Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.05.2018, Az. 28 W (pat) 505/16

28. Senat | REWIS RS 2018, 9407

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "2X20FT" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 040 177.3

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 9. Mai 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein und der Richter [X.] und Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der [X.], Markenstelle für Klasse 6, vom 5. Oktober 2015 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die beanspruchten Dienstleistungen (Klassen 35, 37, 42 und 43) zurückgewiesen worden ist.

2. Der Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird als unzulässig verworfen.

3. Der Antrag auf Anordnung der Rückzahlung der [X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

4. Der Gegenstandswert wird auf 50.000,- [X.] festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Anmelder hat am 16. Mai 2015 beim [X.] beantragt, das Zeichen

Abbildung

2

als Wort-/Bildmarke für nachfolgende Waren und Dienstleistungen in das Markenregister einzutragen:

3

Klasse 6: Bauten aus Metall; Container aus Metall; Fertighäuser (Bausätze) aus Metall; Gewächshäuser aus Metall; Gewächshausrahmen aus Metall; Metallrahmen für [X.]; transportable Bauten aus Metall;

4

Klasse 19: Bauten, nicht aus Metall;

5

Klasse 35: Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Vermietung von Werbeflächen; Werbung;

6

Klasse 37: Auskünfte in Bauangelegenheiten; Bauberatung; Bauwesen;

7

Klasse 42: Architekturberatung; Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; Dienstleistungen von Ingenieuren;

8

Klasse 43: Vermieten von transportablen Bauten; Vermieten von Versammlungsräumen.

9

Das [X.], Markenstelle für Klasse 6, hat die Anmeldung durch Beschluss vom 5. Oktober 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 30. Juli 2015 ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zur Beschreibung von Merkmalen der beanspruchten Waren und Dienstleistungen geeignete Angabe und entbehre gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] der erforderlichen Unterscheidungskraft.

Die Buchstabenfolge „[X.]“ sei die Abkürzung des als Längenmaß gebräuchlichen Wortes „[X.]“ mit der Bedeutung „Fuß“. In Verbindung mit den beanspruchten Waren werde das Anmeldezeichen damit als die sprachüblich gebildete Größenangabe von „2 x 20 Fuß“ verstanden. Auch die grafische Gestaltung des Zeichens erschöpfe sich in gebräuchlichen Gestaltungselementen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen handele es sich um eine Beschaffenheitsangabe. Diese könnten sich nämlich auf Waren, die diese Maße aufwiesen, beziehen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Im Beschwerdeverfahren hat er seine Anmeldung mit Schriftsatz vom 4. Mai 2018 auf die beanspruchten Dienstleistungen (Klassen 35, 37, 42 und 43) beschränkt.

Er meint, der Bewertung der Markenstelle liege ein Missverständnis zugrunde. Das Anmeldezeichen gebe kein gebräuchliches Maß an. Der [X.] „20[X.]“ verweise auf ein in der [X.] verbreitetes Containerformat. Die Geschäftsidee bestehe darin, derartige Container in einem anderen Zusammenhang, etwa als Wohngebäude, als Verkaufskiosk oder als Messestand zu verwenden. Hieraus sei der Name „2x20[X.]“ entstanden, der eine Konstruktion bestehend aus zwei - z. B. übereinander gestellten - 20[X.]-Containern bezeichne. Das Anmeldzeichen werde in diesem Zusammenhang nicht als leistungsbeschreibende Angabe verstanden. Auch weise es eine ungewöhnlichen Stencil-Schrift auf, die sich deutlich von standardisierten Container-Aufdrucken abhebe.

Der Anmelder hat neben der Beschränkung der Anmeldung auch die Rücknahme der Beschwerde in Bezug auf die Zurückweisung der Anmeldung für die beanspruchten Waren (Klassen 6 und 19) erklärt. Er beantragt sinngemäß,

den Beschluss des [X.]s, Markenstelle für Klasse 6, vom 5. Oktober 2015 aufzuheben, soweit die Anmeldung für die beanspruchten Dienstleistungen (Klassen 35, 37, 42 und 43) zurückgewiesen worden ist.

