Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2017, Az. VI ZR 73/17

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2420

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:141117UVIZR73.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
VI [X.]/17
Verkündet am:
14. November 2017
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 (= [X.]
[X.]) Art. 63 Abs. 1 lit. a
Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 (= [X.] I-VO) Art. 60 Abs. 1 lit. a

Der Begriff des satzungsmäßigen Sitzes i.S.d. Art. 63 Abs. 1 lit. [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 lit. [X.] aF setzt keine Verwaltungs-
oder Geschäftstä-tigkeit
am Ort des [X.] voraus. Es bedarf keines über den Register-tatbestand hinausgehenden realwirtschaftlichen Bezugs (Fortführung von [X.], Urteil vom 12.
Juli 2011 -
II ZR 28/10, [X.]Z 190, 242 Rn.
19
ff.).

[X.], Urteil vom 14. November 2017 -
VI [X.]/17 -
OLG Celle

LG [X.]

-
2
-

Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2017 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen von [X.] und Müller und den Richter Dr. Allgayer

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten
gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 8. Dezember 2016
wird zurückge-wiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die klagende
Krankenversicherung nimmt die beklagte
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
aus übergegangenem Recht vor dem [X.] auf Schadensersatz in Anspruch.
Ein Versicherungsnehmer der Klägerin
wurde
im Jahr 2011
in Österreich
bei einem Unfall verletzt, während er dort für die Beklagte Arbeiten an einer Tribüne durchführte.
Die Beklagte ist im Handelsregister des Amtsgerichts [X.]
mit Sitz und Geschäftsanschrift in [X.] eingetragen. Am 24. Juni 2014 erfolgte folgende Eintragung:
1
2
-
3
-

"talien, Geschäftsan-

[X.]/[X.]"
Im [X.]/[X.] ist zur Beklagten eingetragen:
"Gesellschaft gegründet aufgrund von Gesetzen eines anderen Staates
Rechtssitz: [X.]

Eintragungsdatum: 09/05/2014

Zweitsitz n. 1
Eroeffnungsdatum 22/04/2014
Anschrift
[X.] ([X.])

Seit 01/10/2014 Verwaltungssitz"
Das [X.] hat sich für unzuständig gehalten und die Klage als [X.] abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das [X.] zurückverwie-sen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage als unzulässig weiter.
3
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-
4
-

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das [X.]
[X.] gemäß Art.
63 Abs. 1 [X.], § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO zuständig. Der sat-zungsmäßige Sitz der Beklagten befinde sich nach
den beigezogenen Handels-registerakten
in [X.],
lediglich der
Verwaltungssitz
sei nach [X.]/[X.] verlegt
worden.

II.
Die Revision ist unbegründet.
Insbesondere hat das Berufungsgericht zu-treffend angenommen, dass die [X.]
Gerichte international zuständig sind, was
ohne Einschränkung durch § 545 Abs. 2 ZPO auch im Revisions-rechtzug zu prüfen
ist
(Senat, Urteile vom 28. Juli 2015 -
VI [X.], AG 2015, 820 Rn. 13; vom 17. März 2015 -
VI [X.], NJW-RR 2015, 941 Rn.
14 mwN; [X.], Urteil vom 28. November 2002 -
III ZR 102/02, [X.]Z 153, 82, 84 ff.; vgl. zur Prüfung der örtlichen Zuständigkeit Senat, Versäumnisurteil vom 15. September 2015 -
VI [X.], juris Rn.
14
ff.).
1.
Die
internationale Zuständigkeit
richtet sich nach der [X.].
Es kann offen bleiben, ob die Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerken-nung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen ([X.] aF) oder die Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zustän-5
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digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen ([X.] nF) anzuwenden ist.
Gemäß Art. 66 Abs. 1 [X.] nF ist diese Verordnung (nF) nur auf Verfahren anzuwenden, die am 10. Januar 2015 oder danach eingeleitet [X.] sind. Im vorliegenden Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob unter Einleitung im Sinne dieser Vorschrift entsprechend Art. 32 Abs. 1 lit. [X.] nF der Eingang
der Klageschrift
beim [X.]
-
hier am 22.
Dezember 2014 -
oder entsprechend der lex fori deren Zustellung an die Beklagte -
hier
am 13.
Januar 2015 -
zu verstehen ist (siehe
dazu [X.]/[X.], 5.
Aufl., Art. 66 [X.] [X.] Rn. 4; Musielak/[X.]/[X.], ZPO 14. Aufl., Art.
66 [X.] Rn. 1; HK-ZPO/[X.], 7. Aufl., Art. 66 [X.] Rn. 2; [X.]/[X.], [X.]/[X.]
4. Aufl., Art. 66 [X.] [X.] Rn. 2; siehe weiter Senat, Urteil vom 24. Juni 2014 -
VI [X.], ZIP
2014, 1997 Rn. 14).
Die jeweils relevanten Vorschriften der [X.] alter und neuer [X.] haben einen identischen Wortlaut und sind nicht unterschiedlich
auszule-gen
(vgl. allgemein zur Auslegungskontinuität [X.]/[X.], [X.]/[X.] 4. Aufl., [X.] [X.]
Einleitung Rn. 35; HK-ZPO/[X.], 7.
Aufl., Vor
[X.] Rn. 24).
2.
Nach Art.
4 Abs. 1 [X.] nF/Art. 2 Abs. 1 [X.] aF
sind Perso-nen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht
auf ihre Staatsangehörigkeit grundsätzlich vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen. Gemäß Art. 63 Abs. 1 [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 [X.] aF
haben
für die Anwendung der Verordnung Gesellschaften und ju-ristische Personen ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßi-ger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet.
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-

