Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.11.2010, Az. 1 C 20/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 1376

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Gegenstand

Aufenthaltserlaubnis; Ehegattenachzug; Sicherung des Lebensunterhalts für Kernfamilie; Ausnahmefall; Sozialhilfebezug kein Ausweisungsgrund; Bemessung des Unterhaltsbedarfs


Leitsatz

1. Beim Ehegattennachzug nach § 30 AufenthG (juris: AufenthG 2004) ist die Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG) nicht schon dann erfüllt, wenn der nachziehende Ehegatte mit seinem Erwerbseinkommen seinen eigenen Bedarf decken könnte, er für seinen Ehepartner und seine Kinder aber auf Leistungen nach dem Zweiten Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB II ) angewiesen ist. In solchen Fällen bleibt jedoch zu prüfen, ob nicht besondere Umstände die Annahme eines Ausnahmefalles rechtfertigen.

2. Der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG erfasst nicht den Bezug von Leistungen nach dem SGB II.

3. Im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie (Richtlinie 2003/86/EG ) darf bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG der Freibetrag für Erwerbstätigkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II nicht zu Lasten des nachzugswilligen Ausländers angerechnet werden. Bei den in § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II pauschaliert erfassten Werbungskosten hat der Ausländer die Möglichkeit, geringere Aufwendungen als die gesetzlich veranschlagten 100 € nachzuweisen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein 1963 geborener [X.] Staatsangehöriger, erstrebt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte nach § 30 Abs. 1 [X.].

2

Der Kläger lebte nach eigenen Angaben von 1985 bis 1991 mit seiner jetzigen Ehefrau, einer [X.] Staatsangehörigen, in einer religiösen Ehe in der [X.]. Aus dieser Beziehung stammen die Kinder M., geboren 1986, B., geboren 1987, und [X.], geboren 1993.

3

Im April 1991 heiratete der Kläger in der [X.] eine [X.] Staatsangehörige. Nach seiner Einreise nach [X.] erhielt er im Juli 1991 eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Diese wurde aufgrund der Angaben der Eheleute, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nach wie vor bestünde, im September 1994 um weitere drei Jahre verlängert. Diese Angaben waren falsch und führten zu einer Verurteilung des [X.] nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Tatsächlich lebte der Kläger nach den Feststellungen des Strafgerichts nicht mit seiner Ehefrau, sondern mit der Mutter seiner Kinder zusammen, die im Frühjahr 1994 nach [X.] eingereist war, nachdem sie im Oktober 1993 ihrerseits einen [X.]n Staatsangehörigen geheiratet hatte.

4

Der [X.] wies den Kläger daraufhin mit Bescheid vom Juni 1998 aus der Bundesrepublik [X.] aus und lehnte die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel blieben ohne Erfolg. Im Oktober 1999 wurde der Kläger in die [X.] abgeschoben.

5

Der Kläger ließ sich nunmehr von seiner [X.]n Ehefrau scheiden und heiratete im Mai 2002 die Mutter seiner Kinder, die sich bereits im Juli 2000 von ihrem [X.]n Ehemann hatte scheiden lassen. Danach beantragte er ein Visum zur Familienzusammenführung zu seiner weiterhin in [X.] lebenden Ehefrau und den gemeinsamen drei Kindern. Die Ehefrau ist im Besitz eines als Niederlassungserlaubnis fortgeltenden Aufenthaltstitels. Im Februar 2005 befristete der [X.] die Wirkungen der Ausweisung auf den [X.]. Im Dezember 2005 wurde dem Kläger ein Visum zur Familienzusammenführung erteilt, mit dem er nach [X.] einreiste. Der [X.] sah zu jenem [X.]punkt den Unterhalt des [X.] und seiner Familie als (knapp) gesichert an.

6

Mit Bescheid vom 20. Juni 2006 erteilte der [X.] dem Kläger eine bis zum 19. Juni 2007 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 29 i.V.m. § 30 Abs. 1 [X.]. Die Aufenthaltserlaubnis war mit folgender Nebenbestimmung versehen: "Erwerbstätigkeit gestattet. Erlischt mit dem Bezug von Leistungen nach dem [X.] oder XII."

7

Das Jobcenter [X.] in [X.] bewilligte der Ehefrau des [X.] mit Bescheid vom 17. Oktober 2006 für September 2006 Leistungen nach dem [X.] ([X.]) für sich und ihre Familie in einer Gesamthöhe von 412,56 €, wovon auf den Kläger ein persönlicher Anteil von 76,64 € monatlich entfiel. Auch in der Folgezeit bezog die Familie weiterhin Leistungen nach dem [X.], die Einkünfte des [X.] überstiegen im Verlauf der [X.] aber den Betrag, der zur Deckung seines persönlichen Bedarfs - ohne Berücksichtigung seiner Familienangehörigen - erforderlich gewesen wäre.

8

Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 lehnte der [X.] den Antrag des [X.] auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis ab und drohte ihm die Abschiebung an. Zur Begründung bezog er sich auf den Eintritt der auflösenden Bedingung, die der Aufenthaltserlaubnis beigefügt war, weil der Bedarfsgemeinschaft des [X.] ab September 2006 Leistungen nach dem [X.] bewilligt worden seien. Wegen fehlender Sicherung des Lebensunterhalts sei auch die Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 [X.] abzulehnen.

