Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 05.12.2012, Az. 7 ABR 17/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 747

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Gegenstand

(Vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes an private Einsatzbetriebe - Betriebsangehörigkeit nach § 5 Abs 1 S 3 BetrVG - Betriebsgröße gemäß § 38 Abs 1 S 1 BetrVG)


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 27. Oktober 2010 - 8 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten über die Anzahl der von ihrer beruflichen Tätigkeit mindestens freizustellenden [X.]etriebsratsmitglieder.

2

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ein IT-Dienstleistungsunternehmen im [X.]ereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie beschäftigt in der Regel ca. 450 Arbeitnehmer, mit denen sie einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Daneben setzt sie regelmäßig 60 bis 70 Arbeitnehmer verschiedener Allgemeinen Ortskrankenkassen ([X.]) ein, die ihr von diesen zur Dienstleistung überlassen sind. Dem Einsatz dieser sog. [X.] liegen zwischen der Arbeitgeberin ([X.]) und der jeweiligen [X.] ([X.]) geschlossene Dienstleistungsüberlassungsverträge zugrunde, die sich nach einem standardisierten Vertragsmuster richten (Muster-DLÜ-Vertrag). Dieses lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Dienstleistungsüberlassung

        

1Der [X.] erbringt Dienstleistungen für den [X.] für die in § 2 dieses Vertrages beschriebenen Aufgaben. 2Diese werden für den [X.] durch die in der Anlage 1 bezeichneten Mitarbeiter/innen erbracht. 3Diese Anlage wird bei [X.]edarf von den Vertragsparteien fortgeschrieben.

        

…       

        

§ 3 Rechtsverhältnisse der Mitarbeiter/innen

        

1Die Dienstleistungen der Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 werden vom [X.] dem [X.] überlassen. 2Die Dauer der Überlassung erstreckt sich höchstens auf die Dauer dieses Vertrages.

        

3Das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten der Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 zum [X.] bleiben unverändert bestehen, soweit sich nicht aus dieser Vereinbarung abweichende Regelungen ergeben.

                 
        

§ 4 Weisungsrecht

        

1Dem [X.] obliegt - vorbehaltlich des Satzes 2 - weiterhin das Direktionsrecht gegenüber dem/der überlassenen Mitarbeiter/in. 2Die fachliche Steuerung erfolgt durch die jeweiligen Projektverantwortlichen des [X.]s.

        

…       

        

4Über Regelungen im [X.]etriebsablauf oder in der [X.] des [X.]s, die von den Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen nach § 1 Abs. 1 zu beachten sind, wird der [X.] informiert. 5Dieser erteilt - soweit notwendig - im Rahmen der gesetzlichen, tarifvertraglichen und dienst- bzw. arbeitsvertraglichen Regelungen die entsprechenden Weisungen an die Mitarbeiter/innen.

        

6Sieht der [X.] die Notwendigkeit, von den Regelungen des [X.]s abzuweichen, wird einvernehmlich eine die Interessen aller [X.]eteiligten berücksichtigende Lösung vereinbart.

        

7In dringenden Fällen und bei unabweisbarem [X.]edarf kann der [X.] dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin zur Aufrechterhaltung des laufenden [X.]etriebes vorläufige Weisungen erteilen; er unterrichtet hiervon unverzüglich den [X.].

        

…       

        

§ 6 Individuelle Zusatzleistungen

        

1Die Leistungen und Aufwände der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter werden abhängig von der Zielerreichung durch einen [X.] abgegolten. 2Die prozentuale Höhe der Zielerreichung wird in einem Mitarbeitergespräch mit der jeweiligen Führungskraft des [X.]s festgelegt.

        

…       

        

§ 7 Arbeitszeit, Urlaub, Abwesenheit, Krankheit

        

1Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 richtet sich nach den jeweiligen für den [X.] geltenden Regelungen. 2Die sonstigen Arbeitszeitregelungen und -nachweise erfolgen nach den Grundsätzen des [X.]s.

        

3Die Mitarbeiter/innen nach § 1 Abs. 1 erfassen die für die [X.] erbrachten Leistungen im [X.]erfassungssystem des [X.]s, zur [X.] P-Online. 4Ein entsprechender Zugang wird durch den [X.] zur Verfügung gestellt.

