Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2006, Az. II ZR 334/04

II. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3182

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Einspruch gegen dieses Versäumnisurteil am [X.] eingelegt [X.]IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL II ZR 334/04 Verkündet am: 12. Juni 2006 [X.] Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GmbHG § 19 Abs. 1 und 2, § 55; BGB § 362 a) Einlagezahlungen aus Mitteln der GmbH, die dem [X.] im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung als "Darlehen" oder in sonstiger Weise überlassen [X.] sind, sind mit dem Grundsatz der realen Kapitalerhöhung unvereinbar, weil sie wirtschaftlich einer verbotenen Befreiung von der [X.] von § 19 Abs. 2 GmbHG gleichstehen. b) In einem solchen Fall der sog. verdeckten Finanzierung leistet der Inferent bei dem "Her- und Hinzahlen" - nicht anders als in der spiegelbildlichen Konstellation des sog. Hin- und [X.] - unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung nichts; eine im Zusammenhang mit der "Herzahlung" getroffene "Darlehensabre-de" ist unwirksam. c) Mit der späteren Zahlung auf die vermeintliche "Darlehensschuld" erfüllt der [X.].
[X.], Versäumnisurteil vom 12. Juni 2006 - [X.] [X.] [X.] - 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2006 durch [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und Caliebe für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der [X.] werden das Urteil des 7. Zivil-senats des [X.] vom 28. April 2004 auf-gehoben und das Urteil des [X.], [X.] für Handelssachen, vom 14. Oktober 2003 teilweise abgeändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Die durch die [X.] verursachten Kosten werden der Streithelferin der Klägerin auferlegt. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin verlangt aus einem mit der [X.] zu 1 am 17. März 2000 geschlossenen [X.] (UV) über den Erwerb sämtli-cher, von der [X.] zu 1 gehaltenen Geschäftsanteile an der [X.]

GmbH

(im Folgenden: [X.]