9

Die hiergegen gerichtete Klage blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 27. August 2009 ([X.] 2009, 448) die erstinstanzliche Entscheidung geändert und den [X.]n verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zwar könne der Kläger die begehrte Aufenthaltserlaubnis nicht unter den erleichterten Voraussetzungen einer Verlängerung nach § 30 Abs. 3 [X.] beanspruchen, weil mit dem Bezug von Leistungen nach dem [X.] die zuvor erteilte Aufenthaltserlaubnis erloschen sei. Er habe aber einen Anspruch auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 [X.]. Sinn und Zweck der Erteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung stünden der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen, wenn durch sie keine zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte eintrete. Deshalb dürfe die Aufenthaltserlaubnis einem Ausländer wie dem Kläger nicht versagt werden, der für seinen eigenen Unterhaltsbedarf ein ausreichendes Einkommen erziele, aber mit seiner Familie eine Bedarfsgemeinschaft bilde, die ihrerseits über kein hinreichendes Einkommen verfüge. Dies gelte jedenfalls dann, wenn - wie hier - die bedürftigen Familienmitglieder eigenständige, nicht vom Kläger abgeleitete Aufenthaltsrechte besäßen, deren Beendigung nicht anstehe. Eine Belastung der öffentlichen Haushalte trete dann durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht ein, ein etwa vorhandener Einkommensüberschuss des [X.] käme zudem der Bedarfsgemeinschaft zugute und führe zu einer Entlastung der öffentlichen Hand. Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an den Kläger stünden auch keine Versagungsgründe entgegen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision begründet der [X.] im Wesentlichen wie folgt: Die Sicherung des Lebensunterhalts sei danach zu beurteilen, ob der Bedarf der Familie gedeckt sei, mit der der Ausländer in häuslicher Gemeinschaft lebe. Dies ergebe sich aus dem Sozialrecht, auf das das Ausländerrecht hinsichtlich der Unterhaltssicherung verweise. Im Übrigen sei es eine legitime Folge der Versagung der Aufenthaltserlaubnis an den Kläger, dass Druck auf die Familie zur nachhaltigen Erzielung von Einkünften ausgeübt werde. Denn dem Ziel der Schonung der öffentlichen Haushalte widerspreche die weitere Aufenthaltsverfestigung einer Familie, die Sozialleistungen in Anspruch nehme.

Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Der Vertreter des [X.] beim [X.] hat sich an dem Verfahren beteiligt und sich im Wesentlichen der Argumentation des [X.]n angeschlossen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesre[X.]ht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgeri[X.]ht hat einen Anspru[X.]h des [X.] auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte na[X.]h § 30 Abs. 1 [X.] mit einer Begründung bejaht, die revisionsgeri[X.]htli[X.]her Prüfung ni[X.]ht standhält. Es ist davon ausgegangen, dass der Lebensunterhalt des [X.] im [X.] gesi[X.]hert und damit die [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erfüllt ist, ohne dabei zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass der Kläger für den Lebensunterhalt seiner Ehefrau und seines minderjährigen [X.] auf Leistungen na[X.]h dem [X.] angewiesen ist. Dies ist mit Bundesre[X.]ht ni[X.]ht vereinbar. Mangels ausrei[X.]hender Feststellungen im Berufungsurteil kann der Senat in der Sa[X.]he ni[X.]ht abs[X.]hließend ents[X.]heiden, ob die besonderen Gesamtumstände des Falles eine Ausnahme von der [X.] re[X.]htfertigen. Das Verfahren ist daher an das Oberverwaltungsgeri[X.]ht zur anderweitigen Verhandlung und Ents[X.]heidung zurü[X.]kzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

1. Das Oberverwaltungsgeri[X.]ht hat einen Anspru[X.]h des [X.] auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis vom 20. Juni 2006 na[X.]h § 30 Abs. 3 [X.] zu Re[X.]ht verneint. Dur[X.]h den Eintritt der ihr beigefügten Nebenbestimmung ist diese Erlaubnis im Oktober 2006 erlos[X.]hen, na[X.]hdem der Kläger aufgrund des [X.] vom 17. Oktober 2006 Leistungen na[X.]h dem [X.] bezogen hat.

Der Aufenthaltserlaubnis war als Nebenbestimmung der Satz angefügt: "Erlis[X.]ht mit dem Bezug von Leistungen na[X.]h dem [X.] oder [X.]". Dabei handelt es si[X.]h um eine auflösende Bedingung. Sie soll dazu dienen, dem Bezug von Sozialleistungen vorzubeugen und ein Aufenthaltsre[X.]ht zunä[X.]hst au[X.]h in sol[X.]hen Fällen zu gewähren, in denen si[X.]h die Ausländerbehörde ni[X.]ht si[X.]her ist, ob die Erteilungsvoraussetzung der Si[X.]herung des Lebensunterhalts während der gesamten Laufzeit des Aufenthaltstitels vorliegen wird.

