Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.01.2014, Az. 26 W (pat) 75/12

26. Senat | REWIS RS 2014, 8713

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "EURODECOR (IR-Marke)" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 949 674/20

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie der Richter [X.] und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die [X.] 949 674

2

[X.][X.]

3

sucht in der [X.] um Schutz für die Waren der [X.]

4

"Furniture, office furniture, [X.], [X.], tables, office tables, computer tables, dining and bedroom furniture, living room furniture, libraries, [X.], coffee tables, deck [X.], [X.], [X.], work[X.], school furniture, [X.], [X.], [X.], medicine chest (first aid cabinet), [X.], [X.] (fence) for children (for indoor use), displaying stands and showcases, kitchen cabinets, bathroom cabinets"

5

nach.

6

Die Markenstelle für [X.] IR des [X.] hat der Marke den Schutz mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, verweigert, weil der Marke für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehle (§§ 119, 124, 113, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies [X.]).

7

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, bei der um Schutz nachsuchenden Marke handele es sich um eine die fraglichen Waren beschreibende Angabe, die der Verkehr wegen ihres beschreibenden [X.]harakters nicht als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen verstehe. Die ersichtlich aus den Bestandteilen "[X.]" – einer dem Verkehr bekannten [X.]urzform von "[X.]" bzw. "europäisch" – und "[X.]" – einem Begriff mit der Bedeutung "Ausstattung, Ausschmückung" – gebildete Angabe sei [X.] zusammengesetzt und werde dahingehend verstanden, dass die beanspruchten Waren ein Dekor nach [X.] Vorgaben oder Standards aufwiesen. Was alles ein Dekor nach [X.] Standards sein könne, lasse die schutzsuchende Marke zwar nicht erkennen. Dies sei aber auch nicht erforderlich, da der Bereich [X.] Dekore sehr weit sein könne, und die schutzsuchende Bezeichnung deshalb bewusst sehr weit gefasst sei, um einen möglichst großen Bereich abzudecken. Die schutzsuchende Bezeichnung enthalte eine sofort erfassbare  und sinnvolle beschreibende Sachaussage in Bezug auf die beanspruchten Waren, sei eindeutig und bedürfe keiner Interpretation. Die Schreibweise "[X.][X.]" an Stelle von "[X.][X.]" werde bereits im Zusammenhang mit Möbeln und anderer Inneneinrichtung verwendet. Auch die grafische [X.]estaltung könne die Unterscheidungskraft der Marke nicht begründen. Es handele sich dabei lediglich um eine übliche Schriftart in Fettdruck und in blauer Farbe. Derartige [X.]estaltungen seien in der Werbung üblich. Zu den von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen von mit dem Bestandteil "[X.]" gebildeten Marken sei zu bemerken, dass diese mit der um Schutz nachsuchenden Marke nicht identisch bzw. nicht vergleichbar seien.

8

Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie trägt vor, der [X.] Verkehr werde in der schutzsuchenden Marke keine beschreibende Angabe sehen, weil es im [X.] zwar das Wort "[X.]", nicht jedoch den Begriff "[X.]" gebe. Es sei auch nicht erkennbar, was ein [X.]s Dekor sei. Es gebe kein solches [X.]s Dekor und auch keinen [X.] Stil. Die schutzsuchende Marke präge sich auch unmittelbar ein und könne deshalb die betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen. Eines besonderen Phantasieüberschusses bedürfe es für die Bejahung der Unterscheidungskraft nicht.

9

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.] IR des [X.] vom 23. [X.] und 6. Juni 2012 aufzuheben.

II

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist unbegründet. Die angemeldete Marke kann zur Bezeichnung der Beschaffenheit der beanspruchten Waren dienen und ist bereits deshalb vom Markenschutz ausgeschlossen (§§ 119, 124, 113, 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies [X.]). Angesichts ihres die Waren beschreibenden [X.]harakters fehlt ihr außerdem, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, jegliche Unterscheidungskraft (§§ 119, 124, 113, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies [X.]).

Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist eine Marke vom Schutz ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der infrage stehenden Waren und Dienstleistungen, wie zum Beispiel ihrer Art oder Beschaffenheit, dienen können. Diese auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. [X.] [X.] beruhende Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass beschreibende Zeichen oder Angaben im Sinne der Bestimmung von jedermann frei verwendet werden können ([X.] [X.]RUR 1999, 723 – [X.]hiemsee; [X.], 674 – Postkantoor; [X.], 278 - [X.]). Hierfür ist es ausreichend, dass die angemeldete Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren oder Dienstleistungen beschreibt ([X.] [X.] 2008, 160, 162 - Hairtransfer). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann ([X.] [X.]RUR 2010, 534 - Pranahaus). Das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] setzt auch keine die Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Angabe voraus. Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, können ebenfalls diesem Schutzhindernis unterfallen, sofern durch die Angabe ein enger sachlicher Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der Verkehr werde den beschreibenden Inhalt des Begriffs als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen ([X.], 960 – [X.][X.]ard).

Die um Schutz nachsuchende Marke "[X.][X.]" weist die von der Markenstelle der Zurückweisung zugrunde gelegte Bedeutung "[X.]s Dekor" auf. Ihr Bestandteil "[X.]" ist ein sowohl in [X.] als auch international gebräuchliches [X.]ürzel für "[X.]" bzw. "europäisch". Er kann z. B. dazu dienen, auf eine [X.] [X.]estaltung von Waren, also eine [X.]estaltung nach [X.] Normen oder [X.]m [X.]eschmack hinzuweisen. Der weitere Markenbestandteil "[X.]" ist das u. a. [X.] und [X.], dem [X.]n Wort "Dekor" entsprechende Wort mit eben dieser Bedeutung ([X.] [X.]roßwörterbuch Englisch-Deutsch 1. Auflage S. 159; a. a. O. Französisch-Deutsch, 1. Auflage S. 148). Da dieser Markenbestandteil mit dem [X.]n Begriff "Dekor" schriftbildlich weitgehend übereinstimmt und mit diesem klanglich sogar identisch ist, wird der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Waren der [X.] den Begriffsgehalt des Markenbestandteils "[X.]" ohne weiteres verstehen. Der Begriff "[X.]" kann dazu dienen, darauf hinzuweisen, dass die so bezeichneten Waren ein Dekor aufweisen. Sämtliche Waren, für die der Schutz als Marke beansprucht wird, weisen üblicherweise ein Dekor auf bzw. können mit einem Dekor versehen sein.

Die Wortmarke "[X.][X.]" ist eine sprachregelkonforme, einfache [X.]ombination der zwei beschreibenden Bestandteile "[X.]" und "[X.]", deren Eindruck nicht über die Summe ihrer Bestandteile hinausgeht. Sie hat – wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat – die Bedeutung "[X.]s Dekor" und kann in dieser Bedeutung zur Bezeichnung der Beschaffenheit der beanspruchten Waren der [X.] dienen. Sie kann in [X.] z. B. dazu verwendet werden, um auf ein in [X.] oder Teilen [X.]s gebräuchliches bzw. beliebtes (traditionelles) Dekor der Waren hinzuweisen.

