Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2000, Az. X ZR 33/97

X. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1069

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[X.] DES VOLKESURTEILX ZR 33/97Verkündet am:26. September [X.] Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein der [X.] -Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 26. September 2000 durch [X.] [X.] Melullis, [X.], die Richterin [X.] und den Rich-ter Dr. Meier-Beckfür Recht erkannt:Die Berufung gegen das Urteil des 3. Senats ([X.])des [X.] vom 24. Oktober 1996 wird auf [X.] Beklagten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Beklagte ist Inhaber des unter Inanspruchnahme der Priorität einer[X.] Patentanmeldung vom 17. August 1983 am 16. August 1984 ange-meldeten europäischen Patents 0 153 376 (Streitpatent), das ein Kunststoffim-plantat insbesondere für die Implantation in die Brustwand des Menschen be-trifft. In der erteilten Fassung lautet Patentanspruch 1:"Verwendung von Heparin zur Herstellung einer die Ausbildung ei-ner zum Schrumpfen neigenden Bindegewebskapsel verhindern-den [X.] auf einem Kunststoff-Implantat für [X.] in [X.] 3 -An diesen schließen sich weitere Ansprüche an, von denen die [X.] 3, 4 und 5 wie folgt [X.] von Heparin nach Anspruch 1,d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,daß das Heparin, Heparinoid und/oder dem Heparin chemischverwandte Glycosaminoglycan kovalent an die Oberfläche desKunststoff-Implantates gebunden [X.] von Heparin nach Anspruch 1,d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,daß das Heparin, Heparinoid und/oder dem Heparin chemischverwandte Glycosaminoglycan ionisch an die Oberfläche desImplantats gebunden wird.5.Verwendung von Heparin nach Anspruch 1,d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,daß das Heparin, Heparinoid und/oder dem Heparin chemischverwandte Glycosaminoglycan durch Vernetzung an der [X.]-Oberfläche fixiert wird."Aufgrund eines entsprechenden Antrags des Patentinhabers ist derdeutsche Anteil des Streitpatents durch Beschluß des [X.] 11. Februar 1994 auf die folgende Fassung beschränkt worden, wobei [X.] zu der erteilten Fassung durch Unterstreichung [X.] -"1.Verwendung von Heparin zur Herstellung einer die Ausbildungeiner zum Schrumpfen neigenden Bindegewebskapsel [X.], durch chemische oder physikalische Methoden [X.] auf einem Kunststoff-Implantatfür die Einpflanzung in bluttrockene Körperhöhlen."Die anschließenden Ansprüche sind dabei unverändert geblieben.Mit der Begründung, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüberdem Stand der Technik weder neu noch erfinderisch und im übrigen sei diepatentgemäße Lehre in der Streitpatentschrift auch nicht so offenbart, daß [X.] sie ausführen könne, hat die Klägerin Nichtigkeitsklage mit dem Zielerhoben, das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1, 3, 4 und 5 für das [X.] [X.] für nichtig zu erklären.Im [X.] hat der Beklagte Anspruch 1 des Streitpatentslediglich in der folgenden Fassung verteidigt, wobei die Unterschiede zu derzuvor geltenden Fassung des Streitpatents wiederum durch Unterstreichunghervorgehoben sind:"Verwendung von Heparin zur Herstellung einer die Ausbildung ei-ner zum Schrumpfen neigenden Bindegewebskapsel verhindern-den, durch chemische oder physikalische Methoden fixierten Hepa-rin-Beschichtung auf einem Kunststoff-Implantat für die Einpflan-zung in bluttrockene Körperhöhlen, mit der Maßgabe, daß die [X.] auf der Oberfläche des [X.] nicht dadurch erfolgt, daß an funktionelle Gruppenauf dem Implantat, die ausgewählt sind aus primären oder [X.] 5 -dären Aminogruppen, eine reaktive Gruppe angefügt wird, die [X.] oder [X.] ausgewählt ist, und daß [X.] durch Reaktionen zwischen primären oder sekundärenAmino- oder