Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.03.2010, Az. 26 W (pat) 130/09

26. Senat | REWIS RS 2010, 8128

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "FUNNY (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 890 184

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 24. März 2010 durch [X.] Fuchs-Wissemann sowie [X.] und Lehner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die [X.] 890 184

2

[X.]

3

beansprucht Schutz in der [X.] für die Waren

4

„3 Produits de nettoyage; produits de lavage; savons.

5

16 Papier, carton et produits en ces matières; matières plastiques pour l’emballage; tous les produits susmentionnés non compris dans d’autres classes.

6

20 Récipients d’emballage en matières plastiques; produits en matières plastiques non compris dans d’autres classes.

7

21 Distributeurs de papier hygiénique; plats en papier; gobelets en papier et en matières plastiques; boîtes en métal pour la distribution de serviettes en papier; [X.] (chiffons) de nettoyage; distributeurs de savon; instruments de nettoyage actionnés manuellement.“

8

Die Markenstelle für Klasse 21 IR des [X.] hat der Marke den Schutz mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, vollumfänglich gemäß §§ 107, 113, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] i. V. m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 [X.], Art. 6 quinquies B Nr. 2 [X.] verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die um Schutz nachsuchende Marke bestehe aus dem englisch-sprachigen Begriff „ [X.] “, der u. a. die Bedeutungen „lustig“ und „witzig“ habe und in [X.] auch hauptsächlich in diesem Sinne verstanden werde, weil er als Anglizismus auf vielen Gebieten und in vielen Branchen bereits zur Beschreibung von etwas Lustigem oder Spaßigem verwendet werde. Auf [X.] [X.]seiten fänden sich beispielsweise bereits Begriffe wie „Funny-Videoclips“, „[X.]“, „[X.]“ oder „Funny Voice“. Die weiteren Bedeutungen, die das Wort „ [X.] “ in der [X.] habe, wie z. B. „merkwürdig“, „seltsam“ oder „verdächtig“, seien dem [X.] Verkehr weitgehend unbekannt und deshalb zu vernachlässigen. Der Einwand der Markeninhaberin, die Bezeichnung „ [X.] “ sei bereits wegen ihrer Mehrdeutigkeit schutzfähig, gehe schon deshalb fehl. Im Übrigen erachte es der [X.] für eine Schutzversagung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] als ausreichend, wenn die angesprochenen inländischen Verkehrskreise der Marke bei mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Charakter entnehmen könnten ([X.], 257, 258 – (Bürogebäude). In Bezug auf die beanspruchten Waren habe das Wort „ [X.] “ einen konkret beschreibenden Charakter. Viele Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens würden in der Werbung mit dem Attribut „lustig“ oder eben „ [X.] “ versehen. So gebe es u. a. ein feuchtes Toilettenpapier für Kinder „ [X.]- [X.] und eine Seife „[X.]“ sowie eine Vielzahl von Gegenständen, darunter auch Seifenspender und WC-Papierrollenhalter, die sich durch ein lustiges Design und/oder eine witzige Verpackung auszeichneten. Da die um Schutz nachsuchende [X.] zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren dienen könne, sei ihr überdies gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] der Schutz zu verweigern.

9

Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie weist darauf hin, dass die [X.] Basismarke, die der um Schutz nachsuchenden [X.] zugrunde liege, im Jahre 2006 vom [X.]ischen Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum für alle Waren eingetragen worden sei. Auch in vielen anderen [X.] Vertragsstaaten des [X.] bzw. des Protokolls zum [X.], u. a. auch in [X.], sei die Wortmarke „ [X.] “ in vollem Umfang eingetragen worden. Auch wenn diese Eintragungen keinen Anspruch auf [X.] in [X.] begründeten, sprächen sie doch gegen ein Freihaltungsbedürfnis und für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. Auch das [X.] habe die Wortmarke „ [X.] “ bereits wiederholt für eine große Zahl unterschiedlichster Waren eingetragen, u. a. in den Jahren 2003 und 2007. Auch diese eingetragenen Marken könnten zwar keine Bindungswirkung entfalten, seien jedoch bei der Prüfung der um Schutz nachsuchenden Marke angemessen zu berücksichtigen.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 IR vom 12. September 2007 und 16. April 2009 aufzuheben.

