Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2005, Az. VIII ZR 339/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 941

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
[X.] Verkündet am: 9. November 2005 Kirchgeßner Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

[X.] § 573 Abs. 2 Nr. 2 Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, so ist dies nur dann zu berücksichtigen, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfal-len ist; in diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet.

[X.], Urteil vom 9. November 2005 - [X.] - [X.]

[X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. Leimert und Dr. Frellesen

für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n wird das Grundurteil der [X.] des [X.] vom 2. Dezember 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten beider Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einer Eigenbedarfskündi-gung des [X.]n. Die Klägerin hatte vom [X.]n eine Wohnung in dem Anwesen O.

Straße in [X.]gemietet. Mit Schreiben vom 23. November 1999 kündigte der [X.] wegen Eigenbedarfs. Zur Begründung gab er an, er be-nötige die Wohnung für seine Schwiegermutter. Die Klägerin widersprach der Kündigung. In dem anschließenden [X.] wurde sie durch Urteil des [X.] vom 3. November 2000 zur Herausgabe der [X.] verurteilt. Das [X.] wies mit Urteil vom 5. April 2001 die 1 2 - 3 - Berufung der Klägerin zurück, gewährte der Klägerin jedoch eine Räumungsfrist bis zum 31. Juli 2001. Am 25. Juni 2001 verstarb die Schwiegermutter des [X.]n. Ende September 2001 räumte die Klägerin die Wohnung und zog in die [X.] um. Erst danach erfuhr sie von dem Tod der Schwiegermutter des [X.]n und dem dadurch bedingten Wegfall des Eigenbedarfs des [X.]n. Die Klägerin meint, der [X.] sei verpflichtet gewesen, ihr den [X.] des Eigenbedarfs mitzuteilen. Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekom-men sei, sei er ihr zum Ersatz des durch die Räumung der Wohnung entstan-denen Schadens verpflichtet. Dieser bestehe in den Aufwendungen für den Umzug und für die Anmietung von Lagerflächen sowie für die höhere Miete für die neue Wohnung. Insgesamt belaufe sich ihr Schaden auf 13.407,75 •. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den [X.] nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision verfolgt der [X.] seinen Klageabweisungsan-trag weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 127 (= [X.], 134) veröffentlicht ist, ist der Auffassung, der [X.] sei der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, weil er durch das Unterlassen einer Mitteilung über den Wegfall des Eigenbedarfs nach dem Tod seiner 3 4 5 6 - 4 - Schwiegermutter eine nachvertragliche Treuepflicht gegenüber der Klägerin schuldhaft verletzt habe. Es hat ausgeführt, die Verpflichtung des Vermieters, den Mieter auf den Wegfall des Eigenbedarfs hinzuweisen, ende bei Gewäh-rung einer gerichtlichen Räumungsfrist erst mit dem Auszug des Mieters aus der Wohnung. Mit der Entscheidung des [X.] vom 9. Juli 2003 ([X.] ZR 311/02, NJW 2003, 2604 = [X.], 463) über die Pflicht des [X.]s, bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine verfügbare Alternativwohnung anzubieten, sei die vor-liegende Fallkonstellation nicht zu vergleichen. Während dort nur der Vermieter durch Art. 14 GG geschützte Grundrechte geltend machen könne, erfordere hier die verfassungsrechtliche Situation eine Abwägung zwischen dem Be-standsinteresse des Mieters, dessen Besitzrecht an der Wohnung ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sei, und dem [X.]