Hydroxylgruppen des [X.] und den [X.] oder[X.] an das Implantat gekoppelt wird."Hilfsweise hat er angeregt, dem Streitpatent eine Fassung zu geben, beider an den vorstehend wiedergegebenen [X.] weiter der [X.] angefügt wird:"... mit der Maßgabe, daß die [X.] nicht kovalentan das [X.] gebunden ist."Mit seinem Urteil vom 24. Oktober 1996 (veröffentlicht bei [X.], Nich-tigkeitsrechtsprechung in [X.], Bd. II S. 122) hat das Bundespatent-gericht das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1, 3, 4 und 5 mit Wir-kung für das Hoheitsgebiet der [X.] insgesamt fürnichtig erklärt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des [X.], mit der er zunächst im Umfang seiner erstinstanzlichen Verteidigungseinen Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt hat. Im Termin zurmündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er das Streitpatent nur noch [X.] des in erster Instanz zuletzt gestellten [X.] verteidigt. Die Klä-gerin ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und hält ihren Abweisungsantragauch gegenüber diesem Begehren aufrecht.Herr Prof. Dr. med. [X.], [X.], hat im Auftrag des Senats ein schriftlichesGutachten erstattet und dieses in der mündlichen Verhandlung erläutert [X.] 6 -Entscheidungsgründe:Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Nachdem [X.] das Streitpatent nur noch in der Fassung seines ursprünglichen [X.] und in der eines in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat neugestellten [X.] verteidigt, hat Patentanspruch l des Streitpatents in dererteilten Fassung keinen Bestand. Er ist - soweit er nicht mehr verteidigt wird -ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr.; vgl. etwa [X.] 1962, 294 - [X.]; [X.], 857, 858 - Rauchgas-klappe, insoweit nicht in [X.], 57 abgedruckt). Die beschränkte Verteidi-gung hat zur Folge, daß das Patent nur in dem vom Patentinhaber verteidigtenbeschränkten Umfang der weiteren Prüfung im [X.] (st. Rspr. [X.], 8, 10 ff. - [X.] = [X.], 409, 410; [X.], 542, 543 - Flugzeugbetankung I; [X.] 1962, 294, 296 - [X.]). In dem verteidigten Umfang fehlt [X.] die Patentfähigkeit nach den Art. 52 ff EPÜ, und es war daher, [X.] [X.] zutreffend entschieden hat, nach den Art. 138 Abs. 1lit. [X.], Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG in dem angegriffenen Umfang fürnichtig zu erklären.[X.] 1. Gegenstand des Streitpatents ist nach seiner allgemeinen Zusam-menfassung ein Kunststoff-Implantat insbesondere für die Implantation in [X.] des Menschen. Derartige Implantate werden etwa nach der Entfernungder weiblichen Brust oder bei kosmetischen [X.]en sowie der [X.] einer Verbesserung des optischen Erscheinungsbildes verwendet; siekommen darüber nach dem Inhalt des [X.] auch zum Einsatz in- 7 -sonstige Körperhöhlen in Betracht. Wie in der Beschreibung des Streitpatentseingangs erläutert wird, besteht bei einer solchen Verwendung die Gefahr, daßsich um das Implantat herum eine Kapsel aus Bindegewebe bildet, die im Ein-zelfall zur Schrumpfung neigen kann. Insbesondere dann, wenn das [X.] bei der Verwendung in der weiblichen Brust aus einem elastischen Materialauf der Basis von Silikon oder silikongefüllten Behältnissen besteht, könnten [X.] solcher Gewebeveränderungen krankhafte und schmerzhafte Prozes-se auftreten; zugleich könne das Implantat verformt werden, was auch dann,wenn schmerzhafte Prozesse nicht aufträten, zumindest mit [X.] des angestrebten optischen Erscheinungsbildes verbunden sei. Wie in dereinleitenden Beschreibung des Streitpatents weiter ausgeführt wird und durchden gerichtlichen Sachverständigen bei seinen Ausführungen in der mündli-chen Verhandlung bestätigt worden ist, waren im Prioritätszeitpunkt die Ursa-chen für diese Kapselbildung weitgehend unbekannt, so daß ein kausales