Weiter beantragt er,

die Verfahrenskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und hilfsweise die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Ferner stellt der Beschwerdeführer den Antrag,

den Gegenstandswert festzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist im noch anhängigen Umfang begründet. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen (Klassen 35, 37, 42 und 43) keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 [X.] entgegen. Der Beschluss des [X.]s, Markenstelle für Klasse 6, vom 5. Oktober 2015 war daher insoweit aufzuheben.

Soweit die Zurückweisung sich auf die Waren bezieht, für die die Anmeldung im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt wurde, ist der angegriffene Beschluss gegenstandslos. Die Teilrücknahme der Beschwerde hat insoweit lediglich eine klarstellende Bedeutung.

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der [X.] der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck der Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30, 32 - [X.]; [X.], 146, Rdnr. 31 f. - [X.]; [X.], 272, Rdnr. 9, 17 - [X.]).

a) Das Anmeldezeichen kann entsprechend der Annahme der Markenstelle im Sinne von „2 x 20 feet“ verstanden werden. Eine solche Maßangabe bedeutet regelmäßig, dass Längs- wie auch Breitseite eines (quadratischen) Objekts jeweils 20 feet lang sind. Eine andere Interpretation des Zeichens liegt nicht auf der Hand. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die gegenständliche Zahlenkombination die Größe einer Fläche von „2 feet x 20 feet“ benennt. Ansonsten müsste der ersten Zahl die gleiche Maßeinheit wie der zweiten nachgestellt sein. Auch erscheint, da ein foot ca. 30 cm beträgt, eine (Wohn-/Nutz-)Fläche von etwa 60 cm x 6 m für Bauten nicht realistisch.

Ein quadratisches Objekt mit 20 feet Seitenlänge kann zwar Gegenstand der in Rede stehenden Tätigkeiten sein. Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Seitenlänge ernsthaft zur Benennung von relevanten Merkmalen dieser Tätigkeiten herangezogen wird:

Die beanspruchten Bau-, Architektur-, Designer- und Ingenieurdienstleistungen der Klassen 37 und 42 sind ihrer Natur nach auf eine dauernde oder wiederholte Bearbeitung von Projekten ausgerichtet. Das Leistungsangebot kann dabei in Abhängigkeit von Fachkenntnissen des Dienstleisters auf bestimmte Typen von Bauten oder Objekten beschränkt sein. So kann eine Spezialisierung auf ausgewählte Gebäudearten oder Baustile erfolgen. Dagegen ist die Ausrichtung der Dienstleistungen der Klassen 37 und 42 auf Gegenstände mit bestimmten Abmessungen im Allgemeinen und mit einer Längs- sowie Seitenlänge von jeweils 20 feet im Besonderen nicht feststellbar. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird, da kein sachlicher Grund für einen derartigen Zuschnitt des Dienstleistungsangebots erkennbar ist. Vielmehr können die in den Klassen 37 und 42 genannten Tätigkeiten wirtschaftlich nur dann sinnvoll erbracht werden, wenn sie sich auf Objekte, vor allem auf Gebäude mit unterschiedlichen Grundrissmaßen beziehen.

Entsprechendes gilt für die Vermietung von transportablen Bauten sowie von Versammlungsräumen in Klasse 43. Vermieter pflegen ihr Angebot regelmäßig nicht nach den Abmessungen solcher Bauten oder Räume zu benennen. Jedenfalls kommt die mit dem Anmeldezeichen zum Ausdruck gebrachte Abmessung nicht ernsthaft als Beschreibung dieser Dienstleistungen in Betracht, zumal es sich nicht um eine gebräuchliche Maßangabe handelt.

b) Das angemeldete Zeichen kann über die von der Markenstelle angenommene Bedeutung hinaus auch als Hinweis auf zwei im Bereich des [X.] verwendete Standardcontainer verstanden werden. Bei der Angabe „20 ft“ handelt es sich nämlich um eine eingeführte Kurzbezeichnung für standardisierte [X.] mit einer Länge von 20 Fuß (vgl. [X.] unter „[X.]“).

ein Container Gegenstand der im Tenor genannten Leistungen sein. Diesen Umstand bringt das vorliegende Zeichen jedoch gerade nicht deutlich zum Ausdruck. Vielmehr vermittelt der Bestandteil „2 x“ eine zusätzliche Aussage, die sich nicht sofort erschließt und auch nach ihrer Interpretation im Sinne von zweiter Container keine ohne Weiteres nachvollziehbaren Rückschlüsse auf in Rede stehenden Dienstleistungen erlaubt.

