Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2013, Az. III ZR 139/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8008

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 139/12

Verkündet am:

21. Februar 2013

B o t t

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 249 Bb
Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Anleger für seine Anlageentschei-dung auf die Richtigkeit aller wesentlichen Prospektangaben ankommt, erfasst Feststellungen in einem veröffentlichten [X.] grundsätzlich auch dann, wenn es sich auf einen überholten Stichtag bezieht und ein neuer bestätigter Jahresabschluss zu erwarten war. Auch ein überholter [X.] begründet zumindest das Vertrauen, dass die Anlage in dem bestätigten Umfang zu dem maßgeblichen [X.]punkt keine Mängel aufwies, die zur Verweigerung oder Einschränkung des [X.] hätten führen müssen ([X.] vom 15. Dezember 2005 -
[X.], NJW-RR 2006, 611).
[X.], Urteil vom 21. Februar 2013 -
III ZR 139/12 -
OLG [X.]

[X.]
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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2013 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.]
[X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des [X.] vom 16. Februar 2012 aufgeho-ben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beklagte ist ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen, von dem die Klä-ger Schadensersatz wegen eines ihrem Vortrag zufolge unrichtigen [X.] ver-langen. Sie hielten Inhaberschuldverschreibungen der Wohnungsbaugesell-schaft L.

AG (künftig: WBG
L). Unter dem 29. Juni 2004 erteilte die Beklagte dem Abschluss der WBG
L für das Geschäftsjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2003 und dem Lagebericht der Gesellschaft, die von dem Geschäftsführer der [X.] geprüft
worden waren, einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. In der zweiten Jahreshälfte 2005 tauschten die Kläger 1
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ihre Papiere in neue Inhaberschuldverschreibungen der Wohnungsbaugesell-schaft um. Der von ihrem Geschäftsführer unterzeichnete Bestätigungsvermerk der [X.] war in dem Emissionsprospekt für die von den Klägern 2005 ein-getauschten neuen Inhaberschuldverschreibungen abgedruckt. Am [X.] 2006 wurde über das Vermögen der WBG
L das Insolvenzverfahren eröff-net.

Die Kläger machen geltend, das [X.] hätte nicht erteilt werden [X.], da, wie für einen Wirtschaftsprüfer ohne weiteres erkennbar gewesen sei, die Finanzsituation der [X.] bereits 2003 desolat gewesen sei und diese nach einem Schneeballsystem gearbeitet habe. Der Geschäftsführer der [X.] habe insoweit mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt. Hätte die [X.] den Jahresabschluss der WBG
L und den Lagebericht nicht uneinge-schränkt bestätigt, hätten sie, die Kläger, die neuen, wertlosen [X.] nicht im Tauschwege erworben.

vorgerichtlichen Rechtsverfolgung gerichtete Klage hat das [X.]. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das [X.] durch einen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des [X.] Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

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I.

Das Berufungsgericht hat in seinem der angefochtenen Entscheidung vorangegangenen Hinweisbeschluss ausgeführt, die Beklagte hafte nicht unter dem Gesichtspunkt eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter. [X.] könnten die Kläger ebenfalls nicht geltend machen. [X.] durch ihren in den [X.] veröffentlichten Bestätigungsvermerk vom 29. Juni 2004 sei die Beklagte nicht dergestalt als Kontrollorgan in das Kapital-anlagesystem als solches eingebunden gewesen, dass es gerechtfertigt wäre, sie einer prospektmäßigen Vertrauenshaftung hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens in der Folgezeit zu unterwerfen. Soweit eine
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auf ihm zurechenbare Prospektaussagen
beschränkte -
Haftung des Wirt-schaftsprüfers als Garant in Betracht komme, könne dahinstehen, ob ein in ei-nen Prospekt aufgenommenes Testat eine solche Einstandspflicht auslösen könne. Eine solche Garantenhaftung scheide vorliegend jedenfalls mangels der erforderlichen Kausalität aus. Dies gelte auch, wenn man zu Gunsten der Klä-ger davon ausgehe, dass die Beklagte, der gemäß § 31 BGB das Verhalten ihres Geschäftsführers zuzurechnen sei, das uneingeschränkte Testat für das [X.] in vorsätzlich sittenwidriger Weise erteilt und der Prospekt den [X.] zum [X.]punkt der Anlageentscheidungen vorgelegen habe.