Ein-greifen in diese als schädlich angesehene Entwicklung jedenfalls zu diesemZeitpunkt nicht möglich war. Im weiteren Verlauf der Beschreibung werdendann verschiedene Alternativen angesprochen, mit denen eine solche Kapsel-bildung verhindert werden soll. An diesen Lösungen kritisiert die [X.], daß ihre Wirksamkeit überwiegend nicht erwiesen sei. [X.] werden von ihr lediglich der Gabe von Kortison und dessen Ab-kömmlingen zugesprochen, die bei ausreichend hoher Dosierung der Wirksub-stanz eine Kapselbildung bzw. -schrumpfung verhindern könnten. Auch [X.] wird in der einleitenden Beschreibung des Streitpatents jedoch wegender erheblichen Nebenwirkungen des Hormons am Ort und im gesamten Kör-per abgelehnt, weil sie zu einem hohen Prozentsatz mit Gesundheitsstörungenverbunden sei.- 8 -2. Ausgehend von dieser Kritik am Stand der Technik und unter Berück-sichtigung der weiteren Beschreibung entnimmt der fachkundige Leser [X.] als das der patentgemäßen Lehre zugrundeliegende techni-sche Problem (die sog. Aufgabe), ein Implantat zur Verfügung zu stellen, dasdie geschilderten Mängel der Lösungen aus dem Stand der Technik vermeidet,insbesondere auch ohne die Beigabe gesundheitsschädlicher oder gefährden-der Stoffe die als schädlich angesehene Kapselbildung bzw. -schrumpfungunterbindet.3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der jetzt [X.] verteidigten Fassung die Verwendung eines Implantats vor, an demdurch chemische oder physikalische Methoden eine [X.]befestigt ist, wobei in der verteidigen Fassung des Hauptanspruchs des [X.] einzelne, näher bezeichnete Formen der Anbringung und Befestigungdieser Schicht nicht von der Lehre des Streitpatents umfaßt werden sollen. [X.] läßt sich diese Lehre durch die folgende Merkmalsgliederung erläu-tern:1.Verwendung von [X.]) zur Herstellung einer [X.]b) auf einem Kunststoff-Implantat,c) wobei die Beschichtung die Ausbildung einer zum Schrump-fen neigenden Bindegewebskapsel verhindern [X.] 9 -2. [X.] ist zur Einpflanzung in bluttrockene Körperhöhlenbestimmt.3. Die [X.]a) wird durch chemische oder physikalische Methoden auf demKunststoff-Implantat fixiert,b) wobei diese Fixierung nicht dadurch erfolgt,aa) daß an funktionellen Gruppen auf dem Implantat,bb) die ausgewählt sind aus primären oder sekundären Ami-nogruppen,[X.]) eine reaktive Gruppe angefügt wird,[X.]) die aus [X.] oder [X.] ausgewähltist undee) daß das Heparin durch Reaktionen zwischen den primä-ren und sekundären Amino oder Hydroxylgruppen des[X.] und den [X.] oder [X.]an das Implantat gekoppelt wird,c) und wobei die [X.] nicht kovalent an das[X.] gebunden [X.] -4. Gegenstand der im Streitpatent offenbarten Lehre ist, wie sich demfachkundigen Leser bereits nach dem Wortlaut des ersten Patentanspruchsohne weiteres erschließt, nicht ein Erzeugnis selbst, sondern die [X.] zielgerichtet auf- und vorbereiteten Stoffes für einen medizinischenZweck. Das in Merkmal 1 a angesprochene Heparin ist nach den anschauli-chen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in der [X.] seit längerem als ein (aus der Leber zuisolierendes) sulfatisiertes Polysa[X.]harid und damit als ein im Stand der [X.] vorhandener Stoff bekannt. Diese Einschätzung des gerichtlichen Sachver-ständigen wird bestätigt durch die vorveröffentlichte [X.], in der das Heparin nicht nur als ein bekannter und herzustellenderStoff bezeichnet, sondern nach Patentanspruch 3 ausdrücklich als eines der [X.] 1 aufgeführten sulfatisierten Polysa[X.]haride des Patentanspruchs 1dargestellt wird.Nach den weiteren Anweisungen der [X.] soll ein [X.], das die Parteien in Übereinstimmung mit dem gerichtlichenSachverständigen und dem sachverständig besetzten [X.]ebenfalls als am [X.] im Stand der Technik bekannt ansehen, be-schichtet werden, wobei (Merkmal 