. Bei Beachtung des beiderseitigen Eigentumsschutzes sei für die Mittei-lungspflicht an den [X.]punkt der Räumung durch den Mieter anzuknüpfen. Im Unterschied zu anderen Kündigungsgründen, die sich regelmäßig aus einem in der Vergangenheit liegenden Verhalten oder Ereignis ergäben, setze die Kün-digung wegen Eigenbedarfs eine längere Fortdauer voraus, nämlich das [X.] des Eigenbedarfs noch nach Beendigung des Mietverhältnisses und die tatsächliche Inanspruchnahme der Wohnung durch den Vermieter. Durch den Eigentumsschutz und die Härtefallregelung des § 574 [X.] solle der [X.] Mieter umfassend vor einem objektiv nicht gerechtfertigten Verlust der Wohnung geschützt werden. Entfalle der vorübergehend vorhanden gewesene Eigenbedarf noch vor der kündigungsbedingten Räumung, dann fehle es auch an einem Grund, dem Mieter den Wohnungswechsel zuzumuten. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtsver-folgung des wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieters regelmäßig zum Zwecke der Verzögerung und in der Hoffnung erfolge, im Laufe des Verfahrens könne 7 - 5 - der Eigenbedarf entfallen oder im selben Haus eine andere Wohnung frei [X.]. Der Kammer seien aus langjähriger Erfahrung zahlreiche Fälle vorge-täuschten Eigenbedarfs bekannt; eine vom Mieter eingeleitete gerichtliche Überprüfung der Eigenbedarfskündigung könne daher nicht als "Verzögerungs-taktik" angesehen werden. Im Hinblick auf den häufig vorgetäuschten [X.] würde eine Begrenzung der Mitteilungspflichten auf die [X.] bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist die Möglichkeit eines verfassungsrechtlich ge-botenen effektiven Rechtsschutzes für den Mieter über die Maßen erschweren. Einziges objektives Beweisanzeichen für den behaupteten Eigenbedarf sei der Umstand, ob die [X.] tatsächlich die Wohnung beziehe oder nicht. Bei einer Begrenzung der Mitteilungspflicht auf die [X.] bis zum Ablauf der Kün-digungsfrist entfiele dieser Kontrollmechanismus. Der [X.] hätte [X.] notfalls durch Einholung von Rechtsrat [X.] auch erkennen können, dass er die Klägerin über den Wegfall des Eigenbedarfsgrundes hätte unterrichten müssen.
I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. [X.] der Auffassung des [X.]s war der [X.] nicht verpflichtet, die Klägerin über den Tod der Schwiegermutter und den dadurch bedingten [X.] des Eigenbedarfs nach Ablauf der Kündigungsfrist zu unterrichten. Damit fehlt es an einer Grundlage für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin. 1. Die Frage, ob und in welchen zeitlichen Grenzen der Wegfall des ur-sprünglich gegebenen Kündigungsgrundes des Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) sich auf den Räumungsanspruch des Vermieters auswirkt, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten und höchstrichterlich bislang nicht geklärt. 8 9 - 6 - [X.] zunächst vorhandenen Eigenbedarfs soll nach einer An-sicht nur dann berücksichtigt werden, wenn er bis zum Ablauf der [X.] eingetreten ist ([X.], NJW-RR 1992, 1489; [X.], NJW 1982, 54; [X.], Grundeigentum 2004, 1527; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 573 Rdnr. 57, 58; [X.]/[X.], [X.], 64. Aufl., § 573 Rdnr. 29; MünchKomm[X.]/[X.], 4. Aufl., § 573 Rdnr. 74; von [X.], NJW 1985, 289, 295). Eine andere Auffassung stellt auf den [X.]punkt der Rechtskraft ei-nes Räumungsurteils oder den Ablauf einer rechtskräftig ausgesprochenen Räumungsfrist ab ([X.], NJW-RR 1994, 80 = [X.], 335; [X.], [X.], 212; [X.], Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 573 Rdnrn. 98, 99; unklar, aber ebenso wohl [X.]/[X.], [X.] (2003), § 573 Rdnrn. 87, 88 und [X.]/Sonnenschein/[X.], Miete, 8. Aufl., § 573 Rdnr. 55). Eine dritte Meinung bejaht schließlich die Berücksichtigung des Wegfalls des [X.] sowie eine entsprechende Mitteilungspflicht des Vermieters bis zum Auszug des Mieters aus der Wohnung, wobei teilweise auf die Möglichkeit der [X.] (§ 767 ZPO) verwiesen wird (so BayObLGSt 1987, 8 = NJW 1987, 626; [X.], NJW-RR 1994, 80 = [X.], 405; [X.], [X.], 30; [X.]/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 573 Rdnrn. 