        

5Für die Genehmigung, Erfassung und Abrechnung von Dienstreisen und Dienstgängen sowie des Freizeitausgleichs für Mehrarbeit finden die Regelungen des [X.]s Anwendung. 6Für die übrigen Abwesenheitszeiten wie z.[X.]. Krankheit, Urlaub, bezahlte und unbezahlte Freistellung von der Arbeit gelten die Regelungen des [X.]s. 7Neben der Krankmeldung an den [X.] hat der Mitarbeiter auch unverzüglich den [X.] über [X.]estehen und voraussichtliche Dauer der Erkrankung zu informieren.

        

8Die Genehmigung und Abgeltung von Urlaubstagen kann nur durch den [X.] vorgenommen werden. … 10Die zeitliche Lage und Dauer des Urlaubs ist mit dem [X.] abzustimmen.

        

11Die Anordnung und Abrechnung von Dienstreisen erfolgt unmittelbar durch den [X.] nach dessen Regelungen. …

                 
        

§ 8 Überstunden/Mehrarbeit

        

1Für die [X.]ehandlung von Mehrarbeit und Überstunden gelten die Regelungen und Richtlinien des [X.]s.

        

2Die Möglichkeit, Mehrarbeit durch [X.]ezahlung oder Inanspruchnahme von [X.] abzubauen, richtet sich nach der für den dienstüberlassenen Mitarbeiter geltenden Laufbahnstufe des [X.]s und den dementsprechenden Regeln und [X.]etriebsvereinbarungen innerhalb der [X.] Systems.

        

…       

        

§ 11 Vertragslaufzeit und Kündigung

        

1Der Vertrag ist unbefristet. 2Er kann mit einer Frist von 3 Monaten zum 30.06. bzw. 31.12. gekündigt werden.

        

...“   

3

Die [X.] werden der Arbeitgeberin grundsätzlich befristet überlassen, sind aber zum Teil mehrere Jahre und teilweise auch als Führungskräfte eingesetzt. Sie nehmen an [X.]etriebsversammlungen teil und sind im betrieblichen Organigramm - insbesondere bei der Auflistung von nummerierten sog. Poolteams im [X.] - wie die „eigenen“ Arbeitnehmer der Arbeitgeberin als „Teamleiter/-in“ und „Mitarbeiter/-in“ namentlich aufgeführt. Nach zur Akte gereichten Ausdrucken von Offerten der Arbeitgeberin wurden von ihr bestimmte Stellen „zeitlich begrenzt“ oder auch „unbefristet“ für die „Mitarbeit … im Rahmen der [X.]“ ausgeschrieben.

4

Der zu 1. beteiligte Antragsteller ist der bei der Arbeitgeberin in [X.] gebildete, aus elf Mitgliedern bestehende [X.]etriebsrat. Ein [X.]etriebsratsmitglied ist von seiner beruflichen Tätigkeit vollzeitig freigestellt. Aus Anlass des am 4. August 2009 in [X.] getretenen § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG beanspruchte der [X.]etriebsrat die Freistellung eines weiteren Mitglieds, was die Arbeitgeberin ablehnte.

5

In dem von ihm eingeleiteten [X.]eschlussverfahren hat der [X.]etriebsrat die Auffassung vertreten, die [X.] seien bei betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen, die auf die [X.]etriebsgröße abstellten, als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG seien daher mindestens zwei [X.]etriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit vollzeitig freizustellen.

6

Der [X.]etriebsrat hat beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verurteilen, nach Wahl des [X.]etriebsrats ein weiteres [X.]etriebsratsmitglied freizustellen.

7

Die Arbeitgeberin hat Antragsabweisung beantragt und gemeint, die [X.] seien keine Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG. Diese Vorschrift erfasse nur auf Dauer und ohne Rückkehroption eingesetzte Personen, die wie ihre „eigenen“ Arbeitnehmer in die [X.]etriebsorganisation eingegliedert seien. Dies treffe für die [X.] nicht zu. Ein weites Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG sei mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, weil damit bei den organisatorischen Vorschriften des [X.]etriebsverfassungsgesetzes zur Arbeitsleistung überlassene Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gegenüber Leiharbeitnehmern in nicht gerechtfertigter Weise bessergestellt würden.

8

Das Arbeitsgericht hat die Verpflichtung der Arbeitgeberin festgestellt, ein weiteres vom [X.]etriebsrat zu [X.] [X.]etriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Das [X.] hat die [X.]eschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin das Ziel der Antragsabweisung weiter. Der [X.]etriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

[X.]. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht die [X.]eschwerde der Arbeitgeberin gegen den dem Antrag stattgebenden [X.]eschluss des Arbeitsgerichts zurückgewiesen.