Es kann offenbleiben, ob sol[X.]h eine auflösende Bedingung re[X.]htmäßig ist, da sie - wie das Oberverwaltungsgeri[X.]ht zutreffend ausführt - jedenfalls wirksam war und damit zum Erlös[X.]hen der dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnis geführt hat. Grundsätzli[X.]h darf na[X.]h § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine Aufenthaltserlaubnis mit Bedingungen erteilt werden. Streitig ist aber, ob eine auflösende Bedingung wie die hier verfügte re[X.]htmäßig ist (so [X.], [X.] 2010, § 12 Rn. 5, [X.], in: [X.]/Hund/Maaßen, [X.], § 4 Rn. 50, [X.], in: [X.], Stand Oktober 2009, § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.], [X.]. 2 f., [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2008, § 12 Rn. 5 und OVG Berlin-Brandenburg, Bes[X.]hluss vom 22. August 2007 - OVG 11 S 58.07 - [X.] 2007, 451; a.[X.], [X.] 2008, 292 <294 f.>). Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, da eine derartige auflösende Bedingung jedenfalls ni[X.]ht ni[X.]htig na[X.]h § 44 VwVfG ist. Das Oberverwaltungsgeri[X.]ht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass kein besonders s[X.]hwerwiegender und offensi[X.]htli[X.]her Mangel im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG vorliegt. Für die Wirksamkeit der Nebenbestimmung genügt, dass sie bestandskräftig geworden ist. Das war hier der Fall, da gegen sie innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO kein Re[X.]htsmittel eingelegt wurde.

2. Das Oberverwaltungsgeri[X.]ht hat daher zu Re[X.]ht geprüft, ob dem Kläger ein Anspru[X.]h auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte na[X.]h § 30 Abs. 1 [X.] zusteht.

a) Dabei ist es im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ni[X.]ht am Vorliegen eines [X.]es s[X.]heitert (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 und § 27 Abs. 3 Satz 2 [X.]).

Der Kläger erfüllt ni[X.]ht den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 6 [X.]. Dieser setzt voraus, dass der Ausländer für si[X.]h, seine Familienangehörigen oder für sonstige Haushaltsangehörige Sozialhilfe in Anspru[X.]h nimmt. Der Kläger nimmt zwar für si[X.]h, seine Ehefrau und seinen [X.] Leistungen na[X.]h dem [X.] in Anspru[X.]h. Diese stellen jedo[X.]h keine Sozialhilfeleistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 [X.] dar. Vielmehr erfasst der Ausweisungstatbestand nur die Sozialhilfe im engeren Sinne, insbesondere Leistungen na[X.]h dem [X.], ni[X.]ht aber Leistungen na[X.]h dem [X.] (vgl. [X.], in: [X.], Stand Dezember 2007, § 55 [X.], zu Abs. 2 Nr. 6 [X.]. 1; Dis[X.]her, in: GK-[X.], Stand Juli 2009, § 55 Rn. 964; [X.], [X.], Stand Februar 2009, § 55 [X.] Rn. 69; no[X.]h offengelassen im Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 [X.] 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 23). Dass der Bezug von Leistungen na[X.]h dem [X.] diesen [X.] ni[X.]ht erfüllen soll, ergibt si[X.]h eindeutig aus dem Gesetzgebungsverfahren. Der Bundesrat wollte nämli[X.]h den Begriff "Sozialhilfe" - ebenso wie in anderen Bestimmungen des [X.]es (etwa § 27 Abs. 3 Satz 1 [X.]) - dur[X.]h "Leistungen na[X.]h dem [X.] oder [X.]" ersetzt wissen, um au[X.]h Bezieher von Leistungen na[X.]h dem [X.] in den Ausweisungstatbestand einzubeziehen (vgl. BTDru[X.]ks 16/5527 [X.]). Diesen Änderungsvors[X.]hlag hat die Bundesregierung aber abgelehnt (vgl. BTDru[X.]ks 16/5527 [X.]). Die im Evaluierungsberi[X.]ht zum [X.] vom Juli 2006 erneut empfohlene Einbeziehung von Leistungen na[X.]h dem [X.] in den [X.] (Beri[X.]ht des [X.] zur Evaluierung des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern - Evaluierungsberi[X.]ht -, Juli 2006, [X.]) wurde ebenfalls ni[X.]ht umgesetzt.

b) Das Oberverwaltungsgeri[X.]ht hat aber die Erteilungsvoraussetzung der Si[X.]herung des Lebensunterhalts na[X.]h § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu Unre[X.]ht bejaht. Es hat re[X.]htsfehlerhaft nur auf den eigenen Bedarf des [X.] abgestellt und ni[X.]ht berü[X.]ksi[X.]htigt, dass es na[X.]h der gesetzli[X.]hen Regelung auf die Si[X.]herung des Lebensunterhalts der in einer Bedarfsgemeins[X.]haft zusammen lebenden Kernfamilie - hier: bestehend aus dem Kläger, seiner Ehefrau und dem minderjährigen [X.] - ankommt. Der Lebensunterhalt der Kernfamilie kann im vorliegenden Fall jedo[X.]h ni[X.]ht ohne Inanspru[X.]hnahme von Leistungen na[X.]h dem [X.] bestritten werden.

