Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2002, Az. II ZR 101/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 422

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.] am:2. Dezember 2002BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: jaGmbHG § 19 Abs. 1, 2, 5a)Eine für die Erfüllung der [X.] (§ 19 Abs. 1 GmbHG) erforderlicheLeistung zu freier Verfügung der Geschäftsführung liegt nicht vor, wenn dereingezahlte [X.] umgehend als Darlehen an [X.] oder an ein mit ihm verbundenes Unternehmen zurückfließt.b)Eine spätere Tilgung der "Darlehensschuld" durch den [X.]er [X.] mit ihm verbundene Unternehmen im Wege der Aufrechnung tilgt auchdie [X.], soweit § 19 Abs. 2, 5 GmbHG nicht entgegensteht.[X.], Urteil vom 2. Dezember 2002 - [X.]/02 -OLG [X.] in [X.] LG [X.]- 2 -- 3 -Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 2. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden RichterDr. h.c. Röhricht und [X.], Prof. Dr. [X.],[X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des Oberlandesge-richts [X.] - 25. Zivilsenat in [X.] - vom 19. Februar 2002aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Dezember 1998 eröffneten [X.] über das Vermögen einer GmbH. Sie wurde von den beiden [X.], die auch ihre je einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer waren,am 1. August 1991 gegründet. [X.] Gegenstand ihres Unterneh-mens war die Verwaltung und Vermietung von Einrichtungsgegenständen, Be-triebsanlagen und Räumlichkeiten für Fitneß- und Freizeiteinrichtungen. Am- 4 -28. August 1991 zahlten beide [X.] die gesellschaftsvertraglich verein-barten Bareinlagen von je 25.000,00 DM auf das Bankkonto der [X.] ein, das damit ein Haben von 50.000,00 DM aufwies. Dieser Betragwurde am nächsten Tag auf das Konto einer [X.] überwiesen, deren alleinige,paritätische [X.]er mit gemeinschaftlicher Vertretungsbefugnis die [X.] waren. Der Überweisungsbetrag wurde jedenfalls in den Bilanzen [X.] als Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin ausgewiesen.Mit seiner Klage verlangt der Kläger von den [X.] erneute Einzah-lung der nach seiner Ansicht nicht wirksam erbrachten oder jedenfalls unterVerstoß gegen § 30 GmbHG an sie zurückgezahlten [X.] von [X.] DM. Der Anspruch sei wegen "böslicher" Handlungsweise der [X.] gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG nicht verjährt. Hilfsweise verlange er Rück-zahlung des angeblichen Darlehens. Die [X.] haben sich auf Verjährungberufen und ein bösliches Handeln in Abrede gestellt. Die Gemeinschuldnerinhabe seinerzeit Räume zum Betrieb eines [X.] angemietet, aber [X.] keine Bankdarlehen erhalten. Deshalb sei die [X.] als Betriebsgesellschaftgegründet und die Gemeinschuldnerin als Verwaltungsgesellschaft eingesetztworden, welche die Räume an die [X.] untervermietet und ihr für [X.] ein Darlehen von 50.000,00 DM gewährt habe. [X.] dann die Gemeinschuldnerin den Betrieb des [X.] der [X.]zunächst im Wege eines - später wieder aufgehobenen - Kaufvertrages, an-schließend pachtweise übernommen. Durch [X.] sei [X.] mit rückständigen Pachtzinsschulden der Gemeinschuldne-rin verrechnet worden.Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sichdie - zugelassene - Revision der [X.].- 5 -Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.[X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts schulden die [X.] die [X.] Einzahlung ihrer Stammeinlagen nach § 19 Abs. 1 GmbHG. Es fehle aneiner Einlagenleistung zu freier Verfügung des Geschäftsführers (der [X.]), die grundsätzlich ausgeschlossen sei, wenn der [X.] z.B. als Darlehen - alsbald wieder an den [X.]er oder an eine von ihmbeherrschte [X.] zurückfließe. Die an der [X.] je hälftig beteiligten [X.] beherrschten zwar diese je einzeln nicht. Darauf könne es aber wegenihrer Identität mit den [X.]ern der Gemeinschuldnerin nicht ankommen.Ebensowenig komme es auf die von den [X.] behauptete [X.] Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin mit rückständigen Pachtzins-verbindlichkeiten gegenüber der [X.] an, weil darin eine unzulässige Umge-hung des § 19 Abs. 5 GmbHG liege. Die auf § 31 Abs. 5 GmbHG gestützteVerjährungseinrede der [X.] greife gegenüber dem Anspruch des [X.]aus § 19 Abs. 1 GmbHG nicht durch.I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht inallen Punkten stand.1. Zutreffend geht allerdings das Berufungsgericht davon aus, daß [X.] mit der Einzahlung der [X.] auf das Konto der [X.] am 28. August 1991 ihre [X.] (§ 19 Abs. 1 GmbHG) nichtwirksam gemäß § 362 BGB getilgt haben, weil der [X.] am nächstenTag an die [X.] der [X.] wieder abfloß und daher nicht zu freier Verfü-- 6 -gung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin geleistet wurde, wie für eineordnungsgemäße Kapitalaufbringung erforderlich (vgl. [X.].Urt. v. 17. [X.] 2001 - II ZR 275/99, [X.], 1997 m.w.[X.]) Der sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen der Ein- [X.] begründet die Vermutung, daß dies von den [X.] vorher soabgesprochen worden ist (s. zuletzt [X.].Urt. v. 16. September 2002- [X.], [X.], 2045, 2048). Das läßt auch die Revision gelten. [X.] ihrer Ansicht kann hier eine zulässige Absprache über die Verwendung [X.] auch auf der Grundlage des von den [X.] behaupteten (undunter Beweis gestellten) [X.] der Auszahlung an die [X.] nichtangenommen werden. Zwar sind schuldrechtliche Verwendungsabsprachen,durch welche die Geschäftsführung der [X.] verpflichtet wird, mit deneinzuzahlenden [X.] in bestimmter Weise zu verfahren, aus der Sichtder Kapitalaufbringung unschädlich, wenn sie allein der Umsetzung von Investi-tionsentscheidungen der [X.]er oder sonstiger ihrer Weisung unterlie-gender geschäftspolitischer Zwecke dienen (vgl. [X.].Urt. v. 24. September1990 - II ZR 203/89, [X.], 1400 f.; v. 22. Juni 1992 - [X.], [X.] 1992,1303, 1305, zu 2). Anders ist es aber, wenn die Abrede (auch) dahin geht, [X.] unter (objektiver) Umgehung der [X.] mit-telbar oder gar unmittelbar wieder an den Einleger zurückfließen zu lassen ([X.] aaO, Urt. v. 18. März 2002 - II ZR 363/00, [X.], 799, 801). Das giltauch im Fall einer Darlehensgewährung an den [X.], weil damit die [X.] im wirtschaftlichen Endergebnis nicht vom [X.] bar geleistet, son-dern von der [X.] finanziert wird (verdeckte Finanzierung; vgl. [X.]Z28, 77 f.; [X.]/[X.], GmbHG 9. Aufl. § 19 Rdn. 40 m.w.N.). Zwar ver-bleibt der [X.], wenn sie das Darlehen nicht ihrerseits refinanzierenmußte (so im Fall von [X.]Z 28, 77), sondern (absprachegemäß) aus einge-- 7 -zahlten [X.] gewährt, an deren Stelle in bilanzieller Hinsicht ein Akti-vum in Form des Rückzahlungsanspruchs gemäß § 607 BGB (dazu unten 2),das aber weder der geschuldeten Bareinlage gleichsteht noch den primärenEinlageanspruch der [X.] (§ 19 Abs. 1 GmbHG) ersetzen kann, weildadurch u.a. dessen Unverzichtbarkeit gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG [X.] die zwingende Verzinsungspflicht gemäß § 20 GmbHG umgangen würden(vgl. auch [X.], [X.]srecht 3. Aufl. § 37 II 2 c, [X.]). [X.] Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung des [X.] unterscheidetsich die Darlehensgewährung in diesem Fall von einem entsprechenden Ver-kehrsgeschäft mit dem [X.]er oder mit einem [X.]. Das gilt auchdann, wenn sie zur Finanzierung von [X.]erleistungen dient, die der[X.] zugute kommen sollen, weil dann der Gesichtspunkt der verdeck-ten Sacheinlage (§ 19 Abs. 5 GmbHG) eingreift.b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision weiter die Auffassung des Be-rufungsgerichts, die Darlehensgewährung an die [X.] sei einer solchen an [X.] gleichzustellen. Der Tatbestand einer Umgehung der [X.] setzt die Identität zwischen Inferent und Auszahlungsempfängernicht unbedingt voraus. Es genügt vielmehr, daß der oder die [X.] durchdie Leistung an den [X.] mittelbar in gleicher Weise begünstigt werden, [X.] eine unmittelbare Leistung an sie selbst, was u.a. bei der Leistung an einvon dem oder den [X.] beherrschtes Unternehmen der Fall ist (vgl. [X.]Z125, 141, 144). Die an "ihrer" [X.] je hälftig beteiligten [X.] [X.] zwar je einzeln nicht (vgl. [X.].Urt. v. 21. Juni 1999 - [X.], [X.]1999, 1314). Darauf kommt es aber hier nicht an, weil die [X.] zugleich[X.]er der Gemeinschuldnerin waren und diese übereinstimmend alsbloßes [X.] zu dem übergeordneten, gemeinsamen