61, 62; [X.]/[X.], Miet- und Pachtrecht, Teil C ([X.]) § 573 Rdnr. 33; Schmidt-Futterer/[X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 573 71 [X.] 74; unklar [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 573 Rdnr. 16). 2. Der Senat teilt die erstgenannte Auffassung. Sie bringt die berechtig-ten Interessen von Mieter und Vermieter zu einem angemessenen Ausgleich und sorgt für Rechtsklarheit. a) Auszugehen ist zunächst von dem Grundsatz, dass der Vermieter ver-pflichtet ist, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den [X.] so gering wie möglich zu halten. Diese gesteigerte Pflicht zur [X.] 11 12 - 7 - nahme beruht auf der besonderen Bedeutung, die der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen zukommt und dem Besitzrecht des Mieters einen eigentumsgleichen Rang im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG verleiht (st. Rspr. seit [X.] 89, 1). Aus dem Gebot der Rücksichtnahme hat der [X.] den weiteren Grundsatz abgeleitet, dass der Vermieter, der ein Mietverhält-nis wegen Eigenbedarfs kündigt, dem Mieter bis zum Ablauf der [X.] eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindli-che und verfügbare Wohnung zur Anmietung anzubieten hat. Kommt der [X.] dieser Anbietpflicht nicht nach, so ist die Kündigung wegen Rechtsmiss-brauchs unwirksam (Urteil vom 9. Juli 2003 [X.]O). b) Dieser Grundgedanke ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch für die vorliegende Fallgestaltung heranzuziehen, in der es nicht um das Anbieten einer Alternativwohnung bei fortbestehendem Eigenbedarf des [X.]s, sondern um die Frage geht, welche rechtlichen Folgen sich daraus er-geben, dass der ursprünglich vorhandene Eigenbedarf des Vermieters an der vermieteten Wohnung nach der Erklärung der Kündigung entfallen ist. Die tat-sächlichen und rechtlichen Unterschiede der beiden Sachverhalte rechtfertigen es nicht, den Schutz des Mieters in zeitlicher Hinsicht über die Grenze der Kün-digungsfrist hinaus auszudehnen. Insbesondere lässt sich eine solche Auswei-tung des Mieterschutzes nicht mit verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten be-gründen. [X.]) In dem Beschluss vom 26. Mai 1993 ([X.] 89, 1) hat das [X.] eingehende Richtlinien für den Schutz der [X.] aufgestellt. Es hat zunächst darauf hingewie-sen, dass es in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers ist, die schutzwürdigen Interessen beider Seiten [X.] des Mieters und des Vermieters [X.] zu berücksichti-gen und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Dabei hat er dem [X.] 14 - 8 - tumsgleichen Bestandsinteresse des Mieters Rechnung zu tragen; das bedeu-tet aber nicht, dass im Konflikt der beiderseitigen, durch die Verfassung ge-schützten Eigentumspositionen das Bestandsinteresse des Mieters in jedem Fall vorgeht. Für die [X.] ordentlicher Kündigungen hat der Gesetzgeber, wie das [X.] ausdrücklich klargestellt hat ([X.]O S. 9), mit § 564 b [X.] (a.[X.], jetzt insbesondere § 573 Abs. 1 und 2 [X.]) und § 556 a [X.] (a.[X.], jetzt: §§ 574 [X.] 574 b [X.]) die notwendige Interessenabwägung in angemessener Weise vorgenommen. Den Fachgerichten kommt die Aufgabe zu, bei der Auslegung und Anwendung der Bestimmung über die Kündigung wegen Eigenbedarfs (§ 564 b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 [X.] a.