1c) als Zweck dieser Beschichtung die Ver-hinderung einer zum Schrumpfen neigenden Bindegewebskapsel angegebenwird. In diesem Zusammenhang entnimmt der [X.] der [X.] der technischen Problemstellung und ihrer Lösung in der [X.], daß damit das das Implantat umgebende Gewebe angesprochen ist, beidem - wie der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit den [X.] und der einleitenden Beschreibung des Streitpatents zur Überzeugungdes Gerichts erläutert hat - die Gefahr besteht, daß der an sich normale Pro-zeß, bei dem das umgebende Gewebe das Implantat einschließt, entartet und- 11 -sich eine überschießende Fibrose bildet. Als [X.] in [X.], auf dessen Fähigkeiten und Wissen für das Verständnis des [X.] und seine Bewertung insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen einererfinderischen Tätigkeit abzustellen ist, sieht der Senat hier einen plastischenChirurgen mit mehrjähriger Erfahrung bei dem Einsetzen entsprechender [X.] an, der aus seiner praktischen Tätigkeit die hiermit verbundenen [X.], insbesondere die Gefahren überschießender [X.] kennt und vonden in der medizinischen Wissenschaft vorhandenen Stoffen zu deren [X.] weiß. Derartige Personen sind, wie der gerichtliche Sachverständigebestätigt hat, in erster Linie mit der Weiterentwicklung der benötigten Implan-tate befaßt. Soweit es für Umsetzung und Ausführung solcher Entwicklungenweiterführender Kenntnisse aus anderen Fachgebieten bedarf, werden [X.] aus diesen Gebieten heranziehen. So hat der gerichtliche Sachver-ständige beiläufig darauf hingewiesen, daß er sich etwa zur Lösung der mit derBefestigung des [X.] an dem Kunststoff-Implantat verbundenen Fragen aneinen entsprechenden Techniker wenden würde.Methoden zur Befestigung des [X.] auf dem Implantat gibt [X.] im einzelnen nicht vor. Mit ihm wird jede Form seiner chemischenoder physikalischen Fixierung beansprucht, die nicht unter eine der ausdrück-lich angesprochenen Ausnahmen in den zusätzlich aufgenommenen Be-schränkungen nach Art eines Disclaimers erwähnt ist (Merkmalsgruppe 3).Dem verwendeten Begriff der Fixierung entnimmt der Fachmann jedoch, daßdie Beschichtung eine gewisse Dauerhaftigkeit und Festigkeit aufweisen soll.Dafür spricht aus seiner Sicht auch der Zweck der Beschichtung, mit der [X.] der als nachteilig geschilderten Kapselfibrosen vermieden [X.]. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Se-nats ausgeführt, daß die Gefahr der Entstehung solcher [X.] jedenfalls- 12 -verstärkt im [X.] nach der Einbringung des Implantats besteht. Das [X.] aus der Sicht des medizinisch vorgebildeten Fachmanns, der diese Zusam-menhänge kennt, als geboten erscheinen lassen, das für die Vermeidung die-ser nachteiligen Folgen eingesetzte Mittel über einen längeren Zeitraum [X.] zu stellen, was - wie ohne weiteres einleuchtet - eine Beschichtungmit einer länger wirkenden Fixierung voraussetzt. Aus den Begriffen der Be-schichtung und der Fixierung hat der gerichtliche Sachverständige, der [X.] seinem eigenen Fachwissen zu weiterführenden Erläuterungen insoweitnicht in der Lage gesehen hat, in Verbindung mit dem Zweck der Beschichtungüberzeugend weiter abgeleitet, daß das Heparin auf der Oberfläche des [X.] aufgebracht werden soll. Das leuchtet schon deshalb ein, weil auch imallgemeinen Sprachgebrauch eine solche Fixierung in erster Linie als Be-schichtung angesehen werden wird.Soweit in Merkmal 2 als Bestimmungsort der Implantate bluttrockeneKörperhöhlen bestimmt sind, erkennt ein solcher Fachmann aufgrund seinesallgemeinen Fachwissens ohne weiteres, daß ein vollständig bluttrockenerZustand dieser Höhlen nur in Ausnahmefällen zu erreichen ist. Der gerichtlicheSachverständige hat anschaulich und überzeugend darauf hingewiesen, daßes insbesondere bei der im Streitpatent in