aa) Na[X.]h § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesi[X.]hert ist. Dies ist na[X.]h § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] der Fall, wenn der Ausländer ihn eins[X.]hließli[X.]h ausrei[X.]henden Krankenversi[X.]herungss[X.]hutzes ohne Inanspru[X.]hnahme öffentli[X.]her Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben die in § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] aufgeführten öffentli[X.]hen Mittel außer Betra[X.]ht. Es bedarf mithin der positiven Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft auf Dauer ohne Inanspru[X.]hnahme anderer öffentli[X.]her Mittel gesi[X.]hert ist. Dies erfordert einen Verglei[X.]h des voraussi[X.]htli[X.]hen [X.] mit den voraussi[X.]htli[X.]h zur Verfügung stehenden Mitteln. Dabei ri[X.]htet si[X.]h die Ermittlung des [X.] und des zur Verfügung stehenden Einkommens seit dem 1. Januar 2005 bei erwerbsfähigen Ausländern im Grundsatz na[X.]h den entspre[X.]henden Bestimmungen des [X.] Bu[X.]hs des Sozialgesetzbu[X.]hes - [X.] - (vgl. Urteile vom 26. August 2008 a.a.[X.] Rn. 19 und vom 7. April 2009 - BVerwG 1 [X.] 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 29; vgl. aber unten Rn. 33). [X.] ein erwerbsfähiger Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zum Zusammenleben mit seinen Familienangehörigen in einer häusli[X.]hen [X.] oder lebt er - wie der Kläger - bereits in einer sol[X.]hen, so gelten für die Bere[X.]hnung seines Anspru[X.]hs auf Leistungen zur Si[X.]herung des Lebensunterhalts na[X.]h dem [X.] grundsätzli[X.]h die Regeln über die Bedarfsgemeins[X.]haft na[X.]h § 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 [X.].

Da si[X.]h im Grundsatz na[X.]h den Maßstäben des Sozialre[X.]hts bemisst, ob der Lebensunterhalt des Ausländers gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] gesi[X.]hert ist, s[X.]heidet eine isolierte Betra[X.]htung des Hilfebedarfs für jedes Einzelmitglied der familiären [X.] aus. Vielmehr gilt in einer Bedarfsgemeins[X.]haft, wenn deren gesamter Bedarf ni[X.]ht gede[X.]kt werden kann, jede Person im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 [X.]). Insofern ergibt si[X.]h s[X.]hon aus der Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.], dass im Aufenthaltsre[X.]ht die Si[X.]herung des Lebensunterhalts des erwerbsfähigen Ausländers allgemein den Lebensunterhalt des mit ihm in familiärer [X.] lebenden Ehepartners und der unverheirateten Kinder bis zum 25. Lebensjahr umfasst. Dies ist im Urteil des Senats vom glei[X.]hen Tag im Verfahren BVerwG 1 [X.] 21.09, in dem es um die Si[X.]herung des Lebensunterhalts bei Erteilung einer Niederlassungserlaubnis geht, im Einzelnen ausgeführt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Im Berei[X.]h des Familienna[X.]hzugs zeigt - unabhängig von diesen allgemeinen Erwägungen - au[X.]h die in § 2 Abs. 3 Satz 4 [X.] getroffene Regelung, dass bei der Si[X.]herung des Lebensunterhalts auf den Gesamtbedarf der Kernfamilie des Ausländers abzustellen ist. Na[X.]h dieser Vors[X.]hrift werden bei der Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familienna[X.]hzug "Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berü[X.]ksi[X.]htigt". Wie diese Bestimmung zu verstehen ist, ist zwar im Einzelnen umstritten. Insbesondere ist fragli[X.]h, ob unter Familienangehörige im Sinne dieser Vors[X.]hrift - entspre[X.]hend der Terminologie in den Bestimmungen zum Familienna[X.]hzug - (au[X.]h) der na[X.]hziehende Familienangehörige fällt (so [X.], [X.], § 2 [X.], Stand April 2008, Rn. 41) oder ob darunter nur sonstige Familienangehörige fallen. Dies kann hier aber ebenso offenbleiben wie die Frage, ob mit Beiträgen im Sinne dieser Vors[X.]hrift sämtli[X.]he Einkünfte des Familienangehörigen oder nur die den eigenen Bedarf übersteigenden Einkünfte gemeint sind. Denn jedenfalls ma[X.]ht die Verwendung des Begriffs "Haushaltseinkommen" deutli[X.]h, dass der Gesetzgeber insoweit von einer einheitli[X.]hen Betra[X.]htung der häusli[X.]hen Familiengemeins[X.]haft ausgeht.

Dies entspri[X.]ht au[X.]h den Bestimmungen der Familienzusammenführungsri[X.]htlinie (Ri[X.]htlinie 2003/86/[X.]), die mit dem [X.] umgesetzt werden sollte. Na[X.]h deren Art. 7 Abs. 1 Bu[X.]hst. [X.] können die Mitgliedstaaten verlangen, dass der si[X.]h in dem Mitgliedstaat aufhaltende Zusammenführende über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspru[X.]hnahme der Sozialhilfeleistungen für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausrei[X.]hen. Au[X.]h die Ri[X.]htlinie geht insoweit von einer familieneinheitli[X.]hen Betra[X.]htung aus (vgl. au[X.]h Art. 16 Abs. 1 Bu[X.]hst. a der Ri[X.]htlinie).