a) Falls sich aus
den Anknüpfungspunkten
satzungsmäßiger Sitz, Haupt-verwaltung oder Hauptniederlassung
unterschiedliche
Gerichtsstände ergeben, bestehen diese alternativ und eröffnen dem Kläger ein Wahlrecht ([X.] Urteil vom 23. Januar 2008 -
5 [X.], [X.], 2797 Rn. 15; [X.], [X.] 2007, 388, 389; [X.]/[X.], [X.]/[X.]
4. Aufl., Art.
63 [X.] [X.] Rn. 1; [X.]/[X.], 5. Aufl., [X.] [X.] Art. 4 Rn. 18, Art. 63
Rn.
1, 9, 11).
b) Die Anknüpfungspunkte satzungsmäßiger Sitz, Hauptverwaltung und Hauptniederlassung sind verordnungs-autonom in Anlehnung an die [X.] Begriffe in Art. 54 Abs. 1 A[X.]V/Art. 48 Abs. 1 [X.]V
auszulegen ([X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 -
XII [X.], NJW-RR 2008, 551
Rn.
11; [X.],
Urteile
vom 24. September 2009 -
8 [X.], [X.]E 132, 182 Rn. 31; vom 23. Januar 2008 -
5 [X.], [X.], 2797 Rn. 16; [X.], [X.] 2007, 388, 389; [X.]/[X.], [X.]/[X.]
4. Aufl., Art. 63 [X.] [X.] Rn. 1; [X.]/[X.], 5. Aufl., Art. 63 [X.] [X.]
Rn.
1, 9).
"Satzungsmäßiger
Sitz"
im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 lit. [X.] aF
ist der in
der Gesellschaftssatzung
genann-te ([X.], [X.] 2007, 388, 389;
[X.]/[X.], [X.]/[X.]
4. Aufl., Art. 63 [X.] [X.] Rn. 1; [X.]/[X.], [X.]V/A[X.]V
5. Aufl., Art. 54 A[X.]V Rn. 17).
Geltung und zulässigen Inhalt der Gesellschaftssatzung regelt insoweit das nationale Recht (vgl. [X.], Urteile
vom 29. November 2011 -
C-371/10, [X.]. 2011, [X.],
Rn. 26 -
National Grid Indus; vom 16.
Dezember 2008 -
C-210/06,
[X.].
2008, [X.],
Rn. 104 ff.
-
Cartesio; vom 25. Oktober 2017 -
C-106/16, Rn. 34, 43; [X.]/Mankowski, [X.]/[X.] 4. Aufl., Art. [X.] [X.] Rn. 63).
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7
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c) Der satzungsmäßige Sitz der Beklagten befindet sich nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Fest-stellungen in [X.].
Für die Bestimmung des satzungsmäßigen Sitzes
ist es unerheblich, ob der
Verwaltungssitz der Beklagten nach
[X.]/[X.]
verlegt wurde
und ob [X.] zulässig war.
Es kann daher insbesondere offen bleiben, ob die Verlegung des Verwaltungssitzes in das Ausland und Trennung vom inländi-schen [X.] seit der durch das Gesetz
zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 ([X.] 2026)
erfolgten
Neufassung des
§
4a GmbHG und Streichung des bisherigen Absatzes
2 dieser Vorschrift
zulässig ist
(bejahend unter Hinweis auf
BT-Drs. 16/6140, S. 29/BR-Drs.
354/07, S. 65
etwa
[X.]/[X.], [X.] 173 [2009], 735; [X.], [X.] 2016, 297; [X.]/[X.], GmbHG 11.
Aufl., § 4a Rn. 28 f.; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG 19. Aufl., § 4a Rn.
15; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG 21. Aufl., §
4a Rn. 11; Mi-chalski/[X.]/[X.]/[X.], GmbHG 3. Aufl., § 4a Rn.
13 ff.; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 4a Rn. 9 ff., 68 jeweils
mwN auch zu abw.
Ansichten; aA etwa [X.], GmbHR 2009, 191, 196).
d) Entgegen der Auffassung der Revision
ist
es unerheblich, ob die [X.] in [X.] unternehmerische Tätigkeit ausübt, Büroräume oder ei-nen
in irgendeiner Weise eingerichteten
Gewerbebetrieb
unterhält.
Art. 63 Abs.
1 lit. [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a
[X.] aF
ist nicht einschrän-kend auszulegen.
aa) Nach Ansicht der Revision erfordert
die Eröffnung der Gerichtszu-ständigkeit am [X.] mit Blick auf die geschützten Interessen der [X.]n jedenfalls ein Mindestmaß an Unternehmenstätigkeit am [X.], 14
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8
-