2. Das angemeldete [X.] verfügt im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen darüber hinaus über die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Wie oben bereits ausgeführt, weist es keinen im Vordergrund stehenden merkmalsbeschreibenden Charakter auf. Die Wort-/Bildkombination ist allenfalls als willkürliches Beispiel des Dienstleistungsangebots des Beschwerdeführers anzusehen. Einer Angabe, die den Inhalt der beanspruchten Leistungen in dieser Form lediglich andeutet, kann die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem angemeldeten Zeichen aus anderen Gründen - etwa wegen Verwendung als geläufige Werbeaussage - die Unterscheidungskraft fehlt.

Andere Schutzhindernisse sind nicht einschlägig.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

3. Die formalen Voraussetzungen für die von dem Beschwerdeführer beantragte Kostenauferlegung liegen nicht vor, so dass der Antrag als unzulässig zu verwerfen ist.

Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] können die Verfahrenskosten bei Vorliegen von Billigkeitsgründen einem Beteiligten auferlegt werden, sofern mehrere Personen an dem Verfahren beteiligt sind. Der Anmelder ist allerdings der einzige Beteiligte des Beschwerdeverfahrens. Die Präsidentin des [X.]s ist nur dann Verfahrensbeteiligte, wenn sie im Einzelfall gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 [X.] einem Beschwerdeverfahren beitritt (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 66, Rdnr. 20). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

4. Der Antrag auf Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 [X.] ist unbegründet.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist anzuordnen, wenn die Einbehaltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und bei Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers einerseits und der Staatskasse andererseits unbillig wäre (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. O., § 71, Rdnr. 50). Der Erfolg der Beschwerde als solcher ist kein Rückzahlungsgrund. Es müssen besondere Umstände hinzu kommen, die dazu führen, dass der Beschwerdeführer durch ein verfahrensfehlerhaftes und unzweckmäßiges Verhalten oder durch eine völlig unvertretbare Rechtsanwendung des [X.]s zu einer Beschwerde veranlasst wurde, die bei sachgerechter Verfahrensweise mit gewisser Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können (vgl. BPatGE 50, 54, 60 - Markenumschreibung). Solche Umstände sind weder geltend gemacht, noch sonst erkennbar.

5. Der Gegenstandswert ist auf Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RVG auf 50.000,- [X.] festzusetzen.

Dem Interesse eines Anmelders an der Eintragung seiner Marke kommt das gleiche wirtschaftliche Gewicht zu wie dem Interesse des Inhabers einer bereits eingetragenen Marke daran, einen Widerspruch gegen die Eintragung seiner Marke abzuwehren ([X.] W (pat) 18/10 - Festsetzung des Gegenstandswerts im Anmeldebeschwerdeverfahren; [X.]/Hacker/Thiering, a. a. O., § 71, Rdnr. 36). Dementsprechend ist mit der Rechtsprechung des [X.] für das markenrechtliche Anmeldebeschwerdeverfahren regelmäßig von der Angemessenheit eines Gegenstandswerts in Höhe von 50.000,- [X.] auszugehen (vgl. [X.] 2012, 272 - [X.]; GRUR-RR 2012, 135 - [X.]). Gesichtspunkte dafür, das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers an der Eintragung seines Anmeldezeichen abweichend zu bewerten, sind vorliegend weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Meta

28 W (pat) 505/16

09.05.2018

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.05.2018, Az. 28 W (pat) 505/16 (REWIS RS 2018, 9407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9407

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