erster Linie angesprochenen Aus-führung, dem Einsetzen des Implantats in die menschliche Brust, nur darumgehen kann, die bei der [X.] unvermeidlichen Blutungen so weit als mög-lich zu stoppen. Die Erzeugung der für die Aufnahme des Implantats erforderli-chen Körperhöhle, zumindest aber die Eröffnung des Zugangs zu ihr sind [X.] in den Körper verbunden, die in ein stärker durchblutetes [X.]; schon deshalb sind bei der [X.] in der Regel Verletzungen nichtzu vermeiden, die zu Blutungen führen. Diese werden sich nicht in jedem Fallkurzfristig stoppen lassen; andererseits wäre es aus medizinischer Sicht kaum- 13 -zu vertreten, die Wunde nur deshalb offenzuhalten, um die Höhle vollständigbluttrocken zu machen. Von daher leuchtet es ein, wenn der gerichtliche Sach-verständige dem Merkmal des [X.] lediglich entnehmen will, daßdas Blut so weit gestillt sein muß, daß keine relevante akute Blutung mehr [X.], die Eingriffe in das Gewebe auf das [X.] reduziert werdenund der Operateur insgesamt bei seinen Maßnahmen so vorsichtig vorgeht,wie man das von ihm erwarten kann. Dies sind für den hier in Frage [X.] naheliegende Maßnahmen.5. Es kann dahinstehen, ob die Verwendung von Heparin mit den Merk-malen des Streitpatents im Prioritätszeitpunkt neu war. Sie war dem oben be-zeichneten [X.] durch den Stand der Technik [X.] und beruhte deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ([X.] auch der Beklagte nicht in Abrede nimmt, waren mit Heparin be-schichtete Kunststoff-Implantate als solche im Prioritätszeitpunkt im Stand derTechnik bekannt. Die vorveröffentlichte US-Patentschrift 4 240 163 lehrt in ih-rem Hauptanspruch allgemein eine mit einem sulfatisierten Polysa[X.]harid undin ihrem ein Ausführungsbeispiel betreffenden Anspruch 3 eine speziell [X.] beschichtete Linse, mit deren Verwendung einer Reihe nachteiligerFolgen nach der Implantation begegnet werden sollen. Als eine der nachteili-gen Folgen einer solchen Implantation wird neben anderen insbesondere [X.] späterer sekundärer [X.] bezeichnet (Übersetzung S. 2); [X.] der weiteren Beschreibung bildet gerade die Verwendung von mit He-parin beschichteten Linsen einen wesentlichen Anwendungsbereich für [X.] nach der Entgegenhaltung. Dieser Stoff und seine Eigenschaften werden- 14 -umfangreich auf den Seiten 3, 4 und 5 der Beschreibung in der dem [X.] [X.] Übersetzung behandelt.Die Lehre nach dieser Entgegenhaltung differenziert - wie die [X.] - nicht nach der Art der Beschichtung. Nach dem Wortlaut [X.] und der Beschreibung (S. 4 übergehend 5 der [X.]Übersetzung) wird ausdrücklich vielmehr jede geeignete Art der Beschichtungbeansprucht. Dazu gehörten, wie sich aus der ebenfalls vorveröffentlichtenUS-Patentschrift 3 453 194 ergibt, im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents auchverschiedene physikalische und chemische Verfahren zur Fixierung des [X.]. Dieser Schrift konnte der Fachmann die Verwendung von [X.] entnehmen, bei denen das Heparin auf das Silikon aufgepfropft ist.Darüber hinaus gehörten zu diesem Zeitpunkt weitere Verfahren zur - dauer-haften - Beschichtung von Kunststoffkörpern mit biologisch aktiven Molekülenwie Heparin zum Stand der Technik, aus dem sich der Fachmann zur Herstel-lung von Beschichtungen nach der US-Patentschrift 4 240 163 bedienenkonnte. Diese ergaben sich etwa aus der [X.] [X.] 863, die ihn unter anderem über die Herstellung biokompatibler Oberflä-chen und damit dauerhafter Beschichtungen belehrte und dabei ausweislichdes Patentanspruchs 6 unter anderem auch die Beschichtung mit Heparin be-trifft. In Ihrem Anspruch 1 hat diese Schrift eine nähere Ausgestaltung des auchin der US-Patentschrift 3 453 194 angesprochenen [X.] zum Gegen-stand; die weiteren Ansprüche betreffen weitere und andere Ausgestaltungender hierbei