Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.05.2011, Az. 4 ABR 82/09

4. Senat | REWIS RS 2011, 6503

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Gegenstand

Eingruppierung von Kassierern in einem Einrichtungshaus nach dem Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Baden-Württemberg - Begriff des Verbrauchermarktes


Tenor

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] - [X.] - vom 12. März 2009 - 16 [X.] aufgehoben.

II. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 8. April 2008 - 8 BV 27/07 - abgeändert:

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung

1. des Herrn S C in die [X.], 1. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

2. der Frau Y K in die [X.], 2. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

3. des Herrn Se C in die [X.], 5. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

4. des [X.] in die [X.], 1. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

5. der Frau [X.] in die [X.], 1. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

wird ersetzt.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des bei der Arbeitgeberin (Antragstellerin) bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 2) zur Eingruppierung von Arbeitnehmern in die Vergütungsordnung nach dem Tarifvertrag über die Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialleistungen für die Arbeitnehmer/-innen und Auszubildenden des Einzelhandels in [X.] (vom 22. März 2006, nachfolgend [X.]).

2

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Einrichtungshäuser, darunter die Niederlassung in [X.], in der etwa 400 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dieser Betrieb verfügt über eine Verkaufsfläche von über 10.000 m². Es werden neben Möbeln Hausrat, Kunstgewerbe, Heimtextilien, Bettwaren, Beleuchtungskörper, Teppiche, Pflanzen und Tierbedarfsartikel verkauft. Die Arbeitgeberin erzielt [X.] ihres Gesamtumsatzes mit dem Verkauf von Möbeln und [X.] aus den weiteren genannten Verkaufsbereichen. In geringem Umfang werden im Kassenbereich auf einer Verkaufsfläche von 10 m² Lebensmittel und je nach Saison bestimmte Genussmittel angeboten, wobei dieser [X.]arenbereich mit [X.] am Gesamtumsatz beteiligt ist und an separaten Kassen abgerechnet wird. Im gesamten Markt gibt es mit Ausnahme des Restaurants und des sog. Schweden-Shops keine Kassen in den einzelnen Fachabteilungen, sondern nur [X.] im Ausgangsbereich.

3

Die Arbeitgeberin beantragte bei dem zuständigen Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung und zur Eingruppierung von mehreren Arbeitnehmern in die [X.], auf deren Arbeitsverhältnis nach der vertraglichen Abrede die einschlägigen Tarifverträge für den Einzelhandel Anwendung finden. Die Arbeitnehmer werden an den [X.] im Ausgangsbereich eingesetzt. Sie scannen dort mittels eines Handscanners die auf den Verpackungen der Verkaufsgegenstände befindlichen Strichcodes ein und erhalten vom Kunden den von den Kassenautomaten errechneten Endbetrag. Eventuelle [X.]echselgeldbeträge werden auch von den Kassenautomaten nach Eingabe des vom Kunden übergebenen [X.] ermittelt.

4

Der Betriebsrat erteilte die Zustimmung zur Einstellung, verweigerte sie aber zur Eingruppierung, weil er die [X.] für zutreffend hielt. Bei dem Einrichtungshaus handele es sich um einen Verbrauchermarkt, weshalb das Tätigkeitsbeispiel der [X.] „z.B. … an Verbrauchermarkt- und sonstigen [X.]“ einschlägig sei.

5

Mit ihrem Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung zu der von ihr für zutreffend befundenen Eingruppierung. Die Arbeitnehmer übten Tätigkeiten nach dem Beispiel der [X.] - „[X.] mit einfacher Tätigkeit, auch an [X.]“ aus. Bei dem Betrieb handele es sich nicht um einen Verbrauchermarkt. Der Begriff des [X.] habe seinen Ursprung in der Tätigkeit des „[X.]“ von Produkten. Im Einzelhandel könnten dies nur Nahrungs- und Genussmittel oder andere [X.]aren des kurz- und mittelfristigen Bedarfs sein. Solche [X.]aren würden nicht oder nur in geringer Menge angeboten. Zudem erfolge dies nur im Restaurant und in dem „Schweden-Shop“. Im Übrigen würden fast ausschließlich [X.]aren des mittel- und langfristigen Bedarfs verkauft. Im Einrichtungshaus befänden sich in den einzelnen Abteilungen Verkäufer, die Kunden informieren und beraten könnten. An den Kassen werde nur der - einfache - Kassiervorgang durchgeführt. Anderenfalls wäre jeder Einzelhandelsbetrieb ein Verbrauchermarkt. Die Kassiererinnen übten keine selbständigen Tätigkeiten im Rahmen allgemeiner Anweisungen aus und seien auch nicht mit der Reklamationsbearbeitung betraut.