Die historis[X.]he Auslegung spri[X.]ht ebenfalls dafür, dass der Gesetzgeber an dem Erfordernis der Si[X.]herung des Lebensunterhalts mit Bli[X.]k auf die s[X.]hon vor der Neuregelung maßgebli[X.]he Familiengemeins[X.]haft festhalten wollte. Bereits na[X.]h dem Ausländergesetz 1990 war jedenfalls beim Familienna[X.]hzug ni[X.]ht allein auf den Na[X.]hziehenden, sondern in erster Linie auf die wirts[X.]haftli[X.]he Situation des Stammbere[X.]htigten und seiner Familie abzustellen. Eine Berü[X.]ksi[X.]htigung der Erwerbseinkünfte des na[X.]hziehenden Familienangehörigen selbst war nur in besonderen Härtefällen unter bestimmten Voraussetzungen mögli[X.]h. Au[X.]h in diesen Fällen musste aber der Lebensunterhalt der Familie insgesamt gesi[X.]hert sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG 1990). Es rei[X.]hte dana[X.]h in keinem Fall aus, dass der Na[X.]hziehende dur[X.]h eigene Erwerbstätigkeit nur si[X.]h selbst unterhalten konnte, die aufnehmende Familie aber Sozialhilfe in Anspru[X.]h nehmen musste. Dahinter stand ersi[X.]htli[X.]h der Gedanke, dass nur ein wirts[X.]haftli[X.]h integrierter Ausländer seinen Ehegatten oder seine Kinder sollte na[X.]hziehen lassen können und diese Integration einen aus eigenen Mitteln finanzierten Lebensunterhalt für die Familie voraussetzte. Dass der Gesetzgeber mit dem [X.] hieran etwas Grundlegendes ändern wollte, lässt si[X.]h der Gesetzesbegründung ni[X.]ht entnehmen (BTDru[X.]ks 15/420 zu § 29 S. 81). Er hat ledigli[X.]h davon abgesehen, die Lebensunterhaltssi[X.]herung weiterhin gesondert beim Familienna[X.]hzug zu regeln, sondern ist davon ausgegangen, dass si[X.]h die bisherigen Anforderungen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG 1990 nunmehr in den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des [X.]es finden. Dementspre[X.]hend regelt jetzt § 2 Abs. 3 Satz 4 [X.], dass bei der Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familienna[X.]hzug die Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind, also weiterhin auf den Unterhaltsbedarf der Familie abzustellen ist.

Au[X.]h die Regelung in § 27 Abs. 3 [X.] spri[X.]ht dafür, dass beim Familienna[X.]hzug auf den Unterhaltsbedarf der Familie und ni[X.]ht nur des Na[X.]hzugswilligen abzustellen ist. Na[X.]h dieser Vors[X.]hrift kann der Familienna[X.]hzug versagt werden, wenn der Stammbere[X.]htigte anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen Unterhalt zu leisten hat und diese auf Leistungen na[X.]h dem [X.] oder Zwölften Bu[X.]h des Sozialgesetzbu[X.]hes angewiesen sind. Es ergibt wenig Sinn, dass bei Bezug von [X.]-Leistungen dur[X.]h unterhaltsbere[X.]htigte Familienangehörige des Stammbere[X.]htigten zumindest ein fakultativer Versagungsgrund vorgesehen ist, der Bezug sol[X.]her Leistungen dur[X.]h den Stammbere[X.]htigten selbst aber gänzli[X.]h unbea[X.]htli[X.]h sein sollte.

Die auf den Bedarf der familiären [X.] abstellende Auslegung des Gebots der Si[X.]herung des Lebensunterhalts entspri[X.]ht au[X.]h Sinn und Zwe[X.]k der gesetzli[X.]hen Erteilungsvoraussetzung. Sie dient dazu, neue Belastungen für die öffentli[X.]hen Haushalte zu vermeiden (vgl. Urteil vom 26. August 2008 a.a.[X.] Rn. 21). Na[X.]h Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts steht das Erfordernis der Unterhaltssi[X.]herung dem Na[X.]hzug eines Familienangehörigen ni[X.]ht entgegen, der seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten kann. Eine zusätzli[X.]he Belastung öffentli[X.]her Haushalte trete dur[X.]h dessen Aufenthalt in Deuts[X.]hland ni[X.]ht ein. Vielmehr komme ein etwa vorhandener Einkommensübers[X.]huss den übrigen Familienmitgliedern zugute und entlaste damit die öffentli[X.]hen Kassen. Diese Si[X.]htweise berü[X.]ksi[X.]htigt ni[X.]ht ausrei[X.]hend, dass der Na[X.]hzug eines Familienangehörigen - hier des Familienvaters - typis[X.]herweise zu einer tatsä[X.]hli[X.]hen Verfestigung des Aufenthalts der übrigen auf Sozialleistungen angewiesenen Mitglieder der Familie führt. Die Option, die eheli[X.]he oder familiäre Lebensgemeins[X.]haft im Herkunftsland zu führen, rü[X.]kt damit jedenfalls in die [X.]. Die dadur[X.]h bedingte Perpetuierung der Inanspru[X.]hnahme von Sozialleistungen entspri[X.]ht s[X.]hwerli[X.]h dem Willen des Gesetzgebers. Allerdings ist der Umfang der Belastung öffentli[X.]her Haushalte dur[X.]h den Na[X.]hzug eines Familienangehörigen, der seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten kann, im Rahmen der Prüfung zu berü[X.]ksi[X.]htigen, ob eine Ausnahme von dem Regelerteilungserfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vorliegt (vgl. dazu unten Rn. 28).