das vom Verordnungsgeber ersichtlich für den Regelfall vorausgesetzt,
aber durch den bloßen Unterhalt einer "Briefkastenfirma"
nicht erfüllt werde. Der blo-ße Umstand, dass die Beklagte allein aus Gründen des nationalen materiellen Gesellschaftsrechts
gezwungen sei, einen [X.] [X.] zu behalten, wenn sie ihre
Tätigkeit unter Beibehaltung ihrer Rechtsform in einen anderen Mitgliedstaat der [X.]
verlagern und damit von ihrer Niederlas-sungsfreiheit Gebrauch machen wolle, rechtfertige es nicht, nunmehr auch den Beklagtengerichtsstand
an einen bloß auf dem Papier bestehenden [X.] anzuknüpfen.
Dem Vorteil des Klägers, der nicht nur das ob, sondern dar-über hinaus auch den Zeitpunkt und die Art des Klageangriffs bestimmen kön-ne, entspreche
durch die Bestimmung eines allgemeinen Gerichtsstandes die Vergünstigung des Beklagten, den ihm ohne und meist gegen seinen Willen aufgezwungenen Rechtsstreit nicht auch noch unter zusätzlichen Erschwerun-gen an einem auswärtigen Gericht führen zu müssen. Bei Beschränkung der "Tätigkeit"
der [X.] könne gerade nicht angenommen werden, das Gericht am "[X.]"
sei am besten in der Lage, über Ansprüche gegen die Gesellschaft zu entscheiden.
bb) Es gibt keinen Gesichtspunkt, der für eine
derartige einschränkende Auslegung spricht
(siehe zu den [X.] [X.], Urteil vom 23. April 2009 -
C-533/07, [X.]. 2009, [X.] Rn. 20 mwN
-
Falco Privatstiftung).
(1) Der Wortlaut des Art. 63 Abs.
1 lit. [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 lit. [X.] aF
und die Systematik der Norm sprechen
dagegen,
dass
ein
"sat-zungsmäßiger
Sitz"
im Sinne von Art.
63 Abs.
1 lit. [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 lit. [X.] aF
-
außer der satzungsmäßigen Regelung
-
eine Verwaltungs-
oder Geschäftstätigkeit an diesem Ort erfordert. Solche
Tätigkeiten sollen
er-sichtlich nur von Bedeutung sein, soweit sie eine Hauptverwaltung (Art. 63 Abs.
1 lit. [X.]. 60 Abs. 1 lit. b [X.] aF) oder eine Hauptniederlas-18
19
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-

sung (Art. 63 Abs. 1 lit. c [X.] nF/Art. 60 Abs.
1 lit. c
[X.] aF) begrün-den
(vgl. zur Hauptverwaltung [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 -
XII [X.], NJW-RR 2008, 551 Rn. 11; [X.], Urteile vom 24. September 2009 -
8 [X.], [X.]E 132, 182 Rn. 31; vom 23.
Januar 2008 -
5 [X.], [X.], 2797 Rn. 16; zur Hauptniederlassung [X.], Urteil vom 24. September 2009 -
8 [X.], [X.]E 132, 182 Rn.
34).
Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Hinweis der Revision auf den Grundsatz des Wohnsitzgerichtsstands. Art. 4 Abs. 1 [X.] nF/Art. 2 Abs. 1 [X.] aF knüpft bei natürlichen Personen nicht an den gewöhnlichen Auf-enthalt oder Wohnort an, sondern an das formale Kriterium des Wohnsitzes, der
gemäß Art. 62 [X.] nF/Art. 59
[X.]
nach nationalem Recht zu be-stimmen
ist (vgl. dazu [X.]/[X.], 5. Aufl., [X.] [X.] Art. 4 Rn. 2, Art. 62 Rn. 2, 4).
Dem entspricht das formale Kriterium des satzungsmäßigen Sitzes bei Gesellschaften und juristischen Personen in Art. 63 Abs. 1 lit. [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 lit. [X.] aF.
(2) Die Erwägungsgründe der [X.] sprechen ebenfalls gegen eine einschränkende Auslegung. Danach sollen die Zuständigkeitsvorschriften in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten (Erwägungsgründe [X.] aF (11) Satz 1; [X.] nF (15) Satz 1; siehe weiter [X.], Urteile
vom 23. April 2009 -
C-533/07, [X.].
2009, [X.] Rn. 21 f. mwN
-
Falco Privatstiftung; vom 14. Juli 2016 -
C-196/15, NJW 2016, 3078
Rn. 16). Der Sitz juristischer Personen wurde in den [X.] selbst definiert, um die
Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden (Erwägungsgründe [X.] aF (11) Satz 2; [X.] nF (15) Satz 3). Das Erfordernis eines Mindestmaßes von Verwaltungs-
und/oder Geschäftstätigkeit am [X.] würde die vom [X.] gewollte Vorhersehbarkeit und Transparenz einschränken.
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10
-