6

Die Arbeitgeberin hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung

        

1.    

des [X.] in die Tarifgruppe II, 1. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

        

2.    

der Frau Y K in die Tarifgruppe II, 2. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

        

3.    

des [X.] in die Tarifgruppe II, 5. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

        

4.    

des Herrn J R in die Tarifgruppe II, 1. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

        

5.    

der Frau R O in die Tarifgruppe II, 1. Berufs-/Tätigkeitsjahr [X.],

        

wird ersetzt.

7

Der Betriebsrat hat die Abweisung der Anträge beantragt. Bei dem Betrieb handele es sich um einen Verbrauchermarkt. Dies folge aus dem angebotenen [X.]arensortiment, zu dem, wenn auch in geringem Umfang, Lebensmittel gehörten. Auch bei Pflanzen oder Blumentöpfen, Körben, Kerzen, Vasen, Glühbirnen handele es sich um [X.]aren für den kurzfristigen, bei Heimtextilien, Badutensilien, Lampen, Töpfen und Küchengeräten um solche des mittelfristigen Bedarfs. Die Kassierer müssten Produktkenntnisse haben. Sie müssten mit verschiedenen Vorgängen vertraut sein, insbesondere mit den Bestellungen für auf Lager befindliche Möbel, die nicht vom Kunden in der [X.] geholt werden könnten, sondern mittels eines Bestellformulars und des Kassenzettels dann vom Lager im Einrichtungshaus abgeholt werden müssten.

8

Das Arbeitsgericht hat den Zustimmungsersetzungsantrag zurückgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr Zustimmungsersetzungsbegehren weiter. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Zustimmungsersetzungsantrag rechtsfehlerhaft abgewiesen.

Der Antrag der Arbeitgeberin ist begründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen eines Verstoßes gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag zu Unrecht verweigert. Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Einreihung entspricht den tariflichen Vorgaben. Die Arbeitnehmer üben keine Tätigkeit an einer Kasse in einem „Verbrauchermarkt“ aus und sind deshalb nach der [X.] II [X.] zu vergüten.

I. Die Einreihung der Arbeitnehmer richtet sich aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme nach den Tarifverträgen des Einzelhandels in [X.].

II. Maßgebend für die Einreihung der betroffenen Arbeitnehmer sind der Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels [X.] (vom 13. Januar 1994 in der Fassung vom 22. März 2006, nachfolgend [X.]) und der [X.]. Der [X.] bestimmt hierzu:

        

„§ 11 Einreihung der Arbeitnehmer/innen in Beschäftigungsgruppen und [X.]

        

1.    

Die Angestellten werden in Beschäftigungsgruppen, die gewerblichen Arbeitnehmer/innen in [X.] eingereiht, die Bestandteile des Gehalts- und Lohntarifvertrages sind.

        

2.    

Für die Einreihung des/der Angestellten in eine Beschäftigungsgruppe ist ausschließlich die Art seiner/ihrer Tätigkeit entscheidend. Maßgeblich sind die jeder Gruppe vorangestellten Tätigkeitsmerkmale.

        

Die bei den Beschäftigungsgruppen aufgeführten Beispiele sind weder erschöpfend, noch für jeden Betrieb zutreffend.“

Der [X.] enthält ua. folgende [X.]:

        

„Gruppe II

        

Tätigkeitsmerkmale

        

Einfache kaufmännische Tätigkeiten, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zutreffen.