[X.]) Auf den Versagungsgrund des § 27 Abs. 3 Satz 1 [X.] kommt es bei diesem re[X.]htli[X.]hen Ausgangspunkt ni[X.]ht mehr an. Dana[X.]h kann die Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familienna[X.]hzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen na[X.]h [X.] oder [X.] angewiesen ist. Ist, wie oben ausgeführt, der Bezug von Leistungen na[X.]h dem [X.] dur[X.]h die Ehefrau und den [X.] des [X.] bereits bei der [X.] des § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu berü[X.]ksi[X.]htigen, wird er ni[X.]ht zusätzli[X.]h no[X.]h von § 27 Abs. 3 Satz 1 [X.] erfasst. Dieser Versagungsgrund bezieht si[X.]h vielmehr nur auf ni[X.]ht zur familiären Bedarfsgemeins[X.]haft gehörende andere Familienangehörige oder Haushaltsangehörige des stammbere[X.]htigten Ausländers (vgl. BTDru[X.]ks 15/420 zu § 27 Abs. 3 S. 81).

d) Für die Ents[X.]heidung des Re[X.]htsstreits kommt es somit ents[X.]heidend darauf an, ob im vorliegenden Fall ausnahmsweise vom Regelerfordernis der Unterhaltssi[X.]herung na[X.]h § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] abzusehen ist. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn besondere, atypis[X.]he Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst auss[X.]hlaggebende Gewi[X.]ht der gesetzli[X.]hen Regelung beseitigen, aber au[X.]h dann, wenn höherrangiges Re[X.]ht wie der S[X.]hutz von Ehe und Familie oder die unionsre[X.]htli[X.]hen Vorgaben der Familienzusammenführungsri[X.]htlinie (Ri[X.]htlinie 2003/86/[X.]) es gebieten (vgl. Urteil vom 26. August 2008 a.a.[X.] Rn. 27). Diese Frage hat das Berufungsgeri[X.]ht - na[X.]h seiner Re[X.]htsauffassung folgeri[X.]htig - ni[X.]ht geprüft. Zwar hat es im Rahmen der Versagungsgründe des § 27 Abs. 3 [X.] ([X.] ff.) eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen. Die hierzu angestellten Erwägungen rei[X.]hen aber ni[X.]ht aus, um alle für einen Ausnahmefall na[X.]h § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.] maßgebli[X.]hen Gesi[X.]htspunkte zu erfassen. Der Re[X.]htsstreit war daher zur Na[X.]hholung der erforderli[X.]hen Feststellungen an das Berufungsgeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen. Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Unionsre[X.]ht steht der Berü[X.]ksi[X.]htigung des [X.] von Familienangehörigen im Rahmen des Familienna[X.]hzugs grundsätzli[X.]h ni[X.]ht entgegen. Vielmehr ermä[X.]htigt die Familienzusammenführungsri[X.]htlinie die Mitgliedstaaten in Art. 7 Abs. 1 Bu[X.]hst. [X.], den Na[X.]hzug von Familienangehörigen von festen und regelmäßigen Einkünften des [X.] abhängig zu ma[X.]hen, die ohne Inanspru[X.]hnahme von Sozialhilfeleistungen für seinen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausrei[X.]hen.