II

[X.] ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der um Schutz nachsuchenden [X.] fehlt - wie die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen zutreffend festgestellt hat - für die Waren, für die sie Schutz beansprucht, in der [X.] die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Zudem ist die schutzsuchende Marke beschreibend und daher freihaltungsbedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].)

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist nur dort Raum, wo eine Angabe geeignet ist, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen ([X.] GRUR 2001, 1148, 1149 - [X.]).

Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen ([X.] [X.], 674, 678 - Postkantoor; GRUR Int. 2004, 61, 633 - Dreidimensionale Tablettenform). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen ([X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 778, 779 - [X.] DIREKT).

Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen fehlt der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren entgegen der Ansicht der Markeninhaberin die Eignung, diese Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und zu unterscheiden und damit die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Das Wort „ [X.] “ , aus dem die Marke besteht, zählt zum [X.] Grundwortschatz und wird schon deshalb, nicht zuletzt aber auch wegen des geradezu inflationären Gebrauchs des Substantivs „[X.]“ in der [X.] Werbung, vom inländischen Verkehr ohne weiteres i. S. v. „spaßig, witzig, lustig“ verstanden. Die übrigen theoretisch möglichen Bedeutungen von „funny“, nämlich „merkwürdig“, „seltsam“ oder verdächtig“, stellen dagegen dem [X.] Verkehr eher unbekannte Nebenbedeutungen dar, sodass auf sie schon deshalb nicht entscheidend abgestellt werden kann. Ob eine Mehrdeutigkeit eines Wortes vorliegt, ist im übrigen nicht abstrakt-lexikalisch zu beurteilen, sondern an Hand des Wissens und des Verständnisses des inländischen Verkehrs. Bei dieser erforderlichen markenrechtlichen Sichtweise kann sich der Kreis lexikalisch möglicher Begriffsgehalte auf einen im Vordergrund stehenden Sinngehalt reduzieren ([X.], 882, 883 - [X.]). So liegt der Fall auch hier, da dem inländischen Verkehr ganz überwiegend nur bzw. vor allem die Grundbedeutungen des [X.] Begriffs „ [X.] “ bekannt sind. Im übrigen hat schon die Markenstelle insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass es für eine Schutzversagung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung des [X.] bereits ausreicht, wenn einem Wort bei mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Charakter entnommen werden kann ([X.] a. a. O - Bürogebäude).

In der für den [X.] Verkehr im Vordergrund stehenden Bedeutung „witzig, spaßig, lustig“ stellt „ [X.] “ für alle beanspruchten Waren eine beschreibende Sachaussage dar. Zu Recht hat die Markenstelle insoweit darauf hingewiesen, dass es - auch über den Bereich der hier beanspruchten Waren hinaus - im Handel eine Vielzahl von Artikeln im Angebot gibt, die sich dadurch auszeichnen bzw. auszeichnen sollen, dass sie ein besonders witziges/lustiges Design oder z. B. witzige Zusatzfunktionen aufweisen. Dementsprechend werden sie im [X.] auch z. B. mit dem Begriff „witzig“ , aber - wie ebenfalls von der Markenstelle ausgeführt und nachgewiesen worden ist - auch mit dem [X.] Begriff „ [X.] “ beworben.

