eine fehlerhafte [X.]eweiserhebung unterstellend - zu Recht ein [X.]eweisverwertungsverbot verneint hat.

d) Soweit der [X.] weiter rügt, der von ihm eingeräumte außerdienstliche Kokainkonsum in der [X.], dürfe ihm mangels [X.]ienstbezugs und wegen fehlender Strafbarkeit nicht disziplinarisch vorgehalten werden, hat er keine Frage aufgeworfen, mit der er die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erreichen kann. [X.]ie Maßstäbe für die disziplinarische Relevanz außerdienstlichen Verhaltens sind durch das [X.]undesverwaltungsgericht geklärt (Urteile vom 25. März 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 83.08 - [X.]VerwGE 136, 173 = [X.]uchholz 235.1 § 13 [X.] Nr. 11 jeweils Rn. 16 und vom 28. Juli 2011 - [X.]VerwG 2 [X.] 16.10 - [X.]VerwGE 140, 185 = [X.]uchholz 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 18 jeweils Rn. 20 f.).

Im hier maßgeblichen Zeitraum galt § 40 Abs. 1 Satz 2 L[X.]G a.F. [X.]anach stellt ein außerdienstliches Verhalten nur dann ein disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten dar, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des [X.]eamten oder das Ansehen des [X.]eamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. An die Stelle des § 40 Abs. 1 Satz 2 L[X.]G a.F. ist nunmehr § 47 Abs. 1 Satz 2 [X.]eamtStG getreten. In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass diese Regelung die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens nicht eingeschränkt hat. [X.]er Gesetzgeber hat mit der Regelung in § 47 Abs. 1 Satz 2 [X.]eamtStG kein dem [X.]n materiell günstigeres Recht geschaffen (vgl. zur Meistbegünstigung, Urteil vom 25. August 2009 - [X.]VerwG 1 [X.] 1.08 - [X.]uchholz 232.0 § 77 [X.][X.]G 2009 Nr. 1 = NVwZ 2010, 713).

[X.]azu hat der Senat im Urteil vom 25. März 2010 (a.a.[X.] Rn. 16) wörtlich ausgeführt:

„In Reaktion auf diese Rechtsprechung erwähnt § 47 Abs. 1 Satz 2 [X.]eamtStG den Ansehensverlust nicht mehr. Insoweit wird in der Gesetzesbegründung hervorgehoben, dass die vorkonstitutionelle Auffassung, [X.]eamte seien 'immer im [X.]ienst', in dieser Allgemeinheit nicht mehr gelte. Es gehe allein um das Vertrauen in eine objektive, rechtmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung (vgl. [X.]T[X.]rucks 16/4027). Eine Rechtsänderung ergibt sich hieraus nicht. [X.]ie Wahrung des 'Ansehens des [X.]eamtentums' dient allein der Erhaltung eines allgemeinen Vertrauens in eine rechtsstaatliche Verwaltung. [X.]as [X.]erufsbeamtentum soll eine stabile gesetzestreue Verwaltung sichern, die freiheitlich-demokratische Rechtsordnung verteidigen und durch Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen."

e) [X.]es Weiteren hat der [X.] den behaupteten Verstoß des [X.] gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht dargelegt. [X.]er [X.] macht insoweit geltend, das Oberverwaltungsgericht habe seinen Vortrag nicht berücksichtigt, nachdem ihn seine Ehefrau verlassen habe, sei er unverschuldet in wirtschaftliche Not und eine schwere psychische Situation geraten. Ferner habe das Oberverwaltungsgericht nicht beachtet, dass er trotz weiterer Aufforderungen seines Kollegen nach 2001 der Versuchung, sich an weiteren [X.]etrügereien zu beteiligen, widerstanden habe und den Kontakt zu dem Kollegen im Jahre 2006 völlig abgebrochen habe.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. [X.]araus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. [X.]as Gericht darf nicht einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder [X.]eweisergebnisse bei seiner rechtlichen Würdigung außer Acht lassen. Insbesondere darf es keinen Umstand übergehen, dessen Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (stRspr; vgl. [X.]eschluss vom 18. November 2008 - [X.]VerwG 2 [X.] 63.08 - [X.]uchholz 235.1 § 17 [X.] Nr. 1 Rn. 27 = NVwZ 2009, 399 <401>).

[X.]iese Grundsätze hat das Oberverwaltungsgericht bei der [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme gegenüber dem [X.]n beachtet. Es hat die in der [X.]eschwerdebegründung genannten Umstände in den Gründen des [X.]erufungsurteils abgehandelt. Schon deshalb hat es nicht auf der Grundlage eines lückenhaften Sachverhalts entschieden. Mit Einwendungen gegen die Gewichtung der be- und entlastenden Umstände nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 [X.] kann ein Verfahrensfehler nicht dargelegt werden.

3. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 41 [X.], § 69 [X.] und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil die Gebühren gemäß § 41 [X.] nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.

Meta

2 B 54/13

10.07.2014

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 21. März 2013, Az: OVG 80 D 15.10, Urteil

§ 26 BDO, § 163a StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.07.2014, Az. 2 B 54/13 (REWIS RS 2014, 4165)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4165

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