Au[X.]h aus dem Diskriminierungsverbot der dur[X.]h Art. 6 Abs. 1 GG ges[X.]hützten Ehe ergibt si[X.]h im vorliegenden Fall keine Ausnahme vom Erfordernis der Unterhaltssi[X.]herung. Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesverfassungsgeri[X.]ht in seinem Kammerbes[X.]hluss vom 11. Mai 2007 - 2 BvR 2483/06 - (NVwZ 2007, 1302) eine Diskriminierung der Ehe angenommen hat, liegen hier ni[X.]ht vor. Das Bundesverfassungsgeri[X.]ht ist in dem von ihm ents[X.]hiedenen Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass es gegen das aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende Diskriminierungsverbot verstößt, wenn einem Ehegatten der weitere Aufenthalt nur wegen des Bestehens einer eheli[X.]hen Lebensgemeins[X.]haft versagt wird, er dagegen bei Trennung vom Ehepartner ein eigenständiges Aufenthaltsre[X.]ht na[X.]h § 31 [X.] hätte. In einem sol[X.]hen Fall beruhe die Versagung des Aufenthalts allein auf der Ehe, was ni[X.]ht zulässig sei. Überträgt man diese Re[X.]htspre[X.]hung auf den vorliegenden Fall, so ergibt si[X.]h keine ehebedingte Diskriminierung. Denn der Kläger hatte zur Zeit des Erlös[X.]hens seiner Aufenthaltserlaubnis no[X.]h ni[X.]ht - wie von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] verlangt - zwei Jahre in eheli[X.]her Lebensgemeins[X.]haft re[X.]htmäßig im [X.] gelebt. Die ihm erteilte Aufenthaltserlaubnis vom 20. Juni 2006 war s[X.]hon vor Ablauf ihrer Gültigkeitsfrist (19. Juni 2007) gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erlos[X.]hen. Denn im Oktober 2006 war die auflösende Bedingung des Bezugs von Sozialleistungen eingetreten. Ab diesem Zeitpunkt war der Aufenthalt des [X.] im [X.] ni[X.]ht mehr re[X.]htmäßig. Damit hat er si[X.]h - au[X.]h unter Einre[X.]hnung des dur[X.]h die Visumerteilung vom Dezember 2005 erfassten Zeitraums - weniger als ein Jahr re[X.]htmäßig im [X.] aufgehalten.

Allerdings sind bei der Frage, ob eine Ausnahme von der Regelvoraussetzung der Unterhaltssi[X.]herung zu bejahen ist, die in Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 [X.] und Art. 7 GR-[X.]harta enthaltenen Wertents[X.]heidungen zugunsten der Familie zu berü[X.]ksi[X.]htigen. Damit müssen Ausnahmen vom Familienna[X.]hzug unter Bea[X.]htung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausgelegt werden (vgl. [X.], Kammerbes[X.]hluss vom 11. Mai 2007 a.a.[X.]; Urteil vom 30. März 2010 - BVerwG 1 [X.] 8.09 - NVwZ 2010, 964, zur Veröffentli[X.]hung in BVerwGE vorgesehen, Rn. 30 ff.). Dabei ist zugunsten des [X.] zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass er seinen eigenen Unterhaltsbedarf in Deuts[X.]hland de[X.]ken kann. Das rei[X.]ht aber für si[X.]h genommen no[X.]h ni[X.]ht aus. Maßgebli[X.]h ist vielmehr, wie groß der Hilfebedarf der familiären Bedarfsgemeins[X.]haft insgesamt ist und inwieweit der Kläger zur Reduzierung dieses Bedarfs beiträgt. Das hat das Berufungsgeri[X.]ht bisher ni[X.]ht festgestellt. Insbesondere fehlen Feststellungen zum Einkommen der Ehefrau des [X.]. Weiterhin sind Feststellungen dazu von Bedeutung, ob und ggf. in wel[X.]hem Umfang der Kläger seinen familiären Unterhaltsverpfli[X.]htungen während seines [X.] von 1999 bis 2005 na[X.]hgekommen ist. Denn sie erlei[X.]htern die Prognose darüber, in wel[X.]hem Umfang si[X.]h der Kläger au[X.]h zukünftig um die weitere Reduzierung der Bedarfslü[X.]ke seiner Familienangehörigen bemühen wird, und erlauben damit eine Aussage zu den Erfolgsaussi[X.]hten der wirts[X.]haftli[X.]hen Integration. Au[X.]h insoweit fehlt es an Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts. Weiter wird der Frage na[X.]hzugehen sein, ob die Familie au[X.]h in der [X.] leben könnte. Dabei sind die Dauer des Aufenthalts des [X.], seiner Ehefrau und des [X.] in Deuts[X.]hland sowie der Umfang ihrer Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse zu würdigen. Allerdings dürfte die Tatsa[X.]he, dass der inzwis[X.]hen 17 Jahre alte [X.] seit 1994 in Deuts[X.]hland aufgewa[X.]hsen ist, ohne jede Feststellung zu seiner Integration und der familiären Gesamtsituation (nahende Volljährigkeit) für einen Ausnahmefall no[X.]h ni[X.]ht genügen. Umgekehrt ist ein Ausnahmefall ni[X.]ht s[X.]hon wegen der Verstöße des [X.] gegen die deuts[X.]he Re[X.]htsordnung, die zu seiner Ausweisung geführt haben, ausges[X.]hlossen, na[X.]hdem die Ausländerbehörde die Wirkungen der Ausweisung befristet hat.