Bei den im Verzeichnis der schutzsuchenden [X.] aufgeführten Waren handelt es sich durchweg um solche, die eine witzige Gestaltung aufweisen können. Die Wasch- und Reinigungsmittel der Klasse 3, bei denen es sich im Allgemeinen um Flüssigkeiten handelt, können in witzigen/lustigen Plastikbehältnissen angeboten werden. Feste Seifen werden bereits in witzigen Farben und Formen angeboten. Bei den in den Klassen 16 und 20 des [X.] aufgeführten Waren handelt es sich um Verpackungsmaterialien. Bei Verpackungen jeglicher Art spielt der Umstand, dass sie witzig verpackt sind, eine wesentliche, verkaufsfördernde Rolle. Bei den im [X.] aufgeführten Waren handelt es sich um Pappteller, [X.] und [X.] und -spender sowie um Seifenspender. Pappteller und [X.] werden häufig mit Motiven bedruckt, wobei lustige Motive bei den angesprochenen Verkehrskreisen sehr beliebt sind. Auf dem inländischen Markt erhältlich sind auch [X.], die mit Witzen oder witzigen Motiven bedruckt sind. Auch Seifenspender und Toilettenpapierhalter gibt es bereits in Ausformungen, mit Motiven und Zusatzfunktionen, wie z. B. eingebauten Radios, die als „witzig“ und „lustig“ angepriesen werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund stellen nicht nur die [X.] Begriffe „witzig“ und „lustig“, sondern ebenso der gleichbedeutende, dem inländischen Verkehr ohne weiteres verständliche  [X.] Begriff „ [X.] “ eine Angabe dar, die zudem zur Bezeichnung einer Eigenschaft der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs  2 Nr. 2 [X.]). Angesichts dieses auch für den inländischen Verkehr ohne weiteres verständlichen beschreibenden [X.] der angemeldeten Marke fehlt dieser die Fähigkeit, die Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden.

Soweit sich die Markeninhaberin demgegenüber auf Voreintragungen der Wortmarke „ [X.] “ im In- und Ausland beruft, vermag dies eine abweichende, für die Markeninhaberin günstigere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Marke in einem ersten Mitgliedstaat für bestimmte Waren und Dienstleistungen eingetragen worden ist, keinen Einfluss auf die Frage hat, ob die gleiche oder eine ähnliche Marke in einem weiteren Mitgliedstaat unter eines der absoluten Schutzhindernisse fällt ([X.] [X.] 2009, 667, 668, Nr. 14 - [X.] u. [X.]). Diese Grundsätze müssen auch Anwendung finden, wenn die Anmeldung einer Marke in einem Mitgliedstaat darauf gestützt wird, dass eine ähnliche oder identische Marke dort bereits eingetragen ist ([X.] a. a. O - Nr. 16). Die für die Eintragung zuständige nationale Behörde muss zwar im Rahmen der Prüfung einer solchen Anmeldung, soweit sie in dieser Richtung über Informationen verfügt, die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch sie ist keinesfalls an diese Entscheidungen gebunden ([X.] a. a. O., Nr. 18).

Hiervon ausgehend stellen die von der Markeninhaberin angeführten Eintragungen des Wortes „ [X.] “ durch das [X.] in den Jahren 2003 und 2007 auch kein Indiz für die Schutzfähigkeit der vorliegend um Schutz nachsuchenden Marke dar, weil die Eintragung für andere Waren erfolgt ist als für die hier beanspruchten. Bei den Waren, für die die Marke 302 46 840 eingetragen worden ist, handelt es sich um Fahrradzubehör, bei dem bereits die notwendige Funktionsfähigkeit ein witziges Design häufig nicht zulässt. Jedenfalls ist auf diesem Gebiet eine witzige/lustige Gestaltung und eine Werben mit entsprechenden Eigenschaften bisher nicht feststellbar gewesen. Gleiches gilt für die [X.], für die die Marke 306 35 868 eingetragen worden ist.

Auch die ausländischen Voreintragungen bzw. [X.]en stellen - abgesehen von der generell fehlenden Bindungswirkung - kein Indiz für die Schutzfähigkeit der Bezeichnung „ [X.] “ im Inland dar, weil hierfür allein die Markt- und Sprachgepflogenheiten im Inland maßgeblich sind, die sich - was das Angebot lustiger/witziger Gestaltungsformen und das Verständnis des Begriffs „ [X.] “ angeht - von dem Angebot und dem Sprachverständnis in den übrigen [X.]-Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden können. Eine [X.] für die verfahrensgegenständliche [X.] in [X.] des [X.] Sprachraums hat die Markeninhaberin im Übrigen auch weder dargelegt noch nachgewiesen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg haben.

Meta

26 W (pat) 130/09

24.03.2010

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.03.2010, Az. 26 W (pat) 130/09 (REWIS RS 2010, 8128)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8128

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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