benutzten chemischen Reaktionen oder schließen physikalisch wir-kende Maßnahmen ein. Auch diese werden von den mit der Klage [X.] Patentansprüchen des Streitpatents erfaßt, die insoweit - abgesehen vonden in den Merkmalsgruppen 3b und 3c ausdrücklich ausgeschlossenen Me-- 15 -thoden - eine Einschränkung nicht vorsehen und daher jede sonstige Form [X.] einschließen.Um von diesem Stand der Technik zur Lehre des Streitpatents zu gelan-gen, bedurfte es keiner erfinderischen Tätigkeit. Neben Kunststoff-Implantatenmit einer Beschichtung unter anderem aus Heparin war am [X.] [X.] auch deren Verwendung unter anderem als Brustimplantat [X.]. Auf eine solche Verwendung wurde der Fachmann etwa durch die US-Patentschrift 3 453 194 hingewiesen, in deren Beschreibung [X.] Ergebnis der offenbarten Beschichtungsverfahren ausdrücklich angespro-chen und als mit dem [X.] beansprucht bezeichnet werden ([X.] unten). Daß diese Prothesen Implantate im Sinne des [X.], ergibt sich für den Fachmann neben der sprachlichen Bedeutung aus ih-rem Zweck. Prothesen dieser Art werden nach seiner Erfahrung vor allem [X.] nach [X.]en oder zur Verbesserung des Aussehens benötigt;die für diese Fälle benötigte Prothese ist das vom Streitpatent vorausgesetzte,in aller Regel aus Kunststoff hergestellte Implantat.Ohne Erfolg verweist der Beklagte demgegenüber darauf, daß dieseSchrift eine andere medizinische Verwendung betreffe als das Streitpatent un[X.]essen Lehre daher weder vorwegnehmen noch nahelegen könne. [X.] wird in der Entgegenhaltung die Einbringung eines Implantats [X.], wobei die Beschichtung der Vermeidung von Nebenfolgen die-ser Einbringung dient. Im einzelnen befaßt sich die Beschreibung dabei mitverschiedenen, im einzelnen angeführten Sonderfällen solcher Nebenwirkun-gen. Zu diesen gehört, wie dem Fachmann etwa aus der US-Patentschrift [X.] bekannt ist, auch die Entstehung von [X.] im das Implantat um-gebenden Gewebe. Auf diese Folge der Einbringung von Implantaten in den- 16 -menschlichen Körper wird er in der Schrift sowohl in der einleitenden Erörte-rung der zugrundeliegenden technischen Problemstellung als auch bei [X.] der Lösung dieses Problems hingewiesen; zugleich wird ihm offen-bart, daß ein Mittel zur Verhinderung dieser nachteiligen Wirkungen die Be-schichtung des Implantats mit Heparin bildet. Zwar liegt dem, worauf der ge-richtliche Sachverständige überzeugend hingewiesen hat, nicht eine mit [X.] in jeder Hinsicht identische Problemstellung zugrunde. [X.] befaßt sich mit der Implantation von Linsen ins Auge; die vonihr angesprochenen [X.] sind in erster Linie schon die [X.], die sich auch ohne einen überschießenden Effekt allein infolgeihrer Einbringung ergeben können. Schließlich stellen sich bei derartigen [X.]n in der Regel nicht die gleichen Probleme wie bei [X.]; dieeingesetzten Linsen sind hart und sind daher einer Verformung nur in einge-schränktem Umfang zugänglich. Der gerichtliche Sachverständige hat daraufhingewiesen, daß bei ihnen in erster Linie die Gefahr besteht, daß das [X.] infolge der Veränderung des umgebenden Gewebes aus seiner idealenLage verschoben wird und dann seinen Zweck, die Linse im menschlichen Au-ge zu ersetzen oder zu unterstützen, nicht mehr in der gedachten Weise erfül-len kann. Das mag einer Vorwegnahme der Lehre des Streitpatents durch [X.] entgegenstehen. Der Hinweis, daß eine Beschichtung mit Heparinder als nachteilig empfundenen Fibrose im Gefolge der Einbringung einesKunststoff-Implantats in den Körper entgegenwirken kann, gibt dem [X.] hinreichenden Anlaß zu prüfen, ob sich dieser Gedanke auch bei ande-ren Formen derartiger Implantate heranziehen läßt. Die Lehre des Streitpatentsbefaßt sich zwar in erster Linie mit Brustimplantaten, ist auf diese jedoch nichtbeschränkt. Sie