Bei der erforderli[X.]hen Bere[X.]hnung des Hilfebedarfs der familiären Bedarfsgemeins[X.]haft - bestehend aus dem Kläger, seiner Ehefrau und dem [X.] - wird das Berufungsgeri[X.]ht Folgendes zu berü[X.]ksi[X.]htigen haben:

Der Senat hat in seinem Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 [X.] 32.07 - (a.a.[X.] Rn. 19) ents[X.]hieden, dass bei der Bere[X.]hnung des zur Verfügung stehenden Einkommens der Freibetrag für Erwerbstätigkeit na[X.]h § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 [X.] und die Werbungskostenpaus[X.]hale von 100 € na[X.]h § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu Lasten des Ausländers zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind. Die Notwendigkeit einer sol[X.]hen Berü[X.]ksi[X.]htigung ergibt si[X.]h aus dem Verweis des [X.]es auf die Bedarfs- und Einkommensermittlung na[X.]h den Regelungen des Sozialre[X.]hts und hier speziell des § 11 [X.]. Diese Ents[X.]heidung des nationalen Gesetzgebers bedarf aber der Korrektur, soweit dem höherrangiges Re[X.]ht - hier Unionsre[X.]ht - entgegensteht. Der Geri[X.]htshof der Europäis[X.]hen Union hat in seinem Urteil vom 4. März 2010 in der Re[X.]htssa[X.]he [X.] ([X.]-578/08) für den Anwendungsberei[X.]h der Familienzusammenführungsri[X.]htlinie ents[X.]hieden, dass der Begriff der "Sozialhilfeleistungen des ... Mitgliedstaats" ein autonomer Begriff des Unionsre[X.]hts ist, der ni[X.]ht anhand von Begriffen des nationalen Re[X.]hts ausgelegt werden kann (Rn. 45). Na[X.]h dem Unionsre[X.]ht bezieht si[X.]h der Begriff "Sozialhilfe" in Art. 7 Abs. 1 Bu[X.]hst. [X.] der Ri[X.]htlinie auf Unterstützungsleistungen, die einen Mangel an ausrei[X.]henden festen und regelmäßigen Einkünften ausglei[X.]hen (Rn. 49). Unter diesen unionsre[X.]htli[X.]hen Begriff der Sozialhilfe fällt aber ni[X.]ht der Freibetrag für Erwerbstätigkeit na[X.]h § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 [X.], der in erster Linie aus arbeitsmarkt- bzw. bes[X.]häftigungspolitis[X.]hen Gründen gewährt wird und eine Anreizfunktion zur Aufnahme bzw. Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit haben soll (vgl. Urteil vom 26. August 2008 a.a.[X.] Rn. 22), ni[X.]ht aber einen Mangel an ausrei[X.]henden festen und regelmäßigen Einkünften im Sinne der Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs ausglei[X.]ht. Dieser Freibetrag darf daher bei der Bemessung des [X.] im Anwendungsberei[X.]h der Familienzusammenführungsri[X.]htlinie ni[X.]ht zu Lasten des na[X.]hzugswilligen Ausländers angere[X.]hnet werden.

Die in § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] paus[X.]haliert erfassten Werbungskosten stellen hingegen im Grundsatz Aufwendungen dar, die die tatsä[X.]hli[X.]h verfügbaren Einkünfte eines Erwerbstätigen reduzieren, sodass ihrer Berü[X.]ksi[X.]htigung bei der Bemessung des [X.] die Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der Europäis[X.]hen Union ni[X.]ht entgegensteht. Allerdings ist dem Gebot der individualisierten Prüfung jedes einzelnen Antrags auf Familienzusammenführung gemäß Art. 17 der Ri[X.]htlinie dadur[X.]h Re[X.]hnung zu tragen, dass der Ausländer einen geringeren Bedarf als die gesetzli[X.]h verans[X.]hlagten 100 € na[X.]hweisen kann.

Im Übrigen weist der Senat auf die Regelung über den - allerdings antragsabhängigen - Kinderzus[X.]hlag in § 6a [X.] hin, dur[X.]h die in Fällen, in denen nur der Lebensunterhalt von Kindern ni[X.]ht vollständig aus eigenen Mitteln bestritten werden kann, über den Bezug eines (na[X.]h § 2 Abs. 3 Satz 2 [X.] uns[X.]hädli[X.]hen) Kinderzus[X.]hlags unter bestimmten Voraussetzungen eine Inanspru[X.]hnahme von Leistungen der Grundsi[X.]herung na[X.]h dem [X.] vermieden werden kann. Sollten die gesetzli[X.]hen Voraussetzungen des § 6a [X.] bei der Familie des [X.] vorliegen und sollte deshalb der Bezug von Leistungen na[X.]h dem [X.] entfallen, wäre der Lebensunterhalt im Sinne von § 2 Abs. 3 [X.] als gesi[X.]hert anzusehen.

Meta

1 C 20/09

16.11.2010

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 27. August 2009, Az: OVG 11 B 1.09, Urteil

§ 2 Abs 3 AufenthG 2004, § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG 2004, § 5 Abs 1 Nr 2 AufenthG 2004, § 12 Abs 2 AufenthG 2004, § 27 Abs 3 AufenthG 2004, § 30 Abs 1 AufenthG 2004, § 30 Abs 3 AufenthG 2004, § 31 AufenthG 2004, § 55 Abs 2 Nr 6 AufenthG 2004, § 17 Abs 2 AuslG 1990, § 9 Abs 2 SGB 2, § 11 SGB 2, § 30 SGB 2, § 44 VwVfG, Art 6 Abs 1 GG, Art 8 MRK, Art 7 EUGrdRCh, Art 7 EGRL 86/2003, Art 16 EGRL 86/2003, Art 17 EGRL 86/2003, § 6a BKGG 1996

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.11.2010, Az. 1 C 20/09 (REWIS RS 2010, 1376)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1376

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