        

Beispiele:

        

Verkäufer und Verkäuferinnen, [X.] mit einfacher Tätigkeit, auch an [X.], Angestellte am Packtisch mit Kontrolltätigkeit.

        

…       

        

Gruppe III

        

Tätigkeitsmerkmale

        

Tätigkeiten, die selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt werden.

        

Beispiele:

        

Erste Verkäufer/-innen ([X.]), Sortimentskontrollen, [X.] mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Etagen-, Bereichs-, Regional- und Sammelkassen sowie an Verbrauchermarkt- und sonstigen [X.].

        

Kassenaufsichten.

        

…“    

Nach § 11 Nr. 2 Satz 1 und Nr. 6 [X.] richtet sich die Einreihung der Arbeitnehmer in die [X.] nach der von ihnen überwiegend ausgeübten Tätigkeit.

III. Bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer handelt es sich um eine solche iSd. [X.] „[X.] mit einfacher Tätigkeit, auch an [X.]“ iSd. [X.]. Die überwiegend ausgeübte Tätigkeit der Arbeitnehmer erfüllt weder das Tätigkeitsbeispiel „[X.] an [X.]“ noch den allgemeinen Oberbegriff des Tätigkeitsmerkmals der [X.].

1. Den in den [X.] jeweils ausdrücklich genannten Tätigkeitsbeispielen kommt dabei gegenüber den allgemeinen Oberbegriffen der Tätigkeitsmerkmale eigenständige Bedeutung zu. Das hat der Senat für den hier maßgebenden Tarifvertrag bereits ausführlich begründet (23. September 2009 - 4 [X.] - Rn. 20 ff. [X.], [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95).

2. Die Voraussetzungen für eine Zuordnung zur [X.] III [X.] liegen danach nicht vor.

a) Die Arbeitnehmer üben keine Tätigkeit iSd. [X.] „[X.] an [X.]“ aus.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] wollen die Tarifvertragsparteien des Einzelhandels den Begriff des [X.] mangels eigener Definition so anwenden, wie er üblicherweise im Handelsverkehr und [X.]irtschaftsleben verstanden wird und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise und dem Handelsbrauch (§ 346 HGB) entspricht (vgl. ausf. 8. Februar 1984 - 4 [X.] - [X.] 45, 121, 129 f.; 8. Februar 1984 - 4 [X.] -; - 4 [X.] -; 9. Dezember 1987 - 4 [X.] -; 15. November 2001 - 8 [X.] -; 17. April 2003 - 8 [X.] -; zum branchenspezifischen Verständnis eines Tarifbegriffs vgl. nur 21. August 2002 - 4 [X.] - [X.] 102, 282, 289 ff.; 18. November 2004 - 8 AZR 540/03 - [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 88 zum Begriff des „[X.]arenhauses“). Da sich zum Zeitpunkt der Entscheidungen des Senats vom 8. Februar 1984 (- 4 [X.] - aaO; - 4 [X.] -; - 4 [X.] -) und vom 9. Dezember 1987 (- 4 [X.] -) übereinstimmende Vorstellungen vom Begriff des [X.] in den einschlägigen Fachkreisen (noch) nicht feststellen ließen, hat der Senat seinerzeit zur weiteren Konkretisierung auf die überwiegende Meinung in den einschlägigen Fachkreisen, soweit sie im Fachschrifttum festzustellen war, zurückgegriffen. Danach ist unter einem Verbrauchermarkt ein Ladengeschäft des Einzelhandels zu verstehen, das eine Verkaufsfläche von mindestens 1.000 m² aufweist, sowohl Nahrungs- und Genussmittel als auch andere [X.]aren des kurz- und mittelfristigen Bedarfs („Non-Food-Bereich“) anbietet, vorwiegend als Selbstbedienungsladen geführt wird und verkehrsgünstig mit guter Parkmöglichkeit gelegen ist, zB in Stadtrandlage (vgl. nur [X.] 8. Februar 1984 - 4 [X.] - [X.] 45, 121, 131; 9. Dezember 1987 - 4 [X.] -).

bb) An dieser Auslegung hält der Senat im [X.] an seine Entscheidung vom 23. September 2009 fest und verweist zur Begründung auf dieses Urteil (- 4 [X.] - Rn. 23 ff. [X.], [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95).

cc) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist das Einrichtungshaus der Arbeitgeberin kein Verbrauchermarkt iSd. Tarifvertrages.