[X.], jetzt: § 573 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 [X.]) ebenfalls die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessen-abwägung in einer Weise nachzuvollziehen, die den beiderseitigen Eigentums-schutz beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet ([X.] [X.]O S. 9). [X.]) In der vom [X.] in den Mittelpunkt seiner ver-fassungsrechtlichen Erwägungen gestellten gesetzlichen Regelung der Kündi-gung wegen Eigenbedarfs und der [X.] erschöpft sich der Schutz des Mieters jedoch nicht. Vergleichbare Schutzgedanken liegen ebenso den [X.] über die Kündigungsfristen (§ 573 c Abs. 1 [X.]) sowie über die Gewährung einer Räumungsfrist (§ 721 ZPO) zugrunde. Darüber hinaus ist die Durchsetzbarkeit der materiellrechtlichen Mieterschutzvorschriften in der Rechtswirklichkeit durch das Verbot einer zum Nachteil des [X.] (§§ 573 Abs. 4, 573 c Abs. 4, 574 Abs. 4, 574 a Abs. 3 [X.]) zusätzlich abgesichert. [X.]) Ist durch dieses System von Bestimmungen des materiellen und des Prozessrechts aber bereits ein umfassender, den verfassungsrechtlichen [X.] 16 - 9 - rantien des Art. 14 GG und des effektiven Rechtsschutzes (Art. 2, 19 Abs. 4 GG) entsprechender Schutz des Mieters gewährleistet, so ist bei der Ausdeh-nung dieses Schutzes über den normierten Bereich hinaus Zurückhaltung gebo-ten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass jede Ausweitung des Mieterschut-zes zwangsläufig eine Einschränkung der gleichwertigen Rechtspositionen des Vermieters zur Folge hat. c) Das [X.] hat die Frage, ob die materiellen Vor-aussetzungen des Eigenbedarfs, der herrschenden Ansicht folgend, nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vorliegen müssen oder ob der Wegfall des [X.] noch zu berücksichtigen ist, wenn er bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten ist, in seinem Beschluss vom 3. Februar 2003 (1 BvR 619/02, NJW-RR 2003, 1164 = [X.], 692) erörtert, die [X.] hiermit aber dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffe-nen Urteil des [X.]s und damit den Fachgerichten überlassen. Bei die-ser Entscheidung dürfen schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechts-klarheit die allgemeinen Prinzipien des Privatrechts nicht außer Betracht blei-ben. Hierzu zählt im vorliegenden Zusammenhang vornehmlich die Rechtswir-kung einseitiger Gestaltungserklärungen. [X.]) Einseitige Gestaltungserklärungen, wie insbesondere die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses, führen [X.] sofern ihre tatbestandlichen Voraus-setzungen erfüllt sind [X.] die gewollten Rechtswirkungen zu dem gesetzlich vor-gesehenen oder individuell bestimmten [X.]punkt herbei. Eine wirksame Kündi-gung beendet das Mietverhältnis mit dem Ablauf der Kündigungsfrist; deshalb ist der Mieter zur Rückgabe der Mietsache an den Vermieter zu diesem [X.]-punkt verpflichtet (§ 546 [X.]). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so schuldet er dem Vermieter die vereinbarte Miete nicht mehr als die ihm [X.] - gende vertragliche Leistung, sondern kraft Gesetzes als Entschädigung für die Dauer der Vorenthaltung (§ 546 a Abs. 1 [X.]). [X.]) Solange die Rechtswirkungen der Kündigung noch nicht eingetreten sind, sprechen keine zwingenden Gründe dagegen, vielmehr erfordert es der Schutz des Mieters, einer zunächst wirksamen Kündigung nachträglich ihre Wirksamkeit abzusprechen, wenn dies aus überwiegenden Gesichtspunkten, etwa dem Verbot des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 [X.]), geboten erscheint. Ein derartiger Rechtsmissbrauch läge insbesondere dann vor, wenn der geltend gemachte Eigenbedarf des Vermieters vor dem Ablauf der [X.] und der erst hierdurch bewirkten rechtlichen Beendigung des [X.] entfallen ist und der Vermieter dennoch aus formalen Gründen an der im [X.]punkt der Erklärung berechtigten Kündigung festhalten würde. [X.]) Mit dem (rechtlichen) Ende des Mietverhältnisses erlischt [X.] was das [X.] nicht hinreichend berücksichtigt [X.] das Besitzrecht des Mieters, der keine originäre, sondern nur eine abgeleitete Beziehung zu der von einem an-deren geschaffenen Wohnung hat ([X.] 89, 1, 7 f.); die Verfügungsbefug-nis des Vermieters, in aller Regel des Eigentümers der betreffenden Wohnung, erlangt wieder ihren vollen, von der Verfassung in Art. 14 GG anerkannten und garantierten Umfang. Verweigert der