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Wie seine gebotene Auslegung ergibt, ist der Antrag nicht als Leistungsantrag zu verstehen.

a) Dem Wortlaut nach ist der Antrag zwar auf die Verurteilung der Arbeitgeberin gerichtet, „nach Wahl des [X.]etriebsrats ein weiteres [X.]etriebsratsmitglied freizustellen“. Mit diesem Inhalt wäre der Antrag aber nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er würde von der Arbeitgeberin die Vornahme einer Handlung verlangen, ohne dass für sie mangels namentlicher [X.]enennung (§ 38 Abs. 2 Satz 3 [X.]etrVG) erkennbar wäre, welches [X.]etriebsratsmitglied sie freistellen soll. [X.]ei einem auf § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG gestützten [X.] ist die namentliche [X.]enennung des freizustellenden [X.]etriebsratsmitglieds nicht verzichtbar. Erst nach erfolgter Wahl kann die Freistellung des Gewählten durch den Arbeitgeber verlangt werden (vgl. [X.]AG 15. Dezember 2011 - 7 A[X.]R 65/10 - Rn. 12 mwN, [X.] [X.]etrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA [X.]etrVG 2001 § 5 Nr. 7).

b) Aus der Antragsbegründung folgt jedoch, dass die [X.]eteiligten allein über den Umfang - die „richtige“ Anzahl - der (Voll-)Freistellungen iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG streiten. Das [X.]egehren des [X.]etriebsrats ist mithin auf die Feststellung gerichtet, dass nach der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG mindestens zwei seiner Mitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen sind (ähnlich [X.]AG 26. Juni 1996 - 7 A[X.]R 48/95 - zu [X.] I der Gründe, [X.]AGE 83, 234). Dieses bereits vom Arbeitsgericht vertretene Verständnis hat der [X.]etriebsrat bestätigt, indem er im zweiten Rechtszug die Zurückweisung der [X.]eschwerde der Arbeitgeberin beantragt hat.

2. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Streit über den Umfang der Mindestfreistellungen betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der [X.]etriebsparteien im Sinn einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen [X.]eziehung. Der [X.]etriebsrat hat aufgrund der gegenteiligen Rechtsauffassung der Arbeitgeberin ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die (Voll-)Freistellungen zweier seiner Mitglieder vorliegen.

II. Der Antrag hat in der Sache Erfolg. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG sind in [X.]etrieben mit in der Regel 501 bis 900 Arbeitnehmern mindestens zwei [X.]etriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das folgt zwar nicht aus der vom [X.] gegebenen [X.], nach der die [X.] bei der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG zu berücksichtigen seien, weil sie bereits aufgrund ihrer Aufgabenstellung und unabhängig von der Leitungsmacht der Arbeitgeberin betriebsverfassungsrechtlich zu deren Arbeitnehmern zählten. Jedoch erweist sich die beschwerdegerichtliche Hilfserwägung, dass die [X.] der Leitungsmacht der Arbeitgeberin unterfallen und deshalb zu den Arbeitnehmern ihres [X.]etriebs zählen, im Ergebnis als richtig.

1. Die Freistellung von [X.]etriebsratsmitgliedern ist nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG von der [X.]etriebsgröße abhängig. Maßgeblich hierfür ist die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. [X.]AG 22. Oktober 2003 - 7 A[X.]R 3/03 - zu [X.] II 2 a aa der Gründe, [X.]AGE 108, 185).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG sind Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinn des [X.]etriebsverfassungsgesetzes Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer [X.]erufsausbildung [X.]eschäftigten, unabhängig davon, ob sie im [X.]etrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG gelten als Arbeitnehmer ferner [X.]eamte ([X.]eamtinnen und [X.]eamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer [X.]erufsausbildung [X.]eschäftigten, die in [X.]etrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