(1) Das [X.] hat angenommen, ein Verbrauchermarkt zeichne sich insbesondere durch seine Größe und die Vielfalt des Sortiments aus, während es auf die Anteile und die Qualität der auf die einzelnen Bereiche entfallenden [X.]aren für die Eingruppierung der Kassierer nicht entscheidend ankomme.

(2) Damit hat es den Begriff des [X.] im Sinne des Tarifvertrages verkannt. Das Tätigkeitsbeispiel enthält mit der an der Definition des [X.] in den genannten Entscheidungen orientierten, mehrfach bestätigten Voraussetzung, es müsse sich um einen Verbrauchermarkt handeln, ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal. Es geht dabei tariflich nicht um einen Typus einer bestimmten Form von Verkaufsstätte, die verschiedene Merkmale aufweist, von denen auch ein Verbrauchermarkt geprägt sein kann, sondern um die Merkmale eines [X.], die sämtlich vorliegen müssen. Die Erfüllung des [X.] ist für die entsprechende Eingruppierung ohne Rückgriff auf die allgemeinen Oberbegriffe ausreichend, aber auch erforderlich (ausf. [X.] 23. September 2009 - 4 [X.] - Rn. 30 f. [X.], [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95).

Insofern hat auch das [X.] festgestellt, der Betrieb der Arbeitgeberin erfülle nicht alle Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des [X.] an einen Verbrauchermarkt gestellt werden. Der Nahrungs- und Genussmittelbereich ist verschwindend gering. Auch der Großteil der sonstigen Güter ist für den mittel- und langfristigen Verbrauch bestimmt. Nach dem für die Auslegung des [X.] maßgeblichen Verständnis sowohl der einschlägigen Fachkreise als auch der Rechtsprechung des [X.] zeichnet sich ein Verbrauchermarkt jedoch gerade dadurch aus, dass ein breites Sortiment vorhanden ist, welches sowohl Nahrungs- und Genussmittel als auch sonstige [X.]aren aus dem sog. Non-Food-Bereich umfasst, die für eine Selbstbedienung geeignet sind und rasch umgeschlagen werden können. Dies bedeutet, dass beide [X.]arenbereiche in einem nicht unerheblichen Umfang vorhanden sein müssen. Dies ist bei der Arbeitgeberin jedoch selbst nach den Feststellungen des [X.]s nicht der Fall. Zudem handelt es sich bei den [X.]aren aus dem Randsortiment nicht um Ge- und Verbrauchsgüter des kurz- und mittelfristigen Bedarfs. Das Randsortiment umfasst Haushaltswaren, Bilder, Kunstgegenstände, Heimtextilien, Bettwaren, Beleuchtungskörper, Teppiche und Fußböden. Bei diesen Gegenständen handelt es sich jedoch um Konsumgüter, die entweder dem dauerhaften oder zumindest dem mittel- bis längerfristigen Gebrauch dienen (so schon [X.] 23. September 2009 - 4 [X.] - Rn. 31 [X.], [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95); hiervon geht auch das [X.] aus.

dd) Ein anderes kann entgegen der Auffassung des [X.]s auch nicht aus der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (vom 26. November 2001 BGBl. I S. 3138) zum 1. Januar 2002 in § 13 BGB aufgenommenen Definition des „Verbrauchers“ gefolgert werden. Dass sich die Tarifvertragsparteien bei unverändertem [X.] nunmehr an der Bedeutung des Verbraucherbegriffs im Bürgerlichen Gesetzbuch und nicht mehr an der Auffassung der beteiligten Fachkreise orientieren wollen, ist weder ersichtlich noch nachvollziehbar. Denn der Begriff des „Verbrauchers“ iSd. § 13 BGB bezeichnet nur einen rechtstechnischen Oberbegriff. Es wird schon kein konsumtiver Zweck verlangt. Mit der Definition des Verbrauchers hat sich der Gesetzgeber von dem allgemeinen Sprachgebrauch gelöst und eine eigenständige umfassende Begriffsbestimmung gewählt. Deren Sinn ergibt sich jeweils aus dem Zusammenhang der Normen, die auf die Eigenschaft als Verbrauchers abstellen ([X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - Rn. 42, [X.] 115, 19).