Mieter die Herausgabe der Wohnung, ob-wohl die Kündigung wirksam ist und ein gesetzlicher Grund für die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach der [X.] der §§ 574 ff. [X.] nicht vorliegt, so verletzt er seine Pflicht zur Rückgabe der Mietsache (§ 546 Abs. 1 [X.]) und verhält sich damit rechtswidrig; auf den eigentumsgleichen Rang seines auf dem Mietvertrag beruhenden Rechts zum Besitz der Wohnung ([X.] 89, 1, 6 ff) kann er sich nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr beru-fen. Aus diesen Gründen versagt hier auch das Gebot der Schonung des ver-tragstreuen Mieters. Ein Mieter, der die gemietete Sache nach der durch die 19 20 - 11 - wirksame Kündigung herbeigeführten Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter nicht zurückgibt, verhält sich von da an nicht mehr vertragstreu; auf ein Verschulden kommt es insoweit nicht an. [X.]) [X.], die einen Vorrang des [X.] gegenüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters ge-bieten würden, sind nicht anzuerkennen. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Juli 2003 ([X.]O unter [X.]) in ähnlicher Weise für den Fall einer frei[X.]den Wohnung des Vermieters bei fortbestehendem Eigenbedarf an der [X.] Wohnung ausgesprochen; für die vorliegende Fallgestaltung kann nichts anderes gelten. Die Annahme einer nachvertraglichen Pflicht des [X.]s, den Mieter über den nach Beendigung des Mietverhältnisses eingetre-tenen Wegfall des Kündigungsgrundes zu unterrichten, würde zu einer system-widrigen Durchbrechung der Grundsätze über die rechtsgestaltende Wirkung von Kündigungserklärungen führen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Mieter auf materiell-rechtlicher [X.]e vor einem derartigen nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs hat schützen wollen, bestehen nicht. Dass der Ge-setzgeber das Problem des nachträglichen Eintritts neuer Umstände gesehen hat, ergibt sich aus der Regelung über das [X.] einer auf Zah-lungsverzug gestützten außerordentlichen Kündigung des Vermieters bei nach-träglicher Tilgung des Mietrückstandes (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 [X.]). Dem [X.] am Erhalt der Wohnung könnte daher nur durch eine nachver-tragliche Pflicht des Vermieters, dem Mieter den Neuabschluss eines Mietver-trages über dieselbe Wohnung anzubieten, Rechnung getragen werden. Dass der Gesetzgeber einen solchen Kontrahierungszwang des Vermieters gewollt hat, ist nicht ersichtlich und lässt sich insbesondere auch nicht den Materialien des Mietrechtsreformgesetzes entnehmen. 21 - 12 - ee) Soweit die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter auch bei Abwägung mit den berechtigten Interessen des Vermieters eine unzumutbare Härte darstellen würde, kann er trotz Vorliegens eines Kündigungsgrundes die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 574 ff. [X.] verlangen. Dabei hat er die [X.] grundsätzlich spätestens zwei Monate vor der [X.] gegenüber dem Vermieter geltend zu machen (§ 574 b Abs. 2 Satz 1 [X.]); andernfalls endet das Mietverhältnis mit dem [X.] der Kündigungsfrist. Ein schutzwürdiges Interesse an der Fortsetzung des Mietverhältnisses ist von da an nicht mehr anzuerkennen (ebenso Münch-Komm[X.]/[X.] [X.]O Rdnr. 74) d) Die Berücksichtigung eines nach dem Wirksamwerden der Kündigung eingetretenen Wegfalls des Eigenbedarfs des Vermieters hätte schließlich eine nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung der Rechte des Vermieters und eine ungerechtfertigte Besserstellung des vertragsuntreuen gegenüber dem ver-tragstreuen Mieter zur Folge. Dürfte der Mieter damit rechnen, dass derartige nachträgliche Ereignisse zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären, so könnte er dazu verleitet [X.], die Räumung der Wohnung mit allen Mitteln zu verzögern. Der Vermieter wäre für einen