Zwar spreche nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die [X.] im Ausgangspunkt für die (Mit-)Ursächlichkeit eines unrichtigen [X.] für den Investitionsentschluss eines Anlegers. Es könne vorliegend aber nicht un-berücksichtigt bleiben, dass zum [X.]punkt der [X.] jeweils schon mehr als anderthalb Jahre seit dem Stichtag des [X.] vergangen gewesen seien. Der stichtagsbezogene Bestätigungsvermerk der [X.] habe in erster Linie eine Bewertung der Angaben für das am 31. De-5
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zember 2003 abgelaufene Jahr und allenfalls noch eine Bewertung der Progno-sen des Lageberichts für das Geschäftsjahr 2004 enthalten. Bereits § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.] könne die Vorstellung des [X.] entnommen werden, dass [X.], die mehr als ein Jahr zurücklägen, keine ausreichend verlässliche Grundlage für [X.] mehr bilden könnten. Danach sei davon auszugehen, dass ein Testat im Regelfall nur solange auf die Entscheidung potentieller Anleger aus-strahle, bis mit der Erstellung eines neuen Bestätigungsvermerks zu rechnen sei.

Es komme daher auch nicht mehr darauf an,
dass den Klägern durch die Umtausche kein Schaden entstanden sein dürfte, weil bereits die im [X.] eingetauschten, zuvor erworbenen Inhaberschuldverschreibungen nicht mehr werthaltig gewesen seien.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Nicht zu bemängeln ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, der zwischen der [X.] und der [X.] geschlossene Vertrag über die Prüfung des Jahresabschlusses 2003 und des Lageberichts habe keine Schutzwirkung zu Gunsten der Anleger entfaltet. Gleiches gilt für Ansprüche aus [X.] im engeren Sinn, soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die [X.] sei nicht umfassend prospektverantwortlich, da ihr kein Prospektprü-fungsauftrag erteilt worden sei. Auch die Revision nimmt beides hin.

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2.
Hingegen lässt sich mit den weiteren Erwägungen der Vorinstanz die Klageabweisung nicht begründen. Nach dem derzeitigen Sach-
und Streitstand und den hierzu getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein Scha-densersatzanspruch der Kläger
gegen die Beklagte auf anderer rechtlicher Ba-sis
nicht auszuschließen.

a) Insoweit sind sowohl quasi-vertragliche als auch deliktische [X.] in Erwägung zu ziehen. Ob jedoch die Voraussetzungen ersterer
dem Grunde nach erfüllt sind
(siehe hierzu [X.]), kann
auf sich beruhen, da jedenfalls eine Haftung der [X.] aus §
826 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB [X.].
§ 264a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB und § 332 HGB, jeweils [X.]. §
31 BGB
-
vorbehaltlich vom Berufungsgericht nachzuholender Feststellun-gen
-
besteht
(siehe hierzu bb).

[X.]) Nach den bisher getroffenen Feststellungen kommt zumindest im Ausgangspunkt eine Haftung der [X.] nach den Grundsätzen der Pros-pekthaftung im engeren Sinn
als Garant
in Betracht. Für den [X.] müssen zwar in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesell-schaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherr-schen, einschließlich der sogenannten "Hintermänner". Darüber hinaus haften aber auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stel-lung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erschei-nung getreten sind ([X.] Rspr., z.B. Senatsurteile vom 17. November 2011

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III [X.], [X.], 310 Rn.
19 und vom 12. Februar 2004 -
III ZR 359/02, [X.], 110, 115 jew. [X.]). Wie der Senat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2005 ([X.], NJW-RR 2006, 611 Rn. 19 f) ausgeführt hat, kann auch das Jahresabschlusstestat eines Wirtschaftsprüfers seine Haf-tung als "Garant" für ihm zuzurechnende Prospektaussagen begründen, sofern seine entsprechende Tätigkeit nach außen erkennbar geworden i[X.] Von einem solchen Sachverhalt dürfte nach den bisher getroffenen Feststellungen auszu-gehen sein.