ee) Soweit der Betriebsrat auf die besonderen Belastungen der Arbeitnehmer an den Kassen verweist, sind diese von den Tarifvertragsparteien nicht für die Unterscheidung der hier im Streit stehenden [X.] berücksichtigt worden. An diese von den Tarifvertragsparteien selbst geschaffenen inhaltlichen Vorgaben ist der Senat gebunden.

b) Die Arbeitnehmer erfüllen auch nicht die allgemeinen Anforderungen aus dem Oberbegriff der [X.].

Das [X.] hat nach seiner Auffassung konsequenterweise nicht geprüft, ob die Tätigkeiten ohne Abstellen auf die Tätigkeitsbeispiele möglicherweise das im Oberbegriff bestimmte allgemeine Tätigkeitsmerkmal der [X.] erfüllen. Gleichwohl kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Denn nach dem Vortrag der Beteiligten sind die Arbeitnehmer nicht überwiegend (§ 11 Nr. 6 [X.]) mit Tätigkeiten befasst, die das Erfordernis der Selbständigkeit im Tarifsinne erfüllen.

aa) Die Tarifvertragsparteien haben nicht näher erläutert, was sie unter dem Begriff „selbständig“ verstehen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag ist deshalb vom allgemeinen, abstrakten Begriff der Selbständigkeit auszugehen. Danach verlangt Selbständigkeit eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden [X.]eg und das zu findende Ergebnis und damit zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereichs, ohne dass dadurch die fachliche Anleitung oder die Abhängigkeit von [X.]eisungen Vorgesetzter ausgeschlossen wird ([X.] 23. September 2009 - 4 [X.] - Rn. 41 [X.], [X.] § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 95).

bb) Bei Anwendung dieser Maßstäbe üben die Arbeitnehmer nicht überwiegend Tätigkeiten selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen aus. [X.]eder beim Vorgang der [X.]arenerfassung noch beim eigentlichen Zahlungsvorgang sind nach dem Vortrag der Beteiligten die Arbeitnehmer befugt, eigene Entscheidungen über den [X.]eg oder das Ergebnis der von ihnen zu erbringenden Leistungen zu treffen. Deren Tätigkeit besteht im Einscannen der [X.]aren, dem Eintippen von Buchungsnummern oder Preisen und Kassieren - in bar oder per Karte - beim Kunden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Arbeitnehmer Produktkenntnisse haben oder mit Bestellungen für im Lager befindliche Möbel vertraut sein müssten. Dem pauschalen Vorbringen des Betriebsrats ist bereits nicht zu entnehmen, welche über die Tätigkeit des Scannens und Kassierens hinausgehende Produktkenntnisse aufgrund welcher Umstände - auch in Anbetracht der im Betrieb der Arbeitgeberin tätigen Verkäufer - dies sein könnten.

IV. Gegen die Richtigkeit der angegebenen [X.] hat der Betriebsrat weder im Zustimmungsverfahren noch im Beschlussverfahren Einwände erhoben.

        

    Bepler    

        

    [X.]inter    

        

    Treber    

        

        

        

    Pieper    

        

    Plautz    

                 

Meta

4 ABR 82/09

18.05.2011

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Mannheim, 8. April 2008, Az: 8 BV 27/07, Beschluss

§ 1 TVG, § 99 Abs 2 Nr 1 BetrVG, § 99 Abs 4 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18.05.2011, Az. 4 ABR 82/09 (REWIS RS 2011, 6503)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6503

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

6 Sa 51/21

4 TaBV 78/17

3 TaBV 7/18

6 TaBV 80/17

7 Sa 661/21

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