) Schadensersatz von den [X.] als Gesamtschuldnern, weil die Beklagte zu 1 entgegen der in dem Vertrag erteilten Zusicherung - für deren Erfüllung die Beklagte zu 2 zusätzlich 1 - 3 - die Garantie übernommen habe - die Stammeinlage von 950.000,00 DM aus einer Kapitalerhöhung bei der [X.] nicht wirksam geleistet habe. 2 Die [X.] gewährte auf der Grundlage einer Abrede vom 10. Januar 1995 der [X.] zu 1, ihrer damaligen Alleingesellschafterin, am 24. Februar 1995 ein - bis 30. September 1995 [X.] - verzinsliches Darlehen von 1 Mio. DM; bereits am 1. März 1995 überwies diese 950.000,00 DM an die [X.] unter Angabe des Verwendungszwecks "Kapitalerhöhung" zurück. Am 13. März 1995 beschloss die Gesellschafterversammlung der [X.] , das Stammkapital von 50.000,00 DM auf 1 Mio. DM zu erhöhen, wobei die - sofort bar zu [X.] - neue Stammeinlage von 950.000,00 DM wiederum von der [X.] zu 1 übernommen wurde. Die von der [X.] zu 1 voreingezahlten 950.000,00 DM wurden sodann bei der [X.] als Erhöhung der Stammeinlage verbucht. Bis zum 17. März 2000 zahlte die Beklagte zu 1 zudem einen Betrag in Höhe der als Darlehen empfangenen Valuta von 1 Mio. DM in nicht näher bekannten Raten - am 13. Januar 1997 betrug die noch offene Restforderung 496.230,00 DM - vollständig zurück. Durch den notariellen Unternehmenskauf-vertrag vom 17. März 2000 veräußerte die Beklagte zu 1 an die Klägerin sämtli-che von ihr an der [X.] gehaltenen Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von 1,00 DM. In dem Vertrag sicherte die Beklagte zu 1 u.a. die vollständige Ein-zahlung des Stammkapitals zu und verpflichtete sich zum Schadensersatz für den Fall der Unrichtigkeit der gegebenen Zusicherungen; zusätzlich übernahm die Beklagte zu 2 die Garantie für die Erfüllung aller sich aus dem [X.] Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. Am 18. Oktober 2002 wurde auf Antrag der [X.] das vorläufige Insol-venzverfahren über deren Vermögen eröffnet. Nachdem der vorläufige Insol-venzverwalter am 28. Oktober 2002 die Klägerin zur Zahlung der - nach seiner Ansicht von der [X.] zu 1 seinerzeit nicht wirksam erbrachten - [X.] - 4 - einlage von 950.000,00 DM aufgefordert hatte, zahlte die Klägerin unter dem 16. Dezember 2002 den geforderten Betrag an die [X.] ; diese hatte bereits vorher den Antrag auf Insolvenzeröffnung zurückgenommen, woraufhin das [X.]die Aufhebung der vorläufigen Insolvenzverwaltung [X.] hatte. 4 Das [X.] hat die [X.] gesamtschuldnerisch zur Leistung von Schadensersatz in Höhe der verlangten 485.727,28 • (= 950.000,00 DM) verurteilt, im Übrigen jedoch wegen eines weitergehenden Leistungs- und Fest-stellungsbegehrens die Klage - rechtskräftig - abgewiesen. Das Oberlandesge-richt hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die [X.] mit der - vom [X.]at zugelassenen - Revision, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgen. Entscheidungsgründe: Da die Klägerin im Verhandlungstermin trotz dessen rechtzeitiger Be-kanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision der [X.] durch [X.] zu entscheiden. Die Entscheidung beruht inhaltlich jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung ([X.] 37, 79, 82). 5 Die Revision der [X.] ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils sowie unter Änderung des [X.]surteils zur vollständigen Abweisung der Klage (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO). 6 [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: 7 - 5 - Die [X.] hafteten der Klägerin gesamtschuldnerisch auf Schadens-ersatz in Höhe von 485.727,28 •, weil die Beklagte zu 1 entgegen der im Un-ternehmensvertrag gemachten Zusage die anlässlich der Kapitalerhöhung vom 13. März 1995 übernommene Einlage in entsprechender Höhe nicht wirksam erbracht habe. Durch die Einzahlung des nur eine Woche zuvor als Darlehen von der [X.] empfangenen Betrages habe die Beklagte zu 1 die Kapitalaufbrin-gungsvorschriften in unzulässiger Weise nach Art eines "Hin- und [X.]" umgangen, weil sie die geschuldete Einlage nicht aus eigenen, sondern aus Mitteln der Gesellschaft erbracht und damit dieser nicht - wie erforderlich - neu-es zusätzliches Geld zugeführt habe. Durch die spätere vollständige Rückzah-lung des empfangenen Darlehens von 1 Mio. DM sei die Stammeinlageverbind-lichkeit ebenfalls nicht erfüllt worden, weil entsprechend der Zweckbestimmung dieser Rückzahlung allein das Darlehen getilgt worden sei. Hinsichtlich der [X.] der 950.000,00 DM vom 1. März 1995, die nicht zur Erfüllung der Einlage-verbindlichkeit geführt habe, stehe der [X.] zu 1 gegen die [X.] lediglich ein Bereichungsanspruch wegen Zweckverfehlung zu, der jedoch - mangels entsprechender Aufrechnungserklärung der [X.] - ebenfalls nicht die Erfüllung der [X.] bewirkt habe. Dem Schadensersatzbegehren der Klägerin könne dieser Bereicherungsanspruch der [X.] zu 1 gegen die [X.] ohne-hin nicht entgegengehalten werden. 