Dass der Bezeichnung "[X.][X.]" nicht zu entnehmen ist, welche [X.]estaltungselemente das [X.] Dekor ausmachen, macht die angemeldete Marke nicht derart unbestimmt, dass ihre Beschreibungseignung in Frage stünde. Auch relativ vage und allgemeine Angaben sind als verbraucherorientierte Sachinformationen zu bewerten, insbesondere wenn sie sich auf umfängliche und übergreifende Sachverhalte beziehen. Die Bewertung einer Wortmarke als beschreibende Sachangabe setzt auch nicht voraus, dass die Angabe bereits feste [X.]onturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung des Verkehrs zu ihrem Sinngehalt herausgebildet hat ([X.], 900 – [X.]; 2009, 411 - [X.]). Bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich warenbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können ([X.], 1050 – [X.]ityservice; 2009, 952 – [X.][X.]ard). Ein solcher Fall liegt auch in Bezug auf die Angabe "[X.][X.]" vor, die in allgemeiner und weiter Ausdrucksform geeignet ist, alle Waren, die – in Abgrenzung zu z. B. asiatischen oder [X.] Ausschmückungselementen – ein in [X.] gängiges Dekor aufweisen, dahingehend zu bezeichnen. Angesichts dieses zur Beschreibung geeigneten [X.] steht der [X.] in [X.] bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Die [X.]estaltung der schutzsuchenden Marke, die in einer Wiedergabe der Angabe "eurodecor" in [X.]roßbuchstaben besteht, die eine dunkelblaue Färbung aufweisen, ist äußerst einfach und geht nicht über die in der Werbung allgemein üblichen [X.]estaltungsformen hinaus und vermag die Schutzfähigkeit der [X.] daher ebenfalls nicht zu begründen.

Der [X.] für die [X.] 949 674 steht aber nicht nur § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Der um Schutz nachsuchenden Marke fehlt in der [X.] zudem, wie die Markenstelle mit Recht und mit zutreffenden rechtlichen Erwägungen festgestellt hat, jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend aufgeführten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die im Einzelfall beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren und/oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] – [X.]); denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsgehalt, ist ihr die Eintragung als Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft zu versagen; denn bei beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr sie als betriebliches Unterscheidungskennzeichen versteht ([X.], 1151, 1152 – marktfrisch; [X.], 417, 418 – [X.] [X.]ard).

Die um Schutz nachsuchende Marke weist für die Waren, für die sie international registriert worden ist, den zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 Marken [X.] vorstehend dargestellten beschreibenden Begriffsgehalt auf. Die Schreibweise "[X.]" an Stelle von "[X.]" wird der inländische Verkehr nicht als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen, sondern entweder als die [X.] oder [X.] Wiedergabe des Wortes "Dekor" erkennen oder als bloße, in der Werbung übliche Ersetzung eines "[X.]" durch ein "[X.]" ansehen. Die beanspruchte Schreibweise vermag daher weder den beschreibenden [X.]harakter der schutzsuchenden Marke zu beseitigen noch als Herkunftshinweis zu dienen. [X.]leiches gilt aus den bereits dargelegten [X.]ründen auch für die einfache und werbeübliche [X.]estaltung des die [X.] bildenden Markenworts.

Auch die von der Markeninhaberin zur Stützung ihrer Rechtsansicht zitierte Eu[X.]-Entscheidung in Sachen der Bezeichnung "[X.][X.]OOL" ([X.] T-34/00) ist nicht geeignet, die Schutzfähigkeit der hier um Schutz nachsuchenden [X.] "[X.][X.] zu begründen, da keine vergleichbaren Marken vorliegen. Auch das Eu[X.] und das BPat[X.] haben aus dem [X.]ürzel "[X.]" und einem ihm angehängten Substantiv gebildeten Wortmarken in der Regel den Schutz gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 [X.] versagt (vgl. z. B. [X.] Eu[X.] T-0439/04, 03.05.2006 – [X.]HYPO; BPat[X.] 28 W (pat) 194/96, 02.07.1997 – [X.]glas; 33 W (pat) 193/00, 13.03.2001 – [X.][X.]ERAMI[X.]; 32 W (pat) 059/98, 22.04.1998 – [X.]LINE). Die Beschwerde der Markeninhaberin musste daher auch bei Einbeziehung der Argumentation der Markeninhaberin in der Beschwerdebegründung erfolglos bleiben.

Meta

26 W (pat) 75/12

15.01.2014

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.01.2014, Az. 26 W (pat) 75/12 (REWIS RS 2014, 8713)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8713

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