Zweck der [X.] "ihrer" [X.] eingesetzt haben (vgl. [X.].Urt. [X.] -16. Dezember 1991 - [X.], [X.] 1992, 242, 244). Da das Vorgehen der[X.] im wirtschaftlichen Ergebnis darauf abzielte, der [X.] den Barbetragund der Gemeinschuldnerin (nur) den Darlehensrückzahlungsanspruch zu [X.], liegt zudem der Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage (§ 19Abs. 5 GmbHG) vor.2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Anspruch des [X.] aus§ 19 Abs. 1 GmbHG nicht entsprechend § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG verjährt.Der mangels einer Leistung zu freier Verfügung des Geschäftsführers nicht er-füllte Anspruch der [X.] auf ordnungsgemäße Kapitalaufbringung (§ 19Abs. 1 GmbHG) ist von dem durch § 31 GmbHG sanktionierten, auch nach ord-nungsgemäßer Einlageleistung geltenden Kapitalerhaltungsgebot des § 30GmbHG zu unterscheiden (vgl. [X.].Urt. v. 17. September 2001 aaO) und [X.] gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bis zum 1. Januar 2002 der30jährigen Verjährungsfrist des § 195 a.F. BGB (vgl. zuletzt [X.].Urt. v. 24. Juli2000 - II ZR 202/98, [X.], 2301, 2303 f.). Entsprechendes gilt erst recht fürden vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung desangeblichen Darlehens der Gemeinschuldnerin gegenüber der [X.] i.V. mit derHaftung der [X.] aus § 128 HGB, wobei hier offenbleiben kann, ob [X.] entsprechend § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG unwirksam ist (vgl.[X.].Urt. v. 16. März 1998 - [X.], [X.] 1998, 780 f.) und der [X.] deshalb nicht auf § 607 BGB, sondern auf § 812 Abs. 1 BGB(i.V.m. § 128 HGB) zu stützen wäre. Dieser Anspruch besteht neben demjeni-gen aus § 19 Abs. 1 BGB, ohne daß dadurch eine Anspruchsverdoppelung ein-tritt, weil beide auf dasselbe Leistungsinteresse gerichtet sind.3. Auch ohne Revisionsrüge aus Rechtsgründen zu beanstanden ist [X.] des Berufungsgerichts, die von den [X.] behauptete Verrechnung- 9 -der Darlehensforderung der Gemeinschuldnerin mit rückständigen Pachtzins-forderungen der [X.] komme von vornherein nicht in Betracht, weil darin eineUmgehung des § 19 Abs. 5 GmbHG liege. Richtig ist zwar, daß die gesetzli-chen Kautelen für die Tilgung der [X.] durch die hier gewählte [X.] nicht umgangen werden durften und daher eine Tilgung der"Darlehensschuld" der [X.] durch Aufrechnung nur unter den Voraussetzun-gen ihrer Zulässigkeit nach §§ 19 Abs. 2, 5 GmbHG auch zur Tilgung der Einla-geschuld der [X.] führen konnte. Da es sich aber bei den [X.] der [X.], mit denen der "[X.]" der [X.] verrechnet worden sein soll, um lange Zeit nach Begründung [X.] entstandene "[X.]" (für die Überlassung des Gewer-bebetriebes der [X.] an die Gemeinschuldnerin) handelte, kommt statt § 19Abs. 5 GmbHG nur dessen Absatz 2 Satz 2 zum Zuge, der eine im Einverneh-men mit der [X.] durchgeführte Verrechnung der [X.] gegen[X.] des [X.]ers zuläßt, wenn diese fällig, liquide und voll-wertig sind (vgl. [X.].Urt. v. 16. September 2002 - [X.], [X.], 2045).Die [X.] haben vorgetragen, es sei im Jahr 1998 eine einvernehmlicheVerrechnung erfolgt. Das Berufungsgericht hat dazu - von seinem Standpunktaus konsequent - keine Feststellungen getroffen. Das angefochtene Urteil kanndaher nicht bestehen bleiben.Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die nocherforderlichen Feststellungen zu der von den [X.] behaupteten Verrech-nung und den dafür maßgebenden Voraussetzungen zu treffen. Dabei wird esinsbesondere darauf ankommen, ob die [X.] der [X.] gegendie Gemeinschuldnerin bestand und vollwertig war. Letzteres setzt voraus, daßdas Vermögen der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der Verrechnung zur [X.] ihrer sämtlichen Verbindlichkeiten ausreichte (vgl. [X.]Z 90, 370; 125,- 10 -141, 145). Die [X.] trifft dafür die Beweislast (vgl. [X.].Urt. v. 15. Juni1992 - II ZR 229/91, [X.] 1992, 992).RöhrichtHesselberger[X.]KurzwellyKraemer

Meta

II ZR 101/02

02.12.2002

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2002, Az. II ZR 101/02 (REWIS RS 2002, 422)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 422

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