8 I[X.] Diese Beurteilung hält im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 9 Die Klägerin hat gegen die [X.] keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der unternehmensvertraglichen Zusicherung über die voll-ständige Erbringung der Stammeinlagen bei der [X.] , weil die Beklagte zu 1 ihre [X.] aus der Kapitalerhöhung in Höhe von 950.000,00 DM zwar nicht bereits durch die Einzahlung des entsprechenden Betrages am 1. März 10 - 6 - 1995 (1.), wohl aber durch die zusätzliche ratenweise Rückzahlung der "als Darlehen" empfangenen Gelder bis zur Höhe von insgesamt 1 Mio. DM noch vor dem Abschluss des [X.] vom 17. März 2000 wirksam erfüllt hat (2.). 11 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die von der [X.] zu 1 übernommene Einlageverbindlichkeit aus der am 13. März 1995 beschlossenen Kapitalerhöhung bei der [X.] in Höhe von 950.000,00 DM selbst dann nicht durch die ursprüngliche (Vor-)Einzahlung vom 1. März 1995 getilgt worden ist, wenn dieser Betrag - wovon auszugehen ist - zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] (vgl. hierzu [X.] 150, 197, 201) noch der Geschäftsleitung der [X.] nach [X.] Verbuchung als "Erhöhung der Stammeinlage" zur Verfügung stand. Denn die [X.] hat der [X.] zu 1 diesen zur Einlageleistung verwendeten Betrag unmittelbar zuvor - nämlich erst am 24. Februar 1995 - aus ihrem Vermögen "darlehensweise" zur Verfügung gestellt, so dass die Einlage im wirtschaftlichen Endergebnis nicht von dem [X.] bar geleistet, sondern von der Gesell-schaft finanziert worden ist. Derartige Einlagezahlungen aus Mitteln der Gesell-schaft, die dem [X.] als Darlehen oder in sonstiger Weise überlassen worden sind, sind mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung, der den realen Zufluss von Vermögen an die Gesellschaft sichern soll, unvereinbar, weil sie wirtschaftlich einer verbotenen Befreiung von der [X.] von § 19 Abs. 2 GmbHG gleichstehen (sog. verdeckte Finanzierung: vgl. [X.] 153, 107, 110; 28, 77 f.; [X.].Urt. v. 22. März 2004 - [X.], [X.], 1046, 1047; h.M.: vgl. [X.]/[X.], GmbHG 9. Aufl. § 19 Rdn. 40 m.w.Nachw.). In diesem Gestaltungsfall eines Verstoßes gegen § 19 Abs. 2 GmbHG ist das "Her- und Hinzahlen" - nicht anders als in der vom [X.]at bereits entschie-denen spiegelbildlichen Konstellation der Einzahlung des [X.] - 7 - durch den [X.] mit alsbaldiger Rückgewähr an diesen "als Darlehen" o. ä. (sog. Hin- und Herzahlen: vgl. [X.].Urt. v. 21. November 2005 - [X.], [X.], 2203 [X.]. 8 - z.[X.]. in [X.] 165, 113; [X.].Urt. v. 9. Januar 2006 - [X.], [X.], 331 [X.]. 8 f. - "[X.]") - wirtschaftlich als ein einheitlicher, sich selbst neutralisierender Vorgang anzusehen, bei dem unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung der Inferent nichts leistet und die Gesellschaft nichts erhält; die in diesem Zusammenhang für die "Herzahlung" getroffene "[X.]" ist - als Teil des [X.] - unwirk-sam (vgl. auch [X.], GmbHR 2004, 445, 452). 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 1 aber ihre solchermaßen allein offen gebliebene [X.] von 950.000,00 DM durch die vollständige, jedenfalls vor Abschluss des notariellen [X.]es vom 17. März 2000 bewirkte "Rückzahlung des Darlehens" in entsprechender Höhe erfüllt. Dadurch wurden der [X.] die von ihr als Einlage noch zu beanspruchenden Barmittel endgültig zugeführt und der Zweck der [X.] erreicht. Dass die nachträglichen Raten-zahlungen möglicherweise fälschlich als "Darlehensrückgewähr" deklariert und als solche auch in den Bilanzen der [X.] ausgewiesen wurden, ist unschädlich. Wie der [X.]at ebenfalls bereits für die spiegelbildlichen Fälle des Hin- und [X.] ohne Erfüllungswirkung bei unwirksamer Vereinbarung eines [X.] klargestellt hat, erfüllt der Inferent mit der Zahlung auf die vermeintliche, wegen Verstoßes gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften nicht wirksam [X.] ("[X.] die offene [X.] (vgl. [X.].Urt. v. 21. November 2005 aaO [X.]. 9 f.; [X.].Urt. v. 9. Januar 2006 aaO [X.]. 10 ff.). 13 - 8 - Das gilt in gleicher Weise für die hier vorliegende Konstellation des "Her- und [X.]". Der Inferent schuldet danach keinesfalls nochmalige ("doppelte") Zahlung der Bareinlage. [X.]Kurzwelly

Gehrlein Strohn Caliebe Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.10.2003 - 16 [X.]/03 - [X.], Entscheidung vom 28.04.2004 - 7 U 5482/03 -

Meta

II ZR 334/04

12.06.2006

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.06.2006, Az. II ZR 334/04 (REWIS RS 2006, 3182)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3182

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