Dabei kann dahinstehen, ob -
wie die Revision unter Bezugnahme auf die Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde in die Diskussion eingeführt hat -
für Wirtschaftsprüfer, die Testate gemäß § 322 HGB erteilen, der persönli-che Anwendungsbereich der (in der für den Streitfall maßgeblichen [X.] noch gültigen, inzwischen aufgrund des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanla-genvermittler-
und Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 -
[X.] I S. 2481 -
mit Wirkung zum 1. Juni 2012 außer [X.] getretenen) Regelungen in § 13 des [X.] ([X.])
und in § 44 [X.] eröffnet ist (streitig, dagegen z.B.: [X.]/[X.], 6. Aufl., § 311 Rn. 158; [X.], [X.], 193, 196; [X.] in [X.][X.], [X.], 4. Aufl., §§ 44, 45 [X.] Rn. 12 mit weiteren Nachweisen zum [X.]; dafür z.B.: Groß, Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., §§ 44, 45 [X.] Rn. 36 f; zweifelnd [X.], [X.], 339, 344). Ebenso wenig bedarf es einer Entscheidung,
ob die in § 44 Abs.
1 Satz 1 [X.], § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.] bestimmte Begrenzung des Rückabwicklungsan-spruchs gegen die Prospektverantwortlichen auf Erwerbsgeschäfte, die nach [X.] des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstma-liger Einführung der Wertpapiere beziehungsweise nach dem [X.]punkt des [X.] öffentlichen Angebots im Inland abgeschlossen wurden, Schadensersatz-
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ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinn für später getätigte [X.] ausschließt (vgl. § 47 Abs. 2 [X.], dazu [X.], [X.]O, S. 201 f; vgl. auch Kind in [X.]/[X.], [X.], § 13 Rn. 40; vor §§ 13, 13a Rn.
16; siehe jetzt § 21 Abs. 5 Satz 2 des [X.] -
VermAnlG
-
und § 25 Abs. 2 des [X.] -
WpPG).

bb) Jedenfalls haben die Kläger nach dem im
Revisionsverfahren zu-grunde zu legenden Sachverhalt dem Grunde nach einen Anspruch, der auf §
826 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB [X.]. § 264a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB und § 332 HGB, jeweils [X.]. § 31 BGB beruht. Sie haben vorgetragen, der Geschäftsführer der [X.] habe zumindest bedingt vorsätzlich einen
feh-lerhaft uneingeschränkten Bestätigungsvermerk für den Jahresabschluss 2003 erteilt. Sie haben sich insoweit ein im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens ge-gen den Geschäftsführer der [X.] erstattetes Gutachten der Wirtschafts-prüferkammer B.

zu
eigen gemacht. In diesem Gutachten werden gravie-rende Mängel bei der Durchführung der Jahresabschlussprüfungen 2002 und 2003 festgestellt. Das Berufungsgericht hat hierzu keine gegenteiligen Feststel-lungen getroffen, vielmehr ein vorsätzliches und [X.] Verhalten des Geschäftsführers der [X.] unterstellt, so dass hiervon auch in der [X.] auszugehen i[X.] Ansprüche wegen vorsätzlicher unerlaubter Hand-lungen können uneingeschränkt neben den gesetzlichen [X.] (sofern deren persönlicher Anwendungsbereich für die Beklagte
überhaupt
eröffnet sein sollte, siehe [X.]) geltend gemacht werden (§ 13 Abs. 1 [X.], § 47 Abs. 2 [X.]; siehe jetzt § 21 Abs. 5 Satz 2 VermAnlG und §
25 Abs. 2 WpPG).