Die in § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG genannten [X.]eschäftigten sind bei den organisatorischen Schwellenwerten des [X.]etriebsverfassungsgesetzes - so auch bei § 38 [X.]etrVG - zu berücksichtigen ([X.]AG 12. September 2012 - 7 A[X.]R 37/11 - Rn. 16 mwN; ausf. 15. Dezember 2011 - 7 A[X.]R 65/10 - Rn. 17 ff., [X.] [X.]etrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA [X.]etrVG 2001 § 5 Nr. 7). Dies ergibt eine am Wortlaut, an der Systematik und an Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG orientierte Auslegung, für die ebenso das teleologische Verständnis der in den organisatorischen [X.]estimmungen festgelegten Schwellenwerte streitet. Die Entstehungsgeschichte von § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG stützt dieses Auslegungsergebnis, gegen das keine verfassungsrechtlichen [X.]edenken bestehen ([X.]AG 15. Dezember 2011 - 7 A[X.]R 65/10 - Rn. 21 ff., aaO). Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin gebietet die bisherige Rechtsprechung des [X.]undesarbeitsgerichts, nach der Leiharbeitnehmer bei der für die [X.]etriebsratsgröße maßgeblichen [X.]elegschaftsstärke grundsätzlich nicht „mitzählten“ (vgl. hierzu [noch vor Inkrafttreten des § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG] [X.]AG 10. März 2004 - 7 A[X.]R 49/03 - [X.]AGE 110, 27 und 22. Oktober 2003 - 7 A[X.]R 3/03 - [X.]AGE 108, 185), kein Verständnis von § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG dahingehend, dass auch die dort genannten Arbeitnehmer bei der [X.]elegschaftsstärke des § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG nicht berücksichtigt werden dürften ([X.]AG 15. Dezember 2011 - 7 A[X.]R 65/10 - Rn. 30, aaO).

2. Hiernach sind die bei der Arbeitgeberin regelmäßig eingesetzten 60 bis 70 [X.] bei der Anwendung von § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG zu berücksichtigen. Diese Mitarbeiter gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. In deren [X.]etrieb sind somit einschließlich der ca. 450 „eigenen“ Arbeitnehmer in der Regel zwischen 501 und 900 Arbeitnehmer beschäftigt.

a) Die [X.] sind Arbeitnehmer des „öffentlichen Dienstes“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG. Sie stehen in einem Arbeitsverhältnis zu der jeweiligen [X.] (vgl. § 3 Satz 3 Halbs. 1 Muster-DLÜ-Vertrag). Die [X.] sind nach § 4 SG[X.] V, § 29 SG[X.] IV als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes.

b) Die Arbeitgeberin ist als GmbH ein „privatrechtlich organisiertes Unternehmen“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG.

c) Die [X.] sind im [X.]etrieb der Arbeitgeberin „tätig“ iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG.

aa) Indem § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG es für die Einordnung der in dieser [X.]estimmung genannten [X.]eschäftigten in den [X.]etrieb ausreichen lässt, dass sie dort „tätig sind“, knüpft er an einen tatsächlichen Umstand an. Entscheidend ist die [X.]etriebsangehörigkeit ([X.]AG 15. August 2012 - 7 A[X.]R 24/11 - Rn. 31 und - 7 A[X.]R 34/11 - Rn. 35). [X.]etriebsangehörig sind - da es auf ein individualrechtliches [X.]eschäftigungsverhältnis zum Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs nicht ankommt - alle [X.]eschäftigten, die nach den allgemeinen in der [X.]etriebsverfassung geltenden Grundsätzen in die [X.]etriebsorganisation eingegliedert sind (zu diesen Grundsätzen [X.]AG 21. Juli 2004 - 7 A[X.]R 38/03 - zu [X.] I 2 a der Gründe mwN, [X.] [X.]etrVG 1972 § 9 Nr. 8 = EzA [X.]etrVG 2001 § 9 Nr. 3). [X.] ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert (vgl. [X.]AG 10. März 2004 - 7 A[X.]R 36/03 - zu [X.] 1 der Gründe; zu § 99 [X.]etrVG vgl. z[X.] 23. Juni 2010 - 7 A[X.]R 1/09 - Rn. 13 mwN, [X.]AGE 135, 26). Der [X.]eschäftigte muss so in die betriebliche [X.] integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach [X.] und Ort trifft. Der [X.]etriebsinhaber muss diese [X.] wenigstens im Sinn einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung teilweise ausüben (zu § 99 [X.]etrVG vgl. [X.]AG 11. September 2001 - 1 A[X.]R 14/01 - zu [X.] I der Gründe, EzA [X.]etrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 10). Es kommt darauf an, inwieweit dem Inhaber oder Träger des Einsatzbetriebs Weisungsbefugnisse zustehen und er in diesem Sinn eine betriebsverfassungsrechtlich relevante (und sei es partielle) Arbeitgeberstellung einnimmt (vgl. auch [X.]AG 15. August 2012 - 7 A[X.]R 24/11 - Rn. 33 mwN).

bb) Das [X.] ist nach diesen Grundsätzen rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die [X.] würden bereits aufgrund ihrer „Aufgabenstellung“ und „von der Leitungsmacht der Arbeitgeberin unabhängig“ als deren Arbeitnehmer gelten. Seine hilfsweise Annahme, die [X.] unterfielen der Leitungsmacht der Arbeitgeberin und seien deshalb bei ihr „tätig“ iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG, erweist sich aber als zutreffend. Die [X.] sind in die [X.]etriebsorganisation der Arbeitgeberin eingegliedert. Diese [X.]eurteilung kann der Senat aufgrund des festgestellten Sachverhalts selbst treffen.