unbestimmten [X.]raum an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert; er müsste einen möglicherweise langwierigen [X.] auch in den Fällen führen, in denen die Rechtsverteidigung des Mieters [X.] auf Erfolg hat. Dadurch würde sich in ungerechtfertigter Weise die Chance des Mieters erhöhen, infolge einer anderweitigen, gerade durch die Verzögerung verursachten Disposition des Vermieters oder durch sonstige Er-eignisse einen Wegfall des Eigenbedarfs zu erreichen (vgl. dazu von [X.], NJW 1985, 289, 292). Zugleich würde das berechtigte Interesse des [X.], auf die Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung vertrauen und seine Pla-22 23 24 - 13 - nungen danach ausrichten zu können, erheblich eingeschränkt; bei langwieri-gen Räumungsstreitigkeiten bliebe es oft dem Zufall überlassen, ob der [X.] seine Wohnung zurückerhält oder ob nicht vorhersehbare nachträgliche Umstände sogar nach Jahren noch der Kündigung ihre rechtliche Grundlage entziehen könnten. Das ist mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und eines effektiven Rechtsschutzes, den auch der Vermieter für sich in Anspruch [X.] kann, nicht zu vereinbaren. [X.] dies wäre aber die Folge, wenn nach-träglich eingetretene Umstände noch bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Räumungsverfahrens, bis zum Ablauf einer nach § 721 ZPO bewilligten Räu-mungsfrist oder sogar bis zu einem noch späteren Auszug des Mieters berück-sichtigt werden müssten. Erst recht gilt dies für Zulassung eines derartigen Einwandes in der Zwangsvollstreckung (§ 767 ZPO). e) Die Ansicht des Berufungsgerichts, angesichts der Häufigkeit der Fälle vorgetäuschten Eigenbedarfs könne nicht davon ausgegangen werden, die Rechtsverfolgung seitens des gekündigten Mieters erfolge regelmäßig zum Zwecke der Verzögerung und in der Hoffnung, im Laufe des Verfahrens könnte der Eigenbedarf entfallen oder im selben Haus eine andere Wohnung frei [X.], rechtfertigt keine andere Beurteilung. Den Bedenken, die das [X.] auf die seiner Meinung nach häufige Vortäuschung von Eigenbedarf gestützt hat, kann durch eine besonders sorgfältige Prüfung der Ernsthaftigkeit des ur-sprünglich geltend gemachten Nutzungswunsches in Fällen der vorliegenden Art begegnet werden (vgl. Senatsurteil vom 18. Mai 2005 [X.] [X.] ZR 368/03, NJW 2005, 2395 = [X.]Report 2005, 1161 unter [X.] b [X.] für einen Fall des nicht verwirklichten Eigenbedarfs). 3. Nach alledem endete die Pflicht des [X.]n zur Mitteilung eines etwaigen Wegfalls des Eigenbedarfsgrundes an die Klägerin mit dem Ablauf der Kündigungsfrist. Zu diesem [X.]punkt bestand der mit der Kündigung geltend 25 26 - 14 - gemachte Wohnbedarf jedoch noch. Dass der Bedarf mit dem Tod der [X.] des [X.]n nach dem rechtskräftigen Abschluss des [X.], der in zwei Instanzen die Berechtigung der Eigenbedarfskündigung erwiesen hatte, und kurz vor Ablauf der gerichtlich bewilligten Räumungsfrist entfallen war, brauchte der [X.] der Klägerin nicht mehr mitzuteilen. [X.] einer entsprechenden Informationspflicht scheiden auch eine Pflichtverlet-zung und ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch der Klägerin schon dem Grunde nach aus. II[X.] Auf die Revision des [X.]n ist daher das Berufungsurteil aufzuhe-ben; da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur End-entscheidung reif ist, ist die Klage abzuweisen (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO). [X.] Dr. [X.] [X.]
Dr. [X.] Frellesen

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.07.2004 - 40a [X.]/03 - [X.], Entscheidung vom 02.12.2004 - 334 S 50/04 - 27

Meta

VIII ZR 339/04

09.11.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.11.2005, Az. VIII ZR 339/04 (REWIS RS 2005, 941)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 941

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