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b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung der [X.] für die Entscheidungen der Kläger, ihre [X.] umzutauschen, nicht auszuschließen. Mit Recht hat die Vorinstanz hervorgehoben, die Lebenserfahrung spreche dafür, dass ein Prospektfehler ursächlich für den Entschluss zum Erwerb der Anlage sei (so die [X.] Rspr., z.B. Senatsbeschluss vom 9. April 2009 -
III ZR 89/08, juris Rn. 8; Senatsurteil vom 14. Juni 2007 -
III ZR 300/05, NJW-RR 2007, 1329 Rn.
21; [X.], Urteile vom 23. April 2012 -
II ZR 211/09, [X.], 1184 Rn.
30; vom 7. Dezember 2009 -
II ZR 15/08, [X.], 176 Rn. 23; vom 2. Juni 2008
-
II ZR 210/06, [X.]Z 177, 25 Rn. 19 und vom 3. Dezember 2007 -
II ZR 21/06, [X.], 412 Rn. 16 jew. [X.]). Diese auf Tatsachenerfahrung beruhende Vermutung gilt für die quasi-vertragliche Prospekthaftung und für Schadenser-satzansprüche wegen falscher Prospektangaben auf deliktischer Grundlage gleichermaßen (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 1993 -
XI ZR 214/92, NJW 1994, 512, 514). Nicht beizutreten vermag der Senat jedoch der Ansicht des Berufungsgerichts, der Bestätigungsvermerk vom 29. Juni 2004 könne keine Vertrauensgrundlage für die in der zweiten Jahreshälfte 2005 getroffenen [X.] über den Umtausch der Inhaberschuldverschreibungen sein, da sich das Testat lediglich auf das am 31. Dezember 2003 abgelaufene Ge-schäftsjahr bezogen und allenfalls noch eine Prognose für das [X.] zuge-lassen habe.

[X.]) Der Senat hat in seinem Urteil vom 15. Dezember 2005 ([X.], NJW-RR 2006, 611 Rn. 26) zwar im Hinblick auf eine etwaige "Aktuali-sierungspflicht" ausgeführt, der Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers sei in seiner Reichweite begrenzt, weil er auf einen bestimmten Stichtag bezo-gen sei. Vertrauensbegründende Aussagen über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens in der Zukunft könne das Testat des Wirtschaftsprüfers -
für 15
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den durchschnittlichen [X.] erkennbar -
nicht enthalten. Jedoch hat der Senat in dieser Entscheidung auch hervorgehoben, es lasse sich nicht sagen, dass die in dem Prospekt wiedergegebenen Aussagen des dort beklag-ten [X.] wegen des Bezugs auf einen bereits ab-gelaufenen Stichtag für die Anleger zum [X.]punkt des Erwerbs der Anlage be-deutungslos gewesen seien ([X.]O Rn. 22).

Hiernach ist in der vorliegenden Fallgestaltung nicht davon auszugehen, dass der im [X.] erteilte Bestätigungsvermerk zum Stichtag des [X.] keine Bedeutung mehr für die 2005 gefassten [X.] der Kläger gehabt haben konnte. Diese sahen sich nicht in ihren Erwartungen getäuscht, wie sich einzelne Faktoren nach dem Stichtag entwi-ckelten und die Wirtschaftslage der [X.] beeinflussten. Nur insoweit konnte das Testat wegen seiner auf den Prüfungszeitraum begrenzten Aussagekraft kein Vertrauen verschaffen. Vielmehr geht es um -
nach dem Vortrag der Kläger fehlerhafte -
Feststellungen der [X.] zu Tatsachen, die vor dem [X.] lagen und die Gegenstand der Prüfung sowie des [X.] waren. Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Anleger für seine Ent-scheidung auf die Richtigkeit aller wesentlichen Prospektangaben ankommt, erfasst solche Feststellungen in einem veröffentlichten [X.] grundsätzlich auch dann, wenn es sich auf einen abgelaufenen Stichtag be-zieht. Ein solcher Bestätigungsvermerk begründet zumindest das Vertrauen, dass die Anlage in dem bestätigten Umfang zu dem maßgeblichen [X.]punkt keine Mängel aufwies, die zur Verweigerung oder Einschränkung des [X.] hätten führen müssen. Auch wenn bis zur Anlageentscheidung mit der zwi-schenzeitlichen Erstellung eines neuen [X.] zu rechnen gewesen sein mag,