(1) Die [X.]estimmungen im Muster-DLÜ-Vertrag sprechen für ein Tätigsein der [X.] im [X.]etrieb der Arbeitgeberin. Zwar obliegt gemäß § 4 Satz 1 Muster-DLÜ-Vertrag das nach § 4 Satz 4 Muster-DLÜ-Vertrag an den Regelungen im [X.]etriebsablauf und in der [X.] der Arbeitgeberin orientierte Direktionsrecht gegenüber dem [X.] weiterhin der jeweiligen [X.]. Ausdrücklich hiervon ausgenommen ist jedoch die der Arbeitgeberin obliegende „fachliche Steuerung“, also das damit korrespondierende Direktionsrecht (vgl. § 4 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag und die Parenthese in § 4 Satz 1 Muster-DLÜ-Vertrag [„vorbehaltlich“]). Auch ist ein Weisungsrecht der Arbeitgeberin „in dringenden Fällen und bei unabweisbarem [X.]edarf“ eröffnet (§ 4 Satz 7 Muster-DLÜ-Vertrag). Die [X.] unterliegen dem Arbeitszeitregime des Einsatzbetriebs (§ 7 Sätze 1 bis 4 Muster-DLÜ-Vertrag; vgl. auch § 8 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag). Für die Mehrarbeit sowie deren Ausgleich durch Freizeit, für Überstunden und für Dienstreisen/Dienstgänge gelten die bei der Arbeitgeberin bestehenden Regelungen (§ 7 Satz 5 und § 8 Muster-DLÜ-Vertrag). Dienstreisen ordnet die Arbeitgeberin an (§ 7 Satz 11 Muster-DLÜ-Vertrag). Die [X.] haben bei „Krankmeldung“ auch die Arbeitgeberin zu informieren (§ 7 Satz 7 Muster-DLÜ-Vertrag) und mit dieser die zeitliche Lage und Dauer ihres Urlaubs abzustimmen (§ 7 Satz 10 Muster-DLÜ-Vertrag). Mit einem [X.] abzugeltende Leistungen und Aufwände der [X.] werden unter Hinzuziehung einer Führungskraft der Arbeitgeberin festgelegt (§ 6 Muster-DLÜ-Vertrag). In der Gesamtschau übt die Arbeitgeberin damit schon nach den vertraglichen [X.]edingungen der [X.] gegenüber den [X.]n wesentliche Arbeitgeberbefugnisse aus. Sie hat im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung durch die [X.] zumindest teilweise die [X.] und besitzt die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typische [X.]efugnis zur Entscheidung auch über [X.] und Ort der Tätigkeit.

(2) Im Übrigen berücksichtigt die Arbeitgeberin nach den zur Akte gereichten Stellenangeboten, die eine „Mitarbeit … im Rahmen der [X.]“ offerieren, die [X.] offensichtlich bei ihren Ressourcenplanungen. Auch dies spricht eher dafür, dass die [X.] ihre Dienstleistungen im Rahmen der von der Arbeitgeberin bestimmten [X.] erbringen. Vor allem aber zeigt der betriebliche Organisationsplan, nach dem die [X.] ohne Unterschied zu den „eigenen“ Arbeitnehmern der Arbeitgeberin als „Mitarbeiter/-in“ diversen Poolteams zugewiesen sind, deren Eingliederung in die [X.] des Einsatzbetriebs. Die Arbeitgeberin setzt die [X.] im Ergebnis wie ihre „eigenen“ Mitarbeiter zur Verwirklichung des betrieblichen Arbeitszwecks ein.

d) Der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG steht nicht entgegen, dass die Überlassung der [X.] nicht auf Dauer erfolgt, sondern - nach dem Vortrag der Arbeitgeberin - nur vorübergehend und projektbezogen sowie nach § 3 Satz 2 Muster-DLÜ-Vertrag für die Dauer des Vertrags über die Dienstleistungsüberlassung.

aa) Auch wenn die Personalgestellung im öffentlichen Dienst strukturell - anders als die Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - nicht vorübergehend angelegt ist (vgl. [X.]AG 15. Dezember 2011 - 7 A[X.]R 65/10 - Rn. 30, [X.] [X.]etrVG 1972 § 5 Nr. 77 = EzA [X.]etrVG 2001 § 5 Nr. 7), setzt § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG nicht notwendig einen dauerhaften oder auch nur langfristigen Einsatz der in [X.] tätigen [X.]eschäftigten voraus.