(3) Sowohl die differenzierenden Anknüpfungspunkte des Art. 63 Abs. 1 [X.] nF/Art. 60 Abs. 1 [X.] aF
als auch das Abstellen auf das Kriteri-um des [X.] ohne weitere Voraussetzungen sind bereits im [X.] angelegt (Art. 54 Abs. 1 A[X.]V/Art. 48 Abs. 1 [X.]V).
(4) Schließlich ist eine einschränkende Auslegung nicht deshalb geboten, weil die Beklagte ihre Rechtsform nur beibehalten kann, wenn sie ihren Sat-zungssitz in [X.] hat.
Gemäß § 4a GmbHG (in der Fassung des [X.] des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG] vom 23.
Oktober 2008, [X.] 2026) ist Sitz der [X.] im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt. Danach kann der [X.]
nur
in-nerhalb [X.]s -
jedenfalls grundsätzlich
-
frei gewählt und verlegt wer-den (vgl. [X.]/[X.]/[X.], GmbHG 19. Aufl., § 4a Rn. 5, 7, 17; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG 21. Aufl., § 4a Rn. 3 f., 8
ff.; [X.], [X.], 526).
Diese Regelung ist vereinbar mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, Art.
54 Abs. 1 A[X.]V). Ein Mitgliedstaat der [X.] kann sowohl die Voraussetzungen
bestimmen, die eine Gesellschaft erfüllen muss, um als nach seinem innerstaatlichen Recht gegründet angesehen zu werden und damit in den Genuss der Niederlassungsfreiheit gelangen zu
können, als auch die Voraussetzungen, die für den Erhalt dieser Eigenschaft verlangt werden. Ein Mitgliedstaat hat daher die
Möglichkeit, einer nach seiner Rechtsordnung ge-gründeten Gesellschaft Beschränkungen hinsichtlich der Verlegung ihres Sitzes aus seinem Hoheitsgebiet aufzuerlegen, damit sie die ihr nach dem Recht die-ses Staates zuerkannte Rechtspersönlichkeit behalten kann ([X.], Urteile vom 29.
November 2011 -
C-371/10, [X.]. 2011, [X.], Rn. 27 -
National Grid 22
23
24
25
-
11
-

Indus; vom 16. Dezember 2008 -
C-210/06, [X.]. 2008, [X.], Rn. 110 -
Carte-sio).
Danach
ist es auch unbedenklich, den [X.] unabhängig von [X.] dort ausgeübten Verwaltungs-
oder Geschäftstätigkeit zum [X.] für einen Gerichtsstand zu machen.
Es bedarf keines über den Register-tatbestand hinausgehenden realwirtschaftlichen Bezugs (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2011 -
II ZR 28/10, [X.]Z 190, 242 Rn. 19 ff.
zu Art. 22 Nr. 2 [X.] aF bei Auslandsgesellschaften).
cc) Es bedarf keiner
Vorabentscheidung des
Gerichtshofs
gemäß Art.
267 Abs. 1 und 3 A[X.]V. Die letztinstanzlichen
Gerichte der Mitgliedstaaten sind nicht zur Vorlage verpflichtet, wenn die
richtige Anwendung des [X.] derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt ([X.], Urteile vom 6. Oktober 1982 -
C-283/81, [X.].
1982,

26
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-
12
-

3415, Rn. 13 ff. -
Cilfit; vom 6. Dezember 2005 -
C-461/03, [X.]. 2005,
I-10513,
Rn. 16 -
Gaston Schul Douane-Expediteur).
Dies ist vorliegend der Fall.
Galke
[X.]
von [X.]

Müller
Allgayer

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 18.05.2016 -
6 O 342/14 -

OLG Celle, Entscheidung vom 08.12.2016 -
5 [X.] -

Meta

VI ZR 73/17

14.11.2017

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2017, Az. VI ZR 73/17 (REWIS RS 2017, 2420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2420

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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