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wirkt dieses Vertrauen insoweit fort, als der Anleger nur mit einer
seither einge-tretenen Veränderung der Verhältnisse rechnen muss, nicht aber damit, dass zu dem für den im Prospekt wiedergegebenen Bestätigungsvermerk maßgebli-chen Prüfungszeitpunkt strukturelle Mängel der Anlage bestanden, die sich noch auswirken. Erst wenn, was hier aber nicht der Fall ist, zwischen dem [X.] und
dem Anlageentschluss eine so
lange [X.] verstrichen ist, dass mit
wesentlichen, auch die Grundlagen des Unternehmens erfassenden Änderungen der Verhältnisse gerechnet werden muss, kann die durch Le-benserfahrung begründete Vermutung der Ursächlichkeit des unrichtigen [X.] für die Anlageentscheidung nicht mehr eingreifen.

bb) Aus den aufgrund des Gesetzes zur Novellierung des Finanzan-lagenvermittler-
und Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 ([X.] I S.
2481) mit Wirkung zum 1. Juni 2012 außer [X.] getretenen § 44 [X.] und § 13 [X.] folgt nichts anderes. Zwar begrenzte § 44 Abs. 1 Satz 1 [X.], den auch § 13 Abs. 1 Nr. 1 [X.] unter Maßgaben in Bezug nahm, die Haftung der Prospektverantwortlichen auf Erwerbsgeschäfte, die nach [X.] des Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere abgeschlossen wurden (siehe jetzt § 21 Abs. 1 Satz 1 WpPG und § 21 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG). Diese Befristung gilt jedoch jedenfalls für Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher unerlaub-ter Handlungen nicht (§ 47 Abs. 2 [X.]; siehe jetzt § 21 Abs. 5 Satz 2 VermAnlG und § 25 Abs. 2 WpPG; diese Sichtweise liegt
auch
dem
Urteil des [X.]. Zivilsenats vom 8. Januar 2013 -
[X.] [X.], zur [X.] vorge-sehen, zugrunde). Diesen Vorschriften, die allein auf eine Rückabwicklung des [X.] gerichtet sind (siehe dazu [X.], Urteil vom 18. September

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XI [X.], [X.], 2147 Rn. 1, 18; Regierungsbegründung des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des [X.], BT-Drucks. 13/8933 S. 78), lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nichts dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber -
entgegen den tatsächlichen Verhältnissen (siehe oben [X.]) -
generell und damit auch für auf Vorsatz beruhende deliktische Schadensersatzansprüche von einem auf kurze Dauer begrenzten Vertrauen in die Richtigkeit von Emissionsprospekten ausgegangen i[X.] Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach § 47 Abs. 2 [X.] (siehe jetzt § 21 Abs. 5 Satz 2 VermAnlG und § 25 Abs. 2 WpPG) "weiterge-hende" Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben wer-den konnten, unberührt blieben (vgl. im Übrigen auch Regierungsbegründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler-
und Vermögensanlagenrechts, BT-Drucks. 17/6051 S. 36).

d) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Prospektfehler des-halb nicht ursächlich für einen Schaden der Kläger wurde, weil die ursprünglich von ihnen gehaltenen Inhaberschuldverschreibungen bereits vor dem Um-tausch in die neuen Papiere wertlos waren. Im Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Kläger davon auszugehen, dass dies nicht der Fall ist (siehe [X.] [X.], Urteile vom 4. Dezember 2012 -
[X.] [X.], juris Rn. 12, 14, 18 f und [X.] ZR 380/11, juris Rn. 12, 14, 18 f zu einem späteren Bestätigungsver-merk der [X.] und zu möglicherweise anderen Tranchen von Inhaber-schuldverschreibungen der WBG
L).

3.
Da zur abschließenden Prüfung der geltend gemachten Ansprüche wei-tere Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache nicht zur Endentscheidung
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reif und
daher unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.06.2011 -
4 O 1377/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 16.02.2012 -
8 U 1146/11 -

Meta

III ZR 139/12

21.02.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2013, Az. III ZR 139/12 (REWIS RS 2013, 8008)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8008

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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III ZR 139/12

III ZR 103/10

II ZR 211/09

VI ZR 386/11

XI ZR 344/11

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