Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2022, Az. VIa ZR 62/21

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 6694

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 8. Juli 2021 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt insgesamt und in der Hauptsache teilweise aufgehoben und im Ausspruch zur Hauptsache wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des [X.] wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 28. Januar 2021 teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger [X.] nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2021 und Zinsen aus 23.038,13 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zwischen dem 23. Juni 2020 und dem 1. Juli 2021 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des [X.] 2,0l, Fahrzeug-Identifizierungsnummer                   , zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5, soweit sie bis zum 30. August 2022 angefallen sind. Die danach angefallenen Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger erwarb im Jahr 2011 von einem Händler einen Neuwagen des Typs [X.] 2,0l zum Preis von 43.066 € brutto. Die Beklagte ist die Herstellerin des Fahrzeugs und des darin verbauten Dieselmotors der Baureihe [X.] Dieser verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die die Durchführung einer Emissionsmessung auf dem Prüfstand erkannte und in diesem Fall einen geringeren [X.] als im Normalbetrieb bewirkte.

3

Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von [X.] € nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs zu verurteilen und den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen. Weiter hat er die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zur Zahlung von insgesamt 26.973,67 € nebst Zinsen und weiterer Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt und den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt. Mit der vom Berufungsgericht zugunsten der Beklagten zugelassenen Revision will die Beklagte nach den zuletzt gestellten Anträgen die Aufhebung des Berufungsurteils erreichen, soweit sie zur Zahlung von mehr als 22.537,06 € nebst Zinsen verurteilt worden ist und - so ihrem Antrag durch Auslegung zu entnehmen - das Berufungsgericht den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt hat.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist, nachdem die Beklagte das Rechtsmittel durch eine Beschränkung ihres Revisionsangriffs nach Einreichung der Revisionsbegründung in der Sache teilweise zurückgenommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 25. Juli 2022 - [X.], NJW 2022, 2752 Rn. 5 mwN), im Umfang des reduzierten Revisionsangriffs überwiegend begründet.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt, der Kläger habe gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des von der Beklagten aus dem Fahrzeugverkauf [X.], der der Höhe nach durch den verjährten Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB begrenzt sei. Das seien hier 38.759,40 € ([X.] 43.066 € abzüglich einer Händlermarge in Höhe von 10%, somit 4.306,60 €). Dieser Betrag übersteige den verjährten Schadensersatzanspruch in Höhe von 26.973,67 € ([X.] 43.066 € abzüglich Nutzungsentschädigung in Höhe von 16.092,33 €). Deshalb sei der Anspruch in Höhe von 26.973,67 € nebst Zinsen gegeben. Auch sei der Annahmeverzug der Beklagten festzustellen, da der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung einen lediglich geringfügig überhöhten Betrag verlangt habe.

II.

6

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Dabei ist die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe dem Grunde nach ein Restschadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegen die Beklagte zu, aufgrund des zuletzt wirksam auf die Höhe des Anspruchs beschränkten Revisionsangriffs (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2022 - [X.], NJW 2022, 2685 Rn. 8) einer Überprüfung entzogen.

7

Bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB hat das Berufungsgericht noch rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht mehr beanstandet angenommen, dass die Beklagte aus dem Fahrzeugkauf des [X.] den vom Händler an sie entrichteten [X.] erlangt hat. Nach den für den [X.] bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts betrug dieser unter Berücksichtigung einer unstreitigen Händlermarge in Höhe von 10% 38.759,40 €. Dass die Beklagte in den Vorinstanzen geltend gemacht habe, der vom Kläger entrichtete Kaufpreis habe an die Beklagte nicht weitergeleitete Zulassungskosten enthalten, die bei der Ermittlung des [X.] abzuziehen seien, hat die Revision, die lediglich auf eine bei den Akten befindliche und vom Berufungsgericht nicht konkret in Bezug genommene Rechnung verweist, nicht fristgerecht mit einer auf einen revisionsrechtlich relevanten Verstoß gegen § 286 ZPO gestützten Verfahrensrüge geltend gemacht.

8

Rechtsfehlerhaft hat es das Berufungsgericht jedoch - was der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat ([X.], Urteil vom 21. Februar 2022 - [X.], [X.], 742 Rn. 16) - unterlassen, vom festgestellten [X.] die von ihm nach § 287 ZPO auf 16.092,33 € geschätzten Nutzungsvorteile abzuziehen, die es lediglich bei der von ihm angestellten Vergleichsbetrachtung berücksichtigt hat.

III.

9

Das Berufungsurteil unterliegt mithin in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang, der im Wesentlichen dem verbliebenen Revisionsangriff entspricht, der Aufhebung (§ 562 ZPO), da es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden und die weitergehende Berufung des [X.] zurückweisen, weil die Aufhebung des Berufungsurteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und danach die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Nach Abzug der vom Berufungsgericht unangegriffen bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit auf 15.350,21 € und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz auf 16.092,33 € geschätzten Nutzungsentschädigung verbleibt ein Restschadensersatzanspruch des [X.] in Höhe von zuletzt noch 22.667,07 €, der nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu verzinsen ist. Gegen die Zinsberechnung des Berufungsgerichts, die auf einem zwischen der Rechtshängigkeit der Klage und dem Schluss der mündlichen Verhandlung unveränderten Basiszinssatz beruht und einen Mittelwert zwischen dem bei Rechtshängigkeit und dem bei Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz geschuldeten Betrag zum Ausgangspunkt hat, erhebt die Revision keine Einwände. Die Feststellung des Annahmeverzugs hat auf die Revision der Beklagten keinen Bestand, weil das Angebot des [X.] auf Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz auf eine unberechtigte Bedingung, die Zahlung eines die Schadensersatzpflicht der Beklagten deutlich übersteigenden Betrags, gerichtet war (vgl. [X.], Urteil vom 21. Februar 2022 - [X.], [X.]Z 233, 16 Rn. 102).

[X.]     

      

Möhring     

      

Krüger

      

Wille     

      

Liepin     

      

Meta

VIa ZR 62/21

31.10.2022

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 8. Juli 2021, Az: 14 U 45/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2022, Az. VIa ZR 62/21 (REWIS RS 2022, 6694)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6694

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 35/21

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