(1) Die temporäre Personalgestellung ist im öffentlichen Dienst nicht ausgeschlossen (vgl. etwa die Zuweisung iSd. § 4 Abs. 2 [X.] nebst Protokollerklärung hierzu, also die vorübergehende [X.]eschäftigung bei einem dem Allgemeinen Teil des [X.] nicht unterfallenden Dritten im In- und Ausland unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses). Voraussetzung des Tätigseins nach § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG ist (nur), dass die dort genannten Personengruppen in den [X.]etrieb eingegliedert sind. Die tatsächliche Einsatzdauer ist ebenso wenig ausschlaggebend wie eine zeitliche [X.]egrenzung des der Personalgestellung oder -überlassung zugrunde liegenden Vertrags (zu Letzterem vgl. [X.]AG 15. August 2012 - 7 A[X.]R 24/11 - Rn. 32; kritisch z[X.] [X.]/Raab GK-[X.]etrVG 9. Aufl. § 7 Rn. 49).

(2) Dies entspricht der vom Gesetzgeber zu § 5 Abs. 1 Satz 3 [X.]etrVG verlautbarten Intention, nach der die in privaten Einrichtungen beschäftigten Personengruppen der [X.]etriebsverfassung ua. mit der [X.]egründung unterstellt werden sollten, „dies entspreche den in den [X.], z[X.] im [X.]undesschuldenwesenmodernisierungsgesetz, dazu getroffenen Regelungen“ (vgl. [X.]T-Drucks. 16/11608 S. 21). Die spezialgesetzlichen Regelungen treffen eine betriebsverfassungsrechtliche Geltungsanordnung nicht nur dann, wenn [X.]eschäftigte dauerhaft oder zumindest längerfristig in einem [X.]etrieb eines privatrechtlichen Unternehmens eingesetzt sind: So gilt etwa das Kooperationsgesetz der [X.]undeswehr ([X.]wKoopG) nach seinem § 1 für [X.]eamtinnen, [X.]eamte, Soldatinnen, Soldaten, Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter des Geschäftsbereichs des [X.]undesministeriums der Verteidigung, „soweit und solange“ ihnen unter [X.]eibehaltung ihres Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zum [X.]und eine Tätigkeit in einem Wirtschaftsunternehmen zugewiesen wurde, mit dem die [X.]undeswehr eine Kooperation eingegangen ist. Diese [X.]eschäftigten gelten nach § 6 Abs. 1 [X.]wKoopG ua. für die Anwendung des [X.]etriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Kooperationsbetriebs.

(3) Im Übrigen kommt es bei den betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsvorschriften ohnehin allein auf die Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer an (vgl. zu § 38 [X.]etrVG [X.]AG 22. Oktober 2003 - 7 A[X.]R 3/03 - zu [X.] II 2 a aa der Gründe, [X.]AGE 108, 185). Für § 38 [X.]etrVG ist die im [X.]punkt der [X.] allgemein für den [X.]etrieb kennzeichnende Arbeitnehmerzahl entscheidend; kurzfristige Schwankungen im Personalbestand bleiben unberücksichtigt (vgl. [X.]AG 26. Juli 1989 - 7 A[X.]R 64/88 - zu I 1 der Gründe, [X.]AGE 63, 1).

bb) Hiernach gelten die [X.] ungeachtet ihres befristeten Einsatzes als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin. Dass es sich bei ihnen um „in der Regel“ [X.]eschäftigte iSv. § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.]etrVG handelt, hat die Arbeitgeberin zuletzt ausdrücklich bestätigt.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Günther Metzinger    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 ABR 17/11

05.12.2012

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Bonn, 29. April 2010, Az: 3 BV 9/10, Beschluss

§ 5 Abs 1 S 3 BetrVG, § 38 Abs 1 S 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 05.12.2012, Az. 7 ABR 17/11 (REWIS RS 2012, 747)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 747


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 7 ABR 17/11

Bundesarbeitsgericht, 7 ABR 17/11, 05.12.2012.


Az. 3 BV 9/10

Arbeitsgericht Bonn, 3 BV 9/10, 29.04.2010.


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