bezieht sich auf jede Form derartiger Prothesen und schließtdamit auch feste Implantate wie die Augenlinse der Entgegenhaltung [X.] -Von einer Heranziehung der vom Stand der Technik ausgehenden An-regungen zur Lösung des dem Streitpatent zugrundeliegenden Problems wir[X.]er Fachmann auch nicht deshalb abgehalten, weil Brustimplantate in der [X.] im Rahmen einer fortlaufenden [X.] und damit in eine zumindest nochteilweise offene Wunde eingesetzt werden. Zwar ist ihm aufgrund seines [X.] Fachwissens bekannt, daß Heparin aufgrund seiner antikoagulativenWirkung die Blutgerinnung hemmt und daher zu einem längeren Andauern [X.] in der [X.]swunde beitragen kann. Der gerichtliche Sachver-ständige hat im Ansatz zutreffend darauf hingewiesen, daß diese Wirkung ausder Sicht des Fachmanns an sich auch den Verzicht auf die Verwendung [X.] beschichteter Körperersatzteile nahelegt. Er hat jedoch zugleich aus-geführt, daß eine das normale Einwachsen des Implantats in das Gewebeübersteigende Kapselfibrose in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen auf-trete. Dabei schließe das Bindegewebe das Implantat so ein, daß optisch stö-rende, das Ergebnis der in erster Linie kosmetischen Zwecken dienenden Ope-ration in ihr Gegenteil verkehrende und mit beträchtlichen Schmerzen verbun-dene Verformungen des Implantats aufträten. Die Ursachen hierfür seien [X.]. Das bot auch aus seiner Sicht dem Fachmann hinreichenden Anlaß,trotz der bekannten weiteren Nebenwirkungen die Verwendung des als zur [X.] schon der üblichen Verwachsungen geeignet bekannten [X.]auch in diesem Zusammenhang zu erproben. Das gilt um so mehr, als es nachden überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ohne-hin zu der von einem Operateur zu erwartenden Sorgfalt gehört, die Blutung inden durch den Eingriff erzeugten Öffnungen des Körpers in [X.] zu stillen, so daß vor dem am Schluß der [X.] stehenden Ein-bringens des Implantats von einem weitgehend beendeten Blutfluß ausgegan-gen werden konnte. Nur dieses legt im übrigen auch die Lehre des [X.] aus der Sicht des Fachmanns zugrunde, wie der gerichtliche [X.] -ständige mit seinem Hinweis, daß der [X.] unter [X.] Sinne des Streitpatents nicht eine vollständige, sondern lediglich die nachden Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu erreichende weitgehende Stillungder Blutungen verstehe, zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat. Dies inKauf zu nehmen legt ihm zudem der ausdrückliche Hinweis in derUS-Patentschrift 3 453 194 nahe, die in dieser Schrift unter anderem erwähnte[X.] auch bei Brustimplantaten einzusetzen.I[X.] Die weiteren Schutzansprüche des Streitpatents weisen in dem ange-griffenen Umfang einen eigenständigen erfinderischen Gehalt nicht auf. [X.] geht auch der Beklagte aus, der in ihnen lediglich weitere Ausgestaltungender von ihm als erfinderisch bewerteten Verwendung von Heparin zur [X.] der nach der Einbringung von Implantaten drohenden überschie-ßenden Kapselfibrose sieht. Diesen Ansprüchen fehlt daher in dem [X.] Umfang aus dem gleichen Grund wie Anspruch 1 die Patentfähigkeit; [X.] hat das [X.] daher in diesem Umfang zu Recht für nichtigerklärt.- 19 -II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf dem nach der Übergangsrege-lung in Art. 29 des 2. Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes und andererGesetze ([X.]) übergangsweise weiterhin anwendbaren § 110 Abs. 7PatG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 in Verbin-dung mit den §§ 97, 92 ZPO.[X.]Melullis [X.] [X.]Meier-Beck

Meta

X ZR 33/97

26.09.2000

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2000, Az. X ZR 33